Sinti und Roma teilten im Nazi-Deutschland genau das gleiche Schicksal wie die Juden. Wenn in irgendeiner Weise Gerechtigkeitssinn die treibende Kraft für diese Gesetzgebung gewesen wäre, dann hätte diese Möglichkeit der Einbürgerung angesichts der Zustände in den osteuropäischen Ländern auf Sinti und Roma ausgedehnt werden müssen. Von Michael Stade
Es ist sehr frustrierend, keinerlei Möglichkeiten sehen zu können, um Roma-Flüchtlinge davor zu bewahren, in ihren fundamentalen Menschenrechten verletzt zu werden. Die aktuelle deutsche Rechtsprechung und Behördenpraxis ist sehr klar: Serbische Roma (wie auch solche aus dem
Kosovo) haben keinerlei Asylrechte in Deutschland. Die Begründungen der Asyl-Ablehnungen ignorieren nicht etwa die Tatsachen, dass Roma in ihren Herkunftsländern von gewalttätigen Rassisten verfolgt werden und dass die Polizei dort sich oft weigert, die Täter zu verfolgen, dass darüber hinaus dort Roma in Polizeigewahrsam oft gefoltert werden, dass die serbische Regierung viele Roma aus Belgrad vertrieben hat, indem dort illegale Slums geräumt wurden (oft ohne dass Ersatzunterkünfte angeboten wurden), dass gleiche Rechte für Roma lediglich auf dem Papier stehen.
Aber die Asyl-Ablehnungen bescheinigen der serbischen Regierung ernsthafte Anstrengungen, diese Missstände zu überwinden, sodass Beschimpfungen und Verletzungen bis hin zu Mord an Roma als Einzelfälle anzusehen seien, die nicht unter das Menschenrecht auf Asyl fallen.
Denselben Tenor finden wir bezüglich medizinischer Versorgung. Weil es nicht vollkommen unmöglich für Roma ist, in Serbien Zugang zum Gesundheitswesen zu erlangen, gibt es keinen Grund, aus diesem Anlass in Deutschland Aufenthalt zu gewähren, obwohl es bekannt ist, dass Roma direkt vor Krankenhäusern an einer simplen Grippe gestorben sind, nur weil sie kein Geld hatten.
Regelmäßig werden diese Ablehnungen als „offensichtlich unbegründet“ klassifiziert. Diese Klassifikation erlaubt es den Behörden, das Deportationsverfahren abzukürzen, indem es die rechtlichen Einspruchsrechte einschränkt.
Was an diesen Fällen offensichtlich wird, ist der ungleiche Maßstab, welcher an den Wert des Lebens eines Roma im Vergleich zum Wert des Lebens eines Deutschen gelegt wird. Erinnert sei an den Umgang mit dem Love-Parade-Unfall in Duisburg. Diese ungleichen Maßstäbe sind ebenfalls
in den öffentlichen Reaktionen auf die Costa-Schiffskatastrophe im Vergleich zu den Tausenden Todesfällen von Flüchtlingen im Mittelmeer jedes Jahr auszumachen. Diese ungleichen Maßstäbe beweisen den tief verankerten Rassismus bei Regierung und im öffentlichen Bewusstsein in
Deutschland und anderen europäischen Ländern. Sie sind in besonderer Weise eine Schande für Deutschland, welches sich international als Vorreiter für Menschenrechte aufspielt und andere Länder belügt, es hätte die Lektionen aus dem Holocaust gelernt.
Im Streben nach der deutschen Wiedervereinigung erließ die letzte DDR-Regierung ein Gesetz, jüdische Bürger der Sowjetunion in der gleichen Weise anzuerkennen wie Bürger deutscher Abstammung, damit diese Bürger in Deutschland werden können. Dieses Gesetz wurde von Deutschland nach der Wiedervereinigung bis heute übernommen. Es war ein Signal an die
Welt mit der Absicht, nach der brutalen Judenverfolgung von Nazi-Deutschland einen Gesinnungswandel deutlich zu machen. Aber die aktuelle Deportationspolitik gegen Roma enthüllt diese Gesetzgebung als lediglich einen cleveren Schachzug um die internationale Öffentlichkeit
zu täuschen, mit der Absicht, ein günstiges Klima für die deutsche Wiedervereinigung zu schaffen.
Sinti und Roma teilten im Nazi-Deutschland genau das gleiche Schicksal wie die Juden. Wenn in irgendeiner Weise Gerechtigkeitssinn die treibende Kraft für diese Gesetzgebung gewesen wäre, dann hätte diese Möglichkeit der Einbürgerung angesichts der Zustände in den osteuropäischen Ländern auf Sinti und Roma ausgedehnt werden müssen.