Positionierung von The VOICE Refugee Forum zum Verständnis von Selbstorganisation und dem Kampf um die eigene Stimme
Die Geschichte der Unterdrückung ist lang und die Opfer brauchen den Raum, ihre Gefühle auszudrücken und diese Unterdrückungsstrukturen zu bekämpfen. Das heißt weder, dass Menschen ausgeschlossen werden, noch dass andere Kämpfe ignoriert werden, die ebenfalls gegen das System gerichtet sind. Es geht darum, deutlich zu machen, wie dringlich eine baldiger Wandel ist, ohne dabei unsere Position zu untergraben.
Dieser Widerstand benötigt ein revolutionäres Bewusstsein und eine Orientierung, die sich darauf konzentriert, die Repression exakt als das zu benennen, was sie ist. Außerdem sind klare und konkrete Forderungen zu formulieren, die keinen Raum für eine Solidarität lassen, die mit dem Gesetz ihre Grenzen hat.
Unsere Verpflichtung ist es, die Menschen gegen die brutalen und repressiven Maßnahmen des Staates und gegen seine neokoloniale Politik der Ausgrenzung zu mobilisieren, indem die Selbstbefreiung der Opfer systematischer Repression bestärkt wird.
Wir suchen die Verbindung verschiedener Kämpfe und rufen auf zu Solidarität, die unabhängig ist von bürgerlich-demokratischen Prozessen und Verhandlungspositionen, welche der Position der Opfer entgegenstehen. Stattdessen bauen wir auf Selbstorganisation, auf die Ermächtigung zu einer selbstbestimmten Haltung.
Unsere Selbstorganisation beabsichtigt, den Kampf über Strukturen, die bloß die Asylgesetze reformieren wollen, hinauszubringen. Stattdessen sollen Strukturen entstehen, die den Widerstand gegen alles stärken, was heute und in Zukunft Flüchtlinge produziert. Sie ist darauf angelegt, die Bewegung der Unterdrückten zu verstärken, um alles, was zu Abschiebungen, Kriegen, Rassismus etc. führt, zu bekämpfen.
Die Hauptaufgabe von The VOICE ist es, die Etablierung von Flüchtlingsgemeinschaften und Lagerkommitees auf regionaler Ebene zu forcieren, um somit die Isolation zu durchbrechen – ungeachtet aller institutionalisierter rassistischer Einschränkungen. Wir setzen auf einen schrittweisen, langfristigen Aufbau von Strukturen des Flüchtlingswiderstands gegen alles, mit dem wir täglich konfrontiert sind. Sei es das Asylbewerberleistungsgesetz, die Isolation in den Lagern, Residenzpflicht, Abschiebung oder gar die Zerstörung unserer Herkunftsländer, welche uns zwang, von dort zu fliehen.
Wir sagen Nein zu kompromittierenden Reformen und bestehen auf unseren Glauben an eine kontinuierliche Arbeit durch unsere Präsenz, um Veränderungen auf allen Ebenen loszutreten und um auch auf parlamentarischer Ebene effektive Aktionen anzuregen. Aber diese Veränderungen sind nicht das Ende unseres Kampfes.
Wir verteidigen unsere Autonomie des Kampfes, auch wenn wir die Positionen der verschiedenen Parteien oder NGOs in gesetzes- oder systemreformistischen Verhandlungen mit ihrem Gegenüber anerkennen.
Wir begrüßen jede Kampagne gegen Ausgrenzung oder Misshandlung, die zum Ziel hat, die Selbstorganisation der Unterdrückten zu unterstützen, und nicht nur öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt, den Kern des Problems dabei aber unangetastet lässt.
Daher sehen wir unsere Pflicht darin, durch öffentliche Präsenz Druck aufzubauen und unseren eigenen Raum zu schaffen um uns und um andere unterdrückte Menschen herum. Wir setzen darauf, die Ungerechtigkeit beim Namen zu nennen und die Unterdrückung in ihrer konkreten und spezifischen Form aus unseren Erfahrungen heraus anzuprangern.
Jahre des Kampfes haben gezeigt, dass die Vielfalt der Menschen in unseren Netzwerken, „The VOICE Refugee Forum“ und die „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ die Quelle einer progressiven Bewegung der Unterdrückten sind, vor allem für die Flüchtlinge. Wir haben gesehen, dass Konfrontation und der Austausch unterschiedlicher Meinungen, Sichtweisen und Erfahrungen eines jeden Individuums uns lehren, die Mainstream-Medien und die herrschende Klasse weltweit zu hinterfragen.
Der Prozess unserer Selbstorganisationen beruht darauf, dass jede_r die Möglichkeit hat, von Angesicht zu Angesicht Informationen zu bekommen, anstatt abhängig zu sein von Massenmedien mit ihren Journalist_innen, Expert_innen und weiteren Teilen der herrschenden Klasse mit den ewig gleichen Interessen.
Wir heißen jede_n willkommen, Erfahrungen und Wissen mit uns zu teilen, das unsere solidarische Basis gegen das koloniale und kapitalistische System stärken kann, denn dieses zeichnet verantwortlich für alles, wogegen wir täglich kämpfen.
Kommt zu uns und lasst absolute Einstellungen, die aus einseitiger, unkritisch angenommener Information resultieren, hinter euch.
Wir sind offen für jede_n, die/der uns so akzeptiert wie wir sind, anstatt uns erzählen zu wollen, wie wir mit unseren Erfahrungen mit Polizeibrutalität, staatlichem und institutionellem Rassismus, Vergewaltigung, seelischer Traumatisierung, uvm. umzugehen haben.
Wir definieren unsere Forderungen. Wir erkennen Vor- und Ratschläge von all jenen an, die unser legitimes Recht akzeptieren, offen über unser Leiden, unsere Visionen und Träume zu sprechen, ohne dass Kompromisse mit der herrschenden Gesellschaft Priorität genießen.
Unsere Selbstbestimmung und Autonomie sind nicht verhandelbar, deshalb hiermit unsere unvermeidlichen Forderungen für alternative Strukturen:
Wir wollen ehrliche Solidarität anstatt paternalistischer Unterstützung.
Wir wollen Menschen, die mit uns kämpfen und nicht nur für uns.
Wir behalten uns vor, mit unseren eigenen Stimmen für uns selbst zu sprechen.
Wir weigern uns, euch für uns sprechen zu lassen, weil wir euch nicht erlauben können, unsere Geschichte zu schreiben.
END
Selbstorganisation und Kooperation
Eine kritische Sicht auf linke/libertäre Solidaritätsstrukturen und Erfahrungen mit Flüchtlingsprotesten in Thüringen
http://anticapitalista.blogsport.de/images/fluchtlinien.pdf
Events:
Veranstaltung zur Bilanz einer einjährigen Kampagne und möglichen Zukunfsperspektiven in ThüringenView Edit Isolation Camp/LagerBreak Isolation! Die rassistische Isolation der Flüchtlinge durchbrechen - Selbstorganisation stärken
Referenten des Vortrags mit Diskussion: Miloud L Cherif, Clemens WiggerWann: 16.12.2011 | 19 Uhr | veto | Trommsdorffstr.5 | Erfurt
https://thevoiceforum.org/node/2315
BREAK ISOLATION Aktionstag in Erfurt! | Alle Flüchtlingslager schließen – Residenzpflicht abschaffen!