CORNELIUS YUFANYI, AKTIVIST VON THE VOICE REFUGEE FORUM AUS KAMERUN, STEHT EINE GEFÄNGNISSTRAFE BEVOR. ER IST DER ZWEITE VOICE-AKTIVIST INNERHALB VON ZWEI MONATEN, DER WEGEN DES RESIDENZPFLICHTGESETZES BESTRAFT WIRD.
RNN – Refugee News Network (27.01. 05 – Berlin) Am 27. Januar, forderte das Verwaltungsgericht Göttingen Cornelius Yufanyi von The VOICE Refugee Forum auf vor Gericht zu erscheinen um Auskunft über seine Besitztümer zu erteilen. Er soll wegen Verletzung der Residenzpflicht eine Strafe von annähernd 240 Euro bezahlen oder eine Gefängnisstrafe auf sich nehmen.
Seither hat Cornelius – die Anschuldigungen gegen ihn gehen zurück auf das Jahr 2000 – stets seinen Glauben an das natürliche Recht auf Bewegungsfreiheit aufrechterhalten und er hatte kein Verständnis dafür, dass die Kassen der Regierung gefüllt werden um die Flüchtlinge weiterhin ihrer Rechte zu berauben. Im Dezember 2004 wurde ein anderer VOICE-Aktivist zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt, aus denselben Gründen. Der mächtige deutsche Staat ist jetzt in einem erklärten Kriegszustand gegen Flüchtlinge, die nichts Falsches darin sehen, öffentlich zu diesem natürlichen Instinkt zu freier Bewegung zu stehen. Wiederholt sich die Geschichte nicht, erinnert uns das nicht an viele Jahrzehnte früher? Aber jetzt leben wir im „demokratischen Deutschland“ des 21. Jahrhunderts.
Die Wiedergeburt des Residenzpflichtgesetzes geht zurück auf das Jahr 1982, es ist ein Gesetz, das es innerhalb der Gemeinschaft der modernen europäischen Staaten allein in Deutschland gibt. In der Tat, dieses spezifische Stück Gesetzgebung kann nur mit den Passgesetzen Südafrikas zu Zeiten der Apartheid oder den Beschränkungen der Bewegungsfreiheit in den Besetzten Gebieten Palästinas verglichen werden. Wir sollten und dürfen auch die Tatsache nicht vergessen oder verdrängen, dass dieses rassistische und unmenschliche Gesetz auf eine Zeit zurückgeht, für die sich wohl viele Deutsche schämen dürften, auf die Zeit des Nationalsozialismus, auch bekannt als die Nazi-Ära.
Als Teil eines Polizeidekrets zur Kontrolle des Aufenthalts und der Bewegungen aller Ausländer, die auf deutschem Territorium lebten, wurde die Residenzpflicht 1938 in die deutsche Gesetzgebung aufgenommen. Alle Ausländer mussten sich bei der Ausländerpolizei melden, bevor sie ihre Stadt oder ihren Bezirk verlassen wollten. Eine Person, die außerhalb des betreffenden Gebietes angetroffen wurde, die sich vorher nicht bei der Behörde abgemeldet hatte, wurde einer Straftat beschuldigt und mit Gefängnis oder einer Geldstrafe von 150 Reichsmark bestraft.
Heute, über 60 Jahre später, nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland und auch nach dem Fall der Berliner Mauer haben signifikante Veränderungen stattgefunden. Zum Beispiel hat die Residenzpflicht ihre Grundlage nicht länger in einem Polizeierlass, sondern ist stattdessen als Bundesgesetz niedergeschrieben worden; es ist nicht mehr die Ausländerpolizei, die darüber entscheidet, ob die Reiseerlaubnis erteilt wird oder nicht, sondern die Ausländerbehörde; die Ausländerpolizei, die zunächst in Bundes-Grenz-Schutz umbenannt worden war, wurde jetzt ganz einfach in die Bundespolizei umgewandelt, was bedeutet, dass ihr Einfluss keine Grenzen hat. Die frühere Reichsmark, die später in Deutsche Mark umbenannt wurde, heißt jetzt Euro; Nazis sind heutzutage in die Regierung integriert; Deutsche sind stolz Deutsche zu sein, mehr und mehr Ausländer werden abgeschoben und die zweiten Nürnberger Prozesse müssen erst noch stattfinden.
Thüringen, der „Frei-Staat“
Seit er nach Deutschland gekommen ist um Schutz vor Verfolgung zu suchen, ist Cornelius Yufanyi tagtäglich mit Diskriminierung, Ausgrenzung, direktem und indirektem Rassismus, behördlicher Willkür und sogar Gewalt konfrontiert gewesen. Unmittelbar nach seinem Asylgesuch wurde er in den „Frei-Staat“ Thüringen gesandt, wo er einige der berüchtigten Unterbringungszentren des Bundeslands, die als „Heime“ bezeichnet werden, kennen lernen durfte. Ihm wurde erklärt, dass er, um keine Straftaten zu begehen, innerhalb seines Landkreises bleiben müsse und diesen zu keiner Zeit ohne schriftliche Genehmigung der örtlichen Ausländerbehörde verlassen dürfe – die aber für politische Aktivitäten kategorisch verweigert wird und generell nur einmal pro Monat für einen Zeitraum von drei Tagen erteilt wird. So lautet die Order, die die Ausländerbehörden vom thüringischen Innenministerium erhalten haben.
Nach einem Hungerstreik im Zuge der Mobilisierung gegen den G-8 Gipfel und das EU-Gipfeltreffen 1999 in Köln, mit dem gegen die Behandlung von Flüchtlingen in Europa mobilisiert werden sollte, wurde Cornelius in ein kleines Flüchtlingsheim inmitten des nördlichen Thüringer Waldes im Landkreis Worbis umgesiedelt. Die „Umverteilung“ schreckte ihn nicht ab und er nahm weiterhin seine bürgerliche und politische Verantwortung wahr, die Flüchtlinge an die Notwendigkeit sich ihrer Rechte bewusst zu sein zu erinnern und die deutsche Öffentlichkeit an ihre moralische, soziale und demokratische Verantwortung. Die Kampagne gegen soziale Ausgrenzung, gegen die Beschränkung der Bewegungsfreiheit und gegen Abschiebungen ist die Aufgabe, die von Cornelius und seiner Organisation The VOICE Forum wahrgenommen werden muss.
In der Ausländerbehörde in Worbis wurde Cornelius zum Staatsfeind Nr. 1. Ihm wurde permanent von Herrn Schäfer die Reiseerlaubnis verweigert, der ihn darüber informierte, dass er nicht als Tourist in Deutschland sei und dass er in seinem Heim bleiben und die Entscheidung abwarten solle. Als Cornelius und andere Flüchtlinge eine Protestaktion gegen die jämmerlichen Lebensbedingungen und das Gutscheinsystem in dem Heim organisierten, erklärten ihm die Frauen, die für das Sozialamt arbeiteten, dass sich die „braunen Nazis“ nun selbst organisieren würden und dass er der Sündenbock sein würde.
Geschichte einer Bestrafung
Das Verfahren gegen Cornelius und der Grund, warum die deutschen Behörden beabsichtigen, ihn ins Gefängnis zu stecken, geht zurück in das Jahr 2000. Im April 2000 organisierte The VOICE Refugee Forum, dessen Mitglied Cornelius ist, einen Kongress von Flüchtlingen und MigrantInnen mit über 500 TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt. Während des Kongresses hielt Cornelius in lokalen, bundesweiten und internationalen Medien verschiedene Interviews ab über die Situation von Flüchtlingen und MigrantInnen in Deutschland, in denen er Rassismus, soziale Ausgrenzung und insbesondere die Residenzpflicht anklagte. Irgendwann las Herr Schäfer einen dieser Artikel über den Kongress und nutzte ihn als Beweis um ein Strafverfahren gegen Cornelius zu beginnen, da er ohne Erlaubnis außerhalb seines Landkreises gewesen ist.
