The VOICE Online zu Felix Otto Inhaftierung:
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Felix Otto wird abgeschoben, BREMEN Taz, 21.07.2009 Bremen Taz.; 21.07.2009
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Weshalb Felix Otto im Gefängnis ist: Eine Abhandlung über koloniales Unrecht und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Deutschland
Einführung
Für viele Leute, die außerhalb von Europa oder der Vereinigten Staaten leben, erscheinen Länder wie Deutschland allzu oft als eine Art von „Paradies“, einem Ort, wo Menschenrechte und –Würde respektiert wird und wo die Menschen einen Anspruch auf grundlegende Annehmlichkeiten eines Rechtes zu leben haben (Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnung, grundlegenden sozialen Diensten usw.). Darüber hinaus wird der Gedanke sowohl propagiert als auch so verstanden, dass, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas, alle Menschen gleich behandelt werden und dass Diskriminierung, falls sie existiert, auf ein Minimum begrenzt wird.
Tatsächlich existieren auf europäischer Ebene Gesetze, welche Menschen auf der Grundlage ihrer Herkunft und anderer Aspekte diskriminieren, eine Verletzung sowohl europäischen als auch nationalen Rechts, auch des ersten Artikels der deutschen Verfassung „Die Würde des Menschen ist unantastbar …“.
Millionen von Menschen aus aller Welt haben begriffen, das Versprechen von Rechten und Würde hat sich als nichts mehr als eine bittere Illusion erwiesen, eine weitere Lüge, ein weiteres gebrochenes Versprechen einer langen Kette von Misshandlungen und Ungerechtigkeiten, welche die Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten gegenüber dem Rest der Welt gekennzeichnet haben.
So wird Deutschland betrachtet, welches angeblich das Beste und das Schlimmste von Europa repräsentiert, das Schlimmste in seiner Rolle im Holocaust und der gezielten Vernichtung von Millionen von Menschen vom ganzen europäischen Kontinent und das Beste, dass es diese Erbe überwunden hat, dass es sich seiner Vergangenheit gestellt hat und für sich nun eine neue Rolle angenommen hat als Hauptverteidiger von Menschenrechten in aller Welt.
Wie wir in dieser Abhandlung sehen, werden sowohl diese Prinzipien einfach nicht angewendet oder, wie bei den Menschenrechten, werden gewisse Gruppen von Menschen vom Anspruch auf diese Leistungen ausgeschlossen, die sichern sollen, dass Würde und Humanität aller Menschen als Unantastbar respektiert werden.
In diesem besonderen Fall werden wir uns auf die Residenzpflicht konzentrieren, auch bekannt als Gesetz zur Aufenthaltsbeschränkung. Seit seiner Inkraftsetzung 1982 ist Deutschland bis heute das einzige Land der EU, welches ein solches Gesetz für Asylbewerber anwendet. Weit mehr als ein Gesetz, dass den Aufenthalt Asylsuchender regelt, ist die Residenzpflicht eine Waffe der Unterdrückung, um die Bewegung von Asylbewerbern zu kontrollieren und sicher zu stellen, dass sie eingeschüchtert an den für sie bestimmten Orten bleiben oder strafbar sind, wenn sie sich nicht daran halten.
Unser Beispiel ist der Fall von Felix Otto. Otto ist ein afrikanischer Asylsuchender aus Kamerun.
Mit der direkten ökonomischen, politischen und militärischen Unterstützung durch seine europäischen Herren hat der Diktator Paul Biya Kamerun seit 1982 rücksichtslos regiert. Opposition zu diesem Regime trifft ständig auf brutale Repression. Insofern ist Kamerun keine Demokratie nach westlichen oder anderen Standards. Die Kameruner Regierung raubt dem Volk seine Rechte und nutzt unter anderen Maßnahmen Mord, Folter, Inhaftierung unter inhumanen Bedingungen, um jeden zu verfolgen, der es wagt, gegen dieses Unrecht zu protestieren (oder einfach von der Polizei wegen geringster Übertretungen gefasst wurde).
