Seit dem 23.09. protestieren mehrere nigerianische Flüchtlinge aus einem Lager in Schwäbisch Gmünd vor der Landesaufnahmestelle in Karlsruhe. Die Geflüchteten leben bereits seit mehreren Jahren in Deutschland, ohne das über ihre Asylanträge entschieden wurde. Sie wollen nun vor dem Karlsruher Büro des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in einem Protestcamp ausharren, bis sie endlich eine Entscheidung über ihre Asylanträge bekommen. Bereits in der Vergangenheit haben die beteiligten Flüchtlinge auf verschiedene Art und Weise auf ihre Situation aufmerksam gemacht, so beteiligten sie sich unter anderem an Protestaktionen gegen die Lagerunterbringung, die Versorgung mit Essenspaketen und Gutscheinen anstatt mit Bargeld sowie die Residenzpflicht. Als Teil der Refugee Revolution Bus Tour informierten sie Flüchtlinge in Lagern in der gesamten Bundesrepublik. Durch eine Besetzung der nigerianischen Botschaft in Berlin machten sie auf die Kollaboration nigerianischer und deutscher Behörden bei der Abschiebung afrikanischer Flüchtlinge nach Nigeria aufmerksam. Nun haben die Betroffenen ihren Protest gegen die menschenverachtende Flüchtlingspolitik erneut zu den Verantwortlichen getragen. Sie werden ihr Protestcamp vor der Landesaufnahmestelle in Karlsruhe nicht aufgeben, bis endlich Bewegung in ihre Asylverfahren kommt!
Unterstützt die Flüchtlinge in ihrem Protestcamp vor der Landesaufnahmestelle in Karlsruhe (Durlacher Allee 100)!
Tag 1
Am Montag, den 23.09., haben mehrere Flüchtlinge aus einem Lager in Schwäbisch Gmünd ein Protestcamp vor der Landesaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge und der Karlsruher Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge(BAMF) in der Durlacher Allee 100 errichtet. Die geflüchteten Nigerianer befinden sich zum Teil bereits seit 4 Jahren in deutschen Lagern, ohne das sich an ihrer Situation und ihrem unsicheren Status etwas geändert hat.
Sie sind nicht bereit, weiterhin unter menschenverachtenden Bedingungen in deutschen Lagern zu leben, ohne die Möglichkeit zu arbeiten, zur Schule zu gehen und ihr Leben selber zu gestalten. Sie fordern die Verantwortlichen des Bundesamts für Migration auf, sich endlich mit ihren Fällen auseinanderzusetzen und werden das Camp nicht verlassen, bevor sie eine Antwort haben.
Erste Kontakte mit der Polizei verliefen weitgehend ruhig, sie wollen das Camp dulden, solange der Arbeitsablauf der Behörden nicht behindert wird.
Eine Mitarbeiterin des BAMF versuchte die Geflüchteten davon zu überzeugen, ihr Camp zu verlassen und in ihr Lager zurückzukehren, indem sie ihnen versicherte, dass ihre Fälle bis Dezember bearbeitet werden sollen.Die Flüchtlinge bekräftigten daraufhin noch einmal, dass sie ihr Camp nicht verlassen werden, bis sie eine Antwort des BAMF erhalten haben.
Tag 2
Am Morgen des zweiten Tages versuchten Flüchtlinge aus dem Camp die Toiletten der LEA zu nutzen, wurden daran allerdings vom Sicherheitsdienst gehindert. Obwohl es jedem Besucher möglich ist, das Gelände der LEA nach Abgabe des Ausweises zu betreten, wurde dies den Flüchtlingen untersagt. Dabei wurde ein Aktivist aus der Pforte gedrängt und rassistisch beleidigt ("Wenn es dir hier nicht passt, geh doch zurück wo du hergekommen bist"). Gegen Nachmittag erschien eine Person, die sich als Mitarbeiter von Caritas und Pro Asyl vorstellte, und vorgab, die Flüchtlinge unterstützen zu wollen und ihnen Anwälte zu vermitteln. Die Geflüchteten erwiederten, dass sie bereits von AnwältInnen vertreten werden und diesen vertrauen. Daraufhin ging die Person zu den Verantwortlichen des Karlsruher Lagers und behauptete, die Flüchtlinge hätten zugestimmt von der Polizei nach Schwäbisch Gmünd zurück gebracht zu werden. Darauf angesprochen, erwiederte die Person, dass dies doch das Beste für alle in dieser Situation sei.