Schließlich wurde im Oktober 2000 in der Stadt Worbis ein Prozess gegen Cornelius begonnen. Von über einhundert UnterstützerInnen begleitet, verteidigte Cornelius seine Würde und sein fundamentales Recht sich als freier Mensch innerhalb Deutschlands zu bewegen wie jeder andere auch. Für Cornelius war nicht er selbst der Angeklagte, sondern das rassistische Residenzpflichtgesetz. Der Staatsanwalt andererseits nützte die Gelegenheit und legte verschiedene Verfahren gegen Cornelius wegen Verlassen des Landkreises ohne Genehmigung zusammen. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Strafe von seinerzeit 600 DM, heute 300 Euro. Cornelius und viele Beobachter waren der Meinung, dass keine Gerechtigkeit geschaffen worden war.
Zur nächsten Gerichtsverhandlung wurden eine gut organisierte öffentliche Informationskampagne und eine Mobilisierung im Rampenlicht der nationalen Medien durchgeführt. Insofern hatten die Behörden den Fall mit Vorsicht zu behandeln. Es wurden zwei Angebote gemacht, das Verfahren gegen einzustellen, die weder Freispruch noch wahre Gerechtigkeit bedeutet hätten und die Cornelius für zu heikel hielt und ablehnte. Was er erwartete war nicht Gnade, sondern Gerechtigkeit und Freispruch. Das Gericht entschied schließlich, dass er eine Strafe von 300 DM oder 150 Euro bezahlen sollte.
Die Höhe der zu bezahlenden Strafe ist irrelevant; solange so eine Strafe die Fortführung der Ungerechtigkeit fördert, muss dagegen protestiert werden.
Auf der Basis einer solchen Überzeugung lehnt es Cornelius ab, die Strafe zu zahlen. Als Ergebnis hat das Verwaltungsgericht Göttingen, wo Cornelius seit 2000 offiziell lebt, ihn darüber informiert, dass er bis zum 27. Januar eine Liste all seiner Besitztümer vorzulegen hätte oder eine Gefängnisstrafe antreten müsse.
Wenn man ihn fragt, was er darüber denkt, lacht Cornelius nur und beginnt über all seine Besitztümer zu sprechen, die man ihm genommen hat, bevor er überhaupt hierher gekommen ist: Gummi, Holz, Öl, Früchte, Kaffee...
Das deutsche Schweigen
Neben der Tatsache, dass während der Zeit des Nationalsozialismus die deutsche Regierung mit einer solch kalkulierten Grausamkeit gehandelt hat, waren zwei andere Aspekte offensichtlich: Das Schweigen der Bevölkerung und der komplette Wahnsinn der Methoden, die benutzt wurden, bevor überhaupt schon die so genannte „Endlösung“ entwickelt war. Ghettos wurden geschaffen, absurde rassistische Gesetze eingeführt, Massendeportationen durchgeführt und die überwältigende Mehrheit der Deutschen schloss entweder ihre Augen oder machte eifrig mit wie Metzger, die zum Schlachten gehen.
So wie von den Toten in Auschwitz nicht als „Leichen“, sondern als bloßen Ziffern gesprochen werden durfte, hat Otto Schily jetzt ein neues Wort für „Konzentrationslager“ in Nordafrika: „Begrüßungszentrum.“ Und während die Welt den 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz feiert, baut das demokratische Deutschland ganz offiziell Abschiebelager und plant in der nahen Zukunft Abschiebelager für mehr als 100 000 unerwünschte Ausländer, 21000 von ihnen allein aus Berlin. All dies wird versteckt hinter der Maske, die sich „Einwanderungsgesetz“ nennt.
Dass Cornelius dafür, dass er sein Recht auf Bewegungsfreiheit ausübt, eingesperrt wird, ist eine Frage der Zeit und wird ohne viel Aufruhr von sich gehen. Dass er ins Gefängnis geht, wird ihn als „kriminellen Ausländer“ in den Verbrechensstatistiken profilieren. Wir können nur dankbar dafür sein, dass niemand in seinem Haus wohnen wird und seine Kleidung tragen wird, wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird. Dass die Deutschen die Lektion des „Nie Wieder“ gelernt haben, steht zur Diskussion.
Pressekontakt: The VOICE Refugee Forum.
Cornelius Yufanyi, Tel. Mobile 0170 8788124
Spenden an: Förderverein The VOICE e.V.
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The VOICE Refugee Forum, Schillergäßchen 5, 07745 Jena. Tel.0049 3641 665214.
thevoiceforum@emdash.org, http://www.thevoiceforum.org
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Gewalttätige Polizeikontrolle von Cornelius Yufanyi in Jena
In der Nacht zu Sonntag, den 26. Januar 2003, wurde Cornelius Yufanyi, Aktivist von "The Voice Africa Forum" nach einem Treffen in Jena von PolizistInnen angegriffen, verletzt und verhaftet. Ausgangspunkt war eine Personalienkontrolle, bei der sich die PolizistInnen in Zivil weigerten, ihre Dienstausweise deutlich erkennbar vorzuzeigen. Nach Augenzeugenberichten ließen sie "ungefähr eine Viertelstunde lang ihren rassistischen Ressentiments auf offener Straße freien Lauf."
Im folgenden Telefoninterview berichtet Cornelius Yufanyi, wie er die nächtliche Kontrolle und Verhaftung erlebt hat. Siehe auch den schriftlichen Bericht weiter unten.
Die willkürliche Personalienkontrolle von Cornelius Yufanyi ist kein Einzelfall. Während des letzten "Antirassistischen Grenzcamps" im Juli 2002 in Jena wurden zahlreiche Flüchtlinge von der Polizei wegen vermuteter Verletzung der Residenzpflicht kontrolliert und zum Teil stundenlang im Polizeipräsidium Jena festgehalten.
Veranstaltungshinweis:
25./26. April 2003, Berlin, Im Mehringhof, Versammlungsraum, Gneisenaustraße 2, U-Bhf Mehringdamm
Flüchtlingstreffen für ein "Netzwerk gegen rassistische Kontrollen, Polizeimissbrauch und -brutalität". Austausch und Information über Polizeikontrollen und Polizeimissbrauch an verschiedenen Plätzen, die Opfer, Proteste sowie die Gerichtsverhandlungen. Zusammentragen von Informationen: Statistiken über Polizeibrutaliät und Tötungen von Flüchtlingen und MigrantInnen in Deutschland. Vorbereitung eines bundesweiten Treffens. Programm und Aufruf für das Wochenendtreffen.Mehr Information bei: The VOICE Refugee Forum, Jena; Tel. 03641 665214
Cornelius Yufanyi, Redner der Karawane auf der 1. Mai Kundgebung 2000 des DGB in Jena
Realaudiointerview: Umbruch-Bildarchiv
Klicke auf das obenstehende Bild und höre ein Realaudiointerview. (9'43 Min.)
Den dafür benötigten Real One Player gibt es hier frei zum downloaden.
Alternativ hier die Fassung für den Windows Media Player
Bericht von Cornelius Yufanyi über die nächtliche Polizeikontrolle am 26.01. in Jena:
"Heute Morgen gegen 0.30 bin ich mit einer Freundin, P., von der Bar Grünowski nach dem Treffen von The VOICE in Richtung Afro Center gegangen, um dort andere Freunde zu treffen. Ungefähr 250 m vor dem Afro Center kam uns ein schwarzer Wagen entgegen und parkte bei der Straßenbahnhaltestelle "Phyletisches Museum" (Richtung Jena Nord) auf einem Parkplatz. Es sind drei Leute ausgestiegen, zwei Männer und eine Frau (Namen und PKW-Kennzeichen sind bekannt). Sie fragten uns nach unserem Personalausweis. Aufgrund meiner Erfahrung, dass ich in Jena mehrmals von Nazis angegriffen worden war und da sie in Zivil waren, also nicht als Polizisten zu erkennen waren, fragte ich sie nach ihren Dienstausweisen. Zwei von ihnen, ein Mann und eine Frau haben daraufhin Ausweise, vermutlich ihre Dienstausweise herausgeholt und mir aus etwa einem Meter Entfernung gezeigt. Weil ich es nicht lesen konnte, bat ich sie, die Ausweise näher zu bringen. Sie verweigerten das. Ich holte mein Handy heraus, um mir von der Polizei bestätigen zu lassen, dass sie tatsächlich Polizisten sind. Sie sagten mir, ich dürfe niemanden anrufen. Ich antwortete, wenn ich niemanden anrufen dürfe, müssten sie mir ihre Ausweise zeigen. Doch bevor ich mich erklären konnte, haben sie angefangen, mich anzugreifen. Die Freundin, die bei mir war, sagte ihnen, dass ich nicht gefährlich sei und dass sie mir nicht zugehört hätten. Daraufhin hat sie einer der Männer weggeschubst.
