Das Lagersystem macht sexuelle Ausbeutung möglich
Presse, 14.01.2009: jungewelt, NÜRNBERG ZEITUNG, sueddeutsche, roth-hilpoltsteiner-volkszeitung, br-online, altmuehl-bote, abendzeitung
**
Nürnberg: Prozeß gegen Hausmeister eines Flüchtlingsheims endet mit Freispruch aus Mangel an Beweisen
Von Claudia Wangerin
jw: 17.01.2009
In dem Mißbrauchsprozeß in Nürnberg gegen den ehemaligen Hausmeister eines Flüchtlingsheims (jW berichtete am 14. Januar) ist der Angeklagte am Donnerstag nachmittag aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. In der Anklageschrift war dem Mann vorgeworfen worden, im Jahr 2001 eine 46jährige Asylbewerberin aus Uganda im Schlaf überrascht und mißbraucht zu haben. Rina W. hatte sich erst 2007 zur Anzeige entschlossen, nachdem sie ihre Deutschkenntnisse verbessert hatte und in unabhängigen Beratungsstellen über ihre Rechte aufgeklärt worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre Haft für den Angeklagten Richard S. gefordert. Der hatte jedoch alles bestritten.
Der Vorsitzende Richter sah die Hauptbelastungszeugin zwar als glaubwürdig an, meinte aber in der Urteilsbegründung, es sei besser, einen Schuldigen laufen zu lassen als einen Unschuldigen einzusperren. Dabei hatte sogar eine weitere ehemalige Bewohnerin der Asylunterkunft in der Nürnberger Schloßstraße ausgesagt, von S. im Schlaf überrascht und bedrängt worden zu sein. Auch ihre Glaubwürdigkeit zog das Gericht nicht in Zweifel.
Hätte sich die Asylbewerberin früher zur Anzeige entschlossen, wäre es möglich gewesen, DNA-Spuren zu sichern, so das Gericht. Der Richter bemängelte außerdem die »Detailarmut« bei der Schilderung des »Kerngeschehens« durch die Zeugin. »Das hat mir persönlich die Schuhe auszogen«, sagte Prozeßbeobachterin Elisabeth Schwemmer von Internationalen Frauencafè am Freitag gegenüber junge Welt. »Es ist nicht ungewöhnlich, daß es Opfern sexueller Gewalt extrem schwer fällt, die Details in Worte zu fassen.« Mitarbeiterinnen des Frauencafés und der »Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen« kritisierten auch, daß beide Schöffen männlich waren. »Es war einerseits ein typischer Mißbrauchsprozeß – auf der anderen Seite erinnerte das Ergebnis an den Freispruch im Prozeß um den Tod des Afrikaners Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle«, so Schwemmer. »Das Gericht war überzeugt, daß etwas Ungeheuerliches passiert ist, aber es reichte nicht für eine Verurteilung.«
http://www.jungewelt.de/2009/01-17/034.php
***
Kundgebung 13.01. Nürnberg: Keine Gewalt gegen Frauen -Prozess gegen Hausmeister