Felix Otto floh wegen dieser Regierung in Suche nach seinem Recht auf Leben. Weil er in Deutschland ladete, stellte er hier einen Asylantrag. Weil aber Deutschland weniger als 1 % aller Asylbewerber anerkennt, erfuhr Otto die selbe Behandlung wie viele anderer Flüchtlinge, sein Asylantrag wurde als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und die Behörden stellten fest, dass es sowohl sicher als auch korrekt sei, Otto zurück in die Hände von Paul Biya zu deportieren.
In der Zwischenzeit, in der Otto und 99 % aller anderen Flüchtlinge auf ihre Deportation warten, ist es ihnen verboten, zu arbeiten und praktisch auch (mit Ausnahme der Kinder) sich zu bilden. Sie werden zu einem Leben gezwungen, dass auf ewig nur aus „essen und schlafen, essen und schlafen“ in ihren Flüchtlingslagern besteht (von vielen als offene Gefängnisse oder Konzentrationslager bezeichnet). Asylbewerber dürfen sich ohne behördliche Erlaubnis keine 10 m aus dem Gebiet ihrer Aufenthaltsgestattung hinausbegeben. Die Erlaubnis wird meist versagt.
Das Gesetz, welches diese Beschränkung der Bewegung regelt, wird Residenzpflicht oder Gesetz zur Aufenthaltsbeschränkung genannt.
Nun wurde Felix Otto für 8 Monate inhaftiert, weil er ein Gesetz übertreten hat, für dessen Übertretung nie ein Deutscher angeklagt werden kann, 8 Monate Haft, weil er ein Gesetz nicht befolgt hat, dass dafür bestimmt war, ihn zu isolieren und zu zerstören. Gleichwohl, mehr als eine Strafe dafür, dass er von seinem Recht auf Bewegungsfreiheit gebraucht hat, wurde Otto für das Verbrechen zu Gefängnis verdammt, dass er zuerst in Deutschland um Asyl nachgesucht hatte.
Eine universelle Verdammung?
Wenn US-Amerikaner und Europäer nach Kuba sehen, kritisieren sie oft die Regierung dieser Insel für deren Menschenrechtsverstöße und mangelnde Freiheit ihres Volkes. Viele sagen „es ist eine Diktatur“. Am abscheulichsten sei es, so die Kritiker, dass den Einwohnern ihr Recht auf Bewegungsfreiheit verwehrt wird.
Nach Jahrzehnten politischer, militärischer und ökonomischer Unterstützung, sowohl durch Widerstand der unterdrückten Schwarzen Südafrikaner als auch durch weltweite Kampagnen gegen die unfairen rassistischen Praktiken der Regierung und deren Weißer Unterstützer wurden westliche Regierungen gezwungen, sich von den kriminellen Praktiken des Apartheid-Regimes zu distanzieren. Einer der wichtigsten Aspekte der Repression und der Zerstörung der Schwarzafrikanischen Kultur war die Verbannung der Schwarzen in Homelands. Diese Homelands dienten nicht nur dazu, die Bevölkerung in Ghettos zu isolieren und einzusperren, sie machten es auch möglich, ihre Freiheit der Bewegung zu kontrollieren.