Weil ich verzweifelt war und mich angegriffen fühlte, fand ich mich in einem Notstand.
Sie waren nicht bereit mir weiter zuzuhören und sagten, wir sollten auf das Polizeipräsidium gehen. Dies habe ich akzeptiert. Dann begannen sie richtig brutal mich zu schieben und mich zu schlagen. Sie schlugen mich ins Gesicht. Dadurch bekam ich einen Lippenriss. Sie drückten mich auf den Boden, so dass ich flach auf dem Boden lag. Sie pressten mit ihren Füßen meine Hände und Füße und meinen Rücken nieder. Sie sagten, sie würden mich mit Pfefferspray besprühen, wenn ich Widerstand leistete. Ich habe keinen Widerstand geleistet und habe einfach geschrien: "Das ist Gewalt und Brutalität." Ein Passant kam her und fragte, was los sei. Er wurde ebenfalls weggeschubst. Er sagte, wenn sie von mir einen Ausweis wollten, müssten sie mich nicht schlagen. Ich sagte meiner Begleiterin gesagt, sie solle die anderen Freunde im Afro Center informieren, was mit mir los sei.
Die beiden Männer und die Frau haben mich weiter geschlagen. Sie haben mich mit Handschellen am Rücken gefesselt, mich hochgezogen und brutal an ihr Auto geschoben, so dass ich mit meiner Vorderseite auf der Seite des Autos lag. Sie pressten meinen Hals, so dass ich keine Luft mehr bekam. Dann haben sie versucht mich zu durchsuchen. Danach schoben sie mich wieder auf den Boden.
Während dieser Zeit beschimpften sie mich mit rassistischen Sprüchen. Sie wüssten nicht, was ich hier in Deutschland mache und wenn es mir nicht gefällt, solle ich zurückgehen, wo ich herkomme. Ob ich eine Erlaubnis hätte, nach Jena zu kommen. Dass ich ein "Assi", also ein asozialer Mensch, sei und sie haben mich ohne Respekt misshandelt. Sie redeten mich mit "du" an, obwohl ich sie mit "Sie" angesprochen hatte.
Sie versuchten mich schnell und mit Gewalt in das Auto hineinzuschieben. Ich habe keine Luft mehr bekommen. Dann habe ich versucht mit meinem Kopf draußen Luft zu bekommen. Sie haben mich im Auto weiterhin nach unten gedrückt und einer kniete sich auf mich und drückte dabei seine beiden Knie auf meinen Rücken in der Höhe des Brustbereichs. Ich konnte keine Luft mehr bekommen und schrie immer wieder, dass ich ersticke. Sie sagten, wenn ich schreien könnte, könnte ich auch Luft bekommen. Sie haben weitere rassistische Sprüche losgelassen, zum Beispiel: "Wir sind hier nicht im Wald." Ich blutete in ihr Auto wegen der Lippenverletzung, bis wir am Polizeipräsidium ankamen. Wieder haben sie rassistische Sprüche losgelassen, zum Beispiel, dass ich "Schwarzendeutsch" spreche. Sie meinten, ich sei in Deutschland nicht gewollt. Sie haben mich wieder auf den Boden gedrückt, ihre Füße auf meine beiden Hände und Füße gepresst und mich mit Fußschellen gefesselt. Sie sagten mir, dass ich aufstehen sollte. Das konnte ich nicht machen, weil ich mich total gefoltert und erschöpft fühlte. Dann habe ich einfach zu ihnen gesagt, sie sollen weiter machen, was sie schon angefangen haben: Gewalt anzuwenden. Da haben sie mich durchsucht und mich hochgezogen und mich in Fußschellen zur Zelle geschleppt. Ich wollte nicht auf mein Recht verzichten und habe von der Zelle aus gefragt, ob ich sofort meinen Rechtsanwalt anrufen und meine Frau informieren könnte. Ich habe mehr als zweimal gefragt. Von außen haben sie hereingerufen, ich könnte das mit meinen Händen oder Füßen machen.
Nach ungefähr zehn Minuten kam der Sachbearbeiter H. und sagte zu mir, dass sie gegen mich Anzeige erstatten würden wegen Körperverletzung und Widerstand gegen eine polizeiliche Maßnahme. Er wollte einen Alkoholtest mit mir machen und eine Blutprobe nehmen. Dann sagte ich, wenn sie mich nicht anrufen ließen dürften sie auch nichts mit mir machen. Ich würde nicht auf mein Recht verzichten. Dann sagten sie, dass ich hinter Gitter keine Rechte hätte. Dass ich allem folgen müsste, was sie sagten. Ich fragte ihm, ob er diese Aussage auch vor dem Gericht wiederholen könnte. Dann meinte er, das würde er sich noch überlegen. Dann habe ich ihm gesagt, wenn das so sei, dann sollten sie alles vergessen. Er sagte mir auch, dass sein Chef ihm gesagt habe, dass ich kein Recht zum Telefonieren hätte.
Nach Rücksprache mit einem anderen Polizisten, vermutlich seinem Chef, hat er mir das Telefon gebracht. Dann habe ich meine Ärztin und meine Frau angerufen, weil ich meinen Rechtsanwalt nicht erreichen konnte. Ungefähr zehn bis 15 Minuten danach holten sie mich aus der Zelle und eine andere Ärztin hat eine Blutprobe genommen und mir einige Fragen gestellt um festzustellen, ob ich Alkohol getrunken hätte. Ich habe mich physisch gefoltert gefühlt, hatte Schmerzen am ganzen Körper und weiter geblutet, aber die Ärztin wollte mich nicht weiter untersuchen. Auf meine Frage, ob ich die Blutprobe verweigern könnte, antwortete sie mir, dass es gesetzlich festgelegt sei, dass ich sie nicht verweigern könne.
Nach der Blutprobe und der Befragung durch die Ärztin haben sie mich aus dem Gefängniskomplex entlassen und sind mit mir in den Empfangsbereich gegangen, wo sie mir meinen Führerschein zurückgegeben haben und mich dann entlassen haben. Draußen wartete meine Ärztin und fünf andere Mitglieder von The VOICE auf mich. Meine Begleiterin wollte auch Anzeige gegen die Polizei erstatten. Sie konnte das aber nicht, weil sie auch so erschöpft war und sich deshalb nicht dazu in der Lage fühlte. Aber sie meinte, sie würde dies machen, wenn sie wieder dazu in der Lage wäre.
Wir haben noch einen Zeugen, der alles gesehen hat. Es handelt sich dabei um den Passanten, der den Vorfall beobachtet hatte.
Nach meiner Entlassung hat mich meine Ärztin kurz untersucht. Anschließend bin ich ins Krankenhaus zu einer Untersuchung gegangen. Ich wurde im Brustbereich geröntgt. Ich habe jetzt immer noch Schmerzen und Verletzungen."
