Bundesweite Protesttage in Berlin vom 2.-4.Oktober
Potsdamer Platz, 5 min. vor 12 Uhr!
gegen die Abschiebungen von Roma nach Kosovo
BORN TO BE DEPORTED – FÜNF VOR ZWÖLF !!
Für den 2., 3. und 4. Oktober, anlässlich des Tag des Flüchtlings (2.10.09), rufen an-tirassistische und Menschenrechts-Gruppen, Romavertreter/innen und –Unterstützer/innen, Flüchtlingsräte und –verbände aus dem ganzen Bundesgebiet dazu auf, am Potsdamer Platz gegen Deportationen von Roma zu protestieren.
Anlass unserer Proteste ist die Absicht der Länder-Innenminister, nach den Wahlen alle hier langjährig immer nur geduldeten Romafamilien, die bisher wegen der un-zumutbaren Sicherheitslage im Kosovo vor einer Abschiebung geschützt waren, nun auch in den Kosovo abzuschieben! Vereinzelt wurden schon in diesem Sommer Roma-Familien aus Niedersachsen, Ba-Wü, NRW und Hessen in das für sie lebens-gefährliche Kosovo deportiert. Ein erster Sammel-Abschiebeflug mit Romafamilien aus NRW wurde bereits für den 28. September gebucht!
Deutschland ist in besonderer Weise verantwortlich für die Völkermord- Verbrechen unserer Großeltern an den europäischen Roma. Der überall in Europa wieder gras-sierende Hass auf die Roma muss gestoppt werden. Er darf sich gerade in Deutsch-land nicht ausbreiten. Roma, die vor Verfolgung, Verachtung und Existenznot in Deutschland Schutz gesucht haben, dürfen nicht erneut in die Flüchtlingslager und auf die Müllhalden Europas deportiert werden.
Wir fordern:
Sofortiger Abschiebestop für Roma aus dem Kosovo!
Keine Abschiebung von Roma – Flüchtlingen, nirgendwohin !!
Gesichertes unbefristetes Bleibe- und Existenzrecht als
Entschädigung für die Genozid -Verbrechen
und deutsche Pässe für alle Roma (die das wollen) in Deutschland !
Vor 70 Jahren stürzten sich die Deutschen in den 2. Weltkrieg. Mit dem Ziel der „Arisierung“ be-trieben sie in ganz Europa mit bürokratischer Sorgfalt den Genozid der Jüdinnen und Juden, der Sinti und Roma.
Kurze Zeit später (Februar 1942) erklärten deutsche Besatzer in Belgrad nach der vollständigen Deportation und Ermordung der jüdischen und der Roma-Bevölkerung, Serbien sei das „einzige Land, in dem Judenfrage und Zigeunerfrage gelöst“ seien.
Nach Kriegsende dauerte es Jahrzehnte, bis Deutschland endlich den Nachfahren der jüdischen Opfer und erneut verfolgten jüdischen Flüchtlingen aus Osteuropa und Russland die Rehabilitie-rung und Integration in die deutsche Gesellschaft zusagte.
Davon ausgeschlossen blieben die Nachfahren des Völkermords an den Sinti und aus Ost- und Süd-Ost-Europa. Schlimmer noch:
Vor 20 Jahren anerkannte Deutschland als erstes die zerfallenden Staaten Jugoslawiens. Es sah zu und begleitete die folgenden Ethnisierungskriege in Kroatien, Bosnien und Kosovo mit Hundert-tausenden von Toten und Vertriebenen. Die jugoslawischen Roma gerieten darin zwischen alle Fronten. Sie wurden zu Binnenvertriebenen in Elendslagern oder flüchteten zu Tausenden nach Westeuropa.
Vor 10 Jahren sollte der erste wieder von Deutschland mit der NATO betriebene Krieg angeblich die „humanitäre Katastrophe“ im Kosovo beenden . Stattdessen flüchteten während des Krieges und danach erneut Hunderttausende aus dem Kosovo, darunter auch der größte Teil seiner Roma-Bevölkerung . Die im Juni 99 in das kleine Land – nicht größer als Hessen – einmarschierten 50.000 internationalen Soldaten sahen wieder nur zu und „halfen“ den Roma zu fliehen, während ihre Häuser ungestört geplündert und in Brand gesetzt wurden. Während des Pogroms gegen das größte Romaviertel im Zentrum Mitrovicas „beschützten“ KFOR-Truppen die Flüchtenden, indem sie sie auf ein bleiverseuchtes Gelände im Norden karrten. Die internationalen Machthaber ließen 8 Jahre lang zu, dass die dort unter unvorstellbaren „3.-Welt“-Bedingungen hausenden Kinder schwere Blei-Vergiftungen davontrugen. Erst dann begann man in der früheren Roma-Mahala mit dem Bau von ein paar Wohnblocks - nur ohne Land und hinter Stacheldraht. Denn das früher den Roma gehörende Land im Zentrum Mitrovicas wurde zum Naherholungsgebiet erklärt.
Auch die zweite Welle von Pogromen gegen Roma geschah 2004 unter den Augen der KFOR, die wieder nicht einschritt.
Heute lebt nur noch ein Bruchteil der früheren Roma-Bevölkerung im Kosovo, in ethnisch getrenn-ten Vierteln der Städte und Dörfer, fast ohne Zugang zu Einkommen, medizinischer Versorgung und Bildung, dazu in ständiger Angst vor erneuten Angriffen. Die werden jedoch meistens nicht registriert und geahndet, sondern als übliche Verteilungs-Konflikte bagatellisiert, wie sie überall im Land auftreten. Wer die Angreifer anzuzeigen wagt, wird später bedroht, zum Verkauf seines Grundstücks genötigt oder das Haus angezündet. Die meisten kosovarischen Roma leben daher als Flüchtlinge in teils illegalen Elendssiedlungen und –lagern der Nachbarländer, ohne Integrati-ons- und Zukunftschancen, viele von Räumung bedroht.