In Deutschland, einem Land, welches durch seine eigenen rassistischen Ideologien und dem Krieg, den dies verursachte, verwüstet wurde, wurde die jüdische Bevölkerung lange vor der Schaffung der „Endlösung“, in Ghettos zusammengetrieben. Es wurde für Juden als Verbrechen angesehen, sich außerhalb der ihnen zugewiesenen Gebiete zu bewegen und sie konnten dafür mit Geldstrafe oder Gefängnis bestraft werden. Wie der Autor von „Die Vernichtung der europäischen Juden“, Raul Hilberg ausführte, hatte die Errichtung von Ghettos fünf Hauptziele:
1. Soziale Kontakte zwischen Juden und (anderen) Deutschen zu verhindern
2. Eine jüdische administrative Bürokratie zu schaffen (Judenräte)
3. Maßnahmen der Identifizierung
4. Beschränkung auf mögliche Aufenthaltsorte
5. Die Regulierung der Bewegungsfreiheit
Im Nachgang zum Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland durch die Besatzungsmächte geteilt, wobei England, die Vereinigten Staaten und Frankreich den westlichen Teil von Deutschland kontrollierten und die frühere Sowjetunion den östlichen Teil. Inmitten der fälschlich als „Kalter Krieg“ bezeichneten Periode (falsch weil dieser Name Entspannung besagt, während in Wirklichkeit zig Millionen Menschen das, was Europa und die USA als „kalt“ bezeichneten, mit dem Leben bezahlten), fand eine ideologische Schlacht statt und zumindest in der westlichen Welt erzählte man dem Volk, dass unter vielen Freiheiten, die der ostdeutschen Bevölkerung vorenthalten wurden, auch die Tatsache zählte, dass ihnen die Ausreise aus ihrem Land verwehrt wurde. Nach dem Fall der Berliner Mauer feierten die Deutschen beider Seiten die Reisefreiheit zwischen den früher getrennten deutschen Staaten.
Im Namen der Menschenrechte wurden alle diese Fälle, in denen das Recht des Volkes verwehrt wurde, sich frei in oder außerhalb seines Gebietes zu bewegen (evt. in Abhängigkeit vom Opfer), von den westlichen Regierungen und deren Gesellschaften verurteilt, auch wenn sie im Fall von Europa zuerst Massenvernichtung verlangt hatten, oder diesen Fällen widerfuhr ein andauernder Widerstand und weltweite Verurteilung von unten, wie im Fall von Südafrika.
Menschenrechte für alle?
Der Völkermord und die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges führten dazu, dass die Westmächte die Universelle Menschenrechtserklärung unterzeichneten sowie auch die Konventionen zum Flüchtlingsschutz zusammen mit anderen Menschenrechtsgarantien. Diese Dokumente waren dazu bestimmt, gefährdete Bevölkerungen vor Verfolgung zu schützen und, wenn sie dennoch verfolgt würden, ihnen zu erlauben, im Ausland ins Exil zu gehen. Unter anderem garantiert die Universelle Deklaration der Menschenrechte, welche die USA und Europa unterzeichneten:
Artikel 1
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Artikel 7
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz.
Artikel 8
Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.
Artikel 9
Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.
Artikel 13
1. Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.
Artikel 14
1. Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.
Zusätzlich definiert die Genfer Flüchtlingskonvention, geändert mit dem Protokoll von 1967, in Artikel 1 einen Flüchtling wie folgt:
„Eine Person, die sich aus begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will...“
Obwohl diese so genannten universalen Rechte in weiten Teilen als Antwort auf die Gräuel der Nazis und der Notwendigkeit, solche Verbrechen künftig zu verhindern, geschaffen wurden, wurden sie ständig durchweg den meisten nicht-weißen Menschen (m. E. denen, die von Europa und den Vereinigten Staaten kolonialisiert wurden) vorenthalten. Konkret wurde die Universalität der Menschenrechte genau den Menschen vorenthalten, die seit Jahrhunderten unter den Folgen der völkermordenden Unternehmungen in Afrika, Asien, Lateinamerika und dem Nahen Osten gelitten hatten. In der Tat dürfen wir nicht vergessen, dass 1914 Europa und die USA direkte Kontrolle über mehr als 85 % der Territorien der Welt hatten und der größte Teil Afrikas konnte noch für ein halbes Jahrhundert danach keine Unabhängigkeit erlangen.