Kontakt: The VOICE e.V. Africa Forum, Human Rights Group, Lange Geismar Str. 73, 37073 Göttingen, Tel.: 0551-58892 /0551-58894 , Fax: 0551-58898, E-mail:THE_VOICE_Goettingen@gmx.de
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Bericht zum Verfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gegen Cornelius Yufanyi am Amtsgericht Jena am 30. November 2004, um 10.00 bis 15.00 Uhr
Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte/Cornelius Yufanyi
Anwesend von der Polizei: Herr Sanftleben (Polizeibeamter), Herr Dörrer
(Polizeibeamter), Herr Roland, Frau Menzen (als Zeugen)
Im Urlaub: Polizeibeamte Frau Frickmann
Richter: Dr. Litterst-Tiganele
Strafverteidiger: Nils von Hagen, Göttingen
Belehrung der Zeugen und Bitte um Warten vor dem Sitzungsraum
Aufruf der Daten Cornelius Yufanyi
Beschreibung des Vorfalles und Aufruf des Strafvorwurfes
Der Richter trägt den in der Anklageschrift formulierten Vorwurf wegen
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Es handelt sich um einen Vorfall vom
26. Januar 2003 um 0.30 Uhr nachts. Der Richter verlas die Anklageschrift
mit den Details des Vorfalls. Der Beschluß konnte dem eigentlich beauftragten Rechtsanwalt, Ullrich von Klinggräff wegen dessen Umzug nicht nachgesandt werden. Rechtsanwalt von Hagen nimmt deshalb den Bechluß auf der Verhandlung entgegen.
Cornelius Yufanyi erhält die Möglichkeit, zu dem vorgetragenen Vorfall Stellung zu beziehen. Zunächst berichtet Cornelius, daß seine eigene Anzeige gegen die Polizei eingestellt wurde. Er berichtet von dem Vorfall, daß die zivilen Polizeibeamten sich nicht ausgewiesen haben. Er habe sich hingegen die gesamte Zeit über, fair verhalten. Die Polizisten haben ihm die Dienstausweise nicht entsprechend gezeigt bzw. konnte er nichts erkennen. Es wurde ihm sofort mitgeteilt, daß er nichts zu sagen habe. Cornelius berichtet über seine Anbindung an Jena, er habe hier viele Freunde und nicht zuletzt habe er ca. 6 Monate in Jena gearbeitet. Er habe den Eindruck gehabt, daß die Polizisten ohnehin nur Macht demonstrieren wollten. Man habe ihm während der vermeintlichen Personenkontrolle gedroht, Pfefferspray in die Augen zu sprühen, falls er Widerstand praktizieren sollte. Man formulierte rassistische Sprüche gegen ihn. Man habe ihm auch offeriert, nach Hause zu gehen, falls es ihm hier nicht gefällt. Die Polizisten hätten ihn während des Vorfalles geschlagen. Cornelius berichtet über zweimalige Angriffe von Neonazis in Jena. Cornelius verwies darauf, daß der gesamte
Vorfall sich von Jena Volksbad kommend in Richtung Afrocenter zugetragen hatte und dort die Lichtverhältnisse sehr schlecht sind. Seine Begleiterin,Frau Menzen, habe wohl ihren Ausweis den Polizisten gezeigt.
Während des Vorganges berichtete Cornelius, sei ihm sein Mobiltelefon aus der Hand geschlagen wurden. Er wollte sich per Anruf bei der örtlichen Polizei erkundigen, ob es sich bei den Personen tatsächlich um Polizisten handelte. Cornelius bat seine Begleiterin, Frau Peggy Menzen darum, aus dem Afrocenter Unterstützung heran zu holen. Die Polizisten hätten ihn mit Gewalt auf die Kofferraumklappe gedrückt. Danach hätte man ihn auf den Boden geworfen. Er habe dabei die Hände in den Taschen gehabt. Die gesamte Zeit sei es den Polizisten nicht um seinen Ausweis gegangen, sondern um die Demonstration von Macht. Er habe durch seine Verletzungen im Laufe der Kontrolle Blut vor dem Mund gehabt und habe geröchelt. Er habe nicht in das Auto gespuckt, sondern ihm sei Blut aus dem Mund gelaufen. Beim Verbringen in das Fahrzeug habe ein Polizist auf ihm gesessen, der andere habe auf ihm gekniet. Als er um Hilfe rief wegen der Atemnot, sagte man ihm, wer reden könne – könne auch atmen. Bei ihm habe die ganze Zeit ein psychisches Chaos vorgeherrscht. Er habe die gesamte Zeit befürchtet, daß es sich um Nazis handeln würde. Er habe deshalb auch Unterstützung aus dem Afrocenter angefordert über Frau Menzen. Cornelius berichtet, daß er den Polizeifunk nicht wahrgenommen habe. Ansonsten hätte er sich nicht weiter rückversichern können. Die Polizisten waren in Zivil und Cornelius kennt ansonsten keine polizeitypischen Ausrüstungsgegenständen. Er habe große Angst gehabt. Auch
auf dem Revier seien ihm grundlegende Rechte verwehrt worden. So durfte er keinen Kontakt mit seinem Rechtsanwalt aufnehmen. Er beteuert mehrfach, daß er ca. 50mal zuvor kontrolliert worden sei und jedes Mal seinen Paß gezeigt habe.
Der Richter bat Cornelius mehrfach, die Schläge der Polizei detaillierter zu beschreiben und mit entsprechenden Verben wie schubsen – schlagen – boxen zu präzisieren.
Der Richter wies an dieser Stelle darauf hin, daß gerade bei der Zivilpolizei das Erkennen des Dienstausweises die vertrauensbildende Maßnahme darstellt. Der Rechtsanwalt fügt hinzu, daß Cornelius auf der Polizeiwache erst klar wurde, daß er es tatsächlich mit Polizei zu tun hatte.
Der Richter verfügte nach Cornelius ausführlichen Vortrag eine Verhandlungspause und bot die Einstellung des Verfahrens gegen die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 300 Euro an. Dies wurde jedoch durch Cornelius entschieden abgelehnt.
Als erster Zeuge wurde Herr Sanftleben von der Polizei in Jena vernommen.
Herr Sanftleben beruft sich auf den Einsatzbericht. Er berichtet über den Abend. Sie hätten zu dritt in einer Zivilstreife Dienst gehabt. Sie seien auf dem Weg zur Polizeidienststelle gewesen. Sie hätten die beiden Personen (Cornelius Yufanyi und Peggy Menzen) im Bereich Volksbad in Richtung Afrocenter wahrgenommen.
Sie hätten diese dann überholt und auf sich zukommen lassen. Sie hätten dann eine Personenkontrolle vornehmen wollen. In diesem Bereich in Jena sei es zuvor bereits häufiger zu Durchsuchungen wegen Verstößen gegen das BTMG gekommen. Deshalb habe sie die Kontrolle durchführen wollen. Sie hätten dabei das Licht der Straßenlaterne ausnutzen wollen. Sie hätten ihren Dienstausweis gezeigt. Es gab sofort eine Diskussion. Sein Kollege habe dann den Ausweis mit einer kleinen Taschenlampe (Maglite) beleuchtet. Es sei üblich, den Ausweis aus einer Entfernung Armlänge zu zeigen. Herr Yufanyi habe dann die Polizei anrufen wollen. Dies habe man ihm verwehrt. Man habe ihm dann auch die Durchsuchung angekündigt. Dabei habe Herr Yufanyi ihn gegen den Brustkorb getreten. Nach der Auseinandersetzung auf der Kofferraumhaube habe man ihn auf den Boden gelegt, um ihm Handschellen anzulegen. Er habe dann auch um Unterstützung am Funk gebeten. Dies sei nach dem Tritt gegen die Brust gewesen. Bei dem Funk-Gerät im Polizei-Auto handelt es sich um ein 4-m-Band-Gerät. Sie hätten dann auch Angst gehabt, falls Personen aus dem Afrocenter hinzu gekommen
wären. Sie hätten Cornelius Yufanyi dann auf die Rückbank gelegt, da er sich extrem steif gemacht hätte. Er habe sowas in 15 Jahren Dienstzeit noch nicht erlebt . Cornelius Yufanyi habe ihn mit dem Kopf geschlagen. Am Ende – also kurz vor der Abfahrt – seien tatsächlich 8-10 Personen aus dem Afrocenter gekommen. Cornelius habe der Polizei immer wieder vorgeworfen, sie seien ausländerfeindlich. Er habe dann unklar geröchelt und habe weiterhin auch geschimpft. Beim Eintreffen auf dem Polizeirevier sei er auf uniformierte
Kollegen gestoßen. Er habe gehört, daß die geladene Zeugin Peggy Menzen nach dem Vorfall gemeldet haben soll, daß das Handy weg sei. Das Einsatzauto war ein Renault Laguna.
