Gerichtsverhadlung gegen Rafail Agaev in Apolda: 08.09.2009
Gerichtsverhadlung gegen Rafail Agaev
Die Verhandlung war nicht öffentlich, weil das Jugendschutzgesetz dies bei Taten, die im Alter unterhalb der Volljährigkeit begangen werden so vorschreibt.
Soweit ich es verstanden habe, ging es in der Gerichtsverhandlung nur um die Auseinandersetzung, welche Rafail Agajew mit dem bulgarischen Schüler Alexander Kuhn, der wohl russischer Herkunft ist, hatte. Agajew wurde vorgeworfen, Kuhn verletzt zu haben. Ursache waren wohl ethnische Differenzen, möglicher Weise hat Kuhn Agajew aufgrund ethnischer Klischees bzw. pauschaler Vorurteile angegriffen, behauptet jedoch, selbst verletzt worden zu sein. Die gerichtlich geladenen Polizeizeugen waren nicht anwesend, lediglich ein Beamter aus Apolda, der aber zur Aufklärung nicht beitragen konnte. Alexander Kuhn ist bereits wieder in Bulgarien, da er dort zur Schule muss. Wenn ich es richtig verstanden habe, wurde das Verfahren eingestellt mit Auflage, dass Agajew 25 Stunden gemeinnützige Tätigkeit zu leisten habe. Weder die Residenzpflicht noch ein Antrag zur Abschiebung waren offenbar Gegenstand des Verfahrens. Bitte Dr. Maqsud noch einmal fragen, ob ich alles richtig verstanden habe.
Neben 12 Unterstützerinnen/Unterstützern war ein Reporter der TA und auch der TLZ anwesend.
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Protest lief ins Leere
Dienstag, 08. September 2009
Im Amtsgericht wurde gestern gegen einen 18-jährigen Asylbewerber aus Aserbaidshan verhandelt. Es ging um eine Rangelei in Erfurt. Im Vorfeld hatte ein Bürgerbündnis kolportiert, auch die Residenzpflicht stünde zu Debatte. Dem war aber gar nicht so.
APOLDA (rs). Rafail A.* ist ein 18-jähriger Asylbewerber aus Aserbaid-shan. Als er 2007 nach Deutschland kam, wurde er erst im Asylbewerberheim in Katzhütte (Landkreis Gotha) untergebracht, später kam er nach Apolda. In beiden Orten unterlag er jeweils der sogenannten Residenzpflicht. Sie besagt, dass einem Asylbewerber der Aufenthalt nur in dem Landkreis gestattet ist, in dem auch die für ihn zuständige Ausländerbehörde liegt. A. verstieß zweimal dagegen, als er nach Erfurt fuhr. Das erste Mal bekam er ein Bußgeld von 40 Euro. Bezahlt wurde das vom Vater, der auch hier lebt. Das zweite Mal kam es zu einer Rangelei in Erfurt. Unter Ausländern, wie es gestern hieß, da auch ein Bulgare beteiligt gewesen sein soll. Der ist aber schon wieder in seiner Heimat.
Nur die "Prügelei" wurde gestern verhandelt. Über die Residenzpflicht kein Wort verloren. Genau das aber hatte das Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus im Weimarer Land befürchtet. Und gegen das seiner Meinung nach "unmenschliche Gesetz" protestiert - auch gestern vor dem Amtsgericht. Dort wurde jedoch das Verfahren gegen A. mit einer Ermahnung eingestellt. Es habe sich um eine normale Rangelei zwischen Jugendlichen gehandelt, so Richter Claus-Peter Behlau. Zur Residenzpflicht äußerte er sich nicht, da dies nicht Gegenstand der Verhandlung war. A. und sein Vater waren erleichtert.
* Name der Red. bekannt
08.09.2009
http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.apolda.volltext.php?kennung=o…
Ein Fall und eine Auslegung
Apolda/Erfurt. (tlz) Der Fall schien geeignet, einen öffentlichen Aufschrei gegen das Ausländergesetz mit seiner schwer nachvollziehbaren Residenzpflicht zu erzeugen: Ein junger Asylbewerber aus Aserbaidschan soll vor Gericht gestellt werden, weil er den Standort seines Flüchtlingsheims - also das Weimarer Land - verlassen habe, nach Erfurt gefahren sei, nur um, wie es junge Leute tun, sich ein wenig Abwechslung zu verschaffen. In der Landeshauptstadt sei er Opfer eines rassistischen Angriffs geworden, in dessen Verlauf er aus Notwehr einen anderen Jugendlichen geschlagen habe.
