Gehlberg: Landrat will Isolationslager erhalten
Einen Monat ist es her, als in Arnstadt die Flüchtlinge aus dem Sammellager Gehlberg auf die Straße gingen. Inzwischen luden die Menschen zu einer Pressekonferenz und wollten die Öffentlichkeit über das Isolationslager informieren. Der Landrat bekräftigt mittlerweile, dass er das Gehlberger Lager mindestens bis 2010 erhalten will.
„Wir wollen menschenwürdig leben“
Sich die Proteste gegen das Isolationslager in Katzhütte zum Vorbild nehmend, haben sich die Flüchtlinge aus dem Gehlberger Lager entschlossen ihre Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen. Seit kurzem protestieren sie gegen die schlechten Bedingungen im Isolationslager Gehlberg, gegen die rassistische Ausgrenzung und die Isolation überhaupt.Am 14. Juni gingen 30 von ihnen in Arnstadt auf die Straße, um sich zu wehren (AGST berichtete). Unterstützt wurden sie lediglich von einigen linken Aktivist_innen. Die öffentliche Wahrnehmung des Protestes wurde durch die Lokalpresse hergestellt, die weitgehend versuchte objektiv über den Widerstand der Flüchtlinge zu berichten und sich nicht, wie üblich, darauf beschränkte die Meinungen und Relativierungen der politischen Verantwortungsträger_innen einzufahren.
Pressekonferenz konnte nicht verhindert werden
Für Mittwoch den 2. Juli luden die Bewohner_innen des Gehlberger Lagers interessierte Pressevertreter_innen zu einer Ortsbegehung und Gespräch mit den Betroffenen ein. Das Angebot wurde wahrgenommen. Allerdings durften die Bewohner_innen die angereisten Interessierten der Presse nicht im Lager empfangen. Die Pressekonferenz fand vor dem Tor des abgezäunten und kameraüberwachten Lagers statt, da der Landkreis sein Hausrecht bemühte und die Veranstaltung auf seinem Territorium untersagte. Warum man dies tat, liegt auf der Hand. Ein Vertreter des Landratsamtes ließ sich trotz Einladung natürlich nicht blicken.
„Wir sind psychisch am Boden“
Im Folgenden veröffentlichen wir Ausschnitte des uns zur Verfügung gestellten Skriptes eines Heimbewohners zur Pressekonferenz (Rechtschreibung und Grammatik nicht im Original):
"Wir wollen euch über die Lage Gehlbergs informieren, die Lage der Flüchtlinge und unsere weitere Aktivitäten informieren.
1. Gehlberg liegt mitten im Thüringischer Wald, am südlichen Rand des Landkreis “Ilmkreis”. Ein Spaziergang in die falsche Richtung (Oberhof) ist mit Geld zu bestrafen. (Anmerkung AGST: Oberhof liegt im Landkreis Schmalkalden-Meiningen, Flüchtlinge dürfen ihren Landkreis, wegen des Residenzpflichtgesetzes nicht verlassen)
2. Die nächste Stadt im Landkreis, Arnstadt, ist etwa 50 Minuten mit dem Bus (30 Minuten mit dem Zug) entfernt. Leider ist dort nicht die zuständige Ausländerbehörde, sondern in Ilmenau. Ilmenau ist etwa 1 Stunde 30 Minuten mit dem Zug von Gehlberg entfernt. Damit ist die Reise zu Ausländerbehörde, Gesundheitsamt und Sozialamt tatsächlich eine Reise, die bis zu 5 Stunden Zeit kostet.
3. In Gehlberg selbst ist die medizinische Versorgung sehr schlecht, so ist die Hausärzten nur an zwei Tage zu besuchen, ansonsten wird nur Notruf und -Arzt gesichert.
Das Lager, selbst hat 9 Häuser und wird von 4 Überwachungskameras überwacht. Eine Asylheimleiterin arbeitet an allen Arbeitstagen, während die Wachmänner von 19:00 bis 7:00 arbeiten müssen. Diese arbeiten sogar an den Wochenenden. Ein Hausmeister arbeitet nur an zwei Tagen in der Woche. Ein Haus brannte vollständig vor einigen Jahre, ein anderes Haus musste letztes Jahr geleert werden, da es dort zu großen Problemen kam. Z.B. gab es mehrere Ratten im Haus, die nur mit Rattenfalle gefasst werden konnten, Wasser floss/tropfte herunter. Was letztendlich im Zwangsumzug der Menschen endete. Andere Häuser leiden unter massiven Mangel, wie kaltes Wasser über Wochen, die Heizung ist oft sehr schlecht, dass man andere Geräte anmachen sollte, um sich aufzuwärmen. Tatsache ist, dass die Heizung nur von 2:00 bis 6:00 angemacht wird. Den Rest des Tages bleibt sie aus. Eine Telefonzelle gibt auch im Heim, die Geld nur einnimmt, aber telefonieren kann man damit nicht. Der Weg zum Bahnhof ist nicht beleuchtet und dauert für die meisten etwa 40 Minuten. Dort müssen wir den unteren Weg im Winter über den Schnee laufen, da der Winterdienst diesen Weg oft nicht räumt. Dazu kommt ein bergauf Weg, wo die vielen Kranken zu leiden haben.
Wir kommen zu den Problemen der Menschen hier:
1. Psychische Krankheiten:
Alle Asylbewerber aus Gehlberg waren mindestens einmal in einer Psychiatrie gewesen, viele von uns haben mindestens ein Selbstmordversuch hinter sich. Wir sind psychisch am Boden. Das liegt einerseits an den Fluchtgründen, Fluchtweg und anderseits am Leben ohne Perspektive im Lager Gehlberg. Die meisten von uns bekommen Schlaftabletten, da sie sonst nicht schlafen können und das über Jahre hinweg.
2. Prozess nach einer Krankheit:
Wenn ein Asylbewerber in Gehlberg krank wird, ist es ein großes Problem. Das nicht nur weil die Hausärztin nur an zwei Tagen in Gehlberg ist. Die Asylbewerber mit ihren sprachlichen Kenntnissen müssen mit der Bürokratie kämpfen. Denn erstmal müssen sie einen Krankenschein beantragen, um erst zur Ärztin gehen zu dürfen. Wenn die Asylbewerber eine Überweisung zu einen anderen Arzt bekommen, sollen sie dann zum Gesundheitsamt in Ilmenau fahren, um dort eine Genehmigung zu erhalten. Der Fahrt nach Ilmenau bekommen sie nach Wochen zurückbezahlt. Sie müssen als kranke Menschen den Berg runter und rauf laufen und auch den Zugweg in Kauf nehmen, der 3-5 Stunden dauert. Das müssen sie als kranke Menschen einfach hinnehmen. Im Winter ist das an sich ein Grund zum krank werden. Erst danach können sie einen Termin bei einen Arzt erhalten und zu ihm fahren. Das dauert mindestens zwei Wochen.
3. Geldfrage und Arnstadt:
Würden die Flüchtlinge in einer Stadt wohnen, würde der Landkreis viel Geld sparen. Auch in einer Wohnung in Arnstadt zu wohnen ist billiger als ein Lager zu unterhalten. Das haben viele Studien gezeigt. In einer normalen Wohnung zu leben, sichert für uns ein menschwürdiges Leben.
4. Kindergarten:
Hier haben die Familien mit kleinen Kinder riesige Probleme. Da die Kinder nicht alleine fahren können, müssen die Eltern mitfahren. Doch weigert sich das Landratsamt die Transportkosten für die Eltern zu bezahlen. Etwa 65€ kostet eine Monatskarte nach Gräfenroda. Da einige kein Bargeld bekommen, wird das Geld von ihren Gutscheinen abgezogen, was eigentlich ein Minimum für Lebensmittel ist. Die Flüchtlinge hätten in einer Stadt das wenig vorhandene Geld sparen können, da sie nicht zu anderen Ort fahren müssen.
5. Bildung:
Hier gibt es auch Probleme, so gibt es ein Mädchen, die keine Berufsschule besuchen kann, weil sie ihr Kind nicht in die Kinderkrippe bringen kann. In einer Stadt wäre das kein Problem. Einem anderen Mädchen wurde es verboten eine Ausbildung zu beginnen. Der Fall von Tawfik Lbebidy war bereits in den Medien veröffentlicht. (Anmerkung AGST: LINK)
6. Verkehr:
Der Verkehr in Gehlberg ist zwar existent, entspricht aber nicht den Bedürfnissen der Menschen. So gibt es nur 4 Mal (2 frühmorgens; 2 nachmittags) einen Bus zum Bahnhof und nur an Arbeitstagen. Ansonsten gibt es eine Busverbindung an Schultagen nach Gräfenroda bis Schulende. Der DB-Verbindung nach Ilmenau ist mit einem Umsteigen nach Ilmenau verbunden."