Der Staatsanwalt fragte danach noch, ob die Personalien von Frau Menzen notiert worden. Dazu sei die Polizei wegen der Schwierigkeiten mit Herrn Yufanyi nicht mehr gekommen. Herr Yufanyi war verletzt, er hatte einen Riß an der Lippe. Er habe die Polizei beschimpft. Diese seien rechtsradikal und ausländerfeindlich.
Als zweiter Zeuge der Polizei wurde Herr Dörrer von der Polizei Weimar vernommen. Herr Dörrer beruft sich auf den Einsatzbericht. Sie hätten Herrn Yufanyi lediglich einer Kontrolle unterziehen wollen. An der Stelle sei viel Licht gewesen. Er habe seinen Dienstausweis gezeigt, nach Aufforderung habe er ihn zweites Mal beleuchtet gezeigt. Seiner Meinung nach, war die Polizei in diesem Falle entgegenkommend genug. Für ihn war die Grenze erreicht, als Herr Yufanyi die Polizei über Handy anrufen wollte und sich vergewissern wollte. Herr Dörrer meint sich zu erinnern, daß er die Handschellen hatte, die man Cornelius Yufanyi später anlegte. Er habe vor der Abfahrt im Auto gesehen, daß Cornelius Yufanyi im Auto hinten lag. Sein Kollege Herr Sanftleben habe mit einem Knie auf der Rückbank gekniet, mit dem anderen im Fußraum. Cornelius Yufanyi wollte die gesamte Zeit heraus aus dem Auto – sich sozusagen befreien. Er habe an sich keinen Widerstand geleistet.
Der Richter wollte nach der Zeugenvernehmung der Polizei erneut das Verfahren einstellen gegen die Zahlung einer Geldbuße. Cornelius lehnte auch dieses Angebot ab.
Als dritte Person wurde Peggy Menzen vernommen. Sie berichtete über den Vorfall. Leider konnte sie keine genauen Angaben über die Vorgänge machen.
Sie war zu einem relativ frühen Zeitpunkt zum Afrocenter gerannt, um Unterstützung zu holen. Sie habe jedoch gesehen, daß Cornelius durch die Polizei geschlagen worden sei. Das Mobiltelefon von Cornelius sei ihr nicht übergeben worden. Als sie nach dem Vorfall auf die Polizeistation ging, war das beschädigte Gerät dort aufgefunden worden. Sie sei im Übrigen sehr erschrocken gewesen und habe der Polizistin ihren Ausweis gegeben. Diesen habe sie vor Ort nicht wieder in Empfang genommen, sondern auf der Polizei abgeholt.
Der Zeuge Roland wird zum nächsten Verhandlungstag am 20. Dezember 2004 um 13 Uhr im Amtsgericht Jena zur Sache aussagen. Außerdem fehlte die Ladung eines Zeugen. Frau Menzen wollte sich darum bemühen, mit diesem Kontakt aufzunehmen.
Erfurt, den 13. Dezember 2004
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Protokoll zum Prozess gegen Cornelius wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt am 20.12.04 (zweiter Verhandlungstag)
Die Zeugin (Z) Anja Rickmann von der PI Weimar wird aufgerufen
Der Richter (R) belehrt sie die Wahrheit zu sagen „unabhängig davon in wessen Lager sie steht“ und bittet sie die Geschehnisse vom 26.1.2003 zu schildern
Z: mein Kollege und ich wollten den Angeklagten kontrollieren, wir haben ihm unsere Dienstausweise gezeigt und wollten seine Papiere sehen, er wollte die Dienstausweise nochmal sehen und wollte sie in die Hand nehmen, wir haben mit der Taschenlampe draufgeleuchtet, da wollte er telefonieren
R: Warum haben Sie ihn kontrolliert?
Z: Dort, wo wir ihn kontrolliert haben, finden oft Drogendelikte statt, da ist das Afrocenter in der Nähe und oft auch Schwarzafrikaner
R: Der Zweck war also die Identitätsfeststellung?
Z: Ja, von seiner Begleitung haben wir ja den Ausweis auch bekommen. (Sie soll schildern, was nun genau passiert ist) Der Kollege D. (ich hab leider seinen Namen nie richtig verstanden) und ich haben die Ausweise gezeigt, der Kollege Sanftleben stand in der Nähe. Wir haben ihn dann an´s Auto gestellt, Sanftleben hat gefunkt, er hat sich gewehrt und blieb dann steif auf dem Boden liegen, wir wollten ihn in´s Auto bringen, aber er ist auf der anderen Seite wieder rausgeklettert, also haben wir ihn noch mal reingesteckt. Er lag dann längs hinten, sitzen wollte er ja nicht, mit dem Kopf hinter dem Beifahrersitz lag er seitlich und der Kollege Sanftleben war am Fußende. Er hat dann gewürgt und geröchelt und gesagt, er würde keine Luft mehr kriegen und hat gespuckt. Dabei hat Sanftleben ihn gar nicht angefasst.
R: Hat man ihn so, wie er sich steif gemacht hat auf die Rückbank gelegt?
Z: Ja, nachdem er beim ersten Versuch auf der anderen Seite wieder raus ist. (Sie soll beschreiben, wie Sanftleben saß) Sanftleben kniete seitlich auf der Rückbank, die obere Hand an der Lehne, die untere auf dem Sitz, um sich abzustützen und hatte den einen Fuß im Fußraum aufgestellt, das andere Bein kniete auf dem Sitz.
R: Haben Sie eine aktive Widerstandsgeste gesehen? (Sie saß auf dem Beifahrersitz)
Z: Er hat ja überhaupt nicht mitgemacht und an der Motorhaube hat er getreten.
R: Wir haben hier eine Darstellung von Herr Sanftleben: Er hätte gesessen und hat immer mit dem Kopf nach Sanftleben gestoßen, so dass er ihn an die andere Tür drücken musste. Haben Sie so was gesehen?
Z: Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.
R: (zitiert erneut aus der Darstellung von Sanftleben) „er ließ sich ständig mit dem Kopf auf mich fallen“. Das geht ja schon wegen der Schwerkraft nicht, wenn er lag. Wir gehen das alles jetzt nochmal minutiös durch.
Die Zeugin fängt an zu erzählen, dass die Kontrolle in der Nacht stattgefunden hat, dass nur die allgemeine Straßenbeleuchtung als Lichtquelle gedient hat, dass sie auf ihn zugegangen sind und sich mit ihrem Sprüchlein vorgestellt haben, um sich als Polizeibeamte zu erkennen zu geben (sie waren ja schließlich alle in zivil). Weil er die Dienstausweise nicht gut erkennen konnte, haben sie mit der Taschenlampe drauf geleuchtet und gesagt „Ich leuchte mal drauf, dann erkennen Sie, was drauf steht. Die Begleitung hätte dann nach einigem Zögern ihren Ausweis gegeben. Er wollte telefoniern, wir haben ihm gesagt, dass wir ihn nach seinen Papieren durchsuchen, wenn er sie uns nicht gibt. Dann hat er ihr (der Begleitung) das Handy gegeben. Wir haben ihm das nicht aus der Hand geschlagen
R: Die Begleitung hat ausgesagt, dass sie das Handy erst auf der Dienststelle bekommen hat.
Z: Wir hatten es ja gar nicht mit auf die Dienststelle genommen.
R: Er wollte auf der Dienststelle anrufen, um zu verifizieren, dass sie Polizeibeamten sind?
Z: Wo er anrufen wollte, hat er nicht gesagt. (Soll weiter berichten) Wie das alles nun ganz genau zeitlich abgelaufen ist, kann ich nicht mehr sagen, aber dann wollten wir ihn ans Auto bringen, gar nicht breitbeinig oder so...
R: Sie haben angekündigt ihn zu durchsuchen, wenn er sich nicht identifiziert und dann kam der körperliche Eingriff?