Wieder bekräftigten die Flüchtlinge, dass sie selbstverständlich nicht in ihr Lager zurückkehren werden. Daraufhin erschien ein weiterer Mitarbeiter des BAMF und erklärte diesmal, dass über den Antrag eines Geflüchteten in einer Woche, über den Antrag eines anderen Geflüchteten in zwei Wochen entschieden werden soll. Dies wird von Flüchtlingen und UnterstützerInnen als Versuch gewertet, die Gruppe der Protestierenden zu spalten. Noch einmal wurde bekräftigt, dass die Geflüchteten als Gruppe hier sind und das Camp auch nur als Gruppe verlassen werden: und zwar erst, wenn sie eine Antwort des BAMF auf ihre Asylanträge haben.
Morgen, 25.09.2013, findet um 19 Uhr ein UnterstützerInnen-Plenum mit den Geflüchteten vor der LEA statt. Hier soll das weitere Vorgehen beraten und koordiniert werden und weitere Protestaktionen vorbereitet werden. Über UnterstützerInnen wird sich bereits den ganzen Tag gefreut.
Unterstützt die Flüchtlinge! Kommt zur Durlacher Alle 100!
Refugee Protest Camp in Karlsruhe
Hier noch einige Statements der Flüchtlinge in englischer und deutscher Sprache:
Gemeinsames Statement der Flüchtlinge:
Wir sind bereits sei 2 bis 4 Jahren in Deutschland, ohne das bisher über unsere Anträge entschieden wurde. Wir fordern nun endlich eine Entscheidung über unsere Anträge! Wir werden in jedem Fall hier bleiben, bis wir endlich eine Antwort erhalten. Wir leben seit bis zu 4 Jahren in unterschiedlichen Lagern, ohne die Möglichkeit zu arbeiten oder zur Schule zu gehen. Auch die medizinische Versorgung ist nicht ausreichend, der Alltag ist geprägt von Langeweile und Perspektivlosigkeit. In dieser frustrierenden Situation sehen wir den einzigen Ausweg darin, uns nun direkt an die Verantwortlichen zu wenden und endlich eine Entscheidung über unsere Anträge einzufordern. Wir sind hierher gekommen mit der Hoffnung auf Schutz und Sicherheit und sehen uns nun konfrontiert mit rassistischer Flüchtlingspolitik, Perspektivlosigkeit und der ständigen Angst vor Abschiebungen. Uns ist wichtig, dass wir nicht nur wegen unserer eigenen Fälle hier sind, sondern gegen die gesamte europäische und deutsche Flüchtlingspolitik zu protestieren.
Statement von Charles Enoruwa:
Nach Jahren der Verfolgung, Desintegration und Entzug meiner Grund- und Menschenrechte entschied ich heute das Büro der BAMF mit meinem Asylantrag zu konfrontieren, welchen das BAMF seit Monaten und Jahren unter ihren Tischen hält. Nach Jahren des Wartens bin ich traumatisiert von den rassistischen Methoden unter denen mein erster Asylantrag vom BAMF abgefertigt wurde aus dem einzigen Grund mich zu frustrieren und mich im kontinuierlichen Trauma zu halten, welches auf ihre Taktiken mich im Isolationslager zu halten zurückzuführen ist, in welchem ich für Jahre auf die Beendigung meines Asylverfahrens wartete und nur Ablehnung nach Ablehnung bekam.
Seit März 2013 warte ich auf einen weiteren Asylantrag, welcher durch meinen Anwalt Manfred W. gestellt wurde. Er schreibt der BAMF nun seit Monaten aber keiner der Zuständigen interessiert sich dafür die Briefe zu beantworten. In dieser Situation hatte ich das Gefühl mit der gleichen Vorgehensweise konfrontiert zu sein mit der auch mein erster Asylantrag behandelt wurde und nach zwei bis drei Jahren Warten endete der Vorgang in der üblich rassistischen Vorgehensweise der Ablehnung, selbst wenn eine Chance besteht, sie schauen in deine Akte und machen was sie wollen.
In dieser Situation habe ich bemerkt, wenn es mich drei Jahre kostet auf meinen ersten Asylantrag zu warten und jetzt wieder weitere drei Jahre um auf meinen zweiten Asylantrag zu warten, kostet es mich etwa sieben Jahre um Asyl in Deutschland zu erhalten.
Ich sage nein zu jedem weiteren Aufschub und will eine Antwort auf meinen zweiten Asylantrag, ich werde hier in meinem Zelt vor ihrem Büro ausharren bis ich endlich eine Antwort habe!
The fight against one deportation stands against all deportation by Charles Enoruwa: https://thevoiceforum.org/node/2287
Statement von Chima Osunbor:
Ich bin 2011 nach Deutschland gekommen und bin selber in eine Polizeiwache in Düsseldorf gegangen um politisches Asyl zu beantragen. In der Polizeiwache musste ich mich komplett ausziehen, als ich die Polizei fragte, warum, sagten sie mir sie suchen nach Drogen, aber warum sollte ich in ihr Büro kommen, wenn ich Drogen bei mir hätte? Das war der Anfang des Missbrauchs durch den deutschen Staat und seitdem ist alles was mir begegnet Verfolgung und die deusche rassistische Methode des Ausschlusses.
