Anzeige nach Flüchtlings-Protest
22.12.2010 06:30 22.12.2010 06:30
Rund 200 Flüchtlinge und Unterstützer haben vor dem Sozialministerium in der Maxvorstadt und der CSU-Parteizentrale an der Nymphenburger Straße für mehr Rechte und bessere Lebensumstände von Asylbewerbern protestiert. 'Annahme verweigert - return to Sender' nannten sie die Aktion, die Teil einer bayernweiten Kampagne ist. Vor dem Sozialministerium an der Winzererstraße legten die Demonstranten einige Essenspakete mit Inhalt ab und Tüten, die symbolisch gefüllt waren mit Schlagworten, die für die Inhalte der bayerischen Flüchtlingspolitik stehen.
ANZEIGE
Die Aktion brachte dem Versammlungsleiter eine Anzeige der Polizei ein - wegen eines Verstoßes gegen das Kreislaufwirtschaftsabfallgesetz, wie eine Sprecherin des Präsidiums erklärte. Es handle sich um eine Art von illegaler Müllentsorgung; der Versammlungsleiter habe sich geweigert, die Pakete und Kisten wieder wegzuräumen. Ben Rau, Sprecher der Flüchtlingshilfsorganisation 'Karawane', zeigte sich von der Anzeige wenig beeindruckt: Man habe damit gerechnet, ein Bußgeld zahlen zu müssen. Das Ministerium habe laut Polizei nach der Aktion einen Entsorgungsdienst gerufen.
Adressatin des Protests ist Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU). Die Flüchtlinge fordern Geld statt Essenspakete, Bewegungsfreiheit, freie Wohnungswahl sowie Zugang zu Bildung und Arbeit. 'Wir protestieren nicht zum Spaß, sondern weil wir so nicht weiterleben können', sagte ein Flüchtling. Haderthauer habe den Protest bisher ignoriert. Bernd Kastner
http://www.sueddeutsche.de/t5W38B/3800485/Anzeige-nach-Fluechtlings-Pro…
Flüchtlinge protestieren: „Nimm Deinen Müll zurück“
München - Gegen Essenspakete, Lagerzwang und Berufsverbot haben gestern gut 100 Flüchtlinge aus bayerischen Unterkünften demonstriert. Ihr Zorn richtet sich vor allem gegen eine Person: Sozialministerin Haderthauer.
Protest vor dem Sozialministerium: Die deutsche Asylpolitik sieht vor, dass Flüchtlinge Essen aus einer vorgegebenen Liste auswählen. Die Asylsuchenden wollen aber lieber selbst einkaufen. Die Nahrung sei zu monoton, beschweren sie sich.
Im grauen Split-Schnee-Matsch liegen Lebensmittel. Abgepackte Salami, Joghurt-Becher, Nudeln, Eier im 6er Karton. Daneben: Müllbeutel, mit Zeitungspapier ausgestopft. Es stehen Botschaften darauf: Essenspakete, Residenzpflicht, Arbeitsverbot oder Lager - „Return to sender“. Zurück zum Absender. Damit ist Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer gemeint. Die CSU-Politikerin hat Anfang Dezember, als zig Flüchtlinge die Essenspakete boykottierten und in Hungerstreik traten, Sätze gesagt wie: „Wer mit den Leistungen in Deutschland nicht zufrieden ist, kann jederzeit zurück.“ Damit hat sie die Opposition im Landtag und vor allem Flüchtlinge, die im Freistaat leben, empört. Jetzt sind diese aus ihren Asyl-Unterkünften nach München gekommen, vor das Sozialministerium, um zu protestieren.
Gut 100 Demonstranten scharen sich am Dienstagmittag um den Haufen aus symbolischem Müll und hingeworfenen Essenspaketen. Die meisten sind Asylsuchende, auch Unterstützer vom Bayerischen Flüchtlingsrat oder der Karawane München stehen mit Plakaten in der Winzererstraße. Das Netzwerk Deutschland-Lagerland hatte zu der Demonstration aufgerufen, aus vielen größeren bayerischen Städten kommen an diesem Tag ein paar Flüchtlinge. München, Augsburg, Regensburg, Nürnberg, Denkendorf, Würzburg. Mit einem gemieteten Lastwagen karren die Organisatoren die symbolischen Müllbeutel an, die Ladefläche dient als Rednerpult. „Christine, nimm Deinen rassistischen Müll zurück“, ruft Hans-Georg Eberl von der Karawane München ins Mikrofon. Er übersetzt Wort für Wort ins Englische, damit ihn auch die verstehen, die kein Deutsch können.