Mit der Neuordnung der internationalen Machtverhältnisse und Grenzen im Gefolge des Zeiten Weltkrieges und der weltweiten Migrationsströme, bis dahin in erster Linie ausgehend von den kolonisierenden hin zu den kolonisierten Ländern, wurde viele Menschen der sogenannten „Dritten Welt“ gezwungen, wegen ökonomischer, politischer, Wirtschafts- und Bürgerkriege, die durch ausländische Mächte in ihren Ländern unter dem Vorwand des „Kalten Krieges“ ausgetragen wurden, zu fliehen.
Globalisierung und moderne Homelands
(Homelands im Sinne Apartheid-Südafrika)
Obwohl die Residenzpflicht eine spezifische deutsche Eigenheit ist, muss man sie im Zusammenhang mit umfassenderen Trends auf globalem Niveau sehen, in denen das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit den Menschen nicht nur weggenommen wird, sondern auch als Grund für wachsende Repressionsmaßnahmen dient, sowohl im Inland als auch im Ausland. Um die Konsequenzen eines solchen barbarischen Gesetzes in Deutschland zu verstehen ist es entscheidend, dass es im Zusammenhang mit dem richtigen historischen Kontext gesehen wird, nur dann wird es möglich sein, das Verbrechen als ein rassistisches Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzuordnen, welches gegen Felix Otto verübt wurde.
Die Beziehungen, die wir heute zwischen Völkern und Kulturen unterhalten sind nicht von der Vergangenheit losgelöst. Zum Beispiel der Fakt, dass der Kolonialismus offiziell beendet wurde, bedeutet keineswegs, dass die Strukturen, Methoden und Ideologien, die sich durch so viele Jahrhunderte erhalten hatte, einfach verschwunden wären. Viele Leute, besonders jene, die Nutzen aus diesen ungerechten Beziehungen gezogen haben, neigen dazu, zu vergessen, dass Kolonialismus und Sklaverei keineswegs nur auf einige isolierte Ereignisse einer unglücklichen aber längst vergangenen Ära beschränkt waren.
Andererseits endete der Kolonialismus, wie wir wissen auf dem afrikanischen Kontinent formal in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Es war nicht vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, dass viele afrikanische Völker durch Kampf ihre Unabhängigkeit erlangten. Die Apartheid in Südafrika wurde bis 1994 nicht besiegt. Wichtiger bleibt festzustellen, dass gleichwohl Kolonialismus durch direkte Besetzung schließlich abgeschafft wurde, die Praktiken und die Beziehungen, die den Kolonialismus charakterisierten, bis heute weiter existieren.
Andererseits zeigt eine Analyse der historischen Migrationsprozesse mehr als irgend etwas anderes, auf welche Weise solche Ungerechtigkeiten wie die Residenzpflicht beweisen, die Fortsetzung kolonialen Unrechts zu sein. Obwohl offensichtlich stark vereinfacht, sah weltweite Migration seit der Zeit der Sklaverei und des Kolonialismus so aus:
Fliehend vor Hungersnöten und Seuchen (was Regierungen heute als „Wirtschaftsflüchtlinge“ beschreiben, kein Asylgrund) und im Streben nach Gold und anderen Reichtümern, begannen Europäer zu expandieren und die Welt zu kolonisieren. An manchen Stellen, wie Nord- Zentral- und Südamerika, wurde die einheimische Bevölkerung gewaltsam von ihrem Land vertrieben und entweder ermordet, versklavt oder gezwungen, in Reservaten zu leben, die wir in Südafrika als Homelands kennen. An anderen Orten, wie Afrika, war Vertreibung weniger bedeutsam. Trotzdem nahmen die weißen Kolonisten das beste Land und die natürlichen Ressourcen an sich, steuerten die Regierungen und wichtiger – das Militär.
