Flüchtlinge können den Medien nicht trauen – Der MDR - Bericht zu der Flüchtlingsdemonstration in Saalfeld
Wir, die nigerianische Community, sind Teil des Netzwerks der RefugeeBlackBox-Gruppe, die koordiniert wird durch The VOICE Refugee Forum in Jena, das den Protest und die Demonstration der RefugeeBlackBox am 19. November 2020 in Rudolstadt unterstützt hat. Wir waren enttäuscht, den irreführenden und uns falsch repräsentierenden Artikel „Flüchtlinge in Saalfeld demonstrieren für bessere Unterbringung“ zu lesen, der am 19. November 2020 vom MDR veröffentlicht und von Stefanie Reinhardt geschrieben wurde. Der Artikel normalisiert und rechtfertigt die rassistische Asylpolitik in Thüringen (Links zu dem Presseartikel unten)
Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass die lokale Berichterstattung des MDR in Saalfeld nicht wiedergab, wofür wir kämpfen. Wir kämpfen gegen die Abschiebung von Flüchtlingen unabhängig von unserer Hautfarbe. Wir kämpfen gegen Rassismus in all seinen abscheulichen Erscheinungsformen. Gegen die erbärmlichen Lebensbedingungen in geschlossenen Lager und in überfüllten Räumen, die für ein würdevolles Leben zu klein sind und gegen die alltägliche Diskriminierung. Gegen die Ungerechtigkeit des Thüringer Gerichts in Gera und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in der Abweisung von Asylbewerbern, auch wenn die Gründe für Schutzgewährung offensichtlich sind. Insbesondere die Asylanträge von Nigerianern werden grundsätzlich durch das Gericht in Gera zurückgewiesen – trotz des internationalen Aufschreis gegen massenhafte Verletzung von Menschenrechten in Nigeria. Deshalb protestieren wir. Und es wird in Zukunft noch mehr Protest geben, falls unseren Forderungen nach einem Abschiebestopp nicht entsprochen wird.
[ "Wir verlangen ein bedingungsloses Recht auf Bewegungsfreiheit und Aufenthaltsrecht, das Recht auf Arbeit und Gesundheitsversorgung für alle Flüchtlinge in Deutschland – ohne Diskriminierung -
Fluechtlings-Demo in Saalfeld: Stoppt die Abschiebungen! Bekämpft Rassismus und stoppt Diskriminierungen!
https://thevoiceforum.org/node/4734 "
Pressemitteilung und Einladung von "The VOICE": Demonstration gegen Abschiebung in Saalfeld | https://thevoiceforum.org/node/4735 (17.11.2020) ]
Der Artikel setzt sich nicht mit den verschiedenen Forderungen und den Aussagen von Betroffenen auseinander, die sowohl im Demoaufruf zum Ausdruck kamen als auch in den Redebeiträgen während der Aktion. Die betroffenen Flüchtlinge, die den Protest organisiert hatten, wurden nicht interviewt und nicht angehört, stattdessen wurde unsere Stimme in dem Artikel zum Schweigen gebracht. Wir werden darin nicht als die Organisatoren des Protest porträtiert, die kompetent genug sind, für sich selbst zu sprechen, sondern lediglich als Objekte, die durch die Behörden verwaltet werden und in dem Artikel allenfalls als Zahlen vorkommen, zitiert durch Petra Maar vom Landratsamt Saalfeld, die durch die Journalistin interviewt wurde.
Indem unsere physische Präsenz lediglich auf Nummern ohne Würde reduziert wurde, haben Sie unsere Stimme und unseren Protest untergraben; insofern trägt der Artikel bei zur Entmenschlichung von Flüchtlingen durch die Thüringer Behörden. Darüber hinaus sollen die Zahlen und die Zitate rechtlicher Bestimmungen im Interview mit Frau Petra Maar vom Landratsamt den Eindruck zu erwecken, dass alles in Ordnung ist: Denn alles ist im Einklang mit dem Gesetz. Und weil es ein Gesetz ist, muss nichts hinterfragt werden. Nicht die anhaltenden erbärmlichen Lebens- und Wohnbedingungen, nicht der permanente psychologische Druck und die permanenten Qualen durch die Bedrohung durch Abschiebung. Nicht die vorurteilsbeladenen und rassistischen Vorgehensweisen in den Entscheidungen des Bundesamtes und der Gerichte gegen die Flüchtlinge bei der Zurückweisung der Asylanträge, insbesondere bei denen aus Nigeria. Der Artikel normalisiert die systematische und institutionalisierte rassistische Diskriminierung und Unterdrückung durch die Thüringer Flüchtlingspolitik. Welche Schande für die Medien – wo liegt Ihr journalistisches Ethos einer fairen und ausgewogenen Berichterstattung?
