15.05.2005,17:01Uhr
Arnstadt: Info-Abend zu Residenzpflicht und Ausgrenzung
http://lra.antifa.net/
In Rahmen der FORST-Kampagne fand auch in Arnstadt eine Veranstaltung zum Thema Diskriminierung und Residenzpflicht statt. Etwa 75 TeilnehmerInnen besuchten den Info-Abend, wo neben dem neuen Forst-Film auch ein mit versteckter Kamera in Arnstadt gedrehter Dokumentarfilm über Rassismus gezeigt wurde. Weiterhin gab es von The Voice Jena eine Präsentation zur Residenzpflicht und eine Diskussion mit dem ebenfalls betroffenen Menschenrechtsaktivisten Ahmed Sameer.
Realität aus einem idyllischen Thüringer Landkreis
Bereits um Sechs Uhr Abends trafen die ersten BürgerInnen, Antifas, Punks, MigrantInnen und Flüchlinge ein. Erstaulich voll wurde der Veranstaltungssaal und so musste noch rasch eine Übersetzung in die Sprachen englisch, arabisch, russisch, französisch, italienisch und spanisch improvisiert werden. Der Info-Abend begann mit einer kleinen Einführung und der Filmvorführung von "Einen Schritt weiter". Ein Film, der zwei Jahre nach den progromähnlichen Zuständen in Arnstadt gedreht wurde, als Neo-Nazis ein Flüchtlingsheim belagerten und wenige Tage vorher zusammen mit der Polizei mehrere Afrikaner attackierten und misshandelten. Im Mittelpunkt des Filmes steht ein 24jähriger Asylbewerber aus Kamerun, welcher mittels versteckter Kamera die Zustände beim Aufnahmeverfahren in der Ausländerbehörde und dem Umgang der deutschen Bevölkerung mit Ausländern in Thüringen erzählt. Ob beim Besuch einer Disko, dem Einkaufen im Supermarkt oder dem bloßen Spazieren in der Innenstadt, allgegenwärtig sind die täglichen Attacken und Beschimpfungen aus dem Herzen der Bevölkerung und dem institutionellen Rassismus von Behörden und Polizei in Arnstadt. Der Streifen offenbart ein Stück Realität aus einem idyllischen Thüringer Landkreis. Realität, die sich nicht in Tageszeitungen manifestiert und dennoch für einen Teil der in Deutschland lebenden Menschen alltäglich ist.
Forst: Darstellung von Isolation und systematischer Ausgrenzung
Es folgte eine Präsentation und Erläuterung zum Asylrecht und zur Residenzpflicht, welche bereits seit 1982 im deutschen Asylverfahrensgesetz verankert ist und eine starke Einschränkung der Bewegungsfreiheit für alle Asylsuchenden darstellt. Flüchtlinge, die sich im Asylverfahren befinden, dürfen demnach den Landkreis ihrer
Aufnahmeeinrichtung nicht ohne verwaltungsrechtliche Genehmigung verlassen. Im Anschluss daran wurde der neue Film "FORST" gezeigt, der eine kritische Medienkunst in seiner Herausforderung der Solidarität mit dem Kampf der Flüchtlinge und gegen die Ausgrenzung von Flüchtlingen aus der Gesellschaft thematisiert. Jener Film, der innerhalb der Umgebung der ehemaligen "Ausreisezentren" Jena-Forst und Tambach-Dietharz im Thüringer Wald gedreht wurde, stellt explizit den Protest gegen die Isolation und Ausgrenzung der Flüchtlinge in den Wäldern dar, um ihren täglichen mutigen Widerstand zu verstehen.
Residenzpflicht - Einschränkung der Beweungsfreiheit
Nach der Ausstrahlung von FORST gab es eine Diskussion, an der unter anderem auch der Menschenrechtsaktivist Ahmed Sameer teilnahm. In einer langen Reihe von Residenzpflichtverfahren wurde der Fall von Ahmed erstmals von einem Oberlandesgericht eingestellt, obwohl er offensiv Verstöße gegen jenes rassistische Sondergesetz zugegeben hatte (LRA berichtete). Da sich unter den Gästen auch Flüchtlinge und MigrantInnen aus Arnstadt befanden und einige von ihnen an der eigenen Notlage den Konflikt mit der Residenzpflicht erläuterten, wurde allen Anwesenden am Beispiel der eigenen Umgebung klar, dass jene Residenzpflicht zahlreiche Widersprüche enthält und nichts weiter als eine rassistische Ausgrenzung und massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden zum Zwecke hat.
Einen Schritt weiter, 43 Min., 2002, deutsch/englisch, Regie: Nick Hanke und Rico Tscharntke
FORST, 50 Min., 2005, englisch, Regie: Ascan Breuer, Ursula Hansbauer und Wolfgang Konrad
Weitere Informationen zum Forst-Projekt auf
www.thevoiceforum.org und www.forstfilm.com