Als die Länder zunehmend begannen, sich selbst von der direkten kolonialen Kontrolle, die durch das 19. und 20. Jahrhundert andauerte, zu befreien, hing die Natur der nun „unabhängigen“ Regierungen von der Art der Beziehungen ab, die sie mit den ehemaligen Kolonialherren eingingen. Allgemein, wenn die Führer dieser neugegründeten (und manchmal neu geschaffenen) Staaten damit fortfuhren, dem Diktat der ehemaligen Aggressoren zu folgen, folgte eine anti-nationale Politik und die natürlichen Ressourcen wurden an westliche Länder ausverkauft. Wenn andererseits diese Länder versuchten, ihren eigenen autonomen Weg zu gehen, hatten sie oft unter wirtschaftlichen Boykotts, militärischen Interventionen und Putschen zu leiden.
Wie auch immer, die Vorlage und, bis auf ganz wenige Ausnahmen die Ergebnisse erweisen sich beinahe ausnahmslos als das Selbe: Die Bevölkerung wurde durch Krieg und Hunger aus dem Land gejagt statt dass die Ressourcen zu der Stärkung nationaler Infrastruktur und elementarer Bedürfnisse einer jeden Gesellschaft nutzbar gemacht würden, diese Menschenrechte wurden systematisch geopfert, um übersteigerte Militärbudgets und ruchlose Auslandsschulden zu bezahlen (doppelte Kriegführung). Zur selben Zeit konzentrierten sich die verschiedenen Volkswirtschaften darauf, zumindest die, welche dem Kapitalismus angegliedert waren und dem von den Vereinigten Staaten diktierten Model, den größten Teil ihrer Wirtschaftskraft auf den Rohstoffexport (Holz, Öl, Gold, Kupfer, Kobalt, Kakao, Früchte etc.) in die USA und zu den europäischen Märkten zu verwenden. Im Austausch importierten diese Länder dann Fertigprodukte, wie Benzin, Neskaffee und Fertignahrung.
Als Ergebnis dieser katastrophalen und anti-humanen Politik wurden immer mehr Menschen dazu gezwungen, in Suche nach dem Recht auf Leben, aus ihren Ländern zu fliehen. In der Folge begannen die ach so großherzigen westlichen Länder, die solch noble Ideen wie die Deklaration der Menschenrechte entwickelt hatten, schnell ihre nationale Politik zu ändern, um die Bewegungsfreiheit der Menschen einzuschränken, die von den kolonisierten Ländern geflohen waren um im Westen Zuflucht zu suchen. Konkret wurden Visumspflichten verschärft, das Recht auf Asyl wurde systematisch ausgehöhlt bis zur Nichtexistenz und Politiker und die Medien versuchten ständig Hetzkampagnen gegen Flüchtlinge und Migranten auszuführen, indem sie diese als Last für die Sozialsysteme und potentielle Bedrohung der Gesellschaft beschrieben.
Die Konsequenz dieser Politik kann man heute in grauenhaften Details sehen: ob in den Wüsten Nordamerikas oder den Gewässern des Mittelmeeres, Tausende Menschen werden von den Europäischen und US-Amerikanischen Grenzregimen ermordert, wenn sie ihre gefährliche Reise zu der als „Paradis“ bekannten kriminellen Illusion machen. Die Opfer von mehr als 500 Jahren ständiger Ausplünderung, die kolonisierten der Welt werden zunehmend gezwungen, in ihren Ländern zu bleiben ohne Hoffnung, das Recht auf Leben zu erhalten, weder zu Hause noch im Ausland. Millionen Menschen werden gezwungen, ohne Papiere zu leben, sogenannte „Illegale“ die als Kriminelle behandelt werden, weil sie es geschafft haben, militärische Absperrungen zu überwinden, die ihnen in den Weg gestellt worden waren und anschließend wurden sie ihrer elementarsten Menschenrechte beraubt. Hunderte von Millionen Flüchtlinge bleiben ohne irgend einen realen Schutz, ohne irgend einen Ort, den sie ihr Zuhause nennen könnten, sie werden verfolgt, egal wohin sie sich begeben.
