Demonstranten protestieren vor dem Landgericht, in dem gegen die mutmaßlichen Piraten verhandelt wird, gegen koloniales Unrecht.
Piraten-Prozessbeginn Somalia und Erklärung der Verteidigung
Unter starker Medienbegleitung und mit Protesten verschiedener Gruppierungen begann heute vor dem Hamburger Landgericht der Prozess gegen ein Kind, drei Jugendliche und sechs erwachsene Männer aus Somalia. Aufruf der afrikanischen Diaspora in Hamburg und der KARAWANE
Mit Transparenten wie „We are not pirats we are fisherman“ und „Vereint gegen koloniales Unrecht“ und Infomaterial machten AktvistInnen auf die Hintergründe und die herrschenden Bedingungen, die zu Schiffskaperungen vor Somalischer Küste führen, aufmersam.
Auf einem weiteren Transparent wurde auf den ganz anderen Umgang mit der Aktion Israelischer Marinesoldaten, die bei der Kaperung der Gaza-Hilfsflottille neun Menschen erschossen, verwiesen.
Eine Gruppe AktivistInnen präsentieren O-Töne von Menschen aus Somalia bezüglich der „Piraterie“ Viedostream kmii
Das zwanzigköpfige VerteidigerInnen-Team begann den Prozess mit einer öffentlichen Erklärung, die die juristische Seite in den politischen und ökonomischen Zusammenhang stellt und die Zuständigkeit und Befähigung des Landgerichts aufwirft. siehe unten
Am ersten Prozesstag wurden von den Verteidigern der Jugendlichen, die Praktiken und Methoden zur Altersfeststellung scharf kritisiert. Das Ältermachen von jugendlichen Flüchtlingen ist eine verbreitete Praxis in Hamburg, um Jugendlichen die besondere Versorgung und Unterstützung. Die ihnen laut Gesetz zusteht zu verweigern und sie als „Erwachsene“ aus Hamburg in irgendwelche Lager für Flüchtlinge weg verteilen kann.
Hintergrundartikel zum Prozess bei telepolis
wir dokumentieren:
PRESSEMITTEILUNG DER VERTEIDIGUNG Hamburg, 22.11.2010
Die Heimat der zehn Angeklagten ist Somalia in Ostafrika.
Somalia wird seit 1991 zerfressen vom Bürgerkrieg ; das Land wird von der UNO als “failed state“ eingestuft - ein Land, dem selbst die UNO nicht mehr helfen kann. Die politischen und sozialen Strukturen sind - ähnlich wie in Afghanistan - weitgehend zerstört. Hunderttausende Somalis hungern, die medizinische Versorgung ist zusammengebrochen. Immer wieder kommt es zu bewaffneten Auseinandersetzungen rivalisierender Clanmilizen mit erheblichen Opferzahlen, die Al-Shabab terrorisiert große Teile der Bevölkerung. Das somalische Volk leidet; eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht nicht.
Die Angeklagten wurden am 5.April 2010 auf hoher See vor der somalischen Küste festgenommen und sind über die Niederlande nach Hamburg überstellt worden.
Aus der Sicht der Verteidigung sind folgende Fragen vorrangig zu klären:
1. Nach § 19 StGB kann nur bestraft werden,wer zur Tatzeit mindestens 14 Jahre alt ist. Bei einem der hier Angeklagten gibt es gravierende Zweifel an seiner“ Strafmündigkeit“; gegen einen nicht strafmündigen Menschen darf ein Strafverfahren nicht durchgeführt werden. Der Klärung des Alters dieses Angeklagten kommt Priorität zu.
2. Die Angeklagten sind nach Aktenlage von holländischen Marinesoldaten in Ausübung nationalen Rechts von einem deutschen Frachter auf ein holländisches Kriegsschiff verbracht und dort längere Zeit festgehalten worderiEine richterliche Haftanordnung dafür gab es nicht Anschließend befanden sich die Angeklagten in den Niederlanden in Auslieferungshaft; der holländische Staat wollte gegen die Angeklagten nicht selbst strafrechtlich vorgehen. Es wird geklärt werden müssen, ob die tatsächliche Gewahrsamnahme der Angeklagten durch holländische Marinesoldaten und die Verbringung in ein holländisches Gefängnis sowie die spätere Auslieferung nach Deutschland völkerrechtlich, nach niederländischem und nach deutschem Recht zulässig war. Eine rechtswidrige Verbringung der Angeklagten nach Deutschland könnte ein Prozesshindernis darstellen; das Verfahren gegen die Angeklagten wäre dann einzustellen.
