Von Beate Kiesewalter-Henkel
Die Schließung der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Zella-Mehlis forderte das "The Voice Refugee Forum Jena" gestern bei einem Aktionstag vor dem Gebäude.
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Mit einem Aktionstag machten Mitglieder von "The Voice" aus Jena erneut auf die schlechten Bedingungen im Asylbewerberheim Zella-Mehlis aufmerksam. ...Foto:
Zella-Mehlis - Die Bedingungen im Asylbewerberheim sind seit Monaten in der Kritik. "The Voice" aus Jena war gestern in Zella-Mehlis, um bei einem Aktionstag noch einmal die schlechten Wohnverhältnisse in der Gemeinschaftsunterkunft anzuprangern.
"Lager schließen! Stopp Abschiebung" war auf einem Transparent zu lesen, das die Mitglieder des Jenaer Forums mitgebracht hatten, aber nicht am Objekt anbringen durften. Beamte der Polizeiinspektion (PI) Suhl waren vor Ort, und auch ein Hubschrauber der Polizei kreiste kurzzeitig über der Gemeinschaftsunterkunft. Wie PI-Chef Ulrich Endter gegenüber Freies Wort sagte, wurde dieser aber nicht wegen des Aktionstages, sondern wegen des Dachstuhlbrands gestern in Mäbendorf zu Luftaufnahmen angefordert.
"Die Bedingungen hier sind sehr schlecht, die Wände verschimmelt, die Küchen sehr alt. Viele Menschen, die hier wohnen, sind krank", sagt Miloud Lahmar Sherif. Der junge Algerier lebt mit seiner ukrainischen Frau seit neun Monaten in der Unterkunft und wünscht sich nichts sehnlicher, als mit ihr eine Wohnung beziehen zu können. Rund 170 Kinder, Frauen und Männer wohnen derzeit im Heim, das "The Voice" als Lager bezeichnet. Vize-Landrat Klaus Thielemann (CDU), der eigens wegen des Aktionstages nach Zella-Mehlis gekommen war, meinte: "Wir werden die Probleme hier und heute nicht lösen". Vom Landkreis gibt es Thielemann zufolge aber Gespräche mit Wohnungsunternehmen, um Betroffene künftig in Wohnungen unterzubringen.
Zugleich machte "The Voice" weitere Forderungen auf. Dazu gehört die Abschaffung der Residenzpflicht, die Asylbewerbern derzeit nicht erlaubt, die Grenzen des Landkreises nach Suhl zu verlassen. Außerdem spricht sich das Jenaer Forum gegen Gutscheine für Asylbewerber und stattdessen für eine Gewährung von Bargeld für ihre Einkäufe aus. Ein weiterer Punkt ist der Zugang zu medizinischer Versorgung zum Zeitpunkt der Erkrankung. Derzeit gebe es oft monatelanges Hinhalten.
Morgen Nachmittag, 14 Uhr, wollen Mitglieder von "The Voice" bei einer Demonstration in Meiningen vom Bahnhof bis zum Landratsamt Druck machen auf die Behörden, die Zustände in Zella-Mehlis umgehend zu verbessern.
http://www.freies-wort.de/nachrichten/regional/zella-mehlis/art2399,137…
Stellungnahme der Kirchenkreise Asylheim Zella-Mehlis
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Kirchenkreise Henneberger Land, Hildburghausen und Meiningen haben durch ihre Superintendenten eine Stellungnahme verfasst, in der sie die Schliessung des Heimes in Zella-Mehlis verlangen. Die Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Mit freundlichen Grüßen.
Diakon Adelino Massuvira Joao
Kirchgasse 10
98527 Suhl
Tel.: 03681-308193 Fax: 03681 - 308195
Mobile: 0175-4634340
Die Superintendenten/in der Kirchenkreise Meiningen, Henneberger Land, Hildburghausen-Eisfeld und der Dekan Schmalkalden zeigen sich betroffen über die Lebens- und Wohnsituation der Asylbewerber, die im Asylbewerberheim Zella-Mehlis untergebracht sind.
Das Asylbewerberheim entspricht in Lage und Ausstattung nicht den Mindeststandards für ein menschenwürdiges Leben, auf das Asylbewerber zweifelsfrei Anspruch haben.
Das Heim liegt deutlich außerhalb der Wohnbebauung von Zella-Mehlis. Dies erschwert die Kontaktmöglichkeiten der Asylbewerber erheblich. Wege zu Behörden, Ärzten, Beratungsstellen usw. sind schwierig.
Immer wieder wird von Bewohnern des Asylbewerberheimes Schimmelbildung, unzureichende Heizung und Warmwasserversorgung beklagt.
Diese Probleme führen zu einer Gesundheitsgefährdung der Bewohner, insbesondere von Kindern.
Gerade wenn Familien und Einzelpersonen lang andauernde Asylverfahren haben, ist ein Wohnen unter solchen Bedingungen extrem belastend.
Die Arbeitssuche, Besuche bei Verwandten und Freunden und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fallen wesentlich schwerer, wenn man fern der Wohnbebauung wohnt.
Psychosoziale Probleme werden durch diese Lebens-/Wohnsituation verursacht bzw. gefördert.
Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen ist verantwortlich für die Unterbringung der Asylbewerber und hat in jüngster Zeit erste Überlegungen zur Verbesserung der Situation angestellt.
Die Superintendenten/in erwarten im Hinblick auf das Asylbewerberheim Zella-Mehlis:
- Eine dezentrale Unterbringung der Asylbewerber in geeigneten Wohnungen
in den Orten des Landkreises. Damit verbessert sich die Wohnsituation der Asylbewerber nachhaltig und eventuell fallen für den Landkreis sogar geringere Kosten an als bei der Unterbringung im Asylbewerberheim in Zella-Mehlis.
- Die Abschaffung der Residenzpflicht für die Asylbewerber. Damit könnten die Asylbewerber besser am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, sich leichter um Arbeit zu bemühen usw. - wie es die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland in ihrem Aufruf an die Thüringer Landesregierung fordert.
Solange noch Asylbewerber im Asylbewerberheim Zella-Mehlis wohnen, ist eine Verbesserung der Wohnsituation unumgänglich.
Die Kirchenkreise Meiningen, Henneberger Land, Hildburghausen-Eisfeld und Schmalkalden bieten ihre Unterstützung bei der Suche nach Lösungen der o.a. Probleme gerne an. Zum christlichen Selbstverständnis gehört die Sorge um den Nächsten, insbesondere um Verfolgte, Ausgegrenzte, Arme und Kranke.
Die Superintendenten/in weisen auf die Demonstration am Mittwoch, dem 24.März hin, auf der in Meiningen auf die Probleme des Asylbewerberheim hingewiesen werden soll.
Meiningen, 15.3.2011
Beate Marwede, Superintendentin, Kirchenkreis Meiningen
Martin Herzfeld, Superintendent, Kirchenkreis Henneberger Land
Dr. Michael Kühne, Superintendent, Kirchenkreis Hildburghausen-Eisfeld
Michael Bedbur, Dekan, Kirchenkreis Schmalkalden
23.03.2011 10:01
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