Marsch der Asylsuchenden von Würzburg nach Berlin
Neutraler Objektivismus ignoriert authentische Selbstbestimmung der Protestaktivist_innen...
...und pfuscht dabei auch noch!
Die „Märkische Allgemeine – Die Zeitung für das Land Brandenburg“ in Bestform ihres Lokalablegers aus dem Landkreis Bad Belzig feierte am 2. Oktober vertrauensbasierte Urständ bei der Frontberichterstattung vom Protestmarsch der Asylstriker durchs flämische Mark.
Nicht nur, dass das Grundanliegen derer, über die es zu berichten galt, durch die hier agierende Journaille zumindest fahrlässig, vielleicht aber sogar mutwillig missachtet wurde...ausgerechnet (?) das für den aktuellen Wirkungskreis des Protestmarsches zuständige Lokalorgan verpasste es doch glattweg auch noch, dem hausintern vermerkten Hinweis auf einen sachbezogenen Informationstext auf der Seite 6 des Stammblattteiles (Brandenburg/Berlin) zu entsprechen. In der flämischen Fehl-Version verdiente stattdessen die deutsch-polnische Grenze besondere Aufmerksamkeit – sie habe ihren Schrecken verloren, Spuren der trennenden Vergangenheit seien kaum mehr nachzuvollziehen, heißt es da und vor allem sei das Geld für eine symbolisierte Gedenkstättenkultur knapp.
Der Aufmacher im „Fläming Echo“ zeigte ein Foto, auf dem vorwiegend Unterstützer_innen des Marsches und ein Rucksackhaufen zu sehen waren...soweit gar nicht gut, denn die „Reporter“ im Namen der neutralen Objektivität wurden explizit gebeten, allgemein doch bitte die Menschen ins Bild zu setzen, die die Aktion selbst und gegebenenfalls auch mögliche Konsequenzen tragen. Und sie wurden im Speziellen darauf hingewiesen, dass genau die letztlich abgedruckten Personen genauso explizit gar nicht erst fotografiert werden wollten. Der Gipfel der Reihe von Fehlleistungen war dann auch noch der knappe Untertitel des Bildes, der vollständig unzutreffend behauptete, dass die Protestmarschierer den Landrat des Landkreises treffen wöllten – ganz so als hätte mensch einfach mal so was von gar nicht zugehört bei der vor-Ort-Recherche.
Der für diese Fauxpas zuständige Redaktionsleiter René Gaffron zeigte sich in Vertretung des strikt unerreichbaren Chefredakteures Thoralf Cleven vollständig unbeeindruckt von der Kritik seitens der derart Mißbehandelten und faselte lediglich über sein Vertrauen gegenüber seinen Mitarbeitern und dass sich für ihn die Sache damit erledigt hätte. Handlungsbedarf in Form von Entschuldigung oder gar Richtigstellung der fälschlichen Informationslage sei von ihm nicht zu erwarten! Zwar wäre der stellvertretende Chefredakteur des Hauses (Herr Lothar Mahrla) verfügbar gewesen, sich der Sache anzunehmen und für eine Klärung des Sachverhaltes einzutreten, unterließ dieses jedoch.
Dass sich deutscher Journalismus schwer tut mit Themen, die für die satte Mehrheit des Lesevolkes keine legalen Konsequenzen haben, ist eine schmerzliche Binsenweisheit. Doch gerade wenn Ressentiments – wie im vorliegenden Fall – vor allem mit angeblicher Uninformiertheit oder nationalem Überlegenheitsgefühl abgetan werden, wäre qualitativ angemessene Berichterstattung sinnvoll und unabdingbar. Der hier kolportierte Zwischenfall ist allerdings leider keine Ausnahme, sondern vielmehr nur die Spitze eines Eisberges der sozialen Kälte und eines primären Desinteresses gegenüber den Nöten anderer Menschen, das von derartig schlechtem Journalismus auch noch bestens hofiert wird. Die im arroganten Bauchladen vor-sich-her-getragene „Neutralität“ und „Objektivität“ versinkt im Sumpf unprofessioneller Recherche und kann dem vorgeblichen Anspruch so natürlich in keinster Weise mehr gerecht werden.
Thomas Ndindah
Refugee Protest March Logistic and Documentation Coordination from Thueringen
The VOICE Refugee Forum Jena / Die Karawane für Rechte von Flüchtlingen und MigrantINNEN
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