„Für die einen sind es Menschen mit Augen und Ohren, für die anderen Kostenfaktoren“
Der Landrat Benno Kaufhold (CDU), der, wenn es um die zahlreichen Aktionen von Neonazis geht, gerne mal den (Pseudo-)Antifaschisten gibt, lässt in dieser Frage alle Hüllen fallen. „An der fachlichen Unterbringung ist nichts zu kritisieren“, sagt Kaufhold gegenüber der Lokalzeitung „Thüringer Allgemeine“. Die Unterbringungsform sei bewusst gewählt worden. Gegenüber „Freies Wort“ behauptet Kaufhold die Jahrzehnte alten, brachen Ferienhütten aus DDR-Zeiten seien „absolut lebenswert“. Den Betroffenen in Gehlberg bleibt bei solchen Worten der Atem stehen. Auch wenn er das Gehlberger Lager als das Paradies auf Erden verkaufen möchte, Kaufhold selber würde in diesem modifiziertem Knast mit Sicherheit nichtmal die Ferien verbringen.
Frühestens im Jahre 2010 sei an eine andere Unterbringungsform zu denken, denn bis dahin laufen noch Verträge, die man einhalten werde, so Kaufhold.
Dass es mit einer menschenwürdigen Unterbringung nicht so einfach werden würde, dessen ist man sich in Gehlberg bewusst und so geht der Kampf um das Ende der Isolation weiter. Die kämpfenden Flüchtlinge sind auf unsere Solidarität und praktische Unterstützung angewiesen.
Schließt alle Isolationslager!
Für globale, soziale Rechte!
Antifaschistische Gruppe Südthüringen [AGST] 16.07.2008 21:59 Themen: Antirassismus
http://de.indymedia.org/2008/07/222408.shtml
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Die Flüchtlinge aus Gehlberg: Presse von ND-TA-FW//Idylle im Nirgendwo
03.07.2008
Idylle im Nirgendwo
Ortstermin im thüringischen Gehlberg: Die Flüchtlinge des dortigen Asylbewerberheimes fordern die Schließung ihrer Unterkunft .. Von Anke Engelmann, Gehlberg
Sie leben in einem ehemaligen Kinderferienlager irgendwo im Thüringer Wald: Flüchtlinge aus Palästina, Aserbaidshan und Pakistan. Sie alle eint der Wunsch, der völligen Abgeschiedenheit zu entkommen.
Als Erstes überfällt den Besucher die Stille. Das ehemalige DDR-Ferienlager hat einen Spielplatz, Holzbänke laden zum Sitzen ein, Gras und Bäume. Doch der Spielplatz liegt verwaist, das Gras steht hoch. Ein schöner Sonnentag im Juni, nur die Vögel lärmen. Elf Familien leben hier, aus Syrien, Aserbaidshan, Palästina, Weißrussland, Pakistan, meist zwei in einem Häuschen, teilen sich Küche und Bad. Am Eingang, wo in einem Container eine strenge Dame mit leicht russischem Akzent wacht, ist der Grund des Besuches zu nennen. »Privatbesuch?« Gründlich wird der Personalausweis gecheckt. Gegenüber eine Weide mit hellbraunen Kühen, der Blick auf Berge und Fichten. Idylle im Thüringer Wald.
Sara und Rachima Magamajeva wollen nur eins: weg hier. Die Wohnung, in der die beiden Frauen mit dem Kleinkind leben, besteht aus zwei Zimmern, einer schmalen Küche, einem Bad mit Dusche und Toilette. Im größeren der beiden Räume eine Schrankwand, die Türen hängen schief. Auf dem Boden grasgrüner Filz, ein Bügeleisen hat einen Abdruck hineingebrannt. Ein Bett, zwei Stühle, ein kleiner Tisch, ein großer Tisch, Holzfenster, einfach verglast. Über einem der beiden Nachtspeicheröfen Spuren eines großen Wasserflecks. An der Außenwand, hinter dem Tisch, auf dem ein großer RFT-Fernseher steht, und hinter der Gardine Stockflecken, die Tapete löst sich an mehreren Stellen.
»Wir werden hier krank«
Schwarzer Schimmel wächst auf der weiß gestrichenen Presspappe unterm Fenster. »Wir werden hier krank«, sagt die jüngere der beiden. »Es ist immer kalt, es regnet, es gibt Spinnen.« Rachima kommt aus Aserbaidshan. Sie wird bald 18, wie sie betont, wirkt schmal und kindlich: große dunkelbraune Augen, glänzendes schwarzes Haar. Doch das Kindliche täuscht. Rachima trägt eine Menge Verantwortung, und sie ist eine Kämpferin. »Wir wollen ja nicht in einer Villa leben«, sagt sie. »Wir wollen in die Stadt.« Lange hat die Familie in Arnstadt gelebt. In Gehlberg gibt es Berge, Wald und im Winter viel Schnee. Nichts für eine 18-Jährige. Sie vergesse ihr Deutsch, sagt Rachima. Die Freundinnen aus der Schulzeit sind weit weg. Gern würde sie einen Abschluss an der Berufsschule machen, am liebsten als Kosmetikerin. Doch sie muss sich um ihren Sohn kümmern. Ihre Mutter kann diese Aufgabe nicht übernehmen. Sie ist schwer depressiv. Das Leben in Gehlberg mache sie krank, sagt sie. Rachima verhandelt mit der Anwältin, die für ihre Mutter den Aufenthaltsstatus erstreiten soll. Die hält sie für ein Kind, glaubt sie. Besucht ihren Freund im Knast, wo er seit zwei Jahren sitzt, weil er sich geweigert hat, sein Herkunftsland anzugeben, damit er nicht abgeschoben werden kann. Kümmert sich um ihre Mutter und ihren Sohn und um den Haushalt, wenn die Mutter im Krankenhaus behandelt wird.
Einmal in der Woche fährt ein Bus ins benachbarte Gräfenroda zum Einkaufen. Einen Discounter gibt es dort nicht. »Drei Euro für ein Kilo Tomaten«, schimpft Rachimas Mutter. Bei diesen Preisen sind die Gutscheine über 126 Euro monatlich pro Erwachsene und 80 Euro für das Kind schnell aufgebraucht. Billiger wäre es bei Aldi in Ilmenau. Doch wie dahin kommen? 40 Euro Taschengeld pro erwachsene Person. Fahrscheine müssen zunächst davon bezahlt werden. Rachima berichtet darüber, wie sie das Leben in Gehlberg erlebt. Den steilen Berg vom Bahnhof zum Heim. Die Familie aus Pakistan, die seit sechs Jahren das Haus nicht verlassen hat.
Die blonde Frau aus Weißrussland bekommt überhaupt kein Taschengeld, sagt sie. Wenn nicht eine Freundin die Zwillinge in die Kita bringen würde, müssten ihre beiden Töchter zu Hause bleiben. Das Kita-Essengeld wird ihr mit den monatlichen Wertgutscheinen verrechnet. So bleiben von 551 Euro für fünf Personen noch 513 Euro übrig. Die junge Mutter klagt über die ärztliche Versorgung, ist mit der Hausärztin im Ort nicht zufrieden, die ihren Kindern schon mal Erwachsenenmedikamente verschrieben habe. Bei Zahnproblemen mache der Zahnarzt zunächst einen Befund. Damit gehe sie zur Ausländerbehörde, die ihr o.k. geben muss. Eine langwierige Angelegenheit. Zumal der Zahnarzt nur einen Zahn pro Quartal saniere, berichtet sie. Auch in ihrer Wohnung Schimmelpilze. Das liege am Lüften, habe man ihr gesagt.
