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[Archives: Karawane-Kongreß in 2000 Jena] - Interview mit Osaren Igbinoba zum Kongress in Jena

By voice, 13 March, 2010

What has changed!

[Karawane Festival Jena 2010] Hintergrund - Gemeinsam gegen soziale Ausgrenzung
https://thevoiceforum.org/node/1535
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ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 436 / 16.3.2000

"Wir werden Neuland betreten"

Interview mit Osaren Igbinoba zum Kongress in Jena

Die Flüchtlingsorganisation The Voice ist Initiator des Flüchtlingskongresses "Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung", der Ende April in Jena stattfindet. Osaren Igbinoba spricht über die Entstehung seiner Organisation und die Entwicklungen der Selbstorganisation von Flüchtlingen in Deutschland. Von der Konferenz erhofft sich The Voice starke Impulse für die Selbstorganisation von Flüchtlingen. Auch die Zusammenarbeit von Flüchtlingen und antirassistischen Gruppen soll dort intensiviert werden.

Wie ist die Organisation The Voice entstanden?

The Voice Africa Forum Jena haben einige Flüchtlinge 1994 in dem Transitlager Mühlhausen in Thüringen gegründet. Wir wollten die Leute sowohl über die politische Situation in unseren Ländern informieren als auch über die Repression, die Flüchtlingen hier entgegenschlägt.

Wie habt ihr euch denn zusammengefunden?
Das war schon ein hartes Stück Arbeit, weil es bei den Leuten viele Ängste gab, sich zu engagieren. Viele befürchteten beispielsweise eine Abschiebung. Doch es war uns sehr wichtig, uns nicht weiter schikanieren und uns mundtot machen zu lassen. Inzwischen sind wir eine selbstorganisierte afrikanische Flüchtlingsgruppe, mit Leuten aus Nigeria, Kamerun, Sierra Leone, Sudan und anderen Ländern. In den letzten zwei Jahren haben wir einige Mitglieder aus verschiedenen Städten und Regionen Deutschlands gewonnen, die wirklich sehr hart daran arbeiten, vielfältige Protestaktionen, Seminare und Diskussionen zu koordinieren.

Wie groß ist The Voice?

The Voice ist nicht wirklich groß, allerdings sind wir sehr engagiert. Wir haben ungefähr 25 Aktivisten. Bis vor kurzem waren wir noch mehr, aber auf Grund der Abschiebung von Mitstreitern ist es oft schwierig, kontinuierlich zu arbeiten. Darüber hinaus unterstützen einige hundert Flüchtlinge die Arbeit von The Voice.

Gibt es neben der afrikanischen Gruppe The Voice noch weitere Flüchtlingsorganisationen, die den Kongress vorbereiten?

Ja, das ist wirklich nicht eine Frage der Nationalität. Die Gesetze hier betreffen alle Flüchtlinge gleichermaßen. Vielleicht sind Afrikaner auf Grund ihrer Hautfarbe stärker von den rassistischen Strukturen betroffen, aber es wird auf dem Kongress nicht nur um die afrikanischen Flüchtlinge gehen. Es ist ein Kongress für alle Flüchtlinge. Auch Flüchtlingsorganisationen aus Kurdistan, der Türkei, aus Asien, Afrika und so weiter bereiten den Kongress vor.

Was sind eure zentralen Forderungen?

Es ist notwendig, dass wir uns zusammenschließen, um gegen die Abschiebungen und gegen die soziale Ausgrenzung vorgehen zu können. Die Anfänge für eine Selbstorganisation von Flüchtlingen in Deutschland sind schon gemacht. Aber wir wollen auch die internationale Sicht auf die Flüchtlingsfrage stärken. Nicht nur in Deutschland sind Flüchtlinge. Wir sind der Meinung, dass wir allerdings hier anfangen müssen, weil die Repression gegen Flüchtlinge hier besonders fürchterlich ist. Es ist unser grundsätzliches Ziel, eine volle soziale und politische Integration der Flüchtlinge mit gleichen Rechten zu erreichen. Das ist politisch gesehen sehr wichtig, denn in den meisten Fällen wird Integration verstanden als Anpassung oder Unterordnung an das deutsche Umfeld.

Gibt es neben den allgemeinen Forderungen wie "gleiche Rechte" oder "offene Grenzen" auch konkrete Schritte, wie ihr euer Ziel erreichen wollt?

Derzeit ist unsere Hauptstrategie, die Selbstorganisation von Flüchtlingen voranzutreiben. Unsere Selbstbestimmung ist außerordentlich wichtig und es ist einer der konkreten Schritte, die Flüchtlinge im Augenblick machen können. Wir werden unser bestes tun, um diese Prozesse zu unterstützen.

Auf jeden Fall wollen wir erreichen, dass die Asylgesetzgebung als ein äußerst rassistisches Gesetz in Deutschland anerkannt wird und dass klar wird, wie der deutsche Staat die Rechte der Flüchtlinge verletzt. Auf dem Kongress werden wir auch die Widersprüche der deutschen Gesetze herausarbeiten. Vor allem wollen wir die Landkreisregelung in Frage stellen, die nicht einmal mit UN-Konventionen im Einklang steht. Die Behörden der Landkreise entscheiden über das Schicksal der Flüchtlinge und oft muss man schon angesichts ihrer Schikanen froh sein, dass man überhaupt bleiben darf. Es ist wichtig zu sehen, dass solche Gesetze der Ausgrenzung eine Art Apartheidregime herstellen. Wir wollen das Thema zu einer internationalen Diskussion machen, damit die Leute wissen, dass Demokratie in Europa Augenwischerei ist, die wir als "rassistische Demokratie" bezeichnen.

Natürlich begrüßen wir offene Grenzen und wir wollen, dass alle Flüchtlinge das Recht haben, in der Welt reisen zu können wie andere auch. Wir kämpfen für eine neue Weltordnung der Solidarität und der Unterstützung von Flüchtlingen, da sie Opfer der weltweiten Ausbeutung sind, bei der Deutschland eine gewichtige Rolle spielt.

Welche Hindernisse seht ihr für die Selbstorganisation von Flüchtlingen?

Die Atmosphäre im allgemeinen ist sehr repressiv, aber in den vergangenen Jahren hat es die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen geschafft, Leute zu ermutigen, sich zu engagieren. Viele Flüchtlinge sind jedoch noch in Gruppen aktiv, die sich entsprechend ihrer Herkunftsländer organisiert haben. Solidarität und politisches Engagement in nur diesen Gruppen reicht meiner Meinung nach nicht aus für die Bekämpfung dieser rassistischen Regierung. Wir müssen eine Kultur der Menschenrechte entwickeln, die jenseits nationaler Grenzen liegt. Dieses Problem muss auf dem Kongress diskutiert werden.

Könnt ihr ein Anwachsen der Selbstorganisationen in den vergangenen Jahren feststellen?

Da muss ich nochmal auf die Karawane zurückkommen, denn sie ist die einzige Initiative, die sich auf die Selbstorganisation von Flüchtlingen konzentriert hat. Um auf deine Frage zurückzukommen, ja, es gibt einen Anstieg, wenn auch nur einen sehr langsamen. Man darf eben nicht vergessen, dass das Umfeld zahlreiche Unsicherheiten für Flüchtlinge produziert; z.B. die Abschiebungen, die Ausgrenzung von der normalen Gesellschaft und die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit.

Was sind eure Ziele, die ihr auf dem Kongress erreichen wollt?

Wir wollen das europäische Publikum darüber informieren, dass wir hier sind, weil sie nicht aufhören, unsere Länder zu zerstören - das wird ein zentrales Thema sein. Wir wollen deutlich machen, dass das rassistische Problem ein Teil der europäischen Kultur ist.

Die Erwartungen an den Kongress sind schon sehr hoch. Seit November haben wir verschiedene Regionen Deutschlands besucht und über den Kongress informiert. Einige der Besuche waren ziemlich erfolgreich. Letztlich wird es jedoch darauf ankommen, dass diejenigen, die zum Kongress kommen, sehr offen für die Unterstützung der Flüchtlinge sind und es gelingt, eine festes Netzwerk - auch mit Flüchtlingsinitiativen außerhalb Deutschlands - zu bilden.

Was erwartet ihr von den deutschen Unterstützungsgruppen?

Es ist ein Flüchtlingskongress. Das bedeutet, ein Kongress, den Flüchtlinge initiiert haben für und mit Flüchtlingen. Mit diesem Kongress werden wir also Neuland betreten und wir werden sehen, inwieweit die deutschen Gruppen sensibel mit den Problemen der Flüchtlinge umgehen.

Bislang klappt die Zusammenarbeit sehr gut und wir finden es wichtig, dass das sehr engagierte Karawane-Netzwerk von Kein Mensch ist illegal, der Antifa und antirassistischen Gruppen unterstützt wird. Einige von ihnen leisten sehr gute Arbeit und tragen dazu bei, dass der Kongress ein Erfolg wird. Die meisten antirassistischen Gruppen werden Flüchtlinge aus ihrer Gegend zu Kongress transportieren, was eine große Unterstützung bedeutet. Auch der finanzielle Teil wird weitgehend von diesen Gruppen übernommen. Das ist schon einmal ein guter Start.

Das wichtigste wird jedoch sein, wie wir die weitere Zusammenarbeit nach dem Kongress gestalten, damit die Kampagne breiter wird und noch mehr Flüchtlinge gewonnen werden können. Die Unterstützung ist also bereits recht gut, wenn auch immer noch nicht genug.

Erhaltet ihr auch Unterstützung für den Kongress von den großen NGOs wie Pro Asyl oder auch von den Kirchen?

Von den Kirchen haben wir bislang für den Kongress keine Unterstützung gespürt. Die Rolle der NGOs ist auch eine wichtige Frage für den Kongress, denn seit der Abschaffung des Grundgesetzartikels 16 1993 haben wir zahlreiche NGOs im Bereich der Flüchtlingspolitik. Doch es ist fragwürdig, was diese NGOs für die Flüchtlinge tun. In einigen Fällen tragen die NGOs sogar dazu bei, die Situation zu normalisieren. Sie tun nicht genug, um das Recht der Selbstorganisation von Flüchtlingen zu unterstützen. Inwieweit sie sich aber in finanzieller Hinsicht engagieren, können wir erst Ende März sagen.

Welche Formen von Dominanz siehst du in der Zusammenarbeit von deutschen Unterstützungsgruppen und den Flüchtlingsorganisationen?

Wir wollen eigentlich nicht verallgemeinern, aber es ist klar, dass Dominanz immer da ist. Zu dominieren ist Teil der europäischen, rassistischen Kultur.