3. Aus der Aktenlage ergeben sich Hinweise darauf‚ dass deutsche Behörden frühzeitig über die Vorgänge um die MV “Taipan“ informiert waren und maßgeblich in die Ergreifung der Angeklagten und deren Verbringung nach Holland involviert gewesen sein könnten; die Verteidigung begehrt Auskunft darüber, in wieweit deutsche Dienststellen in diese Vorgänge eingebunden waren und welches Wissen diese Dienststellen ggf. hatten. Das wird aufzuklären sein.
4. Im Falle eines Schuldnachweises werden die Lebensbedingungen jedes einzelnen Angeklagten unter Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten möglichst genau aufzuklären sein; nur so kann ggf. individuelle Schuld festgestellt und bewertet werden. In diesem Zusammenhang wird - durch Beiziehung von Sachverständigen - nicht nur die Entwicklung Somalias seit 1991 zu beleuchten sein, sondem auch die Frage, welche Auswirkungen die Raubfischerei durch industrielle Fischfangflotten aus Europa und Asien und die Giftmüllverklappung vor der somalischen Küste auf die Lebensbedingungen der Angeklagten hatte.
5. Ob die Justiz des Staates Kenia weiterhin bereit ist, für die nichtafrikanischen Staaten den “Ausputzer“ bei der strafrechtlichen Verfolgung von Somalis zu spielen, bleibt abzuwarten.
Die EU und andere Geberländer verhandeln mit Kenia über eine finanzielle Wunschliste der kenianischen Regierung, um - ebenso wie mit Tansania und den Seychellen – ein “Abkommen“ über Nachbarschaftshilfe zu erreichen. Die so eher zufällig einzelnen Ländern zugeordneten Strafprozesse gegen Somalis in den USA, in Frankreich, in den Niederlanden, in Kenia und jetzt in Hamburg sind keine Lösung des Problems; jeder weiß, dass nur eine politische Lösung wirksam sein kann.
6. Es wird sich in diesem Verfahren zeigen, ob die Befassung der Hamburger Justiz mit den Vorgängen im Indischen Ozean opportun ist; die im deutschen Strafrecht normierten Strafzwecke der General- und Spezialprävention greifen ersichtlich nicht. Eine Verurteilung der Angeklagten durch dieses Gericht wird die Ursachen der Piraterie im Indischen Ozean nicht beeinflussen. Eine Resozialisierung der Angeklagten in der Bundesrepublik Deutschland dürfte nicht erwünscht sein‚ eine Resozialisierung der Angeklagten für ihr Heimatland ist nicht möglich.
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Piraten-Prozess beginnt mit Streit um Alter
Von Vanessa Steinmetz, dpa
Demonstranten protestieren vor dem Landgericht, in dem gegen die mutmaßlichen Piraten verhandelt wird, gegen koloniales Unrecht.
Hamburg (dpa) - Einer der spektakulärsten Seeräuber-Prozesse seit den Tagen Klaus Störtebekers hat am Montag in Hamburg unter großem Medienandrang begonnen. Zum ersten Mal müssen sich mutmaßliche Piraten aus Somalia vor einem deutschen Gericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Angriff auf den Seeverkehr und erpresserischen Menschenraub vor. Einer der Angeklagten ist nach eigenen Angaben erst 13 Jahre alt - und wäre damit nicht strafmündig. Die Staatsanwaltschaft hält ihn aber für älter und stützt sich dabei auf Gutachten. Zum Prozessauftakt fordert der Verteidiger Thomas Jung, das Verfahren gegen seinen Mandanten einzustellen.