Schimmelpilze in der Wohnung
»Ich bin hergekommen, weil ich ein normales Leben führen wollte«, sagt Wissal Obeid. Weit weg vom Krieg. Im Wohnzimmer der palästinensischen Familie sucht die junge Frau stockend nach deutschen Worten, Rachima unterstützt. Die Fensterritzen sind zum Teil mit Klebeband zugeklebt – gegen den Zug. Es sei sehr kalt und die beiden Kinder seien oft krank, erläutert die Hausherrin auf Nachfrage. Ein normales Leben? Sie beschreibt Schlafstörungen, Migräne und Depressionen. Belastend auch der ungeklärte Aufenthaltsstatus: Für drei Monate wird die Duldung jeweils verlängert. Eine Erwerbstätigkeit ist der Schneiderin und ihrem Mann, der Frisör ist, nicht gestattet. Draußen vor dem Fenster sind kleine Beete mit Gurken, Petersilie und Zwiebeln. »Das sind meine Freunde«, sagt Wissal und lächelt ein bisschen. Jahrelang untätig herumzusitzen, macht die Leute krank, noch dazu, wenn sie irgendwo im Nirgendwo leben müssen und Wege in die Stadt nur mit großem Aufwand zu bewältigen sind. »Die Unterbringung im Heim kann Krankheiten hervorrufen. Das kommt häufig vor«, sagt Rechtsanwältin Mirjam Kruppa, die auch die Magamajevs vertritt. Aggressionen und Depressionen sind die Folge. Dazu kommt noch die Residenzpflicht. Demnach dürfen die Asylbewerber den Landkreis nicht verlassen – auch wenn sie Arbeit haben oder einen Studienplatz
Wie die Flüchtlinge untergebracht werden, regelt bundesweit das Asylbewerberleistungsgesetz. In Thüringen werde das »sehr eng interpretiert«, erläutert Sabine Berninger von der Linksfraktion im Landtag. Demnach sei dem Quartier im Heim Vorrang einzuräumen. Doch bei genauer Abwägung von Kosten und Nutzen könnte die dezentrale Unterbringung für die Kreise sogar günstiger sein. Das machen Städte wie Suhl und Gera vor, die ihre Asylbewerber in städtischen Wohnungen einquartiert haben. Zumal sich die Flüchtlinge in Thüringen immer mehr wehren: erst Katzhütte, jetzt Gehlberg. Beistand leistet die Flüchtlingsorganisation The Voice Refugee Forum. Auch die LINKE hat angekündigt, das Thema in den Kreistag zu bringen. »Wir unterstützen die Forderung nach einer dezentralen Unterbringung«, sagt Sabine Berninger. Im Landratsamt scheint man über die renitenten Flüchtlinge nicht erfreut. Der bauliche Zustand des Asylbewerberheimes sei »soweit in Ordnung«. »Wenn etwas kaputt ist, wird es repariert«, sagt Sozialamtschef Wolfgang Habermann und erläutert: Speziell für Familien und Alleinerziehende sei das Heim ein »betreutes Wohnen«.
LINKE will Thema in den Kreistag bringen
Und schildert die »besondere Unterstützung«: Hilfe bei den Hausaufgaben für die Kinder, Begleitung der Eltern zu den Elternabenden. Die Zusammenarbeit mit der Schule in Gräfenroda sei eng, man bemühe sich zudem, speziell für die Frauen Angebote zu machen: Kino, Schwimmbad, Museen, Wanderungen. Eine Schließung des Heimes ziehe das Amt derzeit nicht in Erwägung, so Habermann weiter. Jedenfalls nicht vor 2009. Bis dahin sei man vertraglich gebunden.
So lange wollen die Bewohner nicht warten. Vor zwei Wochen zogen 30 von ihnen zum Arnstädter Landratsamt und versuchten, mit Plakaten und Reden Aufmerksamkeit zu erringen. Vor allem Frauen ergriffen das Wort: auch Wissal und Rachima. Sie forderten, das Lager zu schließen und die Bewohner in Städten dezentral unterzubringen. Am 24. Juni wollen sie erneut vorm Landratsamt in Ilmenau demonstrieren. In Arnstadt stehen viele Wohnungen leer und die kommunale Wohnungsbaugesellschaft würde Mieter wie die Magamajevs oder die Obeids vielleicht mit offenen Armen empfangen.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/
131393.idylle-im-nirgendwo.html
Fotos:
http://www.neues-deutschland.de/serveImage.php?id=
6839&type=original
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Wechsel frühestens im Jahr 2010
Landrat äußert sich zu Forderungen der Flüchtlinge in Gehlberger Unterkunft
Arnstadt – Seit einigen Wochen fordern die Flüchtligen im Gehlberger asylbewerberheim eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen in Arnstadt oder Ilmenau (Freies Wort berichtete). Landrat Benno Kaufhold erteilte dem im Kreistag eine klare Absage. „Wir erfüllen unsere Verträge“, sagte er. Der Vertrag mit dem Betreiber laufe bis 2010, sei frühestens im September 2009 kündbar. Was danach geschehe sei zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen offen. Möglich, dass man neu ausschreibt oder aber die Unterbringung wieder selbst übernimmt. Abhängig sei dies auch von der Zahl der Flüchtlinge, die dann dem Ilmkreis zugewiesen wären.
Kein Verständnis
Gehlberg, so erklärte Kaufhold weiter, sie bewusst wegen seiner idyllischen Lage als Unterbringung für Familien mit kleinen Kindern und psychischen Problemen ausgewählt worden. Dass gerade diese Isolation nun von den Asylbewerbern beklagt wird, kann der Landrat nicht nachvollziehen. Der Betreiber würde mit einem Kleinbus einmal die Woche eine Fahrt zum Einkaufen nach Gräfenroda anbieten. Zweimal im Monat ginge es nach Arnstadt beziehungsweise Ilmenau zu den Ämtern.
Zudem kümmere sich eine Sozialbetreuerin intensiv um die Flüchtlinge. Im Notfall fahre auch sie die Leute mal zum Arzt. Zudem stünden den Asylbewerbern alle Möglichkeiten offen, die auch die Gehlberger haben. Der Kreis bemühe sich nach allen Kräften zu helfen, setze sich zum Beispiel dafür ein, dass ein junger Mann studieren könne oder eine junge Frau ihre Ausbildung beenden.
Kaufhold gab zu, dass die Wohnungen sicher nicht mehr im Zustand wie vor 20 Jahren sind, doch sie seien absolut lebenswert, betonte er. Zur Zeit seien zehn Familien so untergebracht. Bei dreien laufe das Asylverfahren noch, die anderen hätten eine Duldung. Für die aktuellen Diskussionen zeigte Kaufhold wenig Verständnis. Hier werde mit gezielter Stimmungsmache die gute Arbeit kaputt gemacht. Die momentan gewährleistete intensive Betreuung sei bei dezentraler Unterbringung nicht mehr möglich, aber dringend nötig. „Gehlberg“, so sein Fazit. „Ist kein Katzhütte zwei.“ br
http://www.freies-wort.de/nachrichten/regional/
ilmenau/ilmenaulokal/art2447,833819
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Menschenwürdig leben"
GEHLBERG. Gegen ihre zentrale Unterbringung haben Mitte Juni die Bewohner des Asylbewerberheimes Gehlberg in Arnstadt demonstriert. Gestern, bei einem Vor-Ort-Termin, wiederholten sie eindringlich ihre Forderungen.
Ohne Frage, die Wohnsiedlung am Rande Gehlbergs, die sich ihren DDR-Ferienbungalow-Charme über all die Jahre bewahrt hat, liegt absolut idyllisch: Ringsum Grün, ein weiter Blick ins Land auf die Berge des Thüringer Waldes und eine Ruhe, die höchstens von Vogelgezwitscher durchzogen wird. Hier kann man durchatmen und abschalten, Urlaub machen, klasse.
Für die Flüchtlinge in Gehlberg hat die schöne Landschaft längst ihren Reiz verloren. Das sagt so ausdrücklich zwar keiner draußen vor dem Tor des Lagers (der Landkreis hatte auf sein Hausrecht gepocht und die von den Bewohnern kurzfristig organisierte Pressekonferenz auf seinem Territorium untersagt), aber in ihren Worten spielen die Berge ringsum keine Rolle. Für sie geht es um andere Dinge. Um Isolation, fehlende Kontakte zur Außenwelt, weite und für sie oft unbezahlbare Wege zum Arzt, zum Einkauf oder für Ämterbesuche. Sie fühlen sich abgeschottet, ferngehalten vom gesellschaftlichen Leben. Das Lager ist eingezäunt, jeder Schritt wird beobachtet, das Kreisgebiet dürfen sie nicht verlassen.