Auch als Flüchtlingsorganisation fühlen wir uns oft von den sogenannten Flüchtlings-Hilfsorganisationen ausgeschlossen, da sie uns meistens nur unter humanitären Aspekten behandeln und nicht sehen wollen, dass die Behandlung von Flüchtlingen auch eine Frage der rechtlichen Voraussetzungen, der Menschenrechte aller ist. Du findest eine Menge sozialer Organisationen, die die Flüchtlinge - und nicht die rassistischen Gesetze - als Problemfall ansehen und damit das ganze repressive System unterstützen.

Es liegt natürlich auch an den Flüchtlingen, die deutlich machen müssen, was sie wollen und wie sie ihre Probleme einschätzen. Dies ist lange kaum passiert, obwohl sich in Deutschland alles verschlechtert hat. Das ist sicher auch ein Grund dafür, dass die Idee mit dem Kongress aufkam. Jetzt müssen wir uns endlich engagieren und den Leuten, die Flüchtlinge unterstützen wollen, sagen, dass sie näher an die Flüchtlinge herankommen sollen, dass ihre Fähigkeit, Flüchtlinge zu unterstützen, davon abhängt, wie viele Flüchtlinge sie kennen, wie viele sie unterbringen können und was sie sonst noch direkt für Flüchtlinge tun können.

Habt ihr unterschiedliche Strategien für die Selbstorganisation gegen die Repression des Staates auf der einen Seite und für die Selbstorganisation, um sich gegen Nazi-Angriffe zu verteidigen ?

Wir müssen das auf jeden Fall zusammenbringen, denn die Nazis und die Naziparteien existieren ja, weil sie Unterstützung von den Deutschen und der Politik haben. Wie sollen wir da diese Leute vom Repressionsapparat trennen? Wir wohnen mit Nazis zusammen, seien sie nun aktiv oder passiv - die deutsche Mentalität, Ausländer nicht im Land haben zu wollen ist überall. Es ist schwer, da zu unterscheiden.
Die Nazis sind ein Instrument des Rassismus. Wir alle wissen wie sie die Regierung 1993 bei der Abschaffung des Asylrechtes beeinflusst haben, indem sie Flüchtlingshäuser anzündeten und über ihre Arbeitslosigkeit sprachen. Das Nazi-Problem anzugehen bedeutet für uns mehr, als nur die Nazis auf der Straße zu bekämpfen. Wir müssen vor allem ihre Strategie im Auge haben, Gesetze mit ihren rassistischen Kampagnen zu beeinflussen.
Allein in Thüringen stehen uns bis zum Kongress etwa zehn Naziaufmärsche bevor. Wir wollen die Nazis weniger mit Gewalt bekämpfen, denn wir denken, dass Gewalt nicht weiterhelfen kann. Die Deutschen und die Regierung haben die Verantwortung, die Nazis zu bekämpfen und sie umzuerziehen - und nicht sie zu beschützen, wie sie es jetzt tun. Die Deutschen sollten verstehen, dass die Nazis ein Teil ihrer rassistischen Kultur sind. Die Deutschen tragen die Verantwortung; sie sollten in sich gehen und die Nazis als Verbrecher gegen die Menschlichkeit ansehen.

Interview und Übersetzung: Anke Schwarzer
http://www.akweb.de/ak_s/ak436/31.htm
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ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 438 / 11.5.2000
"Ein großer Schritt"
Erster Flüchtlingskongress hat in Jena getagt
Vom 20.April bis zum 1.Mai diskutierten TeilnehmerInnen des Kongresses "Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung" über mögliche Strategien, sich gegen die Menschenrechtsverletzungen bundesdeutscher Behörden zur Wehr zu setzen. Unterstützt von dem bundesweiten antirassistischen Netzwerk kein mensch ist illegal veranstaltete der städteübergreifende Zusammenschluss Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen die zwölftägige Tagung. Es war der erste Kongress in Deutschland, den Flüchtlinge selbst initiiert und organisiert haben.

Keiner linken Teilbereichsbewegung gelingt es derzeit, über 600 Menschen zu einem Kongress zu mobilisieren, der an seinem Ende auch noch konkrete Zukunftsplanungen für Aktionen und Kampagnen vorweisen kann. - Der Karawane-Kongress ist eine Ausnahme: In Jena versammelten sich täglich zwischen 200 und 250 Flüchtlinge, MigrantInnen und antirassistische Gruppen, um zu überlegen, wie sie der menschenverachtenden deutschen Flüchtlingspolitik Paroli bieten können. Verteilt über zwölf Tage besuchten insgesamt rund 600 TeilnehmerInnen aus etwa 40 Ländern den Kongress. Mit dieser Feststellung sollen die Beteiligten nun nicht zum neuen Hoffnungsträger gemacht werden, die das leisten sollen, was deutsche Linke zur Zeit kaum gebacken bekommen. Auch haben sich einige der TeilnehmerInnen bisher nicht politisch betätigt und es ist fraglich, wie viele von ihnen tatsächlich bei der Stange bleiben. Es wird sich noch erweisen müssen, wie groß der Schritt ist, den der Kongress für die Selbstorganisation der Flüchtlinge gemacht hat.

Auf jeden Fall hat der Kongress Beachtliches vorzuweisen. Die gute Resonanz verdankte der Kongress vor allem der Vorarbeit, die unter anderem Mitglieder der Organisation the Voice mit ihren Informationsreisen in zahlreiche Städte und deren Asylunterkünften geleistet haben. Über 1.000 Flüchtlinge hätten auf diese Weise von dem Kongress erfahren und ein Teil von ihnen sei auch tatsächlich nach Jena gekommen, sagt Cornelius Yufanyi von The Voice.

In erster Linie trafen sich in Jena Flüchtlinge aus Afrika sowie einige aus Lateinamerika, Asien und dem Nahen Osten. Asylsuchende aus Osteuropa, die die größte Flüchtlingsgruppe in Deutschland bilden, waren auf dem Kongress aber nur schwach vertreten. Der Kontakt zu ihnen beginne erst und sei recht schwierig, so der Kongressveranstalter Osaren Igbinoba.

Die Flüchtlinge in Jena tauschten ihre Erfahrungen aus, lernten sich kennen und planten Kampagnen, die auf ihre Situation aufmerksam machen sollen. Wichtiges Ziel war es, in Zukunft mit einer gemeinsamen, starken Stimme in der Öffentlichkeit aufzutreten. Größere Konflikte und Strategiestreitigkeiten blieben während der zehn Tage weitgehend aus.

Unter dem Motto "Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört" referierten Gäste aus Afrika, Asien und Lateinamerika über die wirtschaftliche und politische Situation ihrer Länder. Zum Beispiel schilderte Shamsun Nahar Khan von der Landarbeiterinnenorganisation Kishani Sabha aus Bangladesh ausführlich, wie die Lebensgrundlage der KleinbäuerInnen von Großgrundbesitzern und Saatgutkonzernen zerstört wird. Während einige der Referate fundierte Kenntnisse aufwiesen, kamen andere Vorträge sehr holzschnittartig daher. Behauptungen wurden aufgestellt, ohne sie zu begründen oder herzuleiten. Vor allem über Vorgänge in Afrika offenbarten sich große Informationslücken. Daraus haben die TeilnehmerInnen eine Konsequenz gezogen: Sie beschlossen, ein Informationsarchiv über Afrika aufzubauen, das darlegen soll, wie der Diamantenhandel, die Öl- und Phosphatgewinnung sowie der Abbau anderer Rohstoffe den Kontinent zerstört. Auch Dokumente über die Interessen von den USA, Großbritannien, Frankreich und anderen Staaten des Nordens, die die Grundsteine legen für Krieg und Armut, sollen dort archiviert werden.

Die ReferentInnen kritisierten auch die Zusammenarbeit europäischer Staaten mit den Ländern, in denen Menschenrechte verletzt werden - zum Beispiel Sri Lanka, Togo oder Türkei. Eine kritische Debatte über den westlichen Menschenrechtsdiskurs und die Instrumentalisierung von Menschenrechtsverletzungen für die Machtinteressen der Nato, die mit der Parole "Krieg für Menschenrechte" Jugoslawien bombardierte, fand jedoch nicht statt.
Frauen und Migration

Ein weiterer Schwerpunkt des Programms bildete die europaweite Vernetzung antirassistischer Initiativen. Der Erfahrungsaustausch mit VertreterInnen europäischer MigrantInnenorganisationen sei sehr ermutigend gewesen, so Hagen Kopp von kein mensch ist illegal. Sans Papiers aus Belgien und Frankreich, die britische Hausarbeiterinnengewerkschaft für MigrantInnen Kalayaan, Olho Vivo aus Portugal, das polnische Kollektiv Rozbrat aus Poznan, die Ya Basta-Gruppe aus Mailand und weitere Migrantinnenorganisationen arbeiten derzeit an einer europäischen Plattform zu Migration und Flüchtlingspolitik. Auch sollen gemeinsame Aktivitäten für den EU-Gegengipfel in Marseille im Dezember koordiniert werden.

Gegenstand des Kongresses war außerdem das Thema Frauen und Migration. Aus den Entscheidungen der Asylverfahren wird klar: Unterdrückung und Verfolgung von Frauen wegen ihres Geschlechtes gilt nicht als politisch und wird häufig als "kulturelle Differenz" gerechtfertigt. Das Bleiberecht von Frauen ist in der Regel an die Ehe mit einem Mann mit Aufenthaltsrecht gebunden und liefert sie damit seiner Willkür aus und auch die illegalisierten Hausarbeiterinnen werden leicht zum Opfer sexueller Gewalt und psychologischer wie körperlicher Ausbeutung. Auch der Kampf gegen die Kriminalisierung von Prostituierten durch Polizeirazzien, die stets mit der Gefahr einer Abschiebung verbunden sind, war Thema einer Arbeitsgruppe. Die Migrantinnen auf dem Kongress forderten neben eigenständigen Aufenthaltsrechten und der Anerkennung von Haus- und Sexarbeit als vollwertige Arbeit mit allen dazugehörigen sozialen Rechten auch, dass die spezifische Situation von Migrantinnen zu einem allgemeinen Thema der Karawane wird. Es sollen Umgangsformen entwickelt werden, die sicherstellen, dass Frauen innerhalb der Karawane keine sexistische Aggression und Diskriminierung hinnehmen müssen.