«Die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Schätzgutachten sind wissenschaftlich gesehen ohne Aussagekraft», kritisierte Jung. Sachverständige schätzten das Alter des jungen Mannes auf mindestens 15 Jahre. «Ein Kind hat hier nicht vor Gericht zu stehen, wenn die Altersangabe 13 richtig ist», sagte der Vorsitzende der Strafkammer, Bernd Steinmetz. Ein Teil der 20 Verteidiger beantragte zudem, die Öffentlichkeit aus Rücksicht auf das Alter des Jugendlichen und der Heranwachsenden von der Verhandlung auszuschließen. Dazu will das Gericht beim nächsten Verhandlungstag Stellung nehmen.
Schmächtig und in Trainingsjacken - so betraten die meisten der Angeklagten den voll besetzten Sitzungssaal. Einige von ihnen humpelten sogar. Als die Anklage verlesen wurde, fing der jüngste von ihnen an zu weinen, sein Körper zitterte.
Die zehn Angeklagten sollen laut Staatsanwaltschaft am Ostermontag das Hamburger Containerschiff «Taipan» überfallen haben. Demnach verfolgten sie das Frachtschiff rund 530 Seemeilen vor der somalischen Küste. Als der Kapitän Signalraketen auf die Verfolger abschoss, eröffneten sie mit Sturmgewehren das Feuer und enterten schließlich das Schiff, so die Anklage weiter. Die 15-köpfige Besatzung konnte sich noch in einen speziellen Sicherheitsraum retten, verletzt wurde niemand.
Ein niederländisches Marinekommando überwältigte die zehn Männer nach knapp vier Stunden und nahm sie fest. Die Soldaten stellten vollautomatische Sturmgewehre, halbautomatische Pistolen und russische Panzerabwehrwaffen sowie Munition sicher. Im Juni wurden die Somalier von den Niederlanden nach Deutschland ausgeliefert, sie kamen nach Hamburg. Zu den Vorwürfen schwiegen die Angeklagten bisher. Bei einer Verurteilung drohen ihnen Höchststrafen von bis zu 15 Jahren Haft.
In einer gemeinsamen Stellungnahme machten die Verteidiger auf die spezielle Situation der Angeklagten in Somalia aufmerksam. Der ostafrikanische Staat sei durch Hunger, fehlende medizinische Versorgung und Terror gezeichnet. «Das somalische Volk leidet; eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht nicht.» Auch einige Demonstranten machten vor dem Gerichtsgebäude auf die Situation aufmerksam. Mit Spruchbändern und Flugblättern protestierten sie gegen die «neokoloniale Ausbeutung Afrikas».
Der nächste Verhandlungstag ist am Mittwoch, den 1. Dezember. Insgesamt hat das Gericht Termine bis Ende März angesetzt.
http://www.wz-net.de/wz_21_109614315-1-54296_Piraten-Prozess-beginnt-mi…
fotos: Ist einer der Piraten ein strafunmündiges Kind?
22. November 2010, 05:30 Uhr
In Hamburg hat am Montag der Prozess gegen zehn mutmaßliche somalische Piraten begonnen. Den Seeräubern drohen lange Haftstrafen.
http://www.abendblatt.de/hamburg/polizeimeldungen/article1702905/Ist-ei…
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Piraten-Prozess beginnt mit Streit um Alter
Hamburg (dpa) - Einer der spektakulärsten Seeräuber-Prozesse seit den Tagen Klaus Störtebekers hat am Montag in Hamburg unter großem Medienandrang begonnen. Zum ersten Mal müssen sich mutmaßliche Piraten aus Somalia vor einem deutschen Gericht verantworten.
Auftakt im Piraten-Prozess
Die zehn Angeklagten müssen sich wegen Angriffs auf den Seeverkehr und erpresserischen Menschenraubs verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Angriff auf den Seeverkehr und erpresserischen Menschenraub vor. Einer der Angeklagten ist nach eigenen Angaben erst 13 Jahre alt - und wäre damit nicht strafmündig. Die Staatsanwaltschaft hält ihn aber für älter und stützt sich dabei auf Gutachten. Zum Prozessauftakt fordert der Verteidiger Thomas Jung, das Verfahren gegen seinen Mandanten einzustellen.