Wenn Tawfik, Magamajeva und all die anderen Bewohner des Lagers erzählen, bedarf es keiner ausschmückenden Worte, um ihre eigentliche Not zu begreifen. In Gehlberg leben ausschließlich Familien, derzeit sind es elf - insgesamt 38 Bewohner unterschiedlichster Nationalitäten, davon 23 Kinder. Doch schon da beginnt für sie das Dilemma. Zweimal die Woche kommt eine Ärztin in den Ort. Medizinische Hilfe außerhalb dieser Zeit macht die Fahrt nach Arnstadt oder Ilmenau notwendig - mit Bus und Bahn über Gehlberg/Plaue ein mehrstündiges und obendrein teures Unterfangen. Schlimmstenfalls mit einem kranken Kind an der Hand.
Und ärztliche Hilfe wird oft benötigt, wie Helmut Krause, Notarzt, Oberarzt in Ilmenau, Mitglied der Härtefallkommission und Menschenrechtsbe- auftragter der Landesärztekammer, bestätigt. Zu den psychischen Leiden infolge Krieg und Gewalt in der Heimat vor allem unter den weiblichen Bewohnern gesellen sich im Winter bei allen physische. Leichte Häuser, dürftige Beheizung, dazu der allgemeine Stress und hygienische Missstände. Alle Frauen nehmen Medikamente - Antidepressiva und Blutdruckmittel. Dass sie zweimal in der Woche ein Bus-Shuttle nach Gräfenroda zum Einkauf bringt, macht den nächsten Kritikpunkt nicht wett, dass sie dort mit den Gutscheinen (weiterer Kritikpunkt) nur im teuersten Supermarkt etwas bekommen.
Sabine Berninger, Abgeordnete der Linken in Land, Kreis und Stadt sowie Mitglied des Flüchtlingsrates, kennt die Verhältnisse in Gehlberg, die sich von vergleichbaren Einrichtungen in Thüringen nicht unterscheiden. Warum ausgerechnet die Familien im Ilmkreis nicht in der Stadt leben dürfen, wo Schule, Kindergarten, Ausbildungsplatz und vielfältige Einkaufsmöglichkeiten ohne Umstände zu erreichen sind, ist für sie unverständlich. Am fehlenden Geld kann es nicht liegen, da hat der Kreis in den zurückliegenden Jahren sogar 800 000 Euro weniger ausgegeben, als er vom Land an Zuweisungen für die Asylbewerber eingestrichen hat, gibt sie das Ergebnis ihrer Kleinen Anfrage im Landtag wider und kündigt für die nächsten Wochen die weitere Unterstützung der Proteste der Flüchtlinge und Asylsuchenden an.
"Wir sind nicht undankbar", bringt ein junger Asylbewerber gestern das Anliegen aller Bewohner des Gehlberger Lagers auf den Punkt. "Aber wir möchten menschenwürdig leben."
Kerstin FISCHER
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Erneuter Protest von Flüchtlingen
(ND). Flüchtlinge aus dem Asylbewerberheim Gehlberg (Thüringen) haben auf unmenschliche Zustände in ihrem Lager hingewiesen und dessen Schließung gefordert. In der abgelegenen Gemeinschaftsunterkunft gebe es nur an zwei Tagen in der Woche eine ärztliche Versorgung, und eine Beratung in den Asylverfahren sei nicht möglich, heißt es in einem von der Initiative »The Voice Refugee Forum« veröffentlichten Appell. Die Flüchtlinge fordern die Schließung des Lagers und eine dezentrale Unterbringung, wie sie etwa in der Nachbarstadt Suhl üblich ist. Am kommenden Sonnabend ist eine Solidaritäts-Demonstration in Arnstadt (Treffpunkt 15 Uhr Hauptbahnhof) geplant. In Katzhütte (Thüringen) laufen seit mehreren Wochen Proteste gegen die Zustände im dortigen Flüchtlingslager.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/130308.129a-
verfahren-waren-rechtswidrig.html
11.06.2008 / Inland / Seite 5Inhalt
Thüringen: Flüchtlinge protestieren
Gehlberg. Nach den Auseinandersetzungen um die Asylbewerberunterkunft Katzhütte in Thüringen fordern nun auch Insassen des Flüchtlingslagers Gehlberg im Ilmkreis die Schließung ihrer Gemeinschaftsunterkunft. »Wir sind vom Rest der Welt abgeschnitten«, heißt es in einer am Dienstag verbreiteten Erklärung. »Hier existiert keine Möglichkeit der Beratung für unsere Asylverfahren«, die medizinische Versorgung sei mangelhaft. Die Initiatoren fordern eine »dezentrale Unterbringung«, »keine Zäune, keine Überwachungskameras«, »freie Besuche für alle unsere Freunde«, »Arbeitsrecht« und einen Abschiebestopp. »Alles was wir fordern, sind gleiche Rechte und Gleichheit vor dem Gesetz, ein Ideal der bürgerlichen Revolution«, heißt es weiter. Gegen eine mögliche »Umverteilung in andere Lager« kündige man »schon heute Widerstand an«.
(jW)
Demonstration zum Landratsamt in Arnstadt am 14. Juni. Beginn 16 Uhr am Bahnhof
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Drastische Worte für menschliche Probleme
ARNSTADT/GEHLBERG. "Lager" oder gar "Isolationslager" - die Wortwahl der Organisatoren der Veranstaltung ist extrem. Ebenso wie die einiger Bewoh-ner des Asylbewerberheimes. Doch wenn letztere anfangen zu erzählen, reduziert sich alles auf ein Problem: fehlende Mobilität.
"Wir sind krank, wir leiden an Depressionen und wir sind völlig isoliert", sagt Selam. Sie seien darauf angewiesen, dass jemand aus der Heimleitung einige mit dem Bus zum Einkauf nach Gräfenroda mitnimmt, damit sie dort im Tegut oder im Kaufland in Ilmenau ihre Gutscheine einlösen können.
Selbstständig können die Bewohner nur mit dem Schulbus fahren. Keine Schule - wie bald in den Ferien -, kein Bus. Dann bleibt nur die Bahn im Tal. "Ohne Auto ist man dort völlig abgeschnitten", erklärt Dorette Führer, die Hauptorganisatorin der Demonstration. "Wie soll man unter diesen Bedingungen eine Arbeit aufnehmen können?" Ganz abgesehen von den gesetzlichen Auflagen und Einschränkungen, die für Asylbewerber gelten.
Magamajeva ist 18 Jahre alt. Sie hat sieben Jahre in Arnstadt gelebt. Als sie ihr Kind bekam, wurde sie nach Gehlberg verlegt. "Ich kann hier keine Schule machen. Und meine Mutter ist wegen depressiver Störungen im Krankenhaus", erzählt sie. "Es ist schwer die Situation ohne Auto zu meistern. Der Winter ist für uns da draußen die schlimmste Zeit. Man kann nirgendwo hin." Deshalb fordern die Demonstranten eine dezentrale Unterbringung in Orten, in denen sie auch einfacher mit Deutschen in Kontakt kommen können. Es waren etwa 30 Bewohner des Asylbewerberheimes, darunter viele Frauen und Kinder, die - unterstützt von lautstarken Mitgliedern aus dem linken Spektrum - am Samstag auf sich aufmerksam machten.
Von Daniel DRECKMANN
15.06.2008
http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.onlinesuche.volltext.
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dateiname&kennung=on2taLOKStaArnstadt39613&catchline
=catchline&kategorie=kategorie&rubrik=Stadt®ion=
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dbosserver=1&other
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,,Isolation macht krank‘‘
Demonstration | Bewohner der Gehlberger Flüchtlingsunterkunft ziehen zum Landratsamt
Mit Transparenten zogen die Demonstranten vom Bahnhof vors Landratsamt in der Ritterstraße. Foto: br
Bild:
Arnstadt – Drinnen im Landratsamt wurde fröhlich das Hoffest gefeiert. Den Leuten vor dem Tor war nicht nach Feiern zu mute. Lautstark aber friedlich trugen die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Gehlberg ihren Protest vor. Mit Plakaten und Reden versuchten sie Aufmerksamkeit auf ihre schwierige Situation zu lenken. Vor allem eines war ihnen dabei ganz wichtig: „Wohnen für alle“ stand auf vielen Schildern und „Isolation macht krank“. Die Forderung aller: Das Lager schließen und seine Bewohner in Wohnungen in der Stadt unterbringen sowie ihnen die Möglichkeit zur Arbeitserlaubnis zu geben, ein menschenwürdiges Leben und gleiche Rechte für die Flüchtlinge.