Die TeilnehmerInnen hatten nicht nur eine umfangreiche Themenpalette zu bewältigen. Auch die Übersetzung in fünf Sprachen erforderte große Geduld. Vor die größten Probleme gestellt sahen sich die VeranstalterInnen aber von den deutschen Behörden. Cornelius Yufanyi, einer der Veranstalter des Kongresses, schätzt, dass die Hälfte der Asylsuchenden, die nach Jena kommen wollten, an ihrer Reise gehindert wurden. Das Innenministerium Brandenburg hatte die Ausländerbehörden im Land aufgefordert, die Reisen nicht zu gestatten. "Die Teilnahme liegt weder in einem dringenden öffentlichen Interesse noch stellt die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte dar," hieß es dort. Auch in anderen Bundesländern wurde Asylsuchenden die Teilnahme verweigert. Grundlage für das Verbot ist die Aufenthaltsbeschränkung, der AsylbewerberInnen nach dem Asylverfahrensgesetz unterliegen. Demnach dürfen sie den Landkreis, in dem sie gemeldet sind, nicht verlassen. Gegen eine Gebühr können die Asylsuchenden in Ausnahmefällen eine Genehmigung für das Verlassen des Landkreises erhalten. Den Asylsuchenden, die ihren Landkreis ohne Genehmigung verlassen, drohen bei Polizeikontrollen Geldstrafen und Abschiebung. Der Fall von Josemaria Jones, Asylbewerber aus Sierra Leone, belegt, wie sehr den deutschen Behörden die politische Betätigung von Flüchtlingen ein Dorn im Auge ist. Weil Jones dreimal ohne Erlaubnis des Wartburgkreises in Thüringen in andere deutsche Städte reiste, um dort über das Karawaneprojekt zu informieren, hat er nun einen Ausweisungsbescheid erhalten. Die Behörde im Wartburgkreis ist der Meinung, dass die Reisen von Josemaria Jones "die öffentliche Sicherheit und Ordnung maßgeblich" beeinträchtigen. "Die Ausweisung aus generalpräventiven Gründen, also zur Abschreckung anderer Ausländer, ist nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann gerechtfertigt, wenn andere Ausländer zur Vermeidung der ihnen drohenden Ausweisung veranlasst werden, sich in der Bundesrepublik Deutschland ordnungsgemäß zu verhalten," begründet die Behörde ihre Entscheidung. Die Karawane sieht in dem Bescheid eine Drohung gegenüber allen Flüchtlingen, die sich in der Karawane organisieren und sich gegen die Bedingungen, denen sie hier ausgesetzt sind, wehren.

Die rasche Abschaffung der Reisebeschränkung ist ein zentrales Ziel des Kongresses, da im Rahmen der Harmonisierung des Asylrechtes in der Europäischen Union eine Ausbreitung dieser Regelung auf andere europäische Staaten droht.
Jetzt beginnt die Arbeit

"Die KongreßteilnehmerInnen erwarten von einem zivilisierten, entwickelten Land zumindest die Gewährleistung der grundlegendsten Rechte, wie das Recht auf Bewegungsfreiheit. Die TeilnehmerInnen des Kongreßes werden für dieses Recht eintreten, denn eine Karawane, die sich nicht bewegt, ist keine Karawane," heißt es in einer Erklärung. Während des Kongresses hat sich ein Ad hoc-Komitee gebildet, das Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen die Residenzpflicht, die die Flüchtlinge als Apartheid begreifen, vorbereitet. Für den 31. Juli ist eine bundesweite Demonstration in Bonn gegen die Residenzplicht anvisiert. Das Komitee plant auch einen Marsch der Flüchtlinge in die Hauptstadt Berlin und überlegt, juristisch gegen die Beschränkung der Freizügigkeit vorzugehen. Die Flüchtlinge wollen die "Residenzpflicht" vor den Europäischen Gerichtshof bringen.

Die zahlreichen, unterschiedlichen Formen von Aufenthalts- und Duldungsrechten erschweren gemeinsame politische Strategien und erhöhen die Gefahr, sich nur auf bestimmte Gruppen zu konzentrieren. So war die prekäre Situation von Illegalisierten, von denen sich nach Schätzungen über eine Million in Deutschland aufhalten, auf dem Kongress unterbelichtet. Dies schlägt sich auch darin nieder, dass es kaum Kampagnenüberlegungen gibt, die beispielsweise eine Legalisierung von Illegalisierten zum Ziel haben. Ein weiterer offener Punkt ist die Frage der Arbeitsgenehmigungen. Während einige Flüchtlinge eine uneingeschränkte Arbeitserlaubnis fordern, betonen andere, dass die Integration der Flüchtlinge und MigrantInnen in das ökonomische System in Europa gleichzusetzen sei mit einer Kollaboration mit den Profiteuren und Geschäftemachern, die die Länder des Südens ausplündern.

In einem Abschlussmanifest haben die KongreßteilnehmerInnen ihre Forderungen zusammengestellt: Neben der grundsätzlichen Forderung nach offenen Grenzen für alle wollen sie zunächst einen sofortigen Abschiebestopp und die Abschaffung aller Abschiebegefängnisse erreichen. Die Arbeitsgruppe zu politischen Gefangenen weltweit schlug vor, auch Abschiebehäftlinge als politische Gefangene zu bezeichnen. Auch ein generelles Recht auf Asyl und die freie Wahl des Wohnortes steht im Forderungskatalog. Die Flüchtlinge haben aber während des Kongresses nicht nur ihre Forderungen formuliert. Vielfältige Aktionen und Kampagnen sind ins Auge gefasst: Neben der Kampagne zur Abschaffung der Residenzpflicht, soll die Lufthansa-Kampagne verstärkt werden, Gegenöffentlichkeitsaktionen an den Ländertagen auf der Expo in Hannover und "urgent-actions" gegen Abschiebungen stattfinden. Weiterhin wird sich die Karawane in einem kleineren Kreis treffen und für Ende August ist ein Grenzcamp geplant.

Am Ende des Kongresses herrschte trotz aller Erschöpfung Aufbruchstimmung. Osaren Igbinoba von The Voice ist der Meinung, dass mit dem Kongress die Selbstorganisation von Flüchtlingen einen großen Schritt vorangekommen ist. Allerdings fange jetzt die Arbeit erst richtig an.

Anke Schwarzer
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Riskante Reisen
Interview mit Cornelius Yufanyi über die Residenzpflicht und seinen Prozess
Cornelius Yufanyi ist Asylbewerber aus Kamerun und aktiv in der Flüchtlingsorganisation The Voice Africa Forum und der Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen. Obwohl er Hauptorganisator des Flüchtlingkongresses in Jena im April dieses Jahres war, verweigerte ihm die Ausländerbehörde des Landkreises Eichsfeld die Erlaubnis, an dem Kongress teilzunehmen. Cornelius Yufanyi reiste trotzdem nach Jena.
Nun steht er am 12. Oktober in Worbis bei Göttingen vor Gericht. Er ist angeklagt, gegen die Residenzpflicht verstoßen zu haben und soll eine Strafe von rund 600 Mark zahlen.

Warum stehst Du am 12. Oktober vor Gericht?

Ich habe mehrmals gegen die Residenzpflicht verstoßen. Nachdem ich einige Male keine Genehmigung für eine Reise erhalten habe, frage ich jetzt nicht mehr um Erlaubnis. Ich weigere mich auch, die Bußgelder zu bezahlen.

Während des Kongresses in Jena habe ich der Tageszeitung Thüringer Allgemeine ein Interview über den Kongress und meine Kritik an der deutschen Asylpolitik gegeben. Diesen Artikel kopierte ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde Eichsfeld und schickte ihn zur Polizei, die mich daraufhin zu einer Befragung einlud. Da ich nicht bereit bin, wegen Verlassens des Landkreises eine Strafe zu zahlen, muss ich jetzt vor das Gericht.

Was erwartest Du Dir von dem Prozess und Deiner Weigerung, das Bußgeld zu bezahlen?

Ich habe mich entschieden, keinen Pfennig für meine Bewegungsfreiheit zu zahlen. Mittlerweile habe ich auch einen Anwalt gefunden, der den Fall politisch führen will.

Wir wollen dem Gericht sagen, dass ich tatsächlich in Jena war, dass ich auch an anderen Orten war und dass ich auch weiterhin in anderen Orten mich aufhalten möchte, ohne nach einer Erlaubnis fragen zu müssen. Wir werden sagen, dass es mein Recht ist, mich politisch zu engagieren und dass es mein Recht ist, mich frei bewegen zu können.

Ich suche in Deutschland Schutz, weil ich in Kamerun politisch verfolgt werde. Wir werden argumentieren, dass mich die Asylgesetze hier nicht davon abhalten dürfen, mich in Deutschland politisch zu engagieren.

Zu erwarten habe ich laut meines Anwaltes entweder einen Ausweisungsbescheid oder eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe von etwa 5000 DM.

Vielleicht brauchen wir eine Art Opfer, einen exponierten Flüchtling, um das Problem deutlich zu machen und um die Residenzpflicht zu bekämpfen.

Siehst Du in der Residenzpflicht auch ein Mittel der Behörden, Flüchtlinge, die sich politisch engagieren, einzuschüchtern?

Der Fall des Aktivisten Jose Maria Jones, dem wegen der Verletzung der Residenzpflicht die Ausweisung droht, machte uns deutlich, dass wir sogar von Abschiebung bedroht sein können, und dass die Residenzpflicht insbesondere die politisch Aktiven bedroht, die viel reisen, um mit anderen Flüchtlingen Kontakt aufzunehmen.

Die Behörden suchen - wie in meinem Fall - nach Möglichkeiten, die Leute, die an der Spitze der Kampagne stehen, zu bestrafen, um die anderen Flüchtlinge einzuschüchtern und davon abzuhalten, ebenfalls offensiv mit den Geldstrafen umzugehen.

Wird die Residenzpflicht in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt?

Ja, es gibt Unterschiede, aber das Gesetz ist überall das gleiche. Das Gesetz wird von verschiedenen Personen ausgeführt, die das Gesetz unterschiedlich handhaben. Es gibt Bundesländer oder auch einzelne Ausländerbehörden wie zum Beispiel die im Wartburgkreis, bei der Flüchtlinge 15 DM zahlen müssen, damit sie überhaupt die Erlaubnis bekommen, den Kreis verlassen zu dürfen.

In den westlichen Bundesländern, zum Beispiel im Kreis Hannover oder Hamburg, ist das Gebiet, in dem sich die Asylsuchenden bewegen können, etwas größer. In Thüringen aber gibt es sehr viele, sehr kleine Landkreise. Deshalb ist es im Westen auch schwieriger, für die Residenzpflichtkampagne zu mobilisieren, da die Flüchtlinge dort in der Regel ein größeres Gebiet haben, in dem sie sich bewegen können, und es länger dauert, bis sie dieses Gebiet verlassen. Auch hier sind es vor allem die politisch Aktiven, die die Landkreisregelung brechen, da sie in andere Teile Deutschlands, zum Beispiel zu bundesweiten Treffen, reisen müssen.

