NIEDERLANDE Libyer erneut vor Gericht. Er soll gezündelt haben. Gutachter bezweifeln dies
10.08.2009
VON CHRISTIAN JAKOB
BERLIN taz | Es war eines der größten Unglücke der letzten Jahrzehnte in den Niederlanden. Heute verhandelt der Amsterdamer Strafgerichtshof über die Berufung des 27-jährigen Libyers Ahmed Isa al-Jabali. Der soll um 0.10 Uhr in der Nacht des 26. Oktober 2005 mit einer Zigarettenkippe seine Zelle im Flughafen-Abschiebegefängnis Schiphol-Oost versehentlich angezündet haben. Der Brand breitete sich innerhalb von zwanzig Minuten im gesamten Container-Trakt L aus. Weil die Brandmelder defekt und die Container nicht zugänglich waren, erreichte die Feuerwehr das Gefängnis erst um 0.35 Uhr. Für 11 Häftlinge war das zu spät: Sie verbrannten in ihren Zellen. 15 weitere wurden schwer verletzt. Alle Opfer waren MigrantInnen ohne Papiere und abgelehnte Asylbewerber. Al-Jabali, der nach Libyen abgeschoben werden sollte, überlebte mit Verbrennungen und einer Rauchvergiftung.
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Die Katastrophe wuchs sich zu einer politischen Krise für das Kabinett des christdemokratischen Ministerpräsidenten Balkenende aus. Menschenrechtsorganisationen machten die restriktive Abschiebepolitik seiner Einwanderungsministerin Rita Verdonk für die Todesfälle mitverantwortlich. Im September 2006 stellte die niederländische Behörde für öffentliche Sicherheit in einem Untersuchungsbericht fest, dass es schwere Verstöße gegen die Feuerschutzbestimmungen gegeben hatte. Zwar sei die Brandursache nicht zu klären, doch ohne die Sicherheitsmängel hätte es weniger oder gar keine Todesopfer gegeben, so der Bericht. Der Justizminister Piet Hein Donner und die Bauministerin Sybille Dekker mussten daraufhin zurücktreten.
Im Juni 2007 erging das Urteil gegen al-Jabali: drei Jahre Haft wegen fahrlässiger Brandstiftung. Im Juli schloss die Staatsanwaltschaft die Akte. Niemand sonst sollte für das Feuer belangt werden. Al-Jabali legte Widerspruch ein. Nach Angaben von Gerichtssprecherin Anne Legras werden solche Widersprüche in der Regel nach sechs Monaten verhandelt. Doch dieser Fall sei "sehr kompliziert", so Legras. "Es hat neue Untersuchungen gegeben, die heute in die Berufungsverhandlung einfließen werden." Zu den Ergebnissen dieser Untersuchungen wollte sie jedoch nichts sagen.
Nach Angaben von Jo van der Spek, dem Sprecher der "Kampagne für die Freiheit von Ahmed Isa", sollen seit dem ersten Urteil angefertigte Brandgutachten ergeben haben, dass das Feuer gar nicht in Isas Zelle ausgebrochen sei. Es sei vielmehr wahrscheinlich, dass ein technischer Defekt in dem Containertrakt das Feuer ausgelöst hat. Für van der Spek ist die Verhandlung gegen al-Jabali "ein politischer Prozess". Er sei das Bauernopfer, mit dem die Regierung von den tödlichen Konsequenzen ihrer Flüchtlingspolitik ablenken wolle.
Angehörige der Brandopfer sehen das ebenso. Ein Zusammenschluss von ihnen hat im April 2008 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eine Klage gegen die niederländische Regierung eingereicht. "Wir prüfen den Fall derzeit", sagt Gerichtssprecherin Tracey Turner-Tretz. Die Klage richtet sich insbesondere gegen die zurückgetretenen Minister Donner und Verdonk.
Das macht auch die heute beginnenden Verhandlung gegen al-Jabali zu einem Politikum, denn sowohl Donner als auch Verdonk sind nach wie vor aktiv: Donner hat das Ministerium für Arbeit und Soziales übernommen. Verdonk baut seit ihrem Ausschluss aus der rechtsliberalen VVD die populistische "Stolz auf die Niederlande"-Partei auf. Beim holländischen Justizministerium betrachtet man den Prozessauftakt entsprechend aufmerksam. "Das hat hier alles hohe Wellen geschlagen", sagt Sprecher Sander van der Eijk. Dennoch äußere sich das Ministerium nicht zu einzelnen Verfahren wie dem gegen al-Jabali. Offiziell sei noch keine Aufforderung zu einer Stellungnahme aus Straßburg eingegangen.
11 Häftlinge verbrannten in ihren Zellen. 15 weitere wurden schwer verletzt
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Abgewichst - Tschador-Vergewaltiger
Kleiner Vorgeschmack: Hanse-Mullahs
27.11.1999
Hanseaten sind manchmal doch diskreter als man glaubt. Sowas wie die Bayern kann man doch mit Frauen schließlich auch nicht machen. Mit mehreren Polizisten eine einzelne Frau zu Boden werfen, zwangsvermummen und dann auch noch fotografieren. Nein. So was gehört sich einfach nicht. Da machen die weltoffenen Hanseaten sogar bei anderer Haut- oder Haarfarbe keine Unterschiede. Außerdem wäre das gerade jetzt ganz schön unappetitlich - wo doch unser Bürgermeister von allen Plakatwänden herab mahnt: Gewalt an Frauen ist keine Privatsache.
Was für ein Glück also, dass es Computer gibt. Ein bisschen Retusche per Fotoshop - und schon ist die Sache geritzt. Da freuen sich die Hanseaten und die Mullahs gemeinsam. Wer will bei so viel Einmütigkeit in der internationalen Verständigung Wasser in den Wein gießen? Außerdem - was hier vorgefallen ist, ist ja noch gar nichts - im Vergleich zu dem, was Frauen im Iran sonst so passieren kann. Kerker, Hand ab, Peitschenhiebe. Ja, Peitschenhiebe - wenn eine Frau sich weigert, das religiöse Tuch zu tragen und so der Diktatur der Mullahs ihren Respekt zu zollen. Und jetzt komm' mir niemand und fordere besondere Asylgründe für Frauen. Demnächst sind's dann die Lesben und die Schwulen, die auf Ausnahme pochen. Irgendwann muss schließlich Schluss sein. Hat doch auch unser Innenminister gesagt. Ja, sehen Sie, da haben wir's. Eva Rhode
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