Zehn Familien, zumeist Flüchtlinge aus Ländern wie Palästina, Syrien oder Aserbaidschan, leben zurzeit in der ehemaligen Ferienanlage. Als Urlaubsort, so sagen sie, sei Gehlberg schön, doch für sie bedeutet es weit ab vom gesellschaftlichen Leben zu sein, umzäunt und überwacht. So kritisieren sie die schlechte Nahverkehrsanbindung ebenso wie die nicht ausreichende medizinische Versorgung. Eine Hausärztin komme genau an den Tagen, an denen nur die Ausländerbehörde aufgesucht werden könne. Überweisungen, so klagten die
Bewohner, dauerten viel zu lange.
Zum Zug müsse man 30 bis 50 Minuten den steilen Berg herab, das schafften kleine Kinder und Menschen mit Einschränkungen nicht. Zudem reiche das Geld zum Beispiel nicht dafür aus, die Kinder zum Kindergarten zu bringen. Die Folge: Vor allem kleine Kinder und Frauen hätten keine Chance, in die Gesellschaft integriert zu werden. Kommen Freunde zu Besuch, müssten sie bezahlen.
Die Rate der psychisch Kranken im Lager sei sehr hoch. „Man bekommt Medikamente, doch die helfen nur kurzfristig“, erzählte eine Teilnehmerin der Demonstration.
Im Endeffekt werde alles nur noch schlimmer. Depressionen oder Aggressionen seien die Folge der ausweglosen Situation. Viele, so heißt es, hätten Schlafstörungen. Auch jene Familien, die schließlich nach Jahren das Lager verlassen konnten und eine Aufenthaltsgenehmigung erhielten, litten oft unter psychischen Krankheiten. Vor
allem die Frauen kämen allein nicht mehr zurecht. So erzählten die Demonstranten von einer ehemaligen Bewohnerin, die 17 Jahre in Gehlberg ausharren musste, bevor sie vor einem Monat endlich wegziehen durfte.
Dass es auch anders gehe, zeige Suhl. Hier seien alle Flüchtlinge in Privatwohnungen untergebracht. „Man muss nur wollen. In den Städten stehen genug Wohnungen leer“, so Steffen Dittes vom Flüchtlingsrat.
Für Sellam Shanan, eine der Initiatorinnen der Demonstration, steht fest, dass „der Umgang der politisch Verantwortlichen und Behörden die Menschen im Heim kaputt macht.“ Vom besseren Leben, dass sich die Flüchtlinge in Deutschland erhofften, keine Spur. Dabei würden doch Kosten gespart, könnten alle Arbeit suchen und selbst für sich und ihre Familien sorgen. Nur in normalen Wohnungen sei ein menschenwürdiges Leben möglich.
Die Linkspartei kündigte an, das Thema Gehlberg in den Kreistag bringen zu wollen.
Zwar handele es sich bei dem Heim um eine dem Kreis übertragene Aufgabe, doch ist, so Frank Kuschel, schließlich der ehemalige Landrat Ilmenaus für Gehlberg als Standort verantwortlich. Dieser heißt Benno Kaufhold und ließ sich als Landrat des Ilmkreises am Samstag bei der Demo vor seinem Haus wegen anderer Verpflichtungen nicht blicken. br
http://www.freies-wort.de/nachrichten/regional/ilmenau/
ilmenaulokal/art2447,825584http://www.freies-wort.de/_
/tools/picview.html?_
CMELEM=342202
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Arnstadt: Demo gegen Isolationslager Gehlberg
Antifaschistische Gruppe Südthüringen [AGST] 16.06.2008 11:22 Themen: Antirassismus
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Am 14. Juni fand in Arnstadt eine Flüchtlingsdemo, organisiert durch die in Gehlberg wohnenden Asylbewerber_innen, statt. Thematisiert wurden die katastrophalen Lebensbedingungen im Sammellager Gehlberg, wo die Asylbewerber_innen völlig isoliert und rund um die Uhr überwacht und schikaniert leben müssen.
Anfangs beteiligten sich nur etwa 50 Menschen an der Demonstration, später wuchs die Demo auf bis zu 60 Personen an. Die schwache Beteiligung war wohl einerseits der sehr kurzfristigen Mobilisierung, andererseits dem geringen Engagement der Arnstädter Bevölkerung für die Rechte von Flüchtlingen, geschuldet.
Nach Vertreter_innen der Arnstädter AG „Demokratie braucht Zivilcourage“ suchte man fast vergebens. Um sich für die Rechte von Migrant_innen einzusetzen, dafür hat die Zivilcourage scheinbar nicht ausgereicht. Das Mitglied der Jungen Union / CDU Sebastian Köhler sah man kurz feixend am Straßenrand, als er sich gönnerhaft erbarmte und ein Flugblatt eines Flüchtlings entgegennahm. Kurz darauf verschwand er wieder. Der Lokalpolitiker war nicht weiter interessiert.
Anders dagegen Vertreter_innen der örtlich Partei DIE LINKE. Ein Stadtratsmitglied ergriff zur Abschlusskundgebung das Mikrofon und versicherte die Interessen der Gehlberger Migrant_innen im Kreistag vorzubringen und sich für eine dezentrale Unterbringung der Menschen einzusetzen.
Ansonsten verlief die Demonstration ohne Zwischenfälle. Wenig erfreulich war eine Palästinenserin, die sich fast unwidersprochen über die Lautsprecheranlage gegen das Existenzrecht Israels auslassen konnte.
Ob das Isolationslager Gehlberg geschlossen werden kann, hängt nun wesentlich vom Druck ab, der auf die verantwortlichen Politiker_innen, ausgeübt werden kann. In einem waren sich die Demonstrierenden einig, die Zustände in Gehlberg sind menschenunwürdig.
Wir dokumentieren zum Schluss noch den von den Flüchtlingen verteilten Flyer sowie einige Bilder und möchten unsere Solidarität mit dem Anliegen der Flüchtlinge zum Ausdruck bringen.
Schließt das Isolationslager in Gehlberg!
Für globale, soziale Rechte weltweit!
Hoch die antinationale Solidarität!
Flyertext:
Wir demonstrieren heute in Arnstadt, weil wir wollen, dass das Isolationslager in Gehlberg geschlossen wird!
“Wir fordern Abschiebestopp, normale Wohnungen und Arbeitserlaubnis!Im Rahmen der Solidarität mit den protestierenden Flüchtlingen des Lagers Katzhütte lernten WIR, die Flüchtlinge aus Gehlberg, dass ein Kampf gegen das Lagersystem erstmal möglich ist. Weswegen WIR beschlossen haben, einen ähnlichen Protest für die Schließung des Lagers in Gehlberg anzufangen”.
Ausgangspunkt ist die Unterbringung in einer Massenunterkunft in Gehlberg. Das Dörfchen ist ein idyllischer Ort hoch oben im Thüringer Wald. Für ein paar Tage Urlaub ist es schön hier. Doch für AsylbewerberInnen, die gezwungen sind hier z.T. seit vielen Jahren zu leben, ist es ein Ort des seelischen Grauens. Ihre Aufenthaltsanträge liegen auf Eis, sie können nicht in ihre Heimat zurück. Sie sind von der Gesellschaft ausgeschlossen und in die Isolation verbannt. Niemand hat das Recht zu arbeiten. Die meisten bekommen fast kein Bargeld, sondern nur Lebensmittelgutscheine, die sie nur im teuren Supermarkt Tegut einlösen können. Sie dürfen den Landkreis nicht verlassen. Jeder Urlaub, jede weitere Reise jeder Facharztbesuch muss beantragt werden.
Das Lager, eine ehemalige Ferienanlage aus DDR-Zeiten bestehend aus 10 Häuser für die ca. 25 Familien , ist jetzt umzäunt, mit Überwachungskameras, kontrolliert von Wachmännern und Lagerleiterin. Die nächsten erreichbaren Städte liegen 20-30km entfernt, die Nahverkehrsanbindung ist schlecht, zum Zug muss man 30-50 Minuten den steilen Berg entlang durch den Wald gehen.
Das Monatsticket von 65.- Euro für die Fahrt ihrer Kinder zum nächsten Kindergarten müssen sie selbst bezahlen. Das ist nicht leistbar und so bleiben die meisten kleinen Kinder immer im Lager, selten sehen sie etwas anderes, genauso die Frauen, die sich um die Kinder kümmern. Die Situation der Lagerisolation verschärft die oft klassischen Familienverhältnisse, in denen nur Frauen für Haus und Kinder zuständig sind und ansonsten Männer das Sagen haben. Nur die Kinder und Jugendlichen haben durch die Schulpflicht eine Chance am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
"Gehlberg schließen, weil Gehlberg uns krank macht!