Nana zum Beispiel. Er kam erst im August nach Deutschland, der 27-Jährige stammt aus Sierra Leone und spricht gebrochen Englisch. Seine Mutter wurde im Bürgerkrieg vergiftet, sagt er. Nana schlug sich seither durch. Im Gesicht hat er Narben, er trägt deshalb die Haare über der Stirn. In seiner Heimat in Westafrika fühlt er sich nicht sicher - jetzt wollte er zu seinem Vater, der lebt seit Jahren in Hamburg. Doch am Flughafen wurde Nanas Pass eingezogen, er wohnt seither in einem Heim in Denkendorf. Was will er von der Ministerin? Seinen Pass - und Reisefreiheit. „I want to see my Daddy.“ Ich will meinen Vater sehen.
Ibrahim spricht sehr gut deutsch, er lebt seit Anfang der 90er hier. Als türkischer Kurde wurde er in seiner Heimat verfolgt, um seine Familie zu schützen, flüchtete er nach Deutschland. Der heute 40-Jährige lebte jahrelang in einer Asylunterkunft in Regensburg, erst eine Krankheit hat ihm eine eigene Wohnung beschert. Der Türke würde gerne arbeiten, er lehnt das Beschäftigungsverbot ab. „Egal was“, sagt er. „Nur arbeiten.“ Und er ist gegen die Essenspakete. Er findet, allein das Einkaufen im Supermarkt wäre schon ein erster Schritt zur Integration.
Christine Haderthauer lässt sich an diesem Dienstag nicht aus dem Ministerium locken, obwohl sie im Haus ist. Hinter einem Fenster im ersten Stock aber, mit Blick auf die Essenspakete und Müllsäcke, da sitzen drei ihrer Mitarbeiter. Man sieht nur die Köpfe. Sie haben das Fenster gekippt, damit sie hören, was die Demonstranten ihrer Ministerin zurufen.
021.12.10|
http://www.merkur-online.de/nachrichten/bayern/fluechtlinge-protestiere…
Carina Lechner
Asylbewerber geben aus Protest Essenspakete zurück
Demonstranten fordern vor Sozialministerium Zugang zu Arbeit und Bildung
Rund 80 in Bayern lebende Flüchtlinge und 70 Unterstützer sind in München mit Trillerpfeifen und bunten Plakaten für mehr Rechte und bessere Lebensumstände von Asylbewerbern auf die Straße gegangen. Vor dem Sozialministerium gaben sie gestern Essenspakete an das Ministerium zurück, wie der Sprecher der Flüchtlingshilfsorganisation Karawane München, Ben Rau, sagte. Die Demonstranten legten Tüten mit den Aufschriften "Annahme verweigert" und "Return to Sender" sowie die Essenspakete vor das Ministerium in der Winzererstraße. Außerdem übergaben sie Protestpostkarten mit Wünschen und Forderungen der Flüchtlinge.
Nach der Aktion vor dem Amtssitz von Sozialministerin Christine Haderthauer zogen die Demonstranten zur CSU-Zentrale, wo die Abschlusskundgebung stattfinden sollte. Organisiert wurde der Protesttag von dem Netzwerk Deutschland Lagerland, in dem Rau zufolge 130 Flüchtlinge sowie 15 Unterstützergruppen zusammengeschlossen sind.
Die Flüchtlinge fordern unter anderem Bargeld statt Essenspakete, Zugang zu Arbeit und Bildung, die Abschaffung der Residenzpflicht und eine freie Wohnungswahl.
http://www.welt.de/print/welt_kompakt/vermischtes/article11776510/Retur…
++++
Essenspaketboykott: bayernweite Protestkundgebung beim Sozialministerium in München
https://thevoiceforum.org/node/1900
The declaration of The VOICE Refugee Conference 2010 in Jena: Reinforced resistance against institutionalised racism
https://thevoiceforum.org/node/1909