Das Gericht entschied die Haft um drei Wochen bis zum 27.01.2010 zu verlängern.
Für den 23.01. 2010 plant die Ausländerbehörde die Abschiebung und geht davon aus, dass bis dahin ein Passersatzpapier von der nigerianischen Botschaft ausgestellt wird. Es laufen weiter zwei Beschwerden gegen die Haft. Der Rechtsanwalt hat letzte Woche noch auf die Akte gewartet, um sich ein umfassendes Bild zu machen. Der erste Gerichtsbeschluss vom November 2009 über die Haft war laut Rechtsanwalt Fahlbusch rechtlich nicht haltbar. Leider hatte Kevin zu diesem Zeitpunkt keine anwaltliche Vertretung.
Am Mittwoch, 06.01.2010 habe ich Kevin das dritte Mal im Gefängnis besucht. Er sah schlecht aus. Er sagte, dass er seit vier Tagen nicht mehr richtig geschlafen hat. Die starken Kopfschmerzen kommen sobald die Wirkung der Schmerztabletten nachläßt. Diese Kopfschmerzen rühren von einer Kopfverletzung ( er hat eine ca. 10- 15 cm lange Narbe vom rechten Ohr bis zur Schädelmitte), die er in Nigeria erlitten hat. Die Schmerzen werden, wenn nicht starke Schmerzmittel (Iboprofen 800 und Tramal) genommen werden, so stark, dass es bis zur Ohnmacht führt. Zuletzt ist dies passiert im Oktober 2009 auf der Hamburger Ausländerbehörde, wo Kevin vor Schmerzen zussammenbrach und mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus St.Georg gebracht wurde. Dort bekam er eine Schmerztablette und sollte auf weiteres warten. Als eine weitere Tablette ( die Schmerzen waren noch stark) ihm verweigert wurde, hat er das Krankenhaus verlassen. Für den kommenden Februar hatte Kevin einen Termin bei einem Neurologen, um dieses Krankheitsbild untersuchen zu lassen. Seit so vielen Jahren behandelt er die Schmerzen nur mit Schmerzmittel, was keine Veränderung bringt und im Gegenteil eine Gefahr von Nebenwirkungen bringt. Im Gefängnis ist Bluthochdruck von über 180 festgestellt worden, wogegen ihm jetzt ein weiteres
Medikament verabreicht wird.
Durch die Abschiebehaft hat sich jetzt seine Gesundheitssituation massiv verschlechtert und vor allem der eingeschlagenen Weg der fundierten Untersuchungen und möglicher Therapiemöglichkeiten ist jetzt blockiert. Als Kevin am 25. November zur Botschaftsanhörung nach Halberstadt gebracht werden sollte, wurde ernicht vorgeladen, sondern man bestellte ihn am 23. Novmeber auf die Ausländerbehörde, um ihn festnehmen zu lassen. Die Ausländerbehörde beantragte 4 Tage Haft bis zum 27. November. Die zwei Tage Haft nach der Anhörung am 25.11. wurden als "Sicherheitszuschlag" bezeichnet. In dem Beschluß
vom Amtsgericht Hamburg werden diese vier Tage Haft verhängt. Dort steht "...wird Herr Kevin Ikechukwu ... längstens jedoch bis zum Freitag, den 27.11.09 16°° Uhr einschließlich in Haft genommen." Das Datum ist dann per Hand durchgestrichen worden und der 04.01.10 darübergeschrieben worden, so dass dort steht "bis Freitag, den 04.01.10"(04.01.10 war ein Montag). Die Haftbegründung
des Gerichts sind Textbausteine, wie " der Betroffen ist mittellos, ohne festen Inlandswohnsitz und ohne tragfähige soziale Bindungen, die ein Abtauchen in die Illegalität verhindern könnten." All dies trifft auf Kevin so nicht zu.
Der nächste Absatz in der Haftbegründung, der auch eine falsche Behauptung ist, ist dann wiederum per Hand nachträglich durchgestrichen worden: " Durch seine illegale Beschäftigung hat der Betroffene gezeigt, dass ihm Mittel und Wege bekannt sind, seinen Lebensunterhalt inder Illegalität zu bestreiten. ( oder langen illegalen Lebensunterhalt - manuell einfügen wenn zutreffend)"
Dann heißt es weiter : " mildere Mittel als die Anordnung der Abschiebehaft erscheinen nicht geeignet.."
Kevin hatte bei der Botschaftsanhörung dem Botschaftsvertreter über seinen Gesundheitszustand informiert. Woraufhin der Botschafter vermerkte, dass Kevin erst von Ärtzen seines Vertrauens untersucht und behandelt wird, bevor die Ausstellung eines Passersatzpapiers erfolgen kann.