Wir werden damit fortfahren, ein bedingungsloses Recht auf Bewegungsfreiheit ohne Abschiebung und Aufenthaltsrechte für alle zu fordern sowie das Recht auf Arbeit und Gesundheitsversorgung für alle Flüchtlinge - ohne Diskriminierung hier in Deutschland!
Um denen entgegenzutreten, die glauben, sie könnten ohne uns über uns reden, wollen wir als Experten unserer eigenen Situation sprechen und noch einmal auf unsere Forderungen zurückkommen:
"Refugee Black Box Solidarity Rudolstadt - Community Protest in Saalfeld/Saalestadt
Tel +4915218152765 RBB Rudolstadt | The VOICE Refugee Forum Jena | Tel.: 0176 24568988 |
Email: thevoiceforum@gmx.de |
thevoiceforum.org | Facebook: RefugeeBlackBox
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Asylbewerber Flüchtlinge in Saalfeld demonstrieren für bessere Unterbringung
Stand: 19. November 2020, 14:33 Uhr
https://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/saalfeld-rudolstadt/demo-f…
Rund 50 Menschen haben am Donnerstagvormittag in Saalfeld gegen die Abschiebung von Flüchtlingen und Rassismus demonstriert. Den Protest organisiert hatten Flüchtlinge aus Nigeria. Sie sind in der Gemeinschaftsunterkunft in Rudolstadt untergebracht. Bei der Demonstration vom Promenadenweg bis zum Marktplatz in Saalfeld forderten sie auch bessere Lebensbedingungen für geflüchtete Familien in Rudolstadt.
Kritik an Asyl-Unterkünften in Saalfeld und Rudolstadt
So kritisierten sie, dass Familien mit zwei Kindern in der Unterkunft in einem einzigen Zimmer untergebracht werden. Laut Petra Maar, der Leiterin für Asyl, Unterkunft und Betreuung im Landratsamt, leben zurzeit 147 Menschen in der Gemeinschaftsunterkunft, einem ehemaligen Krankenhaus in Rudolstadt. "Der Landkreis war immer bemüht, die Asylbewerber nach den Richtlinien und vor allem nach ihrem kulturellen Hintergrund unterzubringen", sagt Maar. Einzelne Personen in Zwei-Bett-Zimmern unterzubringen, sei nicht umsetz- und bezahlbar.
Foto Flüchtlinge fordern eine bessere Unterkunft in Saalfeld und Rudolstadt. Bildrechte: MDR/ Stefanie Reinhardt
Sechs Quadratmeter pro Asylbewerber
Wie viele Menschen in einem Zimmer leben - das entspricht laut Petra Maar der Thüringer Unterbringungs-und Betreuungsverordnung. Danach stehen jedem Asylbewerber mindestens sechs Quadratmeter Platz zu. In Rudolstadt seien zurzeit fünf Familien mit jeweils insgesamt vier Personen in einem Vierbettzimmer untergebracht. Dass einzelne Männer sich ein Vier-Bett-Zimmer teilen, so Petra Maar, sei normal. Je nach Dauer der Asylverfahren verbringen die Menschen in der Unterkunft ein bis vier Jahre. Weil die Gemeinschaftsunterkünfte vom Land Thüringen mit einer Pauschale finanziert werden, so Petra Maar, setze eine lockerere Unterbringung wesentlich mehr Geld vom Land voraus. Der Landkreis mit seiner angespannten Haushaltssituation sei nicht in der Lage, selbst Wohnungen für die Geflüchteten zu mieten.
Gemeinschaftsunterkunft nicht voll belegt
Zurzeit sind im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt 3.056 Flüchtlinge gemeldet, unter anderem aus Nigeria, Syrien, Afghanistan und der Türkei. Insgesamt 290 Menschen sind laut Landratsamt zurzeit in den Gemeinschaftsunterkünften in Saalfeld und Rudolstadt untergebracht. Beide Unterkünfte sind laut Petra Maar nicht voll belegt. So sei in der Unterkunft in Saalfeld Platz für bis zu 207 Menschen. Dort wohnten zurzeit 143 Personen. In der Gemeinschaftsunterkunft in Rudolstadt könnten bis zu 210 Menschen wohnen.
Press Links:
MDR Artikel: „Asylbewerber Flüchtlinge in Saalfeld demonstrieren für bessere Unterbringung
Stand: 19. November 2020, 14:33 Uhr
https://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/saalfeld-rudolstadt/demo-f…
OTZ-Article: Migrants in Saalfeld Call for More Justice:
https://www.otz.de/regionen/saalfeld/migranten-in-saalfeld-fordern-mehr…