In allen ost- und südost-europäischen Folgeländern des sozialistischen „Ostblocks“ und des ehe-maligen Jugoslawien werden heute die Roma wieder ausgegrenzt, entrechtet, in Lager oder „zu ihrem Schutz“ hinter Stacheldraht und Mauern gesperrt, auf Müllhalden abgeladen, von Grund-rechten auf Wohnung, Arbeit, Bildung und Gesundheit ausgeschlossen, von Polizei misshandelt, von rassistischen Mehrheitsbevölkerungen verachtet, bedroht, gejagt, geschlagen, erschossen, vertrieben.
Und die nach Deutschland und Westeuropa geflüchteten Roma, können sie hier wenigstens ein gesichertes Leben ohne Bedrohung und Existenznot führen?
Die vor 10, 15 oder 20 Jahren nach Deutschland und Westeuropa geflüchteten KosovarInnen fi-nanzierten den größten Anteil der Einkommen ihrer noch immer im ärmsten Land Europas leben-den Verwandten zuhause. Durch die seit dem Ende des Kosovokriegs anhaltenden Abschiebun-gen wurden viele Familien ihrer Existenzgrundlage beraubt, was die bis heute, auch nach der Un-abhängigkeit Kosovos anhaltenden, sozialen und ethnischen Konflikte und damit die existentielle Bedrohung für die Roma noch verschärfte.
Von den nach dem Kosovo-Krieg ehemals 220.000 hier lebenden Kriegsflüchtlingen sind heute offiziell nur noch 32.200 in Deutschland . Sie sind jung, im Durchschnitt unter 27 Jahre, ein Viertel sind in Deutschland geboren. 17.800 der noch hier lebenden KosovarInnen verfügen nur über zeit-lich befristete Aufenthaltstitel oder „Aufenthaltserlaubnis auf Probe“, 3700 sind nur geduldet oder ganz ohne Aufenthaltstitel. Viele von diesen 21.500 Menschen konnten wegen Kriegstraumata nicht zurückkehren. Oder sie sind Roma und andere Minderheiten – dazu gehören auch die alba-nischsprechenden muslimischen Roma, die sich als Ashkali oder Ägypter bezeichnen, aber eben-so ausgegrenzt werden.
Ein neues Rückübernahmeabkommen speziell bezogen auf die ungehinderte Abschiebung der bisher noch geschützten Roma-Minderheiten wurde im April d.J. der neuen Kosovo-Regierung von Deutschland aufgenötigt. Es trat im Juli in Kraft. Seitdem bereiten die deutschen Ausländerbehör-den die Abschiebung aller KosovarInnen mit unsicherem Aufenthalt vor. Das trifft in erster Linie die Roma. Denn sie können hier am wenigsten die unrealistisch hohen aufenthaltsrechtlichen Hürden erfüllen. Viele haben unverschuldet keine Pässe und sind de facto recht- und staatenlos.
Die ersten Roma wurden bereits aus Hessen, Niedersachsen, Ba-Wü und NRW in die für sie exis-tenz- und lebensgefährliche „Heimat“ deportiert: in Deutschland geborene und hier in Schulen und Sportclubs voll integrierte Kinder, die deutsch (und romanes), aber nie albanisch schreiben oder gar sprechen gelernt haben, deren reale Heimat und Zukunft zum zweiten Mal wie die ihrer Vorfah-ren zerstört wurde. Roma-Väter wurden trotz Arbeitsplatz und langjährigen Aufenthalt durch Ab-schiebung gewaltsam von ihren in Deutschland geborenen Kindern getrennt, ein Vater aus Nieder-sachsen mit seinem schwer behindertem Sohn abgeschoben. Eine Romni wurde mit ihren 2 in Niedersachsen geborenen Kindern trotz gerichtlichem Schutz vor ihrem gewalttätigen Ex-Mann zusammen mit ihrem Vergewaltiger in den Kosovo deportiert.
Obwohl nicht nur zahlreiche Menschenrechtsgruppen wie amnesty international, pro asyl , WHO oder human rights watch, sondern auch viele deutsche Partei- und Parlamentsabgeordnete, Kir-chenverteterInnen sowie hohe EU-Repräsentierende in Kenntnis der realen Lebens- und Existenz-bedrohung von Roma im Kosovo vor ihrer Abschiebung aus Deutschland dringend warnten, halten die Innenminister eisern an ihrem Deportationswillen fest.
In Anerkennung der historischen Verantwortung für die Völkermord-Verbrechen unserer Großeltern an den europäischen Roma muss ein demokratisches Deutschland endlich auch den Nachfahren der dem Genozid entronnenen Roma Ost- und Südost-Europas, die vor Ver-folgung, Verachtung und Existenznot in Deutschland Schutz gesucht haben, das uneinge-schränkte und gesicherte Bleiberecht einräumen!
Berliner Bündnis gegen Abschiebungen von Roma
visdp: Antirassistische Initiative Berlin
Die Karawane Delegationsbesuch der Isolationsheime in Thüringen:
Der folgende Bericht zusammen mit dem Bericht einer Delegation aus Hamburg "Delegationsreise nach Thüringen..." wurden auf der Konferenz "Vereinigt gegen koloniales Unrecht" in Jena vorgestellt.
-Dt,En,Türkce) Thüringen Lager: Delegationsbesuch der Isolationsheime in Gerstungen und Gangloffsömmern von Wuppertal Karawane
-Dt) Delegationsreise nach Isolationsheime in Greiz - Thüringen am 11./12. Juli 2009 Bericht der KARAWANE Delegation aus Hamburg