Z: Ich glaube davor hat er schon getreten, aber bevor ich was Falsches sage...
R: Dann halte ich Ihnen Folgendes vor: „der Angeklagte sei in Durchsuchungsstellung gebracht worden und hat dann nach hinten getreten“ Kommt da der Schuhabdruck auf der Kleidung Ihres Kollegen her?
Z: weiß ich nicht mehr
Staatsanwalt (S): Hat die Begleitung ihren Ausweis vor der Durchsuchung gezeigt?
Z: Ja, aber sie war ja dann weg und ich hatte den Ausweis von ihr noch.
S: Sie hatte aber Bedenken Ihnen ihren Ausweis zu zeigen?
Z: Anfänglich ja
S: Wie ist denn der Angeklagte auf der einen Seite des Autos wieder rausgeklettert?
Z: Er hat gegen die Tür getreten.
S: Wie hat er sich auf der Dienststelle benommen?
Z: Genau so. Ich bin dann rein und hab nicht mehr alles gesehen, aber schon genau so.
Anwalt (A): Sie haben also den Fußtritt anhand des Schuhabdrucks rückgeschlossen?
Z: Ich hab gesehen, dass er getreten hat, aber nicht ob er getroffen hat und dann den Fußabdruck.
A: Sie können sich aber an den Tritt erinnern?
Z: Ja.
A: Wie lang hat das Ausweis zeigen gedauert?
Z: Kann man nicht sagen
A: Gab es außer der Begleitung noch Unbeteiligte?
Z: Da kam jemand, der hat uns auch angesprochen, dem hab ich mich dann auch vorgestellt.
A: wann?
Z: Als er auf dem Boden lag.
Cornelius (C): Sie haben gesagt, ich hab am Auto Widerstand geleistet. Wann genau?
Z: Sie waren nicht kooperativ, schon als Sie immer versucht haben zu telefonieren.
C: Wie sind Sie dazu gekommen mich zu kontrollieren?
Z: Ich kann nicht mehr sagen, ob wir schon dort standen oder erst gekommen sind.
C: Ich meine der Anlass. Das hatte was mit Drogen zu tun?
Z: Ja, oder ob Sie zum Beispiel keine Aufenthaltserlaubnis haben.
C: Wie lang sind Sie schon bei der Polizei?
Z: Steht das jetzt hier zur Frage? Seit ´92.
C: Habne Sie auch Deutsche kontrolliert?
Z: Muss ich dazu was sagen?
R: Die Fragen sind in Ordnung, Antworten Sie.
Z: Ja, ich kontrolliere Ausländer und Deutsche, ich mach da keinen Unterschied.
C: Sie kontrollieren auf Verdacht?
Z: Da, wo Sie sich aufgehalten haben, das ist nun mal ein verruchter Ort.
R: Wir wollen das jetzt aber nicht politisieren.
C: Haben Sie gleich Ihre Ausweise gezeigt, als Sie auf mich zugekommen sind?
Z: Wir machen das immer, wenn wir in zivil unterwegs sind.
C: Und ab da war ich unkooperativ?
Z: Na, Sie wollten unseren Ausweis nehmen, aber Ihren nicht zeigen.
C: Habe ich aktiv oder passiv Widerstand geleistet?
Z: (irgendwas unverständliches) ...von Anfang an.
C: Ist das Widerstand, wenn man unkooperativ ist?
Z: Das kann man schwer sagen. Widerstand kann mit Worten oder zum Beispiel mit Schlägen geschehen.
R: Das ist eine Polzeibeamtin, keine Juristin.
C: Sie hat mich wegen Widerstand angezeigt, sie sollte es wissen.
R: Es wird Ihnen nicht alles, sondern nur bestimmte Handlungen vorgeworfen.
C: Sie haben mir Pfefferspray angedroht, warum haben Sie es nicht benutzt?
(Vielleicht, weil es kein Widerstand war?)
Habe ich was gesagt, bis wir bei der Motorhaube waren?
Z: Weiß ich nicht
C: Waren Sie in meiner Nähe, als ich auf der Motorhaube war?
Z: irgendwas unverständliches
C: Hier steht, Sie haben mich festgehalten.
Z: Wenn das da steht, wird das schon stimmen.
C: Sie haben gesagt, ihr Kollege hat nicht auf mir gesessen.
Z: Ja (sie beschreibt nochmal die genaue Position des Kollegen) Das ist machbar.
C: Sie haben das gesehen?
Z: Ich hab mich umgedreht, wegen Ihrem Geschrei.
C: Sie haben sich nur einmal umgedreht?
Z: Weiß ich nicht.
C: Für mich war das ein ganz besonderes Erlebnis, das ich nie vergessen werde, Ihre Kollegen haben was ähnliches gesagt (das sie das nicht so schnell vergessen werden)
C: Wie habe ich die Tür aufgetreten? Mit dem Kopf?
C: Wollten Sie das alles so schnell hinter sich bringen, weil sie Probleme mit den Leuten aus dem Afrocenter vermeiden wollten? Haben Sie mir deswegen auch das Telefonieren verboten? Was würden Sie denn machen, wenn Sie zu einer Ausweiskontrolle angesprochen werden?
Z: Na, wenn ich überzeugt bin..
C: Und wenn nicht?
Z: Das tut jetzt nichts zur Sache.
S: Hatten Sie das Funkgerät von Anfang an in der Hand?
Z: Nein, ich nicht, aber der Kollege Sanftleben.
S: Musste er in das Auto reingetragen werden?
Z: Weiß nicht.
A: Jetzt mal so in der Gesamtschau: War er aggressiv oder hat er nicht adäquat reagiert, war alles nur Reaktion?
Z: Er wäre ja sogar auf der Straße liegengeblieben, wenn wir ihn nicht aufgehoben hätten.
A: Das kann er ja tun. Haben Sie sich bedroht gefühlt?
Z: Ich war ja nicht direkt dabei, aber wir hatten das im Griff.
R: Der Angeklagte oder die Zeugin haben gesagt, dass es gezielte Schläge aus Ihrer Dreiergruppe gab.
Z: Von mir nicht und ich hab auch nichts gesehen.
R: Hätten Sie es sehen können?
Z: Ich weiß nicht, ich glaube schon.
R: Es soll auch Beschimpfungen gegeben haben: Schwarzendeutsch“
Z: Das Wort kenne ich nicht.
R: Schließen Sie das aus?
Z: Ja, keiner kennt es.
R: „Assi“?
Z: Nein
R: „Wir sind hier nicht im Wald“?
Z: kann ich mich nicht erinnern
R: Schließen Sie diese Provokationen aus?
Z: Kann ich nicht genau sagen.
R: Können wir sie entlassen?
A: Ich will, dass sie noch hier bleibt wegen der Identifizierung von dem anderen Zeugen.
Z: Nein kann ich nicht, ich kann mir keine Gesichter merken.
Sie wird entlassen, der nächste Zeuge ist Sebastian Roland, Student
Er soll schildern, was er gesehen hat.
Z: Ich wollte nach Hause und habe gehört, dass da mehrere Leute sich unterhalten, das klang sehr aggressiv, also bin ich hin und hab gefragt, da wurde mir gesagt, es würde sich um eine polizeiliche Maßnahme handeln. Ja und irgendwann lag er auf dem Boden. Zwei Beamten hockten drauf und eine Beamtin hat ihn mit Pfefferspray bedroht, dann haben sie ihn aufgehoben und auf die Motorhaube gelegt, dann haben sie ihn ins Auto gepackt und sind weg. Und vorher hat mir die Frau noch ihren Dienstausweis gezeigt und gesagt ich soll beim Notruf anrufen und meine Daten durchgeben.
Der Richter fragt nach, wie das war mit Motorhaube und Boden und so.
Z: Ich kann nicht mehr genau sagen, wir er auf den Boden gekommen ist, das war auf jeden Fall alles sehr unsanft.
R: Wie ist er ins Auto gekommen? Hat er sich gewehrt?