Nach einigen Stunden der Brutalität wurde ich nach Karlsruhe in die Durlacher Allee 100 geschickt, wo ich, wie mir die Polizei gesagt hat, Asyl beantragen konnte, ohne zu wissen, dass ich dort nur in Gefangenschaft komme.
Nachdem mir die Fingerabdrücke abgenommen wurden und ich vom Büro des BAMF in Karlsruhe kriminalisiert wurde, schickten sie mich in die kleine Stadt Schwäbisch Gmünd, wo ich für Jahre in einem Lager gefangen gehalten wurde, ohne das Recht zu arbeiten, zur Schule zu gehen und ohne das Recht mich frei zu bewegen. Dabei sind die anderen Flüchtlinge in der gleichen Situation mit dem gleichen rassistischen System konfrontiert.
Nach über zwei Jahren traumatisierten Wartens und rassistischer Verfolgung auf verschiedenen Ebenen, sehe ich mich nun gezwungen den öffentlichen Raum hier vor der BAMF in Karlsruhe einzunehmen und eine sofortige Antwort auf meinen Asylantrag zu fordern, den ich bereits 2011 bei den Rassisten der BAMF abgegeben habe.
Ich fordere alle Flüchtlinge auf, die sich in derselben beschämenden Situation deutscher und europäischer Flüchtlingspolitik befinden, sich gegen die Gefangenschaft zu erheben und sich die Gewalt über ihr eigenes Leben zurückzunehmen.
Ich werde hier nicht weggehen, bis meine Forderungen, eine Antwort auf meinen Asylantrag, erfüllt werden.
Statement von Egbo Chigozie:
Seit meiner Ankunft hier in dieser neuen, so genannten Demokratie habe ich nichts als Drohung und Gewalt gegenüber meinem fundamentalen Recht als Mensch erlebt.
Ich kam 2011 nach Deutschland und bat um Asyl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Karlsruhe. Seitdem werde ich immer wieder mit der Ablehnung meines Asylantrags konfrontiert. Darüber hinaus wird mir mit Abschiebung gedroht.
Mein Asylantrag wurde bis heute weder vollständig durch das BAMF bearbeitet, noch wurde er überhaupt untersucht. Ihre Entscheidung, sowie ihr Vorgehen in meinem Fall scheint ausschließlich rassistisch motiviert.
Die rassistische Art und Weise des BAMF Asylfälle von Flüchtlingen zu behandeln basiert nicht auf indivdueller Betrachtung des einzelnen Falles, sondern wird anhand einer generellen Beantwortung der Flüchtlingsfrage betrachtet. Hautfarbe und Nation spielen werden bei diesen Entscheidungen nicht ausreichend berücksichtigt. Viel mehr scheint es, dass man einer behördlichen Willkür ausgesetzt ist. Dies wurde mir klar, als mein zweiter Asylantrag erneut abgelehnt wurde.
Ablehnung von Asylanträgen ohne ausreichende Erklärung und die Ablehnung meines zweiten Asylantrages ist nichts anderes als ein Skandal und widerspiegelt den Rassismus des BAMF. Mein Asylantrag ähnelt dem meiner Freunde, die ebenfalls Flüchtlinge sind. Deren Asylantrag wurde vom Gericht in Stuttgart genehmigt. Das BAMF jedoch verweigert meinen Asylantrag immer noch. Ich sage Nein zu dieser Entscheidung und fordere eine positive Entscheidung über meinen Asylantrag, wie in den anderen Fällen auch.
Ich befinde mich jetzt hier vor der BAMF in Karlsruhe, um meine Forderungen dem Büro der BAMF deutlich zu machen und darüber hinaus hoffe ich auf öffentliche Unterstüzung und Solidarität im Kampf gegen diese Ungerechtigkeit und Verfolgung durch die BAMF.
Ich ruf alle Flüchtlinge auf, deren Fälle ebenfalls durch das BAMF abgelehnt wurden, hier im Camp mitzumachen und mit mir zusammen gegen diese rassistische Situation zu kämpfen.
Unsere allgemeinen Forderungen und Statements gemäß unserer Erklärung:
1. Sofortige Antwort auf unsere Asylanträge.
2. Einen Stopp der Ablehnung von Asylanträgen, denn jedes Asylbegehren hat einen Grund infolge von Verfolgung und Schutz ist nötig.
3. Abschaffung jeder Form von Abschiebung.
4. Die Auflösung aller eurer Abschiebegefängnisse
Video Statements:
Charles Enurowa: http://www.youtube.com/watch?v=Qwr-yILUBJM
Chima Osunbor: http://www.youtube.com/watch?v=1tpw4zPwAw0
Christopher Isibor: http://www.youtube.com/watch?v=QLEvL4sLUm4