Der Kongress in Jena im April dieses Jahres war auch der Startschuss für die Kampagne gegen die Residenzpflicht. Welche Aktionen wurden bislang durchgeführt?

Am 8. Juli hat die Karawane in verschiedenen Städten Bahnhofsaktionen und Fahrraddemonstrationen, bei denen Landkreisgrenzen übertreten wurden, durchgeführt. Jetzt verstärken wir die Mobilisierung, vor allem für die Demonstration in Hannover am 3. Oktober. Am Tag der deutschen Wiedervereinigung, werden wir darauf hinweisen, dass in Deutschland Menschen leben, die nicht einmal ihren Landkreis verlassen dürfen.

Habt Ihr auch Bündnispartner gewonnen und gab es bereits Reaktionen auf die Kampagne, irgendwelche positiven Entwicklungen?

Die Kampagne läuft etwas schleppend. Es gibt immer noch deutsche Gruppen, die zwar sehr engagiert sind, die aber die Residenzpflicht für nicht so wichtig erachten. Es dauert sehr lange, sie davon zu überzeugen.

Pro Asyl und der Flüchtlingsrat in Thüringen unterstützen uns mittlerweile in verschiedener Hinsicht. Der Flüchtlingsrat hatte auch angeboten, meine Geldstrafe zu übernehmen, aber ich wollte das Geld nicht annehmen. Das das Zahlen der Geldstrafe normalisiert das Problem.

Ich kann keine 5000 DM zahlen. Ich könnte zwar zu verschiedenen deutschen Unterstützer-Gruppen gehen und das Geld sammeln, aber es löst nicht das eigentliche Problem. Ein anderer Flüchtling hat vielleicht nicht die Möglichkeit, an Geld zu kommen, so wie ich als exponierte Person. Sie haben nicht einmal die 20 DM, um das Bußgeld zu bezahlen. Diejenigen, die keinen Kontakt zu einem Flüchtlingsrat haben und nicht politisch engagiert sind, werden dann weiterhin unter dieser Regelung leiden.

Viele andere Asylsuchende warten noch ab oder fürchten sich davor, was ihnen wohl passieren wird, wenn sie irgendwo kontrolliert werden und sich dann weigern, ein Strafgeld zu bezahlen. Ein Problem für die Kampagne ist auch, dass sich Asylberechtigte, die bereits ihre Papiere haben, nicht so leicht mobilisieren lassen, da sie von der Residenzpflicht nicht mehr betroffen sind.

Wenn wir für den Prozess viel Unterstützung von außen erfahren, könnte unser Verhalten ein Beispiel sein, dem andere Flüchtlinge folgen würden. Wir haben vor, notfalls durch alle Instanzen zu gehen - auch bis zum Europäischen Gerichtshof. Wir wissen, dass es selbst vor dem Bundesverfassungsgericht sehr wahrscheinlich eine negative Antwort in dieser Frage geben wird, deshalb bereiten wir uns jetzt schon vor, den Fall bis zum Europäischen Gerichtshof zu bringen.

Eng verbunden mit der Residenzpflicht ist das Problem rassistischer Kontrollen vor allen an Bahnhöfen, in Zügen, in denen das "Schöne-Wochenende-Ticket" gilt, und an Autobahn-Raststätten. Will die Kampagne auch gegen diese Kontrollen vorgehen?

Um die rassistischen Kontrollen zu verhindern müssen wir die entsprechenden Gesetze bekämpfen. Es gibt einige rassistische Gesetze in Deutschland und diese müssen wir benennen und öffentlich kritisiern - zum Beispiel die Residenzpflicht. Die Polizeikontrollen sind direkt damit verbunden, sei es im Bahnhof oder bei einer Polizeirazzia in dem Asylheim, in dem ich zum Beispiel gerade einen Freund besuche.

Es ist aber wichtig zu betonen, dass die Kontrollen an sich rassistisch sind. Die Polizei, die sozusagen das Gesetz repräsentiert, macht ihre normale Arbeit und diese Arbeit ist rassistisch.

Das Herauspicken von Ausländern an Bahnhöfen und Raststätten ist ein rassistischer Akt. Wir kritisieren diese Kontrollen, gleichzeitig wollen wir aber die Residenzpflichtkampagne verstärken und betonen, dass wir diese rassistischen Gesetze nicht befolgen. Und wenn jeder Flüchtling diese Gesetze bricht, werden sie nutzlos.

Leicht ist das nicht. Auch wenn uns Deutsche unterstützen wollen, können sie bestraft werden. Wenn du andere unterstützt, die das Gesetz brechen wollen, droht auch dir eine Strafe. Zum Beispiel wurden diejenigen, die im Kosovokrieg zur Desertion aufgerufen haben, deshalb vor Gericht gestellt.

Aber wenn auch die Deutschen aufstehen und die Flüchtlinge darin unterstützen, die rassistischen Gesetze zu brechen und sich auch selbst an der Kampagne beteiligen, kann dies sehr wirksam sein, um die rassistischen Gesetze abzuschaffen. Auch wenn ein Deutscher beobachtet, wie ein Ausländer am Bahnhof von der Polizei kontrolliert wird, sollte er fragen, warum gerade der Ausländer kontrolliert wird und nicht andere Deutsche - das wäre schon einmal eine kleine Hilfe.

In was für einem Licht siehst Du die derzeitige Diskussion über rechte Gewalt in Deutschland?

Was in den Medien darüber gesprochen wird, könnte man als ein Spiel zwischen Katze und Hund beschreiben. Der Hund versucht die Katze zu fangen und die Katze den Hund. Aber wir wissen alle, dass der Hund niemals die Katze fangen wird und umgekehrt. Die Ratte, die sowohl vor dem Hund als auch vor der Katze Angst hat, wird natürlich nie erwähnt. So fühlen sich die Flüchtlinge; sie sehen sich in der Rolle der Ratte.

Die Politiker fällen Entscheidungen und rufen nach Verboten. Niemand aber hat uns, Flüchtlinge und Migranten, nach unserer Meinung gefragt. Das Ziel von The Voice und der Karawane ist es, Rassismus und Rechtsradikalismus zu bekämpfen. Weil ich als ein Vertreter von The Voice gegen Rassismus kämpfe, werde ich nun angeklagt. Da ist doch etwas faul.

Einmal wurde ich von Nazis in Jena angegriffen; in meiner Not konnte ich aber nicht die Polizei verständigen, da ich mich ohne Erlaubnis in Jena aufhielt. Statt geschützt zu werden wäre ich nur kontrolliert und bestraft worden. Die Gesetze machen uns Flüchtlinge schwach und so sehen uns auch die Deutschen. Diese Gesetze sind der Nährboden für die rechte Gewalt.

Was erwartest Du von deutschen Unterstützergruppen?

Leider ist es sehr schwierig, die deutschen Organisationen, die Flüchtlinge unterstützen, von unserem Anliegen zu überzeugen. Man denke an die Caritas, die Diakonie, an die Kirchen, sie könnten eine starke Kraft sein. Auch die Berichterstattung in den Medien ist wichtig.

Eine andere Sache ist die finanzielle Unterstützung für den Solifonds, um die Rechtsanwälte zu bezahlen. Natürlich brauchen wir auch politische Unterstützung von fortschrittlichen Parteien und Organisationen. Wir erhoffen uns große Unterstützung - finanziell, ideell und materiell, v.a. wenn Flüchtlinge in akuter Gefahr sind. Ich kann natürlich nicht diktieren wie die Hilfe aussehen soll.

Es gibt vielfältige Möglichkeiten. Zum Beispiel der Prozess in Worbis. Wenn vielleicht 200 Deutsche zum Prozess kommen würden und dem Richter deutlich machen, daß sie gegen die Residenzpflicht sind und mich bis zum Europäischen Gerichtshof begleiten, dann würde vielleicht auch die deutsche Öffentlichkeit davon erfahren. Die Regierung müsste sich dazu verhalten. Wir erwarten von der Regierung wirklich keine großartigen Veränderungen, aber das Engagement der Deutschen wird eine sehr wichtige Rolle spielen für die Abschaffung der Residenzpflicht.

Interview: Anke Schwarzer
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ZAG 35 – antirassistische Zeitschrift / Berlin 2000 S. 5-7

Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung
In Jena fand von 20. April bis 1. Mai der Karawane-Kongreß für die Rechte von
Flüchtlingen und MigrantInnen statt. Die Karawane setzt sich aus unterschiedlichen
Menschenrechtsgruppen und verschiedenen Flüchtlingsräten zusammen. Bei
diesem ersten Kongreß dieser Art nahmen Delegierte aus über 40 verschiedenen
Ländern aus Lateinamerika, Afrika, Mittel Osten und Asien teil. Besucht haben den
Kongreß insgesamt etwa 600 Menschen. Die Tage waren in verschiedene
Themenschwerpunkte gegliedert, mit einem Tag für Abschlußresolutionen und
Manifesten endete der Kongreß am 1. Mai in einer Kundgebungsdemo in Zusammenarbeit mit dem DGB Ostthüringen, wo die zuvor erarbeiteten Resultate der Öffentlichkeit präsentiert wurden.

Zu Beginn des Kongresses wurden wir damit konfrontiert, daß viele Flüchtlinge, die an diesem Kongress teilnehmen wollten, durch die Bestimmung der Residenzpflicht
davon abgehalten wurden. Trotz eines Schreibens der Bundesausländerbeauftragten Marie-Luise Beck, das den Ausländerbehörden empfahl, die Teilnahme an dem
überaus wichtigen Flüchtlingskongress in Jena zu gestatten, verweigerten viele Ausländerämter die Reisegenehmigung - zum Teil verbunden mit
Einschüchterungsversuchen, Starfandrohungen wie der Drohung, daß eine Teilnahme am Kongress die Abschiebung beschleunigen würde. In Rathenow und
Cottbus lag den Ausländerbehörden sogar ein Rundbrief des Brandenburger Innenministeriums vor, mit dem sie aufgefordert wurden, keine Erlaubnis für eine
Teilnahme auszustellen.

