Lida Sloev bittet um Einschaltung der Öffentlichkeit
https://thevoiceforum.org/node/1690
Mitschrift einer Gerichtsverhandlung am 05.07.2010 um 11:30 Uhr vor dem Sozialgericht Gotha, Bahnhofstr.3
Rechtsstreit der Familie Sloev um erhöhte Sozialleistungen nach §2
Die Familie Sloev lebt seit 11 Jahren in Deutschland, hat in dieser Zeit zwei Töchter großgezogen, die eine macht jetzt Abitur, die andere ist auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, beide haben die volle Schulzeit in Deutschland verbracht, sind hoch intelligent und kämpfen verzweifelt um eine Chance, in ein normales Berufsleben eintreten zu können.
Von der Herkunft sind die Familienmitglieder jezidische Kurden und hatten früher ein Personaldokument der UdSSR. Sie lebten im Grenzgebiet in Armenien und teilweise auf dem Territorium der UdSSR, hatten aber nie ein armenisches Dokument. Als sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ethnische Konflikte zuspitzten, floh die Familie endlich aus Armenien nach Deutschland. Sowohl die armenische Botschaft als auch die Botschaft der Russischen Föderation lehnen es ab, dieser Familie Dokumente auszustellen, beides hatte die Familie versucht.
Die Familie lebt zurzeit mit Duldungsstatus und ohne erhöhte Sozialleistungen, wie sie nach 3 Jahren üblicher Weise zustehen.
Familie Sloev hatte dagegen geklagt, aber ihre Rechtsanwältin aus Wiesbaden ist aus Kostengründen nicht angereist. Die Begründung zur Verweigerung des höheren Sozialhilfesatzes lautet "rechtsmissbräuchliche Beeinflussung" um einer Abschiebung zu entgehen.
Vom Sozialamt waren eine Frau Krell und eine Frau Lining anwesend, neben dem Ehepaar Sloev noch deren jüngere Tochter Ala.
Zunächst erläuterte der Richter, weshalb der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt worden war.
Die Familie betonte immer wieder, allen Aufforderungen der Ausländerbehörde gewissenhaft nachgekommen zu sein, dass sie nichts dafür können, dass sie in Armenien nicht als Staatsbürger gemeldet waren und dass die Russische Föderation es ablehnt, sie als Staatsbürger anzuerkennen, dass sie staatenlos seien und als verfolgte Minderheit große Probleme in ihrer ehemaligen Heimat hatten.
Der Richter sagte, dass in diesem Fall der Asylbewerber in der Beweislast sei, seine Herkunft nachzuweisen und solange diese nicht geklärt sei, gehe dies zu seinen Lasten. Tochter Ala fragte, weshalb sie nun für etwas bestraft wird, dass weder sie, noch ihre Eltern zu verantworten hätten, dass sie wie auch ihre Schwester danach strebe, genauso wie ihre Schulkameraden gleich behandelt zu werden und Chancen haben möchte, ein freies und unabhängiges Leben zu führen, wo da die Gerechtigkeit bleibe.
Der Richter antwortete, "Gerechtigkeit ist etwas, dass im Asylverfahren bisweilen nicht stattfindet". Er stellte fest, dass die Beweislast gegen die Anschuldigungen der Behörden, das Asylrecht zu missbrauchen, auf der Seite der Asylbewerber sei und diese "Rechtsprechung" durch ein Urteil aus 2008 bestätigt worden sei. Er sei an diese Rechtsprechung gebunden.
Nach einer ca. 10-minütigen Beratung verkündete er das Urteil, dass der Antrag der Familie Sloev zurückgewiesen werde. Die Entscheidung sei kostenfrei, somit habe die Familie ihre Anwaltskosten zu bezahlen.
Praktisch bedeutet dieses Urteil, dass Familie Sloev bis zum Sankt-Nimmerleinstag gezwungen ist, mit dem untersten Asyl-Satz, Gutscheinen, Residenzpflicht und Kettenduldung außer Stande zu sein, Arbeit zu finden und ein perspektivloses Leben zu führen. Wenn der Richter in seiner Rechtsauffassung recht hat, dann haben wir hier eine Gesetzeslage, die mit Grund- und Menschenrechten selbst mit Winkelzügen nicht mehr in Einklang gebracht werden kann, sonder krass dagegen verstößt.
Michael Stade
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