Z: Sie haben ihn reingesetzt und er hat sich nicht gewehrt, bloß schwer gemacht.
R: Wie ist er genau ins Fahrzeug reingekommen?
Z: Na, Tür auf und ja...
R: Sie können das nicht näher beschreiben?
Stille
R: In der Zeugenvernehmung sagten Sie er wäre vom Auto auf den Boden und nicht umgekehrt. Hat er sich da gewehrt?
Z: Nein, er lag auf der Motorhaube.
R: Die Beamten sagen, er hat nach hinten ausgetreten.
Z: weiß nicht, nein.
R: Haben Sie ununterbrochen hingeschaut?
Z: Ja
S: Sortieren Sie Ihre Gedanken, wie war die Reihenfolge?
Z: Er war erst auf dem Boden und dann auf der Motorhaube, aber ich hab mich auch umgedreht als die Begleitung weggelaufen ist.
S: Wussten Sie, dass das Polizeibeamte waren?
Z: Ich war mir unsicher.
S: Warum haben Sie dann nicht eingegriffen?
Z: Das hätte ich tun können.
S: Wie ist er auf den Boden gekommen?
Z: Das liegt zwei Jahre zurück.
S: Sie wissen nicht, ob er am Anfang auf der Motorhaube war aber wollem wissen das er nicht getreten hat?
Warum hat Ihnen die Beamtin den Dienstausweis gezeigt?
Z: Sie hatte vielleicht das Bedürfnis mir zu zeigen, dass sie Polizistin ist.
S: Das glaube ich nicht.
Z: Sie wollte, dass ich mich melde.
A: (beruhigt ihn erst mal, da er doch recht nervös war) und fragt, ob man hören konnte, warum sie sich gestritten haben.
Z: Nein, das konnte man nicht. Es war bloß sehr laut. Und mir wurde gesagt, dass das eine Polizeikontrolle ist.
R: Wie lang haben Sie der Frau nachgesehen, die weggelaufen ist?
Z: Etwa 10 Sekunden. Danach lag der Angeklagte auf dem Boden, die Beamten lagen auf ihm und die Beamtin hat ihn mit Pfefferspray bedroht. (er hat dann noch irgendwas über Unverhältnismäßigkeiten fallen lassen)
C: Was war an der Kontrolle unverhältnismäßig?
Z: Bei nassem Wetter auf den Boden gelegt zu werden und sich dann drauf zu knien.
Wird gefragt, wie die Stimmung war
Z: Die Stimmung war angespannt und aggressiv, allerdings konnte man nicht erkennen, dass der Angeklagte aggressiv gegenüber den Beamten war.
Der Zeuge wird, nachdem er der Zeugin Rickmann „gezeigt“ wurde, die ihn, wie bereits vorher angekündigt, nicht erkennen konnte, entlassen.
Der Anwalt weist anhand eines Zeitungsartikels daraufhin, dass in Hamburg Zivilpolizisten von Polizeibeamten zusammengeschlagen wurden, weil diese die Zivis nicht als solche erkannt haben, obwohl das verabredete Codewort gefallen ist.
Cornelius weist daraufhin, dass die Polizei zwischen Ausländern und Deutschen trennt. Dass Afrikaner stets als potentielle Drogendealer gelten und dass auch diese Kontrolle in dem Zusammenhang zu sehen ist. Außerdem verweist er erneut darauf, dass er die Dienstausweise nicht gut sehen konnte und daher auch nicht erkannt hat.
R: zitiert aus dem Polizeiaufgabengesetz, dass die Polizei dazu berechtigt ist eine Identitätsfeststellung vorzunehmen ohne dass ein konkreter Tatverdacht vorliegt.
C: Dann hätte die Polizei an dem Tag alle Personen kontrollieren müssen.
R: Braucht sie nicht, kann sie auch gar nicht. Eine einfache Identitätsfeststellung ist nicht unverhältnismäßig. Der Angeklagte sollte nicht die gesamte Polizei diskreditieren wegen einzelner Vorfälle
Die Beweisaufnahme wird geschlossen, Cornelius wird nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gefragt, woraufhin her mittellos angibt.
Es folgen die Schlussplädoyers:
Staatsanwalt:
Er redet davon, dass man ein unstrittiges Sachverhaltgerüst konstruieren könnte, das im Wesentlichen daraus besteht, dass es eine Kontrolle gegeben hat, wer daran beteiligt war und dass es von Seiten des Angeklagten eine gewisse Form der Weigerung gab. Dass die Polizei nicht nachgegeben hätte, sondern die telefonische Rücksprache verboten und Gewalt angedroht. Dass die Begleitung des Angeklagten den Ausweis gezeigt hat, er jedoch immer noch nicht, woraufhin es eine Durchsuchung gab und der Angeklagte zum Revier verbracht wurde. Dann gibt es da noch die wesentlichen Einlassungen des Angeklagten, nämlich, dass er nicht getreten hat, keinen aktiven Widerstand geleistet hat und bis zum eintreffen bei der PI nicht geglaubt hat, dass die Beamten von der Polizei sind. Ich glaube das für den Anfang, aber nicht bis dorthin. Für mich ist das eine Lüge. Außerdem hat er sich nach dem Eintreffen auf der PI immer noch so verhalten und war dort immer noch nicht kooperativ. Für den Staatsanwalt ist das ganze zu einem Selbstläufer geworden. Der Angeklagte müsste schon eher gemerkt haben, dass es sich hierbei wirklich um Beamten handelt: Polizeigriff, Polizeifunkgeräte, Polizeiwagen. Außerdem hätte die Begleitung auch erst gezweifelt, sich dann aber überzeugen lassen. Er hätte keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beamten, da man gemerkt hat, dass sie sich nicht abgesprochen haben. Der Angklagte hat aktiven Widerstand geleistet als er getreten hat, als er aus dem Auto wieder ausgestiegen ist, als er sich steif gemacht hat. Die Begleitung hätte behauptet, er wäre von den Beamten geschlagen worden, das stimmt erwiesenermaßen nicht, schon allein weil der Angeklagte selbst davon nichts gesagt hat. Der Staatsanwalt sieht es an den Reaktionen des Angeklagten hier im Gericht, dass ihm die Emotionen gelegentlich durchgehen, wenn es um Polizeikontrollen etc. geht. Der Tatvorwurf wäre nun alles in allem nachgewiesen, der Angeklagte zeigt keine Einsicht, ist bisher aber auch noch nicht in Erscheinung getreten. Er beantragt 20 Tagessätze zu je 8 Euro.
Rechtsanwalt:
Ruft zum Anfang in die Erinnerung, dass es auch eine Verwarnung mit Strafvorbehalt tun würde. Er plädiert auf Freispruch, denn es sind zwei Dinge nicht erfüllt: Es wurde kein aktiver Widerstand geleistet und es fehlt der Vorsatz. Außerdem muss der Zeuge Roland äußerst objektiv bewertet werden, der hätte ja schließlich auch gesagt, dass die Haltung des Angeklagten ständig passiv war.
Cornelius:
Stellt dar, dass der Hergang der Kontrolle sehr komische gewesen sein muss, wenn seine Begleitung lieber wegrennt und der Zeuge Roland auch nicht daran geglaubt hat, es hier mit der Polizei zu tun zu haben. Er sagt, wenn Zivis sogar von der Polizei angegriffen werden, wie er die dann erkennen soll. Außerdem betont er, dass er in Jena bereits zweimal angegriffen wurde und einfach nicht weiß, wie er solche Leute erkennen soll, schließlich kann man ihnen nicht vom Gesicht ablesen, ob sie ihm was Böses wollen oder nicht. Und auch wenn er sie als Polizei erkann hätte, wäre es ein gutes Recht ihnen gegenüber misstrauisch zu sein, er hat da schon genug gehört und selbst erlebt. Er hebt an, etwas vorzulesen.
Der Richter unterbricht ihn und weist ihn erneut darauf hin, dass er hier kein öffentliches politisches Forum haben will und dass alle hier Anwesenden selber Zeitung lesen und informiert sind. Fragt, was das, was jetzt vorgelesen werden soll, mit der Verhandlung zu tun habe.
