Ausländerbehörde Gifhorn – ein Hort der Unmenschlichkeit und der Rechtsbeugung
https://thevoiceforum.org/node/1968
Im Folgenden ein Artikel aus der jungen Welt, vom 9.2.11, zu den jüngsten Schikanen gegen Flüchtlinge aus dem Lager Meinersen, die sich, auf einem Treffen der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, mit anderen Flüchtlingen austauschen wollten:
Behörde in Gifhorn schikaniert Flüchtlinge
SPD-Landtagsabgeordnete aus Niedersachsen kündigen Besuch im Sammellager an
Von Gitta Düperthal
Am Freitag wollen die niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Detlef Tanke und Silke Lesemann die Flüchtlingsunterkunft Meinersen im Landkreis Gifhorn besichtigen. In dem Lager hatten sich die Beschwerden von Bewohnern gegen Schikanen durch Ämter gehäuft. Immer wieder hätten Mitarbeiter der Ausländerbehörde Gifhorn insbesondere politisch organisierte Flüchtlingsaktivisten, die sich für die Schließung von Sammellagern und gegen die Sondergesetze für Asylbewerber einsetzen, schikaniert, berichtete Ralf Santana Lourenco von der Organisation »Die Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten«. Das mache man ganz offensichtlich, um auch andere Flüchtlinge einzuschüchtern, die sich gegen die beengten Wohnverhältnisse ohne Privatsphäre und krank machende Bedingungen sowie Respektlosigkeiten von Beamten und Behördensprechern zur Wehr setzen wollen. Jeder Widerstand solle im Keim erstickt werden.
So sieht es die »Karawane« auch im Fall von Nidal Al-Nagar. Nachdem der Palästinenser im vergangenen Jahr zwei Demonstrationen für die Schließung des Flüchtlingswohnheims in Meinersen mitorganisiert hatte, habe das Amt Druck auf ihn ausgeübt. Ohne Vorankündigung waren am 19. Januar der Leiter der Ausländerbehörde Gifhorn, Kai Renders, dessen Mitarbeiter Sven Ring und der Lagerleiter mit einem Generalschlüssel in sein Zimmer eingedrungen, um es zu durchsuchen. Der Amtsleiter habe ihm mit Abschiebung gedroht, berichtete Al-Nagar. »Sie machen das absichtlich, damit alle mitbekommen, was passiert, wenn man sich wehrt«, so der Flüchtling im Gespräch mit junge Welt. Der Fachbereichsleiter für Ordnung des Landkreises Gifhorn, Michael Funke, behauptete dagegen gegenüber jW, daß das Zimmer nicht »durchsucht«, sondern »nur in Augenschein genommen« worden sei. Man habe vermutet, daß sich die drei Mitbewohner, mit denen sich Al-Nagar ein 20 Quadratmeter großes Zimmer teilt, »nicht ständig im Lager Meinersen« aufhielten. Die freie Meinungsäußerung des Herrn Al-Nagar hätten der Behördenleiter und seine Begleiter nicht abstrafen wollen.
Selbst mit »allergrößter Phantasie« könne er sich keine Rechtsgrundlage für eine solche Kontrolle vorstellen, meint hingegen der Hamburger Anwalt Heinz-Jürgen Schneider. Einzig die Polizei dürfe ohne ausdrückliche Genehmigung des Bewohners ein Zimmer durchsuchen, wenn ein Durchsuchungsbefehl oder Gefahr im Verzug vorliege – nicht aber die Ausländerbehörde. Al-Nagar hat am Dienstag Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Beleidigung gegen die Behördenmitarbeiter gestellt.
Die Vorwürfe gegen deren Leiter Kai Renders häufen sich. Schneider vertritt die »Karawane« in anderer Sache gegen ihn, und hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Landrätin des Kreises, Marion Lau (SPD), vorgelegt. Renders habe mindestens in einem Fall zwei Lagerinsassen aus Meinersen die Teilnahme an einer Tagung der Flüchtlingsorganisation in Berlin untersagt und deren Anträge auf Reiseerlaubnis an die Abteilung Staatsschutz der Polizei weitergeleitet. Für Schneider ist auch das ein rechtswidriger Vorgang. Die Staatsschutzabteilung der Polizei sei für die Vorbeugung und Verfolgung schwerer Straftaten zuständig. Die Tagung der »Karawane« besäße aber keinerlei Staatsschutzrelevanz, so Schneider zu jW.
Auch Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen bestätigt, daß im Lager Meinersen und in der Ausländerbehörde Gifhorn ein »besonders restriktiver Umgang« gegenüber Flüchtlingen herrsche. Insassen, die sich an Demonstrationen gegen das Lager beteiligt hätten, seien Geldkürzungen angedroht worden. Andere beschwerten sich regelmäßig wegen rassistischer Äußerungen und respektloser Behandlung.
09.02.2011 / Inland / Seite 5Inhalt
http://www.jungewelt.de/2011/02-09/063.php