Dadurch, dass Kevin weiter in Abschiebehaft ist, konnte die ärtzliche Untersuchung und Behandlung nicht stattfinden. Die Behörde versucht mit vagen Stellungnahmen ihrer Amtsärztin und des Gefängnisarztes, die nigerianische Botschaft dazu zu bringen eine Papier zur Abschiebung auszustellen. Statt sich Gedanken über die Ursachen der Schmerzen zu machen, wird von einer das ernste gesundheitliche Problem auf Schmerzmittelabhängigkeit reduziert und die Ursache geleugnet. Die Behörde hat den Medikamentenpass von Kevin eingezogen und seine bisherige Medikation ist jetzt ohne fachärztliche Untersuchung verändert worden und ihm geht es gesundheitlich noch schlechter. Der Weg zu einer richtigen Analyse seiner von der Kopfverletzung herrührenden chronischen Schmerzen ist
durch die Haft versperrt.
Beim letzten Besuch im Gefängnis bekam Kevin nach einer halben Stunde eine starke Schmerzattacke, er fragte nach Schmerzmtabletten und bekam diese auch sofort. Ersagte mir, dass seit die Karawane sich engagiert hat, seine Behandlung ihm Gefängnis respektvoller geworden ist, was auch das sofortige Aushändigen einer Schmerztablette während des Besuchs zeige.
Kevin hat sich sehr über die Nachricht gefreut, dass am 30. 12. 09 70-80 Menschen für seine Freilassung vor der Ausländerbehörde demonstriert haben. Er freut sich über Post.
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Wir verlangen die sofortige Haftentlassung von Kevin Ikechukwu!!!
Nigerianischer Flüchtlingsaktivist in Hamburger Abschiebehaft im Hungerstreik
Politischer Flüchtling und Mitglied von The VOICE Refugee Forum akut von Abschiebung bedroht
english
Update 10.1.10: Kevin weiterhin in Abschiebehaft - Gesundheistzustand bedenklich
Wir verlangen die sofortige Haftentlassung von Kevin Ikechukwu
Vor zwölf Jahren floh Herr Ikechukwu aus einem nigerianischen Gefängnis. Als Aktivist gegen den Wahlbetrug und gegen die Inhaftierung des demokratisch gewählten Kandidaten Chief M.K.O. Abiola war Herr Ikechukwu in das Visier der staatlichen Sicherheitskräfte geraten. 1993 wurde er zum ersten Mal verhaftet und gefoltert. Später wurde er erneut inhaftiert. 1997 nach seiner Flucht aus dem Gefängnis ersuchte er in Deutschland Asyl. Er wurde nach Eisenach in Thüringen zugewiesen. Dort begann er mit „the VOICE Africa Forum“ und der „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ zu arbeiten. Insbesondere die politischen Flüchtlinge aus Nigeria betrieben zu dieser Zeit eine sehr intensive Öffentlichkeitsarbeit gegen die Verbrechen der Regierung, für die Unterstützung der politischen Gefangenen und der demokratischen Kräfte in Nigeria.
Wie in anderen Fällen auch wurde Herrn Ikechukwu das Asylrecht verweigert, seine Anträge abgelehnt. Im Jahr 2002 wurde die Abschiebung vorbereitet. Diese wurde aufgrund der gesundheitlichen Situation Herrn Ikechukwus ausgesetzt. Die Ablehnung der deutschen Behörden seine Fluchtgründe anzuerkennen und die Gefahr für sein Leib und Leben im Falle einer erzwungene Rückführung brachten Herr Ikechukwu nach Irland. Seine damalige deutsche Freundin heiratete ihn dort im Jahr 2003 und er kehrte im Zuge der Familienzusammenführung nach Deutschland zurück. Im Jahr 2005 kam es zur Trennung, worauf Herrn Ikechukwu die Aufenthaltserlaubnis entzogen wurde. Erst nach zweijähriger Ehezeit hätte er einen eigenständigen Aufenthaltstitel haben können. Seit dieser Zeit begannen erneut die Bestrebungen der Ausländerbehörde – diesmal der Hamburger – Herr Ikechukwu aus Deutschland abzuschieben.
Am 25.11. 2009 fand im Flüchtlingslager in Halberstadt einer der berüchtigten Botschaftsanhörungen zur Ausstellung von Dokumenten zur Abschiebung statt. Herr Ikechukwu wurde zwei Tage vor diesem Termin festgenommen, dort vorgeführt und befindet sich seitdem in Abschiebehaft.
Aus einigen unglücklichen Umständen heraus sind die Informationen über seine Festnahme und seine Situation erst spät bei uns angelangt.
Wir konnten Herrn Ikechukwu am 23.12. 2009 besuchen.
Sein psychischer und physischer Zustand ist sehr bedenklich. Herr Ikechukwu hat permanent starke Kopfschmerzen. Dieser Krankheitszustand tritt schon seit vielen Jahren in mehr oder wenig starker Intensität auf. Er erhält verschiedene starke Schmerzmittel. Herr Ikechukwu leidet unter gefährlich hohem Bluthochdruck. Insgesamt ist die gesundheitliche Situation sehr schlecht.
Herr Ikechukwu hat am 21.12. 2009 aus Protest gegen die drohende Abschiebung einen Hungerstreik begonnen.