Würden so viele menschliche Tragödien passieren und fortfahren zu passieren, wenn die Opfer Weiße wären?
Das Gesetz zur Aufenthaltsbeschränkung in Deutschland
Während der NS-Herrschaft in Deutschland und großen Teilen von Europa wurden Praktiken eingeführt um die sogenannte minderwertige Bevölkerung zu kontrollieren. So wurden zum Beispiel alle Juden gezwungen, einen gelben Stern an ihrer Kleidung zu tragen. Weil diese Leute oft nicht von denen zu unterscheiden waren, die angeblich zu der mythischen arischen Rasse gehörten, machte es der gelbe Stern sowohl der Bevölkerung als auch der Polizei leicht, sie als Juden zu identifizieren.
Obwohl all dies wahr ist, existiert heute in Deutschland nach wie vor ein Gesetz, welches es Flüchtlingen verbietet, sich außerhalb des ihnen zugewiesenen Kreises zu bewegen. Bekannt als Residenzpflicht oder Gesetz zur Aufenthaltsbeschränkung wurde es in seiner heutigen Form 1982 in Deutschland eingeführt. Da es meist ausschließlich auf Leute mit dunkler Hautfarbe, also Nicht-Weiße angewendet wird, bedarf es keines farbigen Sterns zur Identifikation (oder Ächtung).
Die Behörden behaupten, dieses Gesetz wäre nötig, um die Asylbewerber zu überwachen, wo sie sich aufhalten im Falle das sie zu Gericht gerufen werden oder um abgeschoben zu werden. Wie auch immer, mehr als ein Gesetz zur Feststellung des Aufenthalts ist der wahre Zweck, die Bewegungen von Asylbewerbern in Deutschland einzuschränken. Um die Residenzpflicht durchzusetzen, patrouilliert deutsche Polizei auf Bahnhöfen und Bushaltestellen wie auch im Gebiet von Kreisgrenzen.
Konkreter sieht eine vereinfachende Geschichte so aus:
X riskiert alles und macht eine schwierige Reise nach Deutschland im Versuch zu überleben und auf der Suche nach dem Recht auf Leben. Sobald er das Land betreten hat, werden von ihm Fingerabdrücke genommen und evt. wird er verhaftet, bis er einem Flüchtlingslager zugeteilt wird (einer Art Open-Air-Gefängnis) irgendwo in Deutschland. Oft sind solche Lager in alten Armeekasernen der ehemaligen ostdeutschen Volksarmee isoliert mitten im Wald untergebracht.
Ohne die Erlaubnis zu arbeiten und bar jeder Möglichkeit, die deutsche Sprache zu erlernen, sagt man X, dass er in dem ihm zugewiesenen Kreis zu bleiben hat, bis sein Asylverfahren beendet ist, und das er diesen nicht ohne vorherige Erlaubnis der Behörden verlassen darf. Wo X lebt, ist niemand sonst aus seinem Land. Man gibt ihm Lebensmittelgutscheine statt Bargeld um alle Nahrungsmittel zu kaufen. Schon traumatisiert, weil er gezwungen war, Familie und Freunde zurückzulassen und die gefährliche Reise zu einem unbekannten Land zu machen bekommt X schwere Depressionen.
Schließlich gelingt es ihm, Kontakt zu Leuten aus seinem Land herzustellen, die in einer anderen Stadt leben, welche ihn einladen, um sie ein paar Tage zu besuchen und sich zu erholen und mal aus dem Lager herauszukommen. Um nicht seinen Asylantrag zu gefährden, geht X zur Ausländerbehörde um eine Erlaubnis zu beantragen, seine Freunde zu besuchen. Weil ihm keine Gelegenheit gegeben wurde, Deutsch zu erlernen, ist er in der Möglichkeit, sich mit den Fallbearbeitern zu verständigen, extrem behindert, ihm wird nicht geholfen, weil die Sachbearbeiter in der Behörde darauf bestehen, dass nur Deutsch gesprochen werden muss (auch wenn er eine der kolonialen Sprachen wie Französisch, Englisch oder Spanisch spricht).