Dieses Gesetz der Residenzpflicht, daß seit 1982 Asylsuchenden in Deutschland untersagt, den Landkreis in dem sie leben, ohne Erlaubnis der zuständigen
Ausländerbehörde zu verlassen, existiert europaweit lediglich in Deutschland und drückt exemplarisch die extreme Art der Behandlung von Flüchtlingen in Deutschland aus. Es stellt eine gravierende Verletzung menschlicher Grundrechte dar und wird von uns KongressteilnehmerInnen als Form von politischer Verfolgung betrachtet, da Flüchtlinge ihrer Rechte beraubt sind, sich frei zu bewegen und sich politisch
auszudrücken. Die Karawane bedeutet, wie der Name schon sagt, Bewegung. Daher wurde von Beginn des Kongresses an eine Kampagne mit der Forderung nach Aufhebung der Residenzpflicht entwickelt. Eine Serie von bundesweit koordinierten Protestaktivitäten wird ihren Höhepunkt am 3. Oktober, am Tag der Wiedervereinigung Deutschlands finden, an dem die Karawane mit einer Kampagne
des zivilen Ungehorsams international die Aufmerksamkeit auf die scheinbar unsichtbaren Menschenrechtsverletzungen in Deutschland lenken wird. Aktivitäten, Faxkampagnen und Demonstrationen vor diversen deutschen Botschaften innerhalb
und außerhalb Europas versichern eine internationale Öffentlichkeit für unsere Kampagne.

Die TeilnehmerInnen des Kongresses haben sich entschieden, einen unmißverständlichen Brief an die deutsche Regierung in Berlin zu schreiben, in dem
ZAG 35 – antirassistische Zeitschrift / Berlin 2000 S. 5-7 die Aufhebung der Residenzpflicht gefordert wird und der die verantwortlichen Politiker darüber informiert, daß die Karawane eine friedliche, würdevolle aber
dennoch kräftige Kampagne gegen dieses Gesetz beginnt, die solange andauert, bis die Residenzpflicht abgeschafft wird.
“Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört”
Der Slogan “Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört” drückt eine der zentralen Positionen der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen aus, denn die Probleme, mit denen Flüchtlinge konfrontiert sind, haben zwei Gesichter.
Auf der einen Seite müssen wir uns den Abschiebungen, den rassistischen Behandlungen und der sozialen Ausgrenzung hier in Deutschland entgegenstellen
und auf der anderen Seite dürfen die Augen auch nicht davor verschlossen werden, was eigentlich die großen Migrationswellen unserer Zeit ausgelöst hat und immer
noch auslöst. Die deutsche Regierung führt den Kampf für ein Europa an, in dem die Grenzen für politische Flüchtlinge geschlossen werden. Otto Schily argumentiert,
daß die Asylgesetze an sich veraltet und unnötig sind, da die neo-liberale Wirtschaft begleitet wird von einer Einführung liberaler Politik in der ganzen Welt. Diktaturen und Menschenrechtsverletzungen in den Ländern aus denen wir kommen, würden folglich nach und nach verschwinden.

Die SprecherInnen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und dem Mittleren Osten stellten
in ihren Berichten das genaue Gegenteil dar – mit der freien Marktwirtschaft ist die
Zerstörung unserer Heimatländer angewachsen.

Für die Flüchtlinge wird die EXPO 2000 eine verstörende Erfahrung werden. “Die Regime aus denen wir fliehen mußten, sei es Nigeria oder Nepal, ... werden sich als
Demokratien ausgeben und eine Menge Wirtschaftsverträge werden dort abgeschlossen werden.” Auf dem Karawane-Kongress wurde beschlossen, daß an den speziellen Ländertagen die Flüchtlinge aus den jeweiligen Ländern mit Unterstützung der gesamten Karawane das Licht auf ihre Fluchtgründe lenken werden, um zu zeigen, das nicht alles Gold ist, was auf der Expo glänzt.
Darüberhinaus soll ein Informations- und Archivbüro zu einzelnen Ländersituationen eingerichtet werden.

Behandelt wurde an diesen Tagen ebenfalls die Thematik von politischen Gefangenen. Unter diesen Begriff fallen nicht nur der Teil der Flüchtlinge, die in ihren
Herkunftsländern gegen die dortigen Regime aktiv waren, sondern auch die Flüchtlinge hier, die vom deutschen Staat kriminalisiert werden oder mit Abschiebehaft bedroht sind. In diesem Kontext ebenfalls thematisiert wurde die Isolationshaft, die in Deutschland entwickelt wurde und nun in vielen Ländern, vor allem der Türkei, die blutige Folter ersetzt.

ZAG 35 – antirassistische Zeitschrift / Berlin 2000 S. 5-7

“Festung Europa”
Die Vereinheitlichung und Verschärfung der europäischen Migrations- und Asylpolitik zielt mittlerweile auch direkt auf die Herkunftsländer. Entsprechend der EU Aktionspläne

werden alle ökonomischen und politischen Mittel eingesetzt, um die Herkunfts- und Transitstaaten in die Zerschlagung der Fluchtwege einzubinden und
Rückübernahmeabkommen zu erzwingen.
Die Bekämpfung der sogenannten illegalen Migration, die Koordinierung der Abschiebemaßnahmen und eine zunehmende Entrechtung prägen die Lebensbedingungen von Flüchtlingen und Nicht-EU-MigrantInnen in ganz Europa.
Vor diesem Hintergrund waren auf dem Kongreß Delegationen von Selbstorganisationen aus zehn europäischen Ländern eingeladen. Übereinstimmend
wurde die Notwendigkeit betont, gemeinsam der weiteren Formierung der Festung entgegenzutreten. Ein erster Schritt besteht in der Ausarbeitung eines europäischen
Manifestes für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, das im kommenden Herbst, im Rahmen von Aktivitäten zur französischen Präsidentschaft, fertiggestellt wird. Gemeinsame Kampagnen gegen die an Abschiebungen beteiligten Fluggesellschaften wurden bereits gestartet. Und schließlich sind für den
kommenden Sommer mehrere, gleichzeitige Aktionscamp an den Außengrenzen der Festung Europa in Vorbereitung. Hier richtet sich der Protest unmittelbar gegen ein
barbarisches Grenzregime, das europaweit Tausende von Todesopfern, vor allem ertrunkene Flüchtlinge im Mittelmeer, zu verantworten hat.

Soziale Ausgrenzung, Rassismus und Faschismus
Das Plenum und die Arbeitsgruppen zu diesem Thema gaben eine detailierte Analyse der behördlich angeordneten permanenten Polizeikontrollen von Flüchtlingen und MigrantInnen als direktes Ergebnis des rassistischen
Asylbewerberleistungsgesetzes. Ungerechtfertigte Verhaftungen, Verfolgung und Mißhandlungen wurden dokumentiert und diskutiert. Der Kongress hat deshalb
beschlossen, eine Reihe von Aktionen durchzuführen, einschließlich Demonstrationen in Bahnhöfen, um diese Übergriffe öffentlich zu machen.
Polizeikontrollen und behördlicher Rassismus sollen mittels umfassender Fragebögen dokumentiert werden.

Projekt X in Braunschweig und Oldenburg und diverse Kasernierungslager erinnern an ein Stück deutsche Geschichte, die sich von der Öffentlichkeit nahezu
unbeobachtet wieder breit macht. Internationale Delegationen der Karawane besuchten in diesem kontext das Konzentrationslager in Buchenwald, das Abschiebegefängnis in Untermaßfeld und ein Kasernierungslager in Ansbach/Mittelfranken.

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Frauen und Flucht/Migration
Der Begriff des individuell politisch Verfolgten, wie er im deutschen Asylrecht vorkommt ist ein Konstrukt, das Frauen und ihre spezifischen Gründe zur
Auswanderung meistens ausschließt. Wenn Frauen ihre Länder verlassen, weil sie als Frauen verfolgt sind - etwa durch sexuelle Gewalt oder durch sexistisch
diskriminerende Gesetze - ist diese Unterdrückung politisch und darf nicht als “kulturelle Differenz” gerechtfertigt werden.
Beispielsweise berichteten iranische Frauen, daß im Zuge der Annäherung Deutschlands an die islamische Republik Iran, die Menschenrechtssituation im Iran zunehmend beschönigt und die systematische Unterdrückung der Frauen ignoriert wird, obwohl sich an der islamistischen Gesetzgebung nichts verändert hat. So ist beispielsweise Auspeitschung wegen unvollständiger Verschleierung oder Steinigung von Frauen wegen außerehelicher sexueller Kontakte nach wie vor geltendes Recht.
Gleichzeitig ebnet die Legitimierungspropaganda den Weg für die Massenabschiebungen von Flüchtlingsfrauen an Ihre Peiniger.
Die Notwendigkeit der Zwangsverschleierung auch in Deutschland ist der Beweis für die Unterdrückung aller Frauen im Iran. Daher darf keine Frau in den Iran
abgeschoben werden!

Ein weiterer Themenkomplex an diesem Tag war die Apartheid in der deutschen Familienpolitik und wie der deutsche Staat mit allen Mitteln versucht, Ehen mit
ausländischen Partnern zu verhindern. Eine schon im Vorfeld des Kongreß’ gestartete Kampagne steht für Familienzusammenführung und ein Bleiberecht für
FlüchtlingsehepartnerInnen.

Gemeinsam gegen Abschiebungen
Abschiebung an sich stellt eine eklatante Menschenrechtsverletzung dar, nicht nur weil durch diese Flüchtlinge, die vor Folter und Tod geflohen sind, in zynischer Weise ihren Verfolgern ausgehändigt werden, sondern weil diese ausführend dazu beitragen, den Spalt zwischen den reichen westlichen Industrieländern und dem
Trikont zu vergrößern und unüberwindliche Grenzen zu ziehen. Auf dem Kongress wurden Beispiele gegeben, wie Flüchtlinge und illegalisierte Personen tagtäglich von
der drohenden Abschiebung terrorisiert werden. Deutsche Behörden und die Botschaften der Herkunftsländer kollaborieren, um Personen, die um ihr Überleben
und für ihre Menschenrechte kämpfen, duch z.T. Massenabschiebungen loszuwerden. Es wurden Strategien für den Kampf gegen Abschiebungen entworfen und beraten, wie bereits initiierte Kampagnen unterstützt werden können.
Auch Aktionen auf Flughäfen gegen die Lufthansa werden stattfinden, an denen sich die Karawane beteiligt, mit der Forderung, daß die Lufthansa keine Abschiebungen
mehr durchführt.

ZAG 35 – antirassistische Zeitschrift / Berlin 2000 S. 5-7
Kurden aus dem “Wanderkirchenasyl” berichteten von ihrem langzeitigen Kampf für ein Bleiberecht und ihrer Probleme damit, daß die Nordrhein-Westfälische
Landesregierung lediglich die Prüfung individueller Fälle zusagte, sich jedoch weigert, alle sich zum Teil schon seit Jahren im "Wanderkirchenasyl" befindlichen
Personen zu legalisieren. Der Karawanekongreß beschloß eine internationale Delegation zum “Wanderkirchenasyl” zu schicken, um mit den Betroffenen über ihre Probleme und Forderungen zu sprechen, und um gemeinsam Lösungsansätze zur Umsetzung ihrer Forderungen zu entwickeln.