Cornelius:
Sagt, dass er sich rassistisch behandelt fühlt und dass die Polizei ihr Gewaltmonopol gegen ihn benutzt hätte. Außerdem hatten sie ja wohl selber Angst aus dem Afrocenter heraus angefallen zu werden, können aber nicht verstehen, dass er diese Angst auch hat. Hätten sie nicht solche Eile gehabt, hätten sie ihngewiss davon überzeugen können, dass sie von der Polizei sind. Schließt mit der Erklärung, dass er genau das gemacht hat, was jeder machen würde, wenn er/sie sich bedroht fühlt.
Urteilsspruch: Freispruch, alle anfallenden Kosten fallen zu Lasten der Staatskasse
Begründung: Man konnte ihm letztlich keine Widerstandshandlung nach wiesen und es glit immer noch: Im Zweifel für den Angeklagten.
Der Rest der Auswertung war mehr eine publikumsbezogene Auswertung des Verfahrens als irgendwas sinnvolles.
Das Protokoll stellt in keinem Fall Zitate der Beteiligten dar, ich habe lediglich meine Notizen in sinnvolle Sätze gepackt, um das alles ein wenig nachvollziehbarer zu machen. Auch ist es nicht vollkommen vollständig, das war unmöglich...
Durch die Erinnerung an die folgende Presseerklärung möchte ich auf die Verhandlung gegen Cornelius Yufanyi am 30. November 2004 um 10 Uhr im Amtsgericht Jena (Rathenaustraße 13) wegen angablichen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte hinweisen. Die Verhandlung findet im Sitzungsraum 1 statt.
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Internetzeitung Xposition Protest gegen Residenzpflicht 29.09.00
Interview mit Cornelius Yufanyi:
„Ich kann nicht für meine Bewegungsfreiheit zahlen...“
Am 3.10.00 wollen antirassistische Initiativen gemeinsam mit Flüchtlingsgruppen aus ganz Europa bei der Expo in Hannover demonstrieren. Eine der zentralen Forderungen der Demonstration ist die Abschaffung der Residenzpflicht für Flüchtlinge in Deutschland. Peter Nowak sprach mit dem Aktivisten der Migrantenorganisation The Voice e.V. Cornelius Yufanyi über die Bedeutung der Residenzpflicht für die Flüchtlinge und den zunehmenden Widerstand dagegen.
Der Kampf gegen die sogenannte Residenzpflicht steht bei antirassistischen Initiativen zunehmend im Mittelpunktt. Auf welcher Grundlage beruht diese Residenzpflicht und welche Bedeutung hat sie für das Leben der Flüchtlinge?
C.Y.: Das Residenzpflichtgesetz ist ein Gesetz, das nur für die Flüchtlinge in Deutschland gilt, die sich noch in ihrem Asylverfahren befinden. Es besagt, dass sich die Flüchtlinge nur in dem Landkreis, in dem sich ihre zuständige Ausländerbehörde befindet, aufhalten dürfen. Es gilt seit 1982 und einige Flüchtlinge befinden sich schon seit mehr als 9 Jahren unter seiner Anwendung.
Nach § 56 AVfG (Asylverfahrensgesetz) kann das Vergehen dagegen zu einer Geldstrafe bis 5000.- DM führen oder Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr. Bei mehrmaligem Verstoß droht ein Ausweisungsbescheid, d.h. die Abschiebung. Zum Verlassen des Landkreises muß eine Reiseerlaubnis von der Ausländerbehörde beantragt werden, auch wenn es sich nur um 5 Meter handelt. Dieses Gesetz gilt für alle Bundesländer, in einigen Landkreisen müssen die Flüchtlinge für eine Reiseerlaubnis 15.- Mark bezahlen. Häufig wird der Antrag auf Reiseerlaubnis abgelehnt. Die Behörden haben einen großen Handlungsspielraum und entscheiden sehr willkürlich. Das Recht auf Mobilität von Flüchtlingen liegt in ihren Händen. So konnten trotz eines Unterstützungsbriefes der Bundesausländerbeauftragen Marie-Luise Beck viele Flüchtlinge wegen der Residenzpflicht nicht an einem Flüchtlingskongress in Jena teilnehmen.
Sind Sie wegen der Residenzpflicht schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen?
C.Y.: Ich habe bereits zwei Geldstrafen erhalten. Die erste über 109 Mark wegen einer Verhaftung in Köln. Da habe ich 6 Stunden in einer Gefängniszelle verbracht, weil ich an einem von der Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen ausgerufenen Hungerstreik für Gerechtigkeit und gegen den GU und G7 Gipfel im Juni 99 teilgenommen habe. Grund war der Verstoß gegen das Residenzpflichtgesetz. Die zweite Geldstrafe über 600 Mark habe ich wegen eines neuerlichen Verstosses gegen dieses Gesetz während des Flüchtlingskongreß "Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung" in Jena im April 2000 bekommen. Die Abschaffung des Residenzpflichtgesetzes war dort ein Hauptthema.
Ein Vertreter der Ausländerbehörde Eichsfeld/Thüringen sah einen Artikel in der Thüringer Allgemeinen, in dem ich ein Interview zum Kongreß und gegen die Asylpolitik in Deutschland gegeben habe. Ein Hauptthema des Interviews war die Residenzpflicht von Flüchtlingen in Deutschland. Daraufhin schickte der Vertreter der Ausländerbehörde eine Kopie des Artikels zur Polizei. Nach Kommunikation mit meinem Anwalt, bekam ich die Geldstrafe über 600 Mark.
Sie weigern sich die Geldstrafe zu zahlen. Wie wird es weitergehen?
C.Y.: Ich kann nicht für meine von Geburt gegebene Bewegungsfreiheit bezahlen. Ich bin bereit, mit dieser Kampagne bis zum Europäischen Gerichtshof in Straßburg zu gehen, denn ich weiß, dass ich von den deutschen Gerichten immer einen negativen Bescheid bekommen werde. Es handelt sich um ein deutsches Gesetz, das die Flüchtlinge diskriminiert, isoliert und kriminalisiert. Deswegen besteht nur vor einem europäischen Gericht die Möglichkeit, dieses Gesetz herauszufordern. Dabei kann ich mich schon im Gefängnis befinden, bevor dieser Prozeß zu Ende ist oder ich kann abgeschoben sein. Doch um der Gerechtigkeit willen bin ich bereit, diese Konsequenzen auf mich zu nehmen.
In den Medien wird zu Protesten gegen Rassismus und Rechtsradikalismus aufgerufen. Genau das habe ich in Jena und anderen Orten auch gemacht. Doch mit welchem Resultat muß ich rechnen? Mit einer Gefängnisstrafe, als ob ich selbst der Rechtsradikale oder Rassist wäre. Am 12.10. habe ich meine Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht Worbis. Dazu rufe ich alle Deutschen im Namen der Menschenwürde auf, Zivilcourage zu zeigen. Für die Abschaffung der Residenzpflicht planen wir am gleichen Tag um 9 Uhr eine Kundgebung vor dem Gericht in Worbis.
Gibt es schon Erfolge im Kampf gegen die Residenzpflicht?
C.Y.: Man kann nicht von Erfolg sprechen, sondern von Mobilisierung. Der Erfolg kommt mit der Abschaffung dieses Gesetzes. Dazu wird die Stimme der deutschen Bevölkerung benötigt. Die Mobilisierung auf Flüchtlingsseite muß dazu führen, daß niemand mehr dieses Gesetz respektiert. Wir hatten eine regionale Mobilisierungsaktion in zwölf deutschen Städten am 8. Juli, um gegen dieses Gesetz zu protestieren. Am 3. Oktober findet eine bundesweite Aktion in Hannover statt, da an diesem Tag die deutsche Wiedervereinigung gefeiert wird. Es ist eine europaweite Unterstützungsaktion in Frankreich, England, Irland und in Südamerika und Afrika geplant, z.B. vor den deutschen Botschaften und Konsulaten.
Interview: Peter Nowak