PM The VOICE Refugee Forum on Oury Jalloh
Jena, 13.3.2012
Konsequente Ablehnung
Persilschein für die richterliche Kammer im Fall Oury Jalloh
Die 3 Berufsrichter, die mit dem durch die Nebenklage gestellten Befangenheitsantrag gegen die richterliche Kammer des Magdeburger Revisionsprozesses im Fall Oury Jalloh befasst waren, haben diesen nach sachdienlichen Stellungnahmen aller am Prozess beteiligten Parteien als unbegründet zurückgewiesen.
Angesichts des ungeheuerlichen Vorschlages der Kammer, dem Prozess per Einstellung des Verfahrens nach § 153a gegen Zahlung einer Geldstrafe ein unwiderrufliches Ende mit attestiert minderschwerer Schuld bereiten zu wollen, der wiederholten Ablehnungen objektivierender Beweisanträge (zuletzt der eines ergebnisoffenen Brandgutachtens, in dem Brandumstände, -verlauf und -ergebnis ohne Zugrundelegung der bisher durch nichts verifizierten Hypothese von der Selbstentzündung mittels – anfänglich gar nicht asserviertem! – Feuerzeug hätten rekonstruiert werden können), der Vorwegnahme einer wesentlich urteilenden Schlussfolgerung bezüglich der Ereignisse vom 7.1.2005 in Dessau in der Ablehnungsbegründung zu diesem Brandgutachten, wie auch der kolportierten Aussage der vorsitzenden Richterin Claudia Methling zur Meidung möglicher Beschwerden von Tierschützern bei Verbrennung eines Schweinekadavers zu gutachterlichen Zwecken, stellt sich dem interessierten Beobachter die augenscheinliche Frage nach den „rechtsstaatlichen“ Wertmaßstäben dieser Entscheidungsfindung.
Die zuständige Kammer des Landgerichtes in Magdeburg hat es in den 14 Monaten ihrer Verfahrensführung tunlichst vermieden, den seitens des BGH eingeforderten Mindestanforderungen an das Revisionsverfahren auch nur annähernd gerecht zu werden – eine objektivierende Vervollständigung der Beweisaufnahme wurde nachhaltig verhindert, eine Benennung der offensichtlich stattgehabten pflichtverletzenden Verantwortlichkeiten wurde zu keiner Zeit angestrebt und der explizit zuerkannte Anspruch der Hinterbliebenen auf ein rechtsstaatliches Verfahren erneut boykottiert!
Seit nunmehr über 7 Jahren beweist die vorgeblich vom Staatswesen unabhängige Judikative wiederholt, wozu sie nachhaltig eben nicht in der Lage ist – nämlich zu rückhaltloser Aufklärung von Fällen exekutiver Fehlleistungen, inklusive solcher mit tödlichen Konsequenzen. Im ‚Regelfall‘ einer solchen Konstellation wird bereits das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren sang- und klanglos eingestellt, weil sich angeblich kein Verdacht auf strafrechtlich relevantes Verhalten der handelnden (tötenden) Beamten eruieren ließe. Wie ein solches Szenario etabliert wird, lässt sich auch im Fall Oury Jalloh exemplarisch nachvollziehen: Beweisende Dokumentationen und Zeugenaussagen werden manipuliert oder unterschlagen und der Fokus der „Untersuchung“ durch (gern auch hypothetische) Schuldzuweisungen an die jeweiligen Opfer quasi ins Gegenteil verkehrt. Lässt sich aufgrund nachhaltigem öffentlichen Aufklärungsdruck eine Anklageerhebung dann doch nicht mehr umgehen, wird diese im inhaltlichen Vorwurf und personellen Umfang auf das nicht zu vermeidende Mindestmaß eingegrenzt. Langwierige, skandalöse „Gerichtsverfahren“ zielen eher auf finanzielle Ausblutung und moralische Zermürbung von Opfern und deren Angehörigen als auf tatsächliche Aufklärungsbemühungen ab.
Die hier praktizierte institutionalisierte Kapitulation des Rechtsstaates im Angesicht tödlicher Handlungsweisen polizeilicher Beamter ist nicht ‚nur‘ ein unerträgliches Signal an die Opfer, sondern insbesondere ein fatales an die Täter – ein ‚rechtsstaatlich‘ unverhohlenes „Weiter so!“.
Vor diesem Hintergrund und nach dem aktuellen Prozessverlauf am Magdeburger Landgericht darf man auf das Urteil und deren Begründung zwar gespannt sein – Aufklärung oder gar Gerechtigkeit können allerdings getrost ausgeschlossen werden.
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