Auf dem Kongress gab es viele Flüchtlinge, die direkt von Abschiebungen in Länder, in denen ihr Leben in Gefahr ist, bedroht sind. Vielen AktivistInnen der Karawane droht die Abschiebung, obwohl sie wegen ihrer politischen Aktivitäten hier und vor ihrer Flucht, in ihren Herkunftsländern großen Gefahren ausgesetzt sind. Dringende Aktionen wie Unterschriftensammlungen, Fax-Kampagnen und Briefe an die Behörden, wurden initiiert, um diese Personen zu unterstüzen.

Kerstin Gierth und Cornelius Yufanyi (The VOICE Africa Forum)

Anm. d. Red.: Mittlerweile sind gegen Veranstaltende und TeilnehmerInnen
Ermittlungen wegen Verstoß gegen oben erwähnter Residenzpflicht eingeleitet
worden.
http://www.zag-berlin.de/antirassismus/archiv/pdf/zag35/10kongres.pdf

Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung

Abschaffung der (Residenzpflicht) Gesetze zur Landkreisbeschränkung für Flüchtlinge in Deutschland

Programm für den Kongreß der Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen

vom 20.April bis 1. Mai 2000 in der FS Universität Jena, Carl Zeiss Str. 3, Ernst-Abbe Platz.

Das zehntägige Programm gliedert sich entlang thematischer Schwerpunkte, deren Vorbereitung von Karawanegruppen aus verschiedenen Städten koordiniert wird. Das Programm beginnt jeweils um 9.00 Uhr morgens mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse vom Vortag. Danach werden in der Regel am Vormittag zentrale Redebeiträge in die Themen und praktischen Kampagnen einführen sowie auch Thesen zur Diskussion stellen. An den Nachmittagen sind dann weiterführende Arbeitsgruppen geplant.

Die vorliegende Aufstellung dient als Rahmenprogramm. Es soll Raum bleiben für spontane bzw. sich aus der Kongreßdynamik ergebende, inhaltliche Beiträge und Fragestellungen, die es allen TeilnehmerInnen ermöglicht, aktiv an der Gestaltung des Kongresses mitzuwirken.
(Die Zeitangaben für das Programm orientieren sich auch an den geplanten Essenszeiten: Frühstück beginnt um 7.30 bis 9.00 Uhr, Mittagessen gibt es von 12.30 bis 14.00 Uhr und Abendessen zwischen 18.30 und 20.00 Uhr. Weitere Pausen sind entsprechend der jeweiligen Situation in den Arbeitsgruppen abzusprechen. Zumindest die Nutzung der Räumlichkeiten in der Universität ist bis 22.00 Uhr begrenzt).

Donnerstag, 20. April 20 Uhr Eröffnungsveranstaltung

The Voice Africa Forum/Jena und Internationaler Menschenrechtsverein/Bremen: "Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung" - zum Hintergrund und den Zielsetzungen des Karawanekongresses und der Abschaffung der deutschen Landkreisbeschränkung für Flüchtlinge

Peter Clausing: Menschenrechte - Mißbrauch und Mißachtung in Europa
aktualisierter Überblick über das Programm

Freitag, 21. April "Wir sind hier, weil Ihr unsere Länder zerstört" (Teil 1)

9.30 bis 12.30 Uhr: Globalisierung, Neoliberalismus und Menschenrechtsverletzungen aus dem Blickwinkel des Südens; soziale Bewegungen im Widerstand und ihre internationale Vernetzung

Einführungsbeiträge von VertreterInnen aus verschiedenen Kontinenten:
Bonny Ibhawoh/Nigeria: Neokolonialismus und die Zerstörung Afrikas durch multinationale Konzerne

Mario Morales/Chile: Die Geburt des Neoliberalismus in Lateinamerika

H. Gerger/Kurdistan: Geopolitische Machtinteressen im Nahen Osten Beschränkung der freien Bewegung von Flüchtlingen (Residenzpflicht) und internationales Recht. Eine völkerrechtliche Bewertung

14.00 bis 18.30 Uhr: Diskussionen in Arbeitsgruppen u.a. auch Zum Kampf für die Freiheit politischer Gefangener weltweit Zum internationalen Kampf für Bewegungsfreiheit und zur Situation von Flüchtlingen in Deutschland Zur Zerstörung der Kultur und dem Kampf um unsere Rechte Maquiladores, multinationale Übereinkommen zu freien Märkten und die Ausbeutung der Arbeit
• Geopolitische Strategien des Imperialismus
• Die Welt internationaler Finanzierung und wie sie funktioniert
• Soziale Bewegungen und ihre Netzwerke; der Kampf der Zivilbevölkerung
20.00 bis 22.00 Uhr: Diskussionsrunden zu den geplanten Gegenaktivitäten zur Expo 2000 in Hannover

Samstag, 22.April "Wir sind hier, weil Ihr unsere Länder zerstört" (Teil 2)
9.30 bis 12.30 Uhr: Einführungsbeiträge u.a. mit:

Calixto AÔ apa – Vertreter der CONAIE/ Ecuador: Der Aufstand in Ecuador gegen die Dollarisierung der Wirtschaft

Josephine Odumakin Okei -Campaign for Democracy/Nigeria: Kampf um die Menschenrechte in Afrika

14.00 bis 18.30 Uhr: Diskussionen in Arbeitsgruppen, u. a. auch zum Kampf für Land und dessen Auswirkungen auf Migration.

National Alliance of Peoples Movements – Indien: Konsequenzen des Neoliberalismus auf dem indischen Subkontinent

20.00 bis 22.00 Uhr: Abschlußplenum zum Themenkomplex "Wir sind hier, weil Ihr unsere Länder zerstört".

Kontakt und weitere Information:
Internationaler Menschenrechtsverein, Wachmannstr. 81,
D - 28209 Bremen , E-mail: mail@humanrights.de
Tel.: 0049-421-5577093, Fax: 0049-421-5577094 AG Chiapas, Lange Geismar Str. 73, D - 37073 Göttingen
Tel.: 0049-551-58894 Fax: 0049-551-58898,
E-mail: ag_chiapas@hotmail.com

Sonntag, 23.April "Festung Europa und die internationale Organisierung der Sans Papiers" (Teil 1)

9.30 bis 11 Uhr Einführungsbeiträge:

Karawanekomitee Hanau: Globalisierung, Festung Europa und der Arbeitsmarkt
Omeheira Lopez, Border Documentation Center –Reynosa/Mexiko: Grenzregime und Ausbeutungsgefälle zwischen USA und Mexico
Katrin Mc Gauran, Statewatch – London/GB: Aktuelle Entwicklungen in der restriktiven Vereinheitlichung der europäischen Asyl- und Migrationspolitik (EU-Aktionspläne, Vorverlagerung der Abschottung, neue Abschiebestrategien)

11 bis 12.30 Uhr und –nach der Mittagspause- von 14 bis 18.30 Uhr: Länderberichte:
Frankreich: Sans Papiers, Nationale Koordination Paris
Italien: Ya Basta-Gruppe aus Mailand
Belgien: Sans Papier Kollektiv aus Brüssel
Großbritannien: Anti-Abschiebungsinitiativen und Kalayaan (HausarbeiterInnengewerkschaft für MigrantInnen)
Niederlande: Selbstorganisation der sog. "weißen Illegalen" • Portugal: Olho Vivo aus Lissabon
• Österreich: Für eine Welt ohne Rassismus aus Wien
• Spanien: Marokkanische ImmigrantInnen von El Ejido
• Polen: Kollektiv Rozbrat aus Poznan
• Schweiz: Refugium Zürich
• BRD: Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen

20.00 bis 22.00 Uhr: Diskussionsrunden u.a.:

zur Situation an der US-mexikanischen Grenze
zu Erfahrungen mit Legalisierungsprogrammen in Europa (Portugal, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien)

Filme zu antirassistischen Kämpfen in Europa

Montag, 24.April "Festung Europa und die internationale Organisierung der Sans Papiers" (Teil 2)

9.30 bis 11 Uhr: Vorstellung europäischer Vernetzungsprojekte:

RESPECT: Netzwerk von HausarbeiterInnen, Bericht von Kalayaan "No Border": Netzwerk von Unterstützungsgruppen und antirassistischen AktivistInnen
"For an open Europe": Konferenzen von Paris über Amsterdam nach Jena... Forderungen und Perspektiven eines von den Sans Papiers initiierten Netzwerkes.
11.00 bis 12.30 Uhr und 14.00 bis 18.30 Uhr
Arbeitsgruppen mit konkreten Vorschlägen für gemeinsame Aktionen und Kampagnen, u.a. zu:
1. Mai (und die Erarbeitung eines europäischen Manifestes)

Grenzcamps in Polen, Italien, Deutschland.. in USA/Mexico; Kampagnen gegen Fluggesellschaften, die in Abschiebungen verwickelt sind (vorbereitet von "No Border"- Gruppen)

Gemeinsame Mobilisierung zur französischen EU-Präsidentschaft, beginnend am 1.7.2000, mit einem zentralen Gipfeltreffen im Dezember in Paris (vorbereitet von Sans Papiers aus Paris)
Tour von Flüchtlingen in Europa für eine Öffnung der Grenzen und Demonstrationen gegen die Beschränkung von Flüchtlingen auf einen Landkreis (die lokalen Polizeidistrikte; durch die sog. "Residenzpflicht") in Deutschland
20.00 bis 22.00 Uhr: Abschlußplenum zum Themenkomplex "Festung Europa"

Kontakt und weitere Information: Karawane Komitee, Metzgerstr.8, D-63450 Hanau
Tel.: 0049-172-6688454, Fax: 0049-6181-184892, E-mail: AG3F@OLN.comlink.apc.org,

Dienstag, 25. April

(Besuch einer internationalen Delegation des Karawanekongresses im Thüringer Abschiebeknast Untermaßfeld, mit Pressekonferenz vor Ort)
"Soziale Ausgrenzung, Rassismus und Faschismus" (Teil1)

9.30 bis 12.30 Uhr: Einführungsbeiträge:

Karawanegruppe Südbaden, The Voice, Menschenrechtsverein Bremen und Karawanegruppen in Nürnberg und Rostock: Residenzpflicht und Lagerunterbringung als Abschreckungs- und Isolationsstrategie; Asylbewerberleistungsgesetz, Projekt X (Braunschweig/Oldenburg) und Internierung (Ansbach) als extreme Formen sozialer Ausgrenzung, Konzentration von Flüchtlingen in Containern (Hamburger Hafen) und Flüchtlingsheimen im Wald (Tambach Dietharz und Weilrode in Thüringen und Dürsewitz in Mecklenburg-Vorpommern usw.).
ARAB/Bremen: Grundzüge rassistischer Kontroll- und Kriminalisierungspolitik (siehe auch unter www.is-bremen.de/arab)
MIB/Paris: Selbstorganisation und Widerstand gegen rassistische Polizeipraktiken
Afrikanische Flüchtlinge aus Bad Grund, Rathenow und Lübeck: faschistische Übergriffe und gesellschaftlicher Rassismus
Büro Medizinische Flüchtlingshilfe/Berlin: Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen. Politische Perspektiven und Forderungen !?
ASOLA/Hamburg: Überlebensstrategien in der Illegalisierung
FreundInnen von der Unterstützungskampagne für Hakki/Bremen: der Kampf gegen soziale Ausgrenzung und Doppelbestrafung