In einem barschen Ton und mit vielen Worten, die X nicht verstehen kann, wird ihm klargemacht: Er ist kein Tourist in Deutschland, sondern ein Asylsuchender. Folgerichtig kann er keine Freunde besuchen, eine Erlaubnis bekommt er bloß in einem Notfall oder um einen Rechtsanwalt aufzusuchen, er soll gefälligst die Behörde verlassen um nicht seinen Asylantrag aufs Spiel zu setzen.
Wie auch immer, X hält die Monotonität des Open-Air-Gefängnisses nicht länger aus, die Beschimpfungen durch das Personal, dass dort arbeitet, die schweren Depressionen all der anderen „Open-Air-Gefangenen“. Er entscheidet sich, lieber zu gehen und seine Freunde zu besuchen als an solch einem schrecklichen Ort wahnsinnig zu werden. X macht seine erste Reise aus seinem Kreis, ahnungslos was ihn erwartet.
X kommt an der ersten Bahnstation an, wo ihm 5 Minuten bleiben, seine Verbindung herauszusuchen. Stimmen erschallen aus dem Lautsprecher, die einen unverständlichen Wortschwall ausspucken. X ist verwirrt und versucht jemanden um Hilfe zu bitten, aber er trifft nur auf hasserfüllte Blicke. Weil er nicht weiß, was er machen soll, geht er den Bahnsteig entlang um in die Vorhalle zu gelangen, um den Anschlusszug herauszufinden. Überall sind Leute und er geht die Treppe hinunter als er plötzlich zwei Polizeibeamten gegenübersteht. „Ausweis!“ X versteht nicht, was man zu ihm sagt, noch weshalb sie so überaus aggressiv sind. „Ausweis“ Gib uns deinen Passport“.
X ist verängstigt und weiß nicht, was er machen soll. Er denkt, dass sie seine Papiere sehen wollen aber er ist nicht sicher warum. Er hat nichts schlechtes getan. Der Zug ist voller Leute und alle starren ihn an. X übergibt schließlich seine deutschen Identitätspapiere (sein Pass war ihm von der Ausländerbehörde abgenommen worden, als er in Deutschland eintraf) und nach wenigen Minuten wird er in ein Polizeiauto gesteckt, wo er auf seinen nächsten Zug wartet. Er wird seine Freunde nicht besuchen. Er wird in sein Open-Air-Gefängnis zurückgebracht, wo ihn eine Bestrafung erwartet, weil der den ihm zugewiesenen Kreis verlassen hat.
X’s Asylantrag braucht einige Jahre. In dieser Zeit wird die Routine lediglich aus essen und schlafen unerträglich. X macht einige Ausflüge außerhalb des Kreises, er fragt nicht mehr nach einer Erlaubnis nach so vielen Ablehnungen. Obwohl er nur selten verreist, hat sich die Strafe, die er für das „Verbrechen“ zu zahlen hat, das Lager zu verlassen, auf mehrere hundert Euro aufsummiert. Ihm ist nicht erlaubt, zu arbeiten, er muss von 40 Euro Bargeld im Monat leben und hat nun zwischen Zwangsarbeit im Lager oder Gefängnis zu wählen.
Nach einigen solchen Jahren ist sein einziger Aufenthaltsstatus „geduldet“, was bedeutet, dass er nur so lange toleriert wird, bis man seine Abschiebung arrangiert hat. Die deutsche Regierung stellt fest, dass sein Asylantrag „offensichtlich unbegründet“ ist, und dass es für ihn sicher sei, nach Hause zurückzukehren. Am Ende hat X viele Jahre seines wertvollen Leben umsonst verloren. Während der gesamten Zeit in Deutschland war es X nicht erlaubt, zu arbeiten oder zu lernen. In Handschellen und begleitet von zwei Polizeibeamten wird X gewaltsam in sein Land zurückgebracht ohne einen Cent Geld auf ewig verwundet durch das Trauma seiner inhumanen Behandlung im demokratischen Deutschland.
