01.05.09|
„Aber auch dass in Dessau jemand in einer Haftzelle verbrennt, obwohl er an Händen und Füßen gefesselt ist, gehört zu den Sachen, die nicht sein sollten.“ (Oury Jalloh, 21-jähriger Asylbewerber aus Sierra Leone starb 2005 in einer deutschen Polizeizelle, Anm. d. Red.). . . . .
Dorfen - Menschenrechtsverletzungen finden überall in der Welt statt – auch in Europa und im demokratischen Rechtsstaat Deutschland. Das sagte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von Amnesty International und bayerische Spitzenkandidatin der Grünen zur Europawahl.
In Menschenrechtsfragen ist die Amnesty International-Funktionärin, Barbara Lochbihler, Expertin. Foto: Huber
In ihrem Vortrag in Dorfen machte die EU-Kandidatin der Grünen, Barbara Lochbihler, deutlich, dass nicht nur in Schwellen- und Entwicklungsländern Menschenrechte missachtet werden. Denn Menschenrechtsverletzung bedeute nicht nur Folter. „Menschenrechtsschutz heißt auch das Recht auf Arbeit, Wohnung, religiöse und kulturelle Identität.“ Dabei sieht die Expertin für Menschenrechtsfragen eine Diskrepanz zwischen den „sehr guten Instrumenten, Regeln und Leitlinien, die Europa besitzt, um Menschenrechte zu schützen, und der Innenpolitik der einzelnen Staaten, die keine konsequente Menschenrechtspolitik betreiben“. Als Beispiele nannte sie die „massive Diskriminierung von Transgender und Homosexuellen in den baltischen Staaten“, den Ausschluss der Roma in Rumänien und Bulgarien vom staatlichen Bildungssystem oder die Zwangsprostitution in südosteuropäischen Bordellen. „Aber auch dass in Dessau jemand in einer Haftzelle verbrennt, obwohl er an Händen und Füßen gefesselt ist, gehört zu den Sachen, die nicht sein sollten.“ (Oury Jalloh, 21-jähriger Asylbewerber aus Sierra Leone starb 2005 in einer deutschen Polizeizelle, Anm. d. Red.).
Lochbihler forderte nicht nur für eine stärkere europäische Ausrichtung der Innenpolitik, sie plädierte auch für eine gemeinsame europäische Außenpolitik. Im Lissabon-Vertrag sieht die Grünen-Kandidatin „viele Möglichkeiten, um zu einer gemeinsamen Außenpolitik zu kommen. Das beginnt schon bei so praktischen Dingen wie gemeinsamen europäischen Botschaften“.
Sorgen um die Menschenrechte bereiten Lochbihler vor allem die Antiterrormaßnahmen nach den Anschlägen vom 11. September 2001. „Dass Menschenrechtsverletzungen bewusst in Kauf genommen werden, um mehr Sicherheit herzustellen, war ein Rückschritt für den internationalen Schutz der Menschenrechte“, sagte sie. Von ihrem Vorwurf nahm sie auch Europa nicht aus. Ob geheime Gefangenenflüge, Verschleppung von Terrorverdächtigen oder Geheimgefängnisse des CIA in Polen und Rumänien: „Wenn Guantánamo aufgelöst wird, werden wir genau hinschauen, was Europa mitzuverantworten hat“, kündigte sie an.
Lochbihler warnte auch davor, „zu schnell nach europäischer Militärintervention im Namen der Menschenrechte zu schreien“. Weder im Irak, noch in Afghanistan seien dadurch die Voraussetzungen geschaffen worden , „dass Menschen zivil leben können“. (ahu)
* Datum: 01.05.2009 - 18.23 Uhr
Quelle: http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/menschenrechte-unter-sc…