DTP-Verbot in der Türkei
Kriegserklärung an die Demokratie – Millionen Kurden sollen mundtot gemacht werden
Einmal mehr hat sich die Türkische Republik als Parteienfriedhof erwiesen. Die mit 21 Abgeordneten im türkischen Parlament vertretene kurdische Partei für eine Demokratische Gesellschaft DTP ist am Freitag vom türkischen Verfassungsgericht verboten worden. Die DTP war bei den Kommunalwahlen im März 2009 mit 2,6 Millionen Wählerstimmen zur führenden Kraft in den kurdischen Landesteilen geworden und stellte dort 99 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf.
Die 11 Richter schlossen sich einstimmig der Anklage der Generalstaatsanwaltschaft an, wonach die DTP mit ihren Forderungen nach verfassungsmäßiger Anerkennung der kurdischen Identität und regionaler Selbstverwaltung gegen die in der Verfassung festgeschriebene Einheit von türkischer Nation und türkischem Staatsgebiet verstoßen und als politischer Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK agiert habe. Das Verbot der DTP wurde offenbar direkt vom Nationalen Sicherheitsrat angeordnet, wie die Einstimmigkeit des Richtervotums deutlich macht.
Gegen 37 Politikerinnen und Politiker, darunter die Parteivorsitzenden Ahmet Türk und Aysel Tugluk sowie vier Oberbürgermeister wurde ein fünfjähriges politisches Betätigungsverbot verhängt. Politikverbot erhielt auch die Sacharow-Preisträgerin des Europaparlaments Leyla Zana, obwohl sie nie Mitglied der DTP gewesen war. Durch den Verlust der Abgeordnetenmandate von Ahmet Türk und Aysel Tugluk verliert die DTP ihren Fraktionsstatus im türkischen Parlament.
Bereits in den letzten Wochen war die DTP nahezu vogelfrei. In mehreren Städten gab es Anschläge von türkischen Faschisten auf DTP-Büros und Lynchversuche gegen DTP-Anhänger. In den letzten zwei Wochen wurden Kundgebungen der DTP von der Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern angegriffen und rund hunderte Demonstranten festgenommen. In Diyarbakir wurde bei einer DTP-Kundgebung am vergangenen Sonntag ein Student von der Polizei erschossen.
Als Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland Yek-Kom verurteilen wir das Verbot der DTP als einen Anschlag auf den Friedensprozess in der Türkei. Der türkische Staat und die Regierung von Ministerpräsident Erdogan haben damit deutlich gemacht, dass es ihnen entgegen vollmundiger Versprechungen nicht um eine friedliche Lösung der kurdischen Frage geht. Millionen Kurdinnen und Kurden sollen stattdessen durch die Zerschlagung ihrer demokratischen Selbstorganisation aus dem politischen Prozess ausgeschaltet und mundtot gemacht werden.
Der EU-Erweiterungskommisar Olli Rehn hatte erklärt, dass der politische Puralismus ein wichtiger Teil der Demokratie sei und DTP seinen Beitrag für diesen Pluralismus leiste. Seine politische Legalität habe die DTP bei den Wahlen im März bewiesen. Herr Rehn meinte, dass er das Verfahren gegen die DTP verfolgen wird und er glaube, dass die Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit einschließlich die Rechte der Angeklagten sich durchsetzen würden. Sowohl der EU-Erweiterungskommisar als auch die Venedig-Kommission erklärten, dass die türkischen Rechtsvorschriften, die die Verantwortung für die Schließung von politischen Parteien tragen, nicht im Einklang mit der Europäischen Konvention der Menschenrechte und mit den europäischen Geplogenheiten stehen.
Als Förderation Kurdischer Vereine in Deutschland Yek-Kom fordern wir sowohl von dem EU-Erweiterungskommisar als auch von der Venedig-Kommission hinter ihren Worten zu stehen somit Solidarität mit der DTP zu zeigen und die Türkische Regierung zu verurteilen.
Wir appellieren an die europäischen Länder, demokratischen Vereinigungen, Menschenrechtsvereine, MenschenrechtlerInnen und FriedenaktivistInnen für den Frieden und die Demokratie muss Solidarität mit der DTP gezeigt werden.
Düsseldorf, 10.12.2009
YEK-KOM e.V.
YEKITÎYA KOMALÊN KURD LI ELMANYA
FÖDERATION KURDISCHER VEREINE IN DEUTSCHLAND
ALMANYA KÜRT DERNEKLERI FEDERASYONU
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DTP-Verbot ist Angriff auf alle Linken in der Türkei
Ulla Jelpke, MdB
Verbot der Partei für eine demokratische Gesellschaft DTP ist ein Angriff auf alle
Linken in der Türkei
"Das Verbot der linken kurdischen Partei für eine demokratische Gesellschaft DTP in
der Türkei beraubt Millionen Kurdinnen und Kurden einer demokratischen politischen
Repräsentation. Damit sabotiert der türkische Staat weiterhin jede Möglichkeit einer
friedlichen Lösung der kurdischen Frage", erklärte die Abgeordnete der LINKEN, Ulla
Jelpke zu dem am Freitag ergangenen Verbot gegen die im türkischen Parlament in
Fraktionsstärke präsente DTP. Ulla Jelpke weiter:
"Das Verbot der DTP ist nicht nur ein Schlag gegen die Rechte der Kurdinnen und
Kurden, sondern auch ein Angriff auf die Linke und Arbeiterbewegung insgesamt in der
Türkei. Die DTP war die treibende Kraft bei der Neuformierung linker Kräfte, wie
gemeinsame Wahllisten mit sozialistischen Organisationen, das von ihr vorgeschlagene
Projekt einer strömungsübergreifenden kurdisch-türkischen linken Dachpartei oder das
im Oktober in Diyarbakir abgehaltene 1. Mesopotamische Sozialforum zeigten. Mit
ihren in vielen kurdischen Städten umgesetzten Vorstellungen von Basisdemokratie und
Frauenbefreiung hat die DTP der linken Debatte in der Türkei wichtige Impulse
gegeben und eine Barriere gegen das Anwachsen rückständig-islamischer Bewegungen in
Kurdistan gebildet. Alle linken und demokratischen Kräfte in Europa und der Türkei
sind nun aufgerufen, praktische Solidarität mit der verbotenen DTP und den vielen
Hundert aus ihren Reihen stammenden politischen Gefangenen zu zeigen."
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Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel:(030) 227-71253
Fax:(030) 227-76751
Mail:ulla.jelpke@bundestag.de
Web: http://www.ulla-jelpke.de
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