14.00 bis 18.30 Uhr: Arbeitsgruppen entlang der Einführungsbeiträge

20.00 bis 22.00 Uhr: Diskussionsrunde: Esteban Cuya/Peru: Diktaturen und Straffreiheit für die Täter, Erfahrungen aus Lateinamerika
Mittwoch, 26. April, Soziale Ausgrenzung, Rassismus und Faschismus" (Teil 2)

9.30 bis 12.30 Uhr und 14.00 bis 18.30 Uhr: Fortsetzung der Arbeitsgruppen vom Vortag

14 Uhr: Abfahrt einer großen Delegation zum Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald. Mit Führung

20.00 bis 22.00 Uhr: Abschlußplenum zum dritten Themenkomplex

Kontakt und weitere Information:

ARAB Bremen, Sielwallstr. 38 28203 Bremen.
Tel.: 0049-421/706444, Fax.0421/706445
E-mail: carien@vossnet.de
The VOICE e.V. Africa Forum, Schillergäßchen 5, 07745 Jena
Tel.: 0049-3641-665214, Fax: 0049-3641-423795,
E-mail: THE_VOICE_Jena@gmx.de
Donnerstag, 27. April "Frauen auf der Flucht / Migration"

9.30 bis 12.30 Uhr: Gemeinsamer Beginn im Plenum: Vorstellung der anwesenden Organisationen und der aktuellen Kampagnen;

anschließend Aufteilung der Arbeitsgruppen:

Kampagne zur Verteidigung der Frauenrechte im Iran: Frauen in islamischen Staaten, Einsatz für Flüchtlingsfrauen in Deutschland
Komitee 8.März und IMRV: Zwangsverschleierung iranischer Frauen durch die deutsche Polizei; die Lage iranischer und afghanischer Frauen in Deutschland
IMRV/Bremen: Kampagne gegen die Apartheid in der deutschen Familienpolitik
Vertreterin der kurdischen Frauenbewegung: Die autonome Frauenorganisierung innerhalb des kurdischen Befreiungskampfes, Auswirkungen des PKK-Verbotes auf die unabhängige Frauenorganisierung in der Flüchtlingsbewegung in Deutschland
Eine Sprecherin der tamilischen Frauenorganisation: Über die Erfahrungen der Frauen in der tamilischen Befreiungsbewegung und über ihre Rolle im Kampf für Flüchtlingsrechte in Deutschland
Villa Courage (Internationales Frauenkultur- und Flüchtlingshaus, Freiburg) und Commitee for Filipino Migrant Workers/Amsterdam: Kampf gegen diejenigen Ausländergesetzte, die das Bleiberecht der Frauen an die Ehe mit einem Mann mit Aufenthaltsrecht binden
arisra (Frankfurt, Köln): Kampf gegen die Kriminalisierung von – illegalisierten – Prostituierten
agisra Köln: Frauenabschiebegefängnis Neuss
Vertreterin der Gruppe Kalayaan/London: Lebenssituation und Selbstorganisierung migrierter Hausarbeiterinnen
VertreterInnen der Antifa Thüringen: Frauen im deutschen Asylverfahren
Achtung: soll in Jena-Forst (Flüchtlingslager) stattfinden! Karawanegruppe Darmstadt: Soziale Situation von Flüchtlingsfrauen in Flüchtlingsheimen (Hygiene, Isolation, Gewalterfahrungen) – Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und zur gegenseitigen Unterstützung

14.00 bis 19.00: Diskussionen in den Arbeitsgruppen

Ab 20 Uhr: zwei Filme des Berliner FrauenLesben-Filmkollektivs:

Ein Film von illegalisierten Hausarbeiterinnen "Wir sind schon da": Ein Film zur Organisierung der Frauen bei den französischen Sans Papiers

Organisatorisches:

Es wird – je nach Thema – Frauengruppen und gemischte Gruppen geben. Diese Möglichkeit sollte nicht als gegen die Männer, sondern für die Frauen gesehen werden.

Vor Ort wird die Möglichkeit bestehen, spontan zu weiteren Themen eine Arbeitsgruppe zu bilden.

Es wird – während des gesamten Kongresses – Frauenschlafplätze und Kinderbetreuung geben.

Kontakt und weiter Information:

-Karawane Women Co-ordination group, Darmstadt Tel.: 06151-313720. E-mail: m_hammel@hrz1.hrz.tu-darmstadt.de

und E-mail:sisterfriend@gmx.de

-Menschenrechtsverein Bremen s.o.

Freitag, 28.April "Gemeinsam gegen Abschiebungen" (Teil 1)

9.30 bis 12.30 Uhr: Einführungsbeiträge:

The Voice: Soziale Ausgrenzung und Residenzpflicht als Voraussetzung und Vereinfachung der Abschiebepraxis Karawanegruppe München: Zentrale Abschiebestrategien und Widerstandsansätze N.N.: Abschiebehaft und der Widerstand inner- und außerhalb der Abschiebeknäste KurdInnen aus dem Wanderkirchenasyl: Zur Bedeutung des Kirchenasyls für den Kampf gegen Abschiebungen "kein mensch ist illegal": Flughafenaktionen, zur Rolle der Fluggesellschaften, Kampagne gegen Lufthansa Akubo Chukwudi und andere: Kampagnen zur Verhinderung von Abschiebungen

14.00 bis 18.30 Uhr: Arbeitsgruppen u.a. entlang der Einführungsbeiträge

Samstag, 29. April "Gemeinsam gegen Abschiebungen" (Teil 2)

9.30 bis 12.30 Uhr und 16.00 bis 18.30 Uhr: Fortsetzung der Arbeitsgruppen vom Vortag
Ab 14 Uhr bis ca. 16 Uhr: Theater – vom Veranstaltungsraum bis auf die Straße ...
"Romeo und Leyla.de" - das klassische Liebespaar in der virtuellen Welt ohne Grenzen;
mehrsprachiges, interkulturelles Theaterstück mit über 30 SchauspielerInnen aus Frankfurt/Main und Umgebung
20.00 bis 22.00 Uhr: Abschlußplenum zum Themenkomplex Abschiebungen
Kontakt und weitere Information: The VOICE Africa Forum, Jena s.o.
Karawanegruppe München c/o Kulturladen, Ligsalzstr. 20, 80339 München Tel. 0049-170-8832749

Sonntag, 30. April

Zusammenfassungen, Resultate, Forderungen, weitere Diskussionen:
"Manifest für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen -
Kampagnenstrategien und die Perspektive des Karawaneprojektes"

Menschenrechte und -würde für alle!
Montag, 1. Mai
Demonstration gegen Abschiebung
Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung für eine Gesellschaft mit offenen Grenzen.
Generelles Recht auf Asyl und freie Wahl des Aufenthaltsorts für alle Flüchtlinge!
Aufenthaltserlaubnis für alle ohne Ausnahme!

Von 10:00 bis 24:00 Uhr Start: Eichplatz
Kampf der Apartheid durch "Residenz-Pflicht", die Flüchtlingen in Deutschland das Recht auf Bewegungsfreiheit versagt!

Kämpft für die Abschaffung der unterdrückerischen staatlichen Gesetze und gegen die diskriminierenden Gesetze gegen Flüchtlinge in Deutschland:

-Für freie Wahl des Aufenthaltsorts, das Recht zu arbeiten, Recht auf Bildung, freie Wahl des Wohnraums für Flüchtlinge und AsylbewerberInnen, ohne die räumliche Beschränkung auf Landkreise durch die "Residenzpflicht"!

-Gegen Sammelunterkünfte und isolierende Heimunterbringung von Flüchtlingen!
-Gegen die Kriminalisierung von AusländerInnen mit dem Zweck der Kontrolle und Abschiebung!
-Abschaffung von Abschiebeknästen und Arrestzellen für MigrantInnen! Kampf der Festung Europa!
-Stoppt die Illegalisierung, Abschiebung und Abschiebedrohung gegen Flüchtlinge und MigrantInnen!
Wir sind hier, weil Europa die Länder der Flüchtlinge immer noch zerstört und mit unterdrückerischen und korrupten Regierungen in diesen Ländern zusammenarbeitet!
Wir kämpfen für eine offene Gesellschaft und gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung!

KEINE ABSCHIEBUNG GESCHIEHT FREIWILLIG! - ASYL IST EIN MENSCHENRECHT!

Kongress Ko-ordination:
The VOICE e.V. Africa Forum,
Human Rights Group,Schillergäßchen 5, 07745 Jena,
Tel.: 03641-665214 / 449304, Fax:03641-423795 / 420270 Handy: 0170-8788124 E-mail: The_Voice_Jena@gmx.de
Bankverbindung: Kto.Nr.: 0231 633 905, BLZ: 860 100 90, Postbank Leipzig
http://www.humanrights.de/congress
Andere Koordinatoren: Int. Menschenrechtsverein Bremen e.V. Tel.: 0421 55 77 093, Karawane-Komittee in Hanau, Tel.: 0172 6688454

10Years of The VOICE Refugee Forum in October: Events in Berlin – Hamburg - Bielefeld, Frankfurt und Munich
http://www.thevoiceforum.org/october
The VOICE Forum Flüchtlingskongressvom 6. bis zum 10. Dezember 2001
http://www.no-racism.net/old/deportatiNO/kongress2001.htm

***
The VOICE Africa Forum (Jena): 17.-19. Mai 2001 Protestmarsch und Aktionen in Berlin

Wir fordern die sofortige und bedingungslose Abschaffung des gegen die Flüchtlinge in Deutschland gerichteten ApartheidResidenzpflichtgesetzes!

Wir protestieren gegen die ständigen Kontrollen und die Unterdrückung von Flüchtlingen durch deutsche Behörden und gegen die Politiker und Legislative, die diese verantworten. Bewegungsfreiheit ist unser individuelles und fundamentales Recht!

Beteiligt euch an Aktionen zivilen Ungehorsams!