Denn im Lager, das ist kein Leben, du kannst nur essen und schlafen. Es ist zuviel, du bekommst Herz-und Kopfschmerzen.
Z.B. die pakistanische Frau die seit 6 Jahren hier ist, sie geht nie aus dem Haus, es gibt auch keine anderen Pakistanis im Lager, niemand zum Reden ausser der Familie, vor ein paar Jahren hatte sie einen Sturz im Schnee. Seitdem kann sie nicht mehr richtig laufen hat viele Schmerzen.
Es gibt im Lager zu wenige Möglichkeiten der medizinischen Versorgung, nur montags und donnerstags gibt es eine Hausärztin und zufällig kann man auch nur an diesen Tagen zur Ausländerbehörde.
Ansonsten ist eine medizinische Behandlung nur im Notfall möglich. Und als ein Kind hohes Fieber hatte oder ein anderes schlimme Bauchschmerzen, dann kam der Krankenwagen erst zwei Stunden später. Wenn wir krank sind und zu einem anderen Arzt müssen dauert die Überweisung oft viel zu lange. Die Beschwerden werden schlimmer und wir müssen dann mindestens 6 Stunden nach Ilmenau fahren. Wenn ich krank bin kann ich nicht 6 Stunden unterwegs sein.
Ich bin schon 6 Jahre hier, gehe immer ins Krankenhaus, dreimal bin ich schon dageblieben, ich habe schon viele Tabletten genommen, habe immer Kopfschmerzen.. Hier im Heim sind Wände wie aus Karton, ich bekomme keine Ruhe. Im Winter gibt es oft zwei Meter Schnee, im Herbst regnet es immer. Ich will sterben, habe schon 4 Selbstmordversuche hinter mir. Ich sitze immer zu Hause.
Die Ärztin hat gesagt, ich soll nicht laufen, mein Fuß sei kaputt und ich solle ins Krankenhaus gehen, aber ich habe kleine Kinder, was soll ich machen? Ich trinke Schlafmittel.. der Doktor hat gesagt: du mußt weiterleben.
So geht es vielen Leuten. Manche Leute beginnen wegen dieser Lebensbedingungen im Lager verrückt zu werden:
wir wohnen hier wie im Exil, im Knast. Wir sind normal, aber Deutschland und dieses Leben im Lager hier macht uns nicht normal."
Die ausweglose Situation macht die Menschen depressiv. Sie verstärkt Agressionen, die sie aneinander oder an sich selbst auslassen, alle haben schwere Schlafstörungen. Von den 11 Familien, die hier noch leben müssen, bekommen die meisten, verstärkt Frauen, Schlafmittel. Viele von ihnen bekommen Psychopharmaka, viele sind in psychatrischer Behandlung. Es gibt immer wieder stationäre Aufenthalte in der Psychiatrie. Die Einnahme dieser Medikamente hilft den Leuten kurzfristig, langfristig machen sie abhängig und verändern die Persönlichkeit und schneiden die Leute noch mehr von ihrer Umwelt ab.
Die letzten 10-12 Jahre waren hier noch ca. weitere 14 Familien untergebracht, diese konnten letztendlich das Lager verlassen, die meisten mit humanitärem Aufenthaltstitel – aufgrund schwerer psychischer Krankheiten, z.B. eine Frau, die mit ihrer Familie 17 Jahre hier leben mußte, bevor sie vor einem Monat das Aufenthaltsrecht bekamen und wegziehen konnte. Die Frau muß aufgrund dieser Situation ärztliche Bestätigungen haben, sie kann nicht mehr alleine zurecht kommen und muß auf Dauer betreut werden. So geht es einigen. Medikamente sind nicht die Lösung der realen Probleme, sondern eine unmenschliche Reaktion darauf..
All das ist ein Skandal. Die Menschen kommen auf der Suche nach einem besseren Leben, doch diese Politik der Ausgrenzung zerstört ihre Gesundheit und ihre Würde.
All dies wollen die AsylbewerberInnen in Gehlberg nicht mehr hinnehmen:
Gehlberg schließen, weil WIR in Gehlberg isoliert sind!
Wir sind von Rest der Welt in Gehlberg abgeschnitten, wir wollen gute Möglichkeiten der Beratung für unsere Asylverfahren und für alle unsere Rechte! Keine Zäune, keine Überwachungskamera, freie Besuche für alle unsere Freunde kostenlos!
Abschiebestopp (Bleiberecht) für alle, weil unsere Länder ausgebeutet und zerstört sind! Wir sind aus Ländern, wo Diktatoren und Korruption herrschen. Der Weg dorthin bedeutet sicheren Tod, Folter, Unterdrückung und ökonomischen Extraausbeutung! Die Infrastruktur ist dort total gebrochen, für uns gibt es keine medizinische Versorgung!Unterbringung in normalen Wohnungen, weil nur dort ein menschenwürdiges Leben möglich ist, ein soziales Netzwerk und Beratungsmöglichkeiten existieren.
Gegen eine Umverteilung in andere Lager kündigen wir schon heute Widerstand an!!!! Wir nehmen andere Nachbarstädte wie Suhl als Vorbild für eine dezentrale Unterbringung, dort wohnen die Leute in normalen Wohnungen.
Wir wollen Arbeit, Ausbildung, Bildung und Studium, weil Arbeiten ein zentrales Menschenrecht ist, wo der Mensch sich frei entfalten kann, soziale Kontakte knüpfen kann und letztendlich am gesellschaftlichen Reichtum teilnehmen kann.
Wir fordern Gleichheit und gleiche Rechte für alle!!
http://de.indymedia.org/2008/06/220073.shtml
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Pressekonferenz:
Die Flüchtlinge aus Gehlberg laden Sie zur Pressekonferenz und Diskussionsrunde ein.
Für Mittwoch, den 2.7.08, haben die Flüchtlinge beschlossen eine Pressekonferenz und Diskussionsrunde mit Vertretern der Presse, politischen Verantwortlichen und zivilgesellschaftlichen VertreterInnen über die Lage
der Gemeinschaftsunterkunft Gehlberg zu veranstalten und die Forderung zu diskutieren. Die Veranstaltung wird voraussichtlich um 11:00 Uhr im Lager stattfinden.
Die Flüchtlinge suchen den Dialog mit der Öffentlichkeit und den Verantwortlichen.
Ihnen geht es in erster Linie um Wahrnehmung ihrer Interessen und Durchsetzung ihrer menschlichen Würde. Die Forderungen sind wie in Katzhütte dezentrale Unterbringung (GU schließen), Recht auf Arbeit ohne Einschränkung
und Bleiberecht (Abschiebestopp), kurz gesagt: die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen.
Pressekonferenz am 2.7.08 in Gehlberg, Am Sportplatz 1 um 11:00
Was wir fordern:
Wir wollen die GU Gehlberg schließen und Abschiebestopp!
Dezentrale Unterbringung und Arbeitsrecht erkämpfen!
Apell der Flüchtlinge: http://www.thevoiceforum.org/node/850
In Solidarität mit allen Flüchtlingen!
PS: Bitte beachten Sie weitere Ankündigungen!!!
Kontaktperson: 017687110359 Tawfik Lbebidy
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Bewertung der Aktivitäten der Gehlberger Flüchtlinge und die mediale Interesse, sowie die Solidarität
https://thevoiceforum.org/node/864
Ein riesen Erfolg und gute Demo meinen viele Gehlberger Flüchtlinge, abgesehen von paar Kleinigkeiten, sodass nicht viele zur Demo (im Vergleich zu Saalfeld) gekommen sind. Diese wurde bereits auch von Presseberichte wieder spiegelt, die Positives über unsere Protest berichteten. Anzumerken ist, dass viele zum ersten Mal in einer Demo teilnehmen bzw. auch in Saalfeld waren.
Positiv:
- die Teilnahme einer überwältigten Mehrheit der Flüchtlinge (bis zu 80% aller Bewohner; mit einer Zustimmung bis zu 100% aller Bewohner, allerdings einige wollten nicht aktiv teilnehmen)
- In einer kürzer Zeit könnten etwa 60 DemonstrantInnen aus Gehlberg und Umgebung organisiert werden, u.a. aus der DKP, die Linke und lokale Antifa, sowie AntirassistInnen und Flüchtlinge aus anderen Gebiete. Dies geschah innerhalb von 5 Tage!