Freiheit für Felix Otto!
Die doppelte Moral westlicher Gesellschaften, die Menschenrechte proklamieren und Antidiskriminierungsgesetze auf den Weg bringen stehen in krassem Widerspruch zur Realität der weiteren Fortführung von Misshandlungen an Menschen der kolonisierten Welt, so als seien sie Untermenschen, die mehr als 500 Jahre nach der Ankunft der europäischen Kolonialismus immer noch nicht die selben Rechte verdienen, wie sie den Kolonialherren zugestanden werden.
Zur selben Zeit provoziert die unglaublich rassistische deutsche Politik eine Situation, in welcher sich die Gesellschaft immer mehr vom Recht entfernt und Millionen von Menschen wie Felix Otto eine klare Botschaft präsentiert wird: Du bist hier nicht willkommen. Wenn du bleibst, werden wir dich bestrafen und zerstören bis du entweder gehst oder wir dich hinauswerfen.
Wir sind alle, ohne Ausnahme, das Produkt eines brutalen Systems der Ausbeutung und Unterdrückung welches unser Leben und unsere Psyche prägt. Wir sind alle an diese Ketten des Horrors entfesselter Sklaverei und Kolonialherrschaft gebunden, von denen wir noch immer nicht frei sind. Niemand ist frei von ihnen, wir sind an diesen Horror nur von unehrschiedlichen Positionen aus angebunden.
Wie unterschiedlich die Perspektiven auch sein mögen, bis wir uns selbst damit konfrontieren, mit unseren Positionen an diesen Ketten und dem kompletten unnötigen menschlichen Elend, welches diese verursachen, bis wir uns wirklich vereinigen an beiden Enden der Ketten und trotz der Widrigkeiten unser Bestes tun, diese zu brechen, werden wir weiter das Verhältnis von Aggressor und Opfer fortführen, von Kolonisierer und Kolonisierten. In der Zwischenzeit wird nicht nur Felix Otto im Gefängnis bleiben. Ihm werden Tausende Menschen wie er folgen.
Wo anfangen?
Freiheit für Felix Otto
Felix Otto muss freigelassen werden. Jeder Tag, den er im Gefängnis verbringt, ist nicht nur ein Tag, der ihm von seinem Leben geraubt wird sondern auch ein Tag, an dem die Ketten, an die er gezwungen ist, an unserer kollektiven Seele nagen. Seine Inhaftierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und, weil dieses inhumane deutsche Gesetz nur auf Nicht-Weiße angewendet wird (und in manchen Fällen auf Osteuropäer, die traditionell als Minderwertig angesehen wurden), kann und muss es als ein rassistisches Verbrechen charakterisiert werden, m. E. als ein Verbrechen basierend auf der Hautfarbe einer Person.
Seine Verhaftung ist unvereinbar mit jeglicher demokratischer oder rechtsstaatlicher Maßnahme eines Landes, das die Menschenrechte respektiert. In der Tat erzwingt die deutschen Regierung rassistische Strategien mit der Absicht, es legal und akzeptabel zu machen, Polizeikontrollen an Menschen vorzunehmen, deren Aussehen es nahe legt, dass sie dieses entsetzliche Gesetz verletzen, m. E. also alle Nicht-Weißen Leute, im besonderen Schwarze.
Statt vorwärts zu gehen in eine neue Ära, in welcher die Last der Sklaverei und des Kolonialismus eine wichtige Erinnerung an Menschenrecht und Barbarei sind, machen uns Strategien wie die Residenzpflicht die schmerzhafte Wahrheit klar, das diese Mentalität und diese Praktiken nie geendet haben, dass sie sich nur gewandelt haben.
Wie lange werden wir dem erlauben, so weiter zu gehen?