Auftakt im Piraten-Prozess
Ein Streitpunkt gleich zu Prozessbeginn ist die Frage, wie alt die Angeklagten sind. Einer der mutmaßlichen Piraten ist laut eigenen Aussage erst 13.
«Die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Schätzgutachten sind wissenschaftlich gesehen ohne Aussagekraft», kritisierte Jung. Sachverständige schätzten das Alter des jungen Mannes auf mindestens 15 Jahre. «Ein Kind hat hier nicht vor Gericht zu stehen, wenn die Altersangabe 13 richtig ist», sagte der Vorsitzende der Strafkammer, Bernd Steinmetz. Ein Teil der 20 Verteidiger beantragte zudem, die Öffentlichkeit aus Rücksicht auf das Alter des Jugendlichen und der Heranwachsenden von der Verhandlung auszuschließen. Dazu will das Gericht beim nächsten Verhandlungstag Stellung nehmen.
Auftakt im Piraten-Prozess
Der Vorsitzende Richter Bernd Steinmetz muss entscheiden, ob die Angeklagten tatsächlich Seeräuber sind.
Schmächtig und in Trainingsjacken - so betraten die meisten der Angeklagten den voll besetzten Sitzungssaal. Einige von ihnen humpelten sogar. Als die Anklage verlesen wurde, fing der jüngste von ihnen an zu weinen, sein Körper zitterte.
Auftakt im Piraten-Prozess
Pirat oder Fischer? Einer der Angeklagten setzt sich im Hamburger Landgericht einen Kopfhörer für die Übersetzung auf.
Die zehn Angeklagten sollen laut Staatsanwaltschaft am Ostermontag das Hamburger Containerschiff «Taipan» überfallen haben. Demnach verfolgten sie das Frachtschiff rund 530 Seemeilen vor der somalischen Küste. Als der Kapitän Signalraketen auf die Verfolger abschoss, eröffneten sie mit Sturmgewehren das Feuer und enterten schließlich das Schiff, so die Anklage weiter. Die 15-köpfige Besatzung konnte sich noch in einen speziellen Sicherheitsraum retten, verletzt wurde niemand.
Piraten-Prozess beginnt mit Streit um Alter
Auftakt im Piraten-Prozess
Achmed, von Beruf Pirat? Das Hamburger Landgericht muss entscheiden, ob die Angeklagten tatsächlich das Frachtschiff "Taipan" überfallen haben.
Ein niederländisches Marinekommando überwältigte die zehn Männer nach knapp vier Stunden und nahm sie fest. Die Soldaten stellten vollautomatische Sturmgewehre, halbautomatische Pistolen und russische Panzerabwehrwaffen sowie Munition sicher. Im Juni wurden die Somalier von den Niederlanden nach Deutschland ausgeliefert, sie kamen nach Hamburg. Zu den Vorwürfen schwiegen die Angeklagten bisher. Bei einer Verurteilung drohen ihnen Höchststrafen von bis zu 15 Jahren Haft.
Auftakt im Piraten-Prozess
"Wir sind keine Piraten, wir sind Fischer" - Draußen vor dem Landgericht erhalten die angeklagten mutmaßlichen Piraten Beistand von Demonstranten.
In einer gemeinsamen Stellungnahme machten die Verteidiger auf die spezielle Situation der Angeklagten in Somalia aufmerksam. Der ostafrikanische Staat sei durch Hunger, fehlende medizinische Versorgung und Terror gezeichnet. «Das somalische Volk leidet; eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht nicht.» Auch einige Demonstranten machten vor dem Gerichtsgebäude auf die Situation aufmerksam. Mit Spruchbändern und Flugblättern protestierten sie gegen die «neokoloniale Ausbeutung Afrikas».
Auftakt im Piraten-Prozess
Demonstranten protestieren vor dem Landgericht, in dem gegen die mutmaßlichen Piraten verhandelt wird, gegen koloniales Unrecht.
Der nächste Verhandlungstag ist am Mittwoch, den 1. Dezember. Insgesamt hat das Gericht Termine bis Ende März angesetzt.
22.11.2010,
http://www.rhein-zeitung.de/nachrichten/deutschland-und-welt_artikel,-P…