- Auch die gesprochenen Reden waren oft qualitativ und Interessant, so sprach ein Vertreter der Linken über gesparten 700 000 € des Landkreis "Ilmkreis" innerhalb von 5 Jahren. Das Geld wurde für Stopfung des Haushaltes benutzt, anstatt es den Flüchtlingen zu geben. Auch die Tatsache, dass es in Arnstadt 260 leere Häuser existieren, die für den 11 Familien aus Gehlberg wohl reichen müssen!
- Eine breite Öffentlichkeit könnte erreicht werden, so auf dem Fest durch die Reden und Flyer mit den Forderung der Flüchtlingen. Viele solidarisierten sich, einige waren ablehnend und uns belächelnd.
- Die Motivation ist noch stark unter den Flüchtlinge und es herrscht ein Zustand der Angst unter den MitarbeiterInnen des Lagers.
Negativ:
- Nicht gut organisierten Reden von Flüchtlingen selbst, viele trauten sich nicht direkt über ihre Probleme zu reden.
- Einige Flüchtlinge verboten den Angehöriger ihrer Familien an der Aktion teilzunehmen, sowie ausgedachten Ausreden, um eine Stunde vor der Aktion nicht dabei zu sein.
- Der FW-Artikel beschränkte die Probleme der Flüchtlinge auf fehlenden Mobilität und übersah ein großen Transpi mit dem Schrift "Isolation macht krank Lager Gehlberg schließen"
- Die Berichterstattung der lokalen "antifa" (antinational/antideutsch) über die "Rede" einer Palästineserin ist zu kritisieren, da eine Diskussion nicht gesucht wurde.
Durch die alten und neu gewonnenen Erkenntnisse über die Situation der Flüchtlinge in Ilmkreis sollen wir die Offensive weiterführen. Der Kampf wird auf 2 Seiten geführt, erstmal parlamentarisch mit Hilfe der Linken im Kreisparlament, zum anderen außerparlamentarisch mit Aktionen der Flüchtlinge selbst. Hier benötigen wir die Solidarität aller fortschrittlichen Menschen für unseren Kampf. Über die nächsten Schritte der Flüchtlingen aus Gehlberg werdet ihr noch mehr Infos bekommen.
Appell der Flüchtlinge aus Gehlberg mit Protest in Arnstadt
http://www.thevoiceforum.org/node/850
mit solidarischen Grüße
Toto
The VOICE Refugee Forum
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Katzhütte schließen! Bildgalerie ansehen (50 Fotos)
Der Kampf der Flüchtlinge in Thüringen gegen Schimmelpilze, "deutsch duschen" und für menschenwürdige Unterbringung http://www.umbruch-bildarchiv.de/
bildarchiv/ereignis/katzhuette08.html
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Katzhütte: Erklärung zum Besuch einer Delegation von Rechtsanwalt Mülayim Hüseyin https://thevoiceforum.org/node/845
Bewertung der Aktivitäten der Gehlberger Flüchtlinge und die mediale Interesse, sowie die Solidarität https://thevoiceforum.org/node/864
Appell der Flüchtlinge aus Gehlberg mit Protest in Arnstadt
http://www.thevoiceforum.org/node/850
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Eng,Spanish and Deutsch)
The True Role of Immigrants - Open letter from President Evo Morales of Bolivia // re: the EU “return directive”
https://thevoiceforum.org/node/857
*Asylum Air: Neue Airline nur für Abschiebungen - das Geschäft mit Menschen*
https://thevoiceforum.org/node/866
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Montag, 07.07.2008
http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.thueringen.
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National&auftritt=TA&dbserver=1
Wohnung statt Lager
Bei einer Anhörung im Landtag forderten Flüchtlingsverbände und Kommunalvertreter, Asylbewerber in normalen Wohnungen unterzubringen. Das Land fühlt sich nicht zuständig.
ERFURT. Die Wände wurden, wie man riecht, frisch gestrichen. An den Türen hängen neue Schilder, der Boden wurde geputzt. Alles sei sauber, loben Insassen, seit Abgeordnete einen Besuch des Flüchtlingsheims Gangloffsömmern im Kreis Sömmerda den Betreibern angekündigt hatten.
Und trotzdem, sagt gestern Antje-Christin Büchner vom Flüchtlingshilfeverein Refugio Thüringen, die Wohnzustände in solchen Flüchtlingsheimen seien unzumutbar. "Sie müssen endlich geschlossen werden."
Rund 3400 Asylbewerber sind in Thüringen untergebracht, 60 Prozent von ihnen in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften. Teils mehrere Jahre müssen sie in früheren DDR-Ferienlagern oder alten Plattenbauten verbringen. Insassen des Asylbewerberheimes Katzhütte bei Saalfeld klagen inzwischen laut über Schimmel an den Wänden, in Gehlberg über fehlende ärztliche Versorgung und die Unterbringung fernab jeder Ortschaft. Zumal sie einer Residenzpflicht unterliegen; sie dürfen den Landkreis so gut wie nie verlassen. Selbst für kurze Busfahrten reichen 40 Euro Taschengeld im Monat kaum.
Das sei eine "auf Abschreckung zielende Lagerhaltung", kritisieren gestern Flüchtlingsvertreter wie Bernd Mesovic vom Verband Pro Asyl und forderten bei der Anhörung der Linksfraktion im Landtag die sofortige Abschaffung der Heime.
So wie in Suhl. "Sie in leeren Plattenwohnungen unterzubringen, war sogar billiger", berichtet der Stadtbeigeordnete Klaus Lambrecht. Sein Cottbusser Kollege Berndt Weise merkt freilich an, dass dann die soziale Betreuung sowie die Organisation von Integrationskursen schwieriger sei. Dazu kämen auch die Probleme mit rassistischen deutschen Nachbarn.
Noch in diesem Herbst, sagt Linke-Abgeordnete Sabine Berninger, will ihre Fraktion einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen, laut dem Gemeinschaftsunterkünfte abgeschafft und die Bewegungsrechte für die Flüchtlinge auf ganz Thüringen ausgedehnt würden.
Das CDU-geführte Innenministerium lehnt die Forderungen ab. Erstens sei für das Asylgesetz und für dessen Umsetzung der Bund zuständig, als zweites die Landkreise. Drittens sehe man für derlei Änderungen auch gar "keine Notwendigkeit".
07.07.2008 Von Falk HEUNEMANN
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07.07.2008
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=TA&dbserver=1
Flüchtlinge bleiben in Gehlberg
ARNSTADT (kf). An der Unterbringung der Flüchtlinge in Gehlberg wird sich kurzfristig nichts ändern. Darauf wies Vize-Landrat Rainer Zobel gestern noch einmal hin.
Als Grund nannte er den Vertrag mit dem Betreiber der Unterkunft, der erst im Jahr 2010 auslaufe und aus dem der Kreis nicht so ohne weiteres aussteigen könne, wiederholte Zobel eine Information Landrates auf der jüngsten Kreistagssitzung.
Bereits seit 1997 werden im Ilmkreis Asylbewerberfamilien, alleinerziehende sowie psychisch kranke Flüchtlinge, die noch keinen Bleibestatus in der Bundesrepublik haben (anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Wohnung und Unterstützung bei der Integration) in der früheren Feriensiedlung am Rande des idyllisch gelegenen, 650 Einwohner zählenden Urlaubsortes untergebracht. Auf dem weitläufigen Areal sehen die Behörden besonders die zahlreichen Kinder gut aufgehoben, die sich dort "bestens frei bewegen können". Zur Betreuung ist extra eine Sozialberaterin angestellt, Kinder können den Kindergarten in Gräfenroda besuchen, für Schulkinder gibt es Hausaufgabenbegleitung, ein kostenloses Freizeitangebot mit Basteln, Kino-, Schwimmbadbesuchen sowie spezielle Veranstaltungen für die Frauen, dazu Feiern mit Gästen aus der Nachbarschaft sowie Vertretern von Behörden. "An der fachlichen Betreuung gibt es nichts zu kritisieren", ist Landrat Benno Kaufhold überzeugt. Die Unterbringungsform sei bewusst gewählt, um den speziellen Personenkreis aus dem Umfeld einer üblichen Gemeinschaftsunterkunft herauszunehmen und familiengerecht unterzubringen.