So zumindest hatte Sandro Witt, Antifa-Aktivist und Direktkandidat der Linken für den Landtag im Wahlkreis Weimarer Land II, es dargestellt. Witts Ankündigung, die Gerichtsverhandlung als Prozessbeobachter zu begleiten, war ein Aufruf zum Kampf gegen das Unrecht. Am Ende aber hatte der Fall von Rafail A. doch eine etwas andere Farbe. Und auch Sandro Witt, der den Sprung in den Landtag nicht geschafft hat, ist am Tag der Verhandlung nicht zur Beobachtung erschienen.
Viel hatte nicht mehr gefehlt und Richter Claus-Peter Behlau, der die Akte Rafail A. auf den Tisch bekommen hatte, hätte es umgehauen. Dass eine Körperverletzung als Notwehr gegen einen rassistischen Angriff ausgelegt wird, wäre in diesem Zusammenhang vielleicht denkbar gewesen. Dass aber jemand Wahlkampf betreibt mit dem Fall, der um einiges anders lag als von Witt öffentlich gemacht, überraschte den Richter dann schon.
Tatsächlich war Rafail A. im Sommer vor einem Jahr eines Samstags mit Freunden durch Erfurt gezogen. Zwischen Rathaus und Fischmarkt kamen sie und eine Gruppe bulgarischer Jugendlicher einander in die Quere. Zunächst muss ein Wort das andere ergeben haben, dann flogen auch Fäuste, im Handgemenge erwischte Rafail einen bulgarischen Schüler am Ohr. En detail rekonstruieren ließ sich das nicht, vor allem weil der geschädigte Junge seit geraumer Zeit wieder die Schulbank drückt - daheim in Bulgarien - und als Zeuge nicht zur Verfügung stand.
Inwiefern die Begegnung einen rassistischen Beigeschmack hatte, ließ sich nicht erhellen: "Allein die Gruppe um den Angeklagten bestand aus Angehörigen aus fünf Nationen", so Richter Behlau.
Und die Sache mit der Residenzpflicht? Aus Sicht des Gerichts spielte sie, wenn überhaupt, eine Nebenrolle. "Das Asylverfahren des Jungen und seines Vaters ist entschieden, beide haben eine Duldung. Somit ist ein Verstoß gegen die Residenzpflicht allenfalls eine Ordnungswidrigkeit, aber nichts, was vor Gericht zu verhandeln wäre."
Dessen ungeachtet nutzten Aktivisten aus Jena und dem Weimarer Land den Gerichtstermin, um an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu erinnern: "Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen."
08.09.2009 Von Sabine Brandt
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http://www.tlz.de/tlz/tlz.weimar.volltext.php?kennung=on4tlzLOKStaWeima…
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Aufruf zur Solidarität und Prozeßbeobachtung:
08.09.2009, 10:15 Uhr,
Liebe Interessierte und Engagierte!
Aufruf zur Solidarität und Prozeßbeobachtung: 08.09.2009, 10:15 Uhr,
Amtsgericht Apolda, Jenaer Strasse 8
Am kommenden Dienstag muss der inzwischen 18-jährige Rafail Agaew wegen Verstoß gegen die Residenzpflicht und wegen Verteidigung gegen einen rassistischen Angriff vor das Amtsgericht Apolda.
Rafail wurde von der Ausländerbehörde mehrmals die Abschiebung nach Aserbajan, sobald er 18 Jahre alt sei, angekündigt!
Ein Gerichtstermin im August, als er noch 17 Jahre alt war, wurde auf kommenden Dienstag verlegt.
Kommunizieren Sie den Fall, kommen Sie und zeigen Sie Öffentlich (es) Interesse - Treffpunkt ist 10 Uhr vor dem Gericht!
The VOICE "Thür. Flüchtlingssolidarität" - Amtsgericht Prozessüberwachung in Apolda
https://thevoiceforum.org/node/1348
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