Die Abschiebehaft ist bis zum 04.01.2010 festgesetzt. Herr Ikechukwu hat gegen die Abschiebehaft Widerspruch eingelegt.
Wir fordern die sofortige Haftentlassung von Herrn Kevin Ikechukwu
- aus dringenden gesundheitlichen Gründen
- aus Gründen der nach wie vor existierenden Gefahr für sein Leben im Falle einer Abschiebung nach Nigeria (Herr Ikechukwu ist aus der Haft in Nigeria geflohen)
- aus Gründen der Humanität und Gerechtigkeit – Herr Ikechukwu lebt seit über 12 Jahren im Exil in Deutschland und in Irland, er hat sich hierzulande stark in der Menschenrechtsarbeit engagiert, und am hiesigen sozialen und kulturellen Leben aktiv beteiligt
Herr Ikechukwu braucht dringenden Schutz vor der Abschiebung. Wir rufen zur Solidarität und zur Unterstützung auf.
Adresse:
Kevin Ikechukwu
z.Zt.: JVA Billwerder
Dweerlandweg 100
22113 Hamburg
Besuchszeiten: Mittwochs 15:15 bis 17:15 (Einlass: 14:45 bis 15:15)
Es werden Spenden benötigt:
Verein zur Förderung der Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen e.V.
Hamburger Sparkasse; BLZ: 200 505 50; Kto-Nr.: 126 8134 259
Stichwort: Kevin
Hintergrundinfos: Kampagne gegen die Abschiebung von Herrn Ikechukwu 2002 siehe http://thecaravan.org/node/2241
weitere Informationen:
0174-150 84 57
Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
Sektion Nord / Koordinationskreis Hamburg
Tel: 0049-(0)40-43 18 90 37
C/o Brigittenstraße 5
Fax: 0049-(0)40-43 18 90 38
20359 Hamburg
mail: free2move@nadir.org /www.thecaravan.org
Hamburg, 26.12.2009
Brief der KARAWANE Hamburg an Gericht und Behörde
Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
Sektion Nord / Koordinationskreis Hamburg
Tel: 0049-(0)40-43 18 90 37
C/o Brigittenstraße 5
Fax: 0049-(0)40-43 18 90 38
20359 Hamburg
free2move@nadir.org http://thecaravan.org
Gesch-Nr.: 219d XIV 35925
An:
Amtsgericht Hamburg
Postfach 30 01 21
20348 Hamburg
Richter Hawellek
Ausländerbehörde Hamburg
Amsinckstrasse. 28
20097 Hamburg
Herr Mahlke
Aussetzung der Abschiebung von Herrn Kevin IKECHUKWU
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Mahlke,
sehr geehrter Herr Hawellek,
wir sind sind zutiefst betroffen über die Maßnahmen, die gegen unseren Freund und Aktivisten Herrn Kevin Ikechukwu zwecks einer Abschiebung nach Nigeria ergriffen wurden.
Wir bitten Sie eindringlich die Abschiebung auszusetzen und Herrn Ikechukwu aus der Abschiebehaft zu entlassen.
Herr Ikechukwu lebt seit über zwölf Jahren mit Ausnahme eines zweijährigen Aufenthalts in der Republik Irland in Deutschland. Der politische Gefangene floh 1997 aus der Haft in Nigeria und leidet bis heute unter den Auswirkungen der dort erlittenen Folter. Nach seiner Flucht aus Nigeria engagierte er sich hier in Deutschland stark in der nigerianischen Oppositionsbewegung, er ist Mitglied bei „The VOICE Refugee Forum“ und in der „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ aktiv. Als Gefängnisflüchtling und seiner im Exil fortgesetzten regimekritischen Arbeit wäre sein Leben im Falle einer Abschiebung in großer Gefahr.
Herr Ikechukwu hat sich nie etwas in Deutschland zu schulden kommen lassen. Er hat sich immer für die Wahrung demokratischer Rechte und der Menschenrechte eingesetzt. Er hat die deutsche Sprache gelernt, sich in die Gesellschaft integriert und seine deutsche Lebenspartnerin geheiratet. Durch die unglückliche Trennung verlor er jedoch seinen Aufenthaltstitel.
Ikechukwus Gesundheitszustand hat sich im Zusammenwirken mit dem psychischen Druck der Abschiebung in den Verfolgerstaat in der Haft sehr verschlechtert. Selbst die Behördenärztin hält eine ärztliche Betreuung im Falle der Abschiebung für dringend notwendig. Neben den seit der Haft periodisch auftretenden extremen Kopfschmerzen wurde in Haft zusätzlich ein sehr hoher Blutdruck festgestellt.
Wir bitten Sie daher aus Respekt vor dem Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit und dem Gebot des Schutzes des Lebens, sich für die sofortige Haftentlassung und die Aussetzung der Abschiebung einzusetzen.
Herr Ikechukwu hat das Recht nach zwölf Jahren im Exil - geflohen vor den Grausamkeiten der Machthaber in Nigeria – endlich in Sicherheit zu leben.
Mit freundlichen Grüßen