In einem demokratischen Land wäre der einzige Grund für die staatliche Kontrolle und Überwachung von Personen eine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder der Schutz der BürgerInnen. Eine solche Kontrolle geschähe auf der Grundlage der Verfassung durch ein Organ des Staates. Dabei dürfte nicht nach Herkunft, Religion, Hautfarbe oder Rasse der kontrollierten Person unterschieden werden. Die Realität in Deutschland ist jedoch eine andere.

Flüchtlinge in Deutschland sind das Opfer der Residenzpflichtgesetzes, eines Systems von Aufenthaltszuweisungen und -beschränkungen, vergleichbar mit der Ära der rassistischen Apartheid in Südafrika. Auch Deutschland hat seine "Passgesetze". Es ist Flüchtlingen verboten, sich in Deutschland frei zu bewegen. Sie dürfen den ihnen als Wohnort zugewiesenen Landkreis nicht verlassen und sind verpflichtet in einer ihnen zugewiesenen Flüchtlingsunterkunft (oft abgelegen oder mitten im Wald) zu wohnen. Die Realität dieser Gesetze ist die Unterwerfung der MigrantInnen unter erniedrigende Polizeikontrollen. Diese Kontrollen finden auf der Basis von äußerlich sichtbaren Unterschieden zu den weißen Mehrheitsdeutschen statt.

Bewegungsfreiheit ist nicht verhandelbar und sollte in jeder demokratischen Gesellschaft geschützt werden, denn sie ist die Grundlage, auf der sich die menschliche Persönlichkeit erst entwickeln kann.

Artikel 13 der auch von Deutschland unterzeichneten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt: Jeder Mensch hat das Recht auf Bewegungsfreiheit und auf freie Wahl des Wohnortes innerhalb eines Staates. Wir protestieren deshalb entschieden gegen diese Form der Polizeikontrollen, die uns diskriminieren und unsere Bewegungsfreiheit unter völliger Missachtung unserer Menschenwürde und unserer Menschenrechte einschränken. Wie die Passgesetze der Apartheidära in Südafrika ist auch die Residenzpflicht Grundlage für rassistisch motivierte selektive Polizeigewalt nach den Unterscheidungskriterien von "Rasse", Hautfarbe, Religion und Nationalität. Dies ist nicht nur grundgesetzwidrig, es ist vor allem unzivilisiert. Es gefährdet die Flüchtlinge, die allgemeine Unsicherheit, in der Flüchtlinge und MigrantInnen leben, wird so staatlich gefördert.

Diese Polizeikontrollen, die uns daran hindern, uns von einem Ort zum anderen zu bewegen, - und zwar ohne dass wir straffällig geworden wären - bedeuten bewusst zugefügtes schweres physisches und psychisches Leid, bewusst ausgelöst von staatlichen Institutionen. Wir werden mit willentlicher Brutalität unmenschlich und erniedrigend behandelt und in unserer persönlichen Entwicklung bedroht, nicht selten sogar zerstört. Geschützt von Staat und Gesetz zementieren deutsche Polizeibeamte tagtäglich den institutionellen Rassismus, verstoßen gegen den Datenschutz, indem sie in unsere Privatsphäre eindringen und in die Privatsphäre derjenigen Deutschen, die zu Flüchtlingen und MigrantInnen in Verbindung stehen. Sie tun dies, um ein Gesetz umzusetzen, das uns unser Recht auf Bewegungsfreiheit abspricht.

Auf der Grundlage von § 36 des Ausländergesetzes und § 56 des Asylverfahrensgesetzes werden wir zu Kriminellen gestempelt: Wir werden erkennungsdienstlich behandelt und unter Zwang fotografiert, unsere Fingerabdrücke werden abgenommen und eine Kriminalakte über uns angelegt. In den Polizeikontrollen, die sich gegen unsere Bewegungsfreiheit richten, werden wir wie Kriminelle behandelt. Wir werden das Opfer von staatlich gedeckter Polizeibrutalität, werden geschlagen und müssen uns ausziehen, bekommen den Finger in den Hals gesteckt und in den Anus, eine Behandlung, die einige von uns schon das Leben gekostet hat.

Wir nennen dies Apartheid, weil die Residenzpflicht, diese deutschen "Passgesetze", uns zu öffentlich Verdächtigen machen, ohne dass wir Kriminelle sind; weil wir aus rassistischen Gründen eingesperrt werden, ohne ein Verbrechen begangen zu haben - und dies alles "legal" auf der Grundlage von § 59 und § 85 (2) Asylverfahrensgesetz. Für den wiederholten Verstoß gegen die Residenzpflicht können wir mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden, die Entscheidungsgewalt darüber liegt bei den staatlichen Stellen. Oder wir können für den Verstoß gegen die Residenzpflicht zu einer Geldstrafe von bis zu 5.000 DM verurteilt werden (nach AsylVfG § 86). Und wenn wir die Strafe (bei einem Einkommen von nur 80 DM Bargeld monatlich) nicht bezahlen können, müssen wir als zusätzliche Strafe wie Zwangsarbeiter oder Sklaven arbeiten.

Dies ist übelste Ausbeutung, wie sie die Vereinten Nationen in Artikel 4, 5, 6, 9, 13 und 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verboten haben. Wir werden mit diesen Polizeikontrollen kriminalisiert, wie Kriminelle oder Mörder behandelt. Aber es geht noch weiter: Ein Flüchtling kann festgenommen und für bis zu 18 Monate bis zu seiner Abschiebung inhaftiert werden, ohne dass er kriminell geworden ist - all das auf legaler Grundlage (geregelt in § 57 Ausländergesetz und Artikel 59 Asylverfahrensgesetz). Sind wir Reisende gleichgestellt mit Mördern in Eurem Land? Wir protestieren gegen rassistische Kontrollen, grundlose Festnahmen und Haft und den institutionalisierten Rassismus!

Deutsche haben oft die Tatsache vergessen oder verdrängt, dass sie mehr als andere Länder von dem internationalen Recht auf Asyl profitiert haben, zuerst in der Zeit des Nationalsozialismus, als unzählige Deutsche überall in der Welt um Asyl nachsuchten, ein zweites Mal nach dem Zweiten Weltkrieg, als sogar schuldige Nazis im Ausland Zuflucht fanden, teilweise in den selben Ländern aus denen heute Flüchtlinge und MigrantInnen nach Deutschland kommen - Flüchtlinge die unter dem Schutz der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der UN stehen. Aber wie ist die Lage in Deutschland heute? Die deutsche Realität ist bestimmt von der politisch gewollten Zerschlagung des individuellen und fundamentalen Rechts des Individuums auf Asyl. Wir wollen die deutsche Gesellschaft in diesem Kontext an ihre historischen Verpflichtungen erinnern.

Die repressive Politik gegen Flüchtlinge durch den deutschen Staat wirkt weltweit und eskaliert ständig. Die deutschen Behörden arbeiten dabei engstens mit den Faschisten, Diktatoren und korrupten Regimen der Herkunftsländer der Flüchtlinge zusammen.

Wir protestieren und rufen zur sofortigen Abschaffung der Residenzpflicht auf, die es nur in Deutschland seit 1982 gibt. Wir tun dies in Fortsetzung unseres politischen Kampfes für menschliche Freiheit im Exil. Denn die Residenzpflicht schränkt auch unser Recht auf Meinungs- und Redefreiheit sowie das Recht auf Vereinigung ein und verstößt damit gegen die Artikel 13, 19, 20, 27 und 29 der von Deutschland unterzeichneten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Jeder Kompromiss mit der Einschränkung des Rechts des Einzelnen auf Bewegungsfreiheit und mit der Beschränkung von Flüchtlingen auf Aufenthaltsbereiche ist der Ausdruck politischer Korruption, bedeutet Diskriminierung und stellt einen groben Verstoß gegen die Menschenrechte dar.

Wir fordern ein Ende der Polizeikontrollen, die uns das Recht nehmen, uns frei zu bewegen, die uns das Recht nehmen, frei zu leben. Denn Bewegung ist Leben und Freiheit. Wir fordern Freiheit in einem als demokratisch angesehenen Staat.

Hört damit auf, rassistische Gesetze umzusetzen. Es gibt nur eine Menschheit, sie kann nicht aufgespalten werden, auch nicht vom deutschen Staat.

Die Zeit ist reif, gegen diese Gesetze zivilen Ungehorsam zu leisten.

Nieder mit der Residenzpflicht, den Apartheid-Gesetzen Deutschlands!

Bewegungsfreiheit ist unser Recht! Deutschland ist für Flüchtlinge nicht sicher!

17.-19. Mai 2001 Protestmarsch und Aktionen in Berlin

Für die Abschaffung der Residenzpflicht nach Asylverfahrensgesetz § 56 und Ausländergesetz § 36!

Wir fordern Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge in Deutschland!

Da Flüchtlinge kein Geld besitzen, um die Kampagne zu finanzieren und überhaupt an ihr teilnehmen zu können, sind Spenden absolut notwendig. Am dringlichsten ist die Finanzierung von Bussen und anderen Reisemöglichkeiten, ohne viele Flüchtlinge nicht kommen können.

Spendenkonto: 0231633905, BLZ: 860 100 90 PostBank Leipzig;
Stichwort: Berliner Residenzpflicht Protest

Die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen in Deutschland Koordinierung der Kampagne: The VOICE Africa Forum, Flüchtlings-Menschenrechtsgruppe, Schillergässchen 5, 07745 Jena,
In Zusammenarbeit mit: Brandenburger Flüchtlingsinitiative; Karawane .

http://www.thur.de/philo/voice.htm

***

The years before and after the Karawane Kongress in Jena in 2000

Notes on the voice africa forum campaign for the freedom of beko kuti and nigerian political prisoners in Nigeria, organized from Jena in 1997

Bericht vom Besuch der Tochter Nike Ransome-Kuti im Katsina-Gefängnis

„Mein Vater saß mir gegenüber mit seiner blassen ausgemergelten Gestalt. Er sagte, dass er seit seiner schweren Erkrankung im März 1996 an Fieber und unkontrollierbarem Schüttelfrost in der Nacht leide und er glaube an etwas erkrankt zu sein, was er sich im Gefängnis zugezogen habe. Der Gefängnisarzt habe nicht herausgefunden, worum es sich handelt. Tests oder andere Untersuchungen wurden nicht unternommen.“

Da es bislang nicht möglich ist, Herrn Dr. Beko Ransome-Kuti den Menschenrechtspreis persönlich zu übergeben, wird Frau Nike Ransome-Kuti (Tochter von Beko Kuti) an diesem Tag den Menschenrechtspreis – stellvertretend für ihren Vater – in Weimar während einer feierlichen Stadtratssitzung entgegennehmen. Die Laudatio wird Herr Danis Goldberg, Mitgefangener von Nelson Mandela aus Südafrika halten.

Languages
German
Topics
Karawane-Festival 2010

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