Doch glücklich sind die Bewohner damit nicht. Sie beklagen die Abgeschiedenheit (TA berichtete) sowie umständliche Wege zu Behörden und Ärzten nach Arnstadt oder Ilmenau, fühlen sich abgeschottet und ausgegrenzt, würden lieber in der Stadt leben.
Dass es schwierig ist, mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln in die Kreisstadt oder nach Ilmenau zu gelangen, will der Vizelandrat nicht bestreiten. Für Fahrten zum Einkauf, zu Behörden oder Arztbesuchen unterhalte der Betreiber deshalb einen Kleinbus und trägt die Kosten dafür, betont Zobel. Jede Familie habe mindestens einmal wöchentlich die Möglichkeit, ihren Einkauf in Gräfenroda zu erledigen, mindestens zweimal im Monat in Ilmenau oder Arnstadt, kann er die Aufregung nicht verstehen. Ob der Vertrag mit dem Betreiber über 2010 hinaus verlängert wird oder nicht, ist noch offen. "Darüber kann man nachdenken. Darüber wird man auch nachdenken", signalisierte Zobel, dass bei der Entscheidung die Einwände zumindest nicht einfach beiseite geschoben werden.
07.07.2008
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02 | 07 | 2008
Sabine Berninger: Für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik
Sabine Berninger unterstützt die Proteste der Flüchtlinge und Asylsuchenden aus der Gemeinschaftsunterkunft Gehlberg (Ilmkreis). Obwohl die Probleme seit längerem bekannt seien, habe der Landkreis bisher keine Abhilfe geschaffen.
So beklagten viele Flüchtlinge und Asylsuchende die räumliche und gesellschaftliche Isolation, weite und oftmals unbezahlbare Wege zum Einkauf und für Ämterbesuche und eine unzureichende Krankenversorgung. "DIE LINKE unterstützt die Flüchtlinge und Asylsuchenden in ihrer Forderung nach dezentraler Unterbringung und sozialer wie kultureller Teilhabe", betont die Sprecherin für Migrationspolitik und verweist auch auf das heutige Pressegespräch in der Gemeinschaftsunterkunft.
Es sei gut, dass 15 Jahre nach Abschaffung des Grundrechts auf Asyl in der Bundesrepublik dem Thema wieder mehr Beachtung geschenkt werde. "Das hat mit dem Engagement der Betroffenen zu tun, die trotz großer Sorgen über mögliche Repressionen an die Öffentlichkeit gegangen sind", sagt Sabine Berninger. Zuletzt hatten Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft Gangloffsömmern (Landkreis Sömmerda) bei einem Arbeitsbesuch des Gleichstellungsausschusses auf die Zustände aufmerksam gemacht. "Die dort vorgefundenen hygienischen, gesundheitlichen und sozialen Missstände haben auf bittere Art und Weise die Tragweite dieses Problems verdeutlicht. Die Fraktion DIE LINKE wird sich in einer Anhörung am kommenden Montag mit Vertretern von Flüchtlingsorganisationen, Stadtverwaltungen, kirchlichen und karitativen Einrichtungen über die Situation in den Unterkünften in Thüringen beraten und kündigt eine Gesetzesinitiative für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik in Thüringen an."
Dabei hofft die Fachpolitikerin der LINKEN, dass sich auch der außerparlamentarische Protest in den nächsten Wochen noch verstärken wird. "Bereits heute wird auf einer Kundgebung in Weimar die Abschaffung des diskriminierenden Gutscheinsystems für Flüchtlinge gefordert. Die Aktionen in Thüringen reihen sich ein in Aktivitäten, die am Samstag in Berlin in eine bundesweite Demonstration für ein globales Recht auf Migration münden", so Berninger abschließend.
DIE LINKE. Fraktion im Thüringer Landtag, 2008
Mo. 07.07.2008
http://209.85.135.104/search?q=cache:tVoLbX8xbnEJ:
www2.mdr.de/thueringen/sued-thueringen/nf-17-41.
html+gehlberg+asylbewerber&hl=de&ct=clnk&cd=17&gl=de
Gehlberg: Landrat bleibt hart
Im Streit um die Zukunft der Asylbewerberunterkunft in Gehlberg hat der Landrat des Ilmkreises, Benno Kaufhold, Änderungen abgelehnt. Kaufhold sagte, der Landkreis werde seinen Vertrag mit dem Betreiber bis 2010 erfüllen. Damit wies er Forderungen der Asylbewerber ab, in Wohnungen des Ilmkreises ziehen zu dürfen. Die Gemeinschaftsunterkunft in Gehlberg ist den Bewohnern seit Jahren ein Dorn im Auge. Immer wieder hatten sie die Zustände und die angebliche Isolation im Lager kritisiert.
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Pro 1000 Einwohner 1,6 Asylbewerber
Die Übersicht zeigt den starken Rückgang der Zahlen in den vergangenen Jahren. (Grafik: Dietgard Oberst)
Die Übersicht zeigt den starken Rückgang der Zahlen in den vergangenen Jahren. (Grafik: Dietgard Oberst)
Der "Asylkompromiss" hat langfristig sein Ziel erreicht - die Zahl der Flüchtlinge sinkt
Von Dietgard Oberst Saalfeld (OTZ). Im Kreis Saalfeld-Rudolstadt haben Ende vergangenen Jahres nach Auskunft des Statistischen Landesamtes 198 Asylbewerber gelebt. Pro 1000 Einwohner waren das 1,6. Vergleicht man die Zahlen mit 1998 leben hier jetzt sieben Asylbewerber oder 3,66 Prozent mehr als damals. Pro 1000 Einwohner waren es damals 1,4.
In Thüringen insgesamt hat sich die Zahl der Asylbewerber seit 1998 allerdings halbiert. Vor zehn Jahren lebten im ganzen Land 6726 Asylbewerber (auf je 1000 Einwohner waren das 2,7), vergangenes Jahr waren es nur noch 3328 (auf je 1000 Einwohner sind dies 1,5).
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Politisch ist diese Entwicklung gewollt und durch den so genannten Asylkompromiss von 1993 eingeläutet worden. Damals wurde unter anderem die "Drittstaatenregelung eingeführt. Das bedeutet, dass in der Regel keine Chance in Deutschland auf Asyl hat, wer über einen "sicheren Drittstaat eingereist ist oder aus einem "verfolgungsfreien Land stammt. Als Asylanten anerkannt werden nur noch etwa ein Prozent der Asylbewerber.
Im Jahr 2003, als das neue Gesetz in Kraft trat, lebten im Kreis Saalfeld-Rudolstadt 425 Asylbewerber. Das waren 227 Menschen mehr als im vergangenen Jahr. Landesweit waren es 3405 asylsuchende Männer, Frauen und Kinder mehr. Die Rechnung, dass sich die Zahlen halbiert haben, gilt also auch ab dem Jahr 2003.
Die meisten Asylbewerber, die hier leben, stammen aus Asien. Von 3328 Asylsuchenden kamen 1918 aus Aserbaidschan, dem Irak, aus China, Indien, dem Libanon, Vietnam oder dem Irak. 1067 stammten aus europäischen Ländern wie Serbien, der Russischen Föderation oder der Türkei.
190 Asylbewerber kamen aus Amerika, waren Bürger übriger Staaten, Staatenlose oder das Heimatland konnte nicht ermittelt werden. Nur 153 Asylbewerber stammten aus Afrika, vor allem aus Algerien und Sierra Leone. Generell ist die Zahl der afrikanischen Flüchtlinge in Deutschland sehr gering. Die Organisation "Pro Asyl kritisiert die Bundesregierung deswegen, das Problem der afrikanischen Asylsuchenden den südlichen Staaten Europas zu überlassen.
Knapp zwei Drittel der Flüchtlinge in Thüringen waren Männer. Das Durchschnittsalter betrug 26,5 Jahre und hat sich damit seit 1998 um 2,6 Jahre erhöht. Ein Viertel aller Leistungsempfänger waren Kinder, hat das Statistische Landesamt ermittelt. Insgesamt lebten im vergangenen Jahr 848 Asylbewerber unter 15 Jahre in Thüringen. Der Anteil der 40- bis 50-jährigen Flüchtlinge hat sich seit Ende 1998 fast verdoppelt. Damals lag er bei 7,2 Prozent, jetzt bei 13,25 Prozent.
Mehr als die Hälfte der im Landkreis lebenden Flüchtlinge ist in Wohnungen in Saalfeld untergebracht, der Rest lebt in der Gemeinschaftsunterkunft Katzhütte.
17.07.2008
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