24.03.2011 09:44
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"Es geht nicht von heute auf morgen"
Heute soll bei einer Demo in Meiningen auf die schlechten Zustände im Asylbewerberheim Zella-Mehlis aufmerksam gemacht werden. Der Kreis sucht bereits nach einer neuen Bleibe. Ein Gespräch mit Landrat Luther.
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Landrat Ralf Luther (CDU) über die Kritik am einzigen Asylbewerberheim des Landkreises in Zella-Mehlis.
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Schimmlige Wände, unterkühlte Räume - das Asylbewerberheim Zella-Mehlis steht am Pranger. Herr Luther, wann wird das Haus geschlossen?
Geschlossen werden kann es erst, wenn wir eine andere Lösung haben. Daran arbeitet der Landkreis. Wir sind dabei, zwei Alternativgebäude in Zella-Mehlis genau zu begutachten und einer wirtschaftlichen Betrachtung zu unterziehen. Dabei wird auch ermittelt, was ein Umbau kosten wird.
Handelt es sich dabei um private oder kommunale Häuser?
Es ist der Sache nicht dienlich, derzeit dazu nähere Angaben zu machen. Da bitte ich um Verständnis.
Beim derzeitigen Heim sprechen Kritiker von einem "beschämend schlechten Zustand". Teilen Sie diese Auffassung?
Die Zustände im Heim sind nicht gut, aber so extrem schlecht, wie es teilweise geschildert werden, sind sie auch nicht. Richtig ist: Es gab Probleme mit der Wärmeversorgung in einigen Räumen. Wir haben auch Schimmel entdeckt bei einem Ortstermin. Doch der Schimmel ist nicht allein auf bauliche Mängel zurückzuführen. Er ist auch durch zu seltenes Lüften entstanden.
Wann könnte der Umzug der rund 170 Asylbewerber in eine neue Gemeinschaftsunterkunft erfolgen?
Ein Umzug wird in sechs bis zwölf Monaten möglich sein, je nach dem Umbau-Aufwand. Früher ist es nicht machbar.
Zugleich haben Sie angekündigt, einigen Asylbewerber-Familien Wohnungen anzubieten. Wann wird das passieren?
In spätestens zwei Monaten werden wir fünf bis sieben Familien, die schon seit etlichen Jahren in Deutschland sind, Wohnungen anbieten können. Der Landkreis hat dazu klare Absprachen mit Wohnungsunternehmen in Meiningen, Schmalkalden und Zella-Mehlis getroffen. Wir haben schon Wohnungen besichtigt. Jetzt geht es darum, mit den Mietern dort zu reden und sie zu sensibilisieren. Wir als Kreis werden die Wohnungen mit Möbeln ausstatten. Voraussichtlich ist auch noch eine personelle Verstärkung im Landratsamt nötig.
Inwiefern eine personelle Verstärkung ?
Es geht um einen zusätzlichen Sozialarbeiter, der Gespräche vor Ort führt und das Miteinander zwischen Asylbewerbern und den anderen Bewohnern begünstigt.
Wird der Landkreis künftig ganz auf ein Heim verzichten können und nur noch Einzelunterkünfte anbieten?
Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Das hängt von sehr vielen Faktoren ab. Wir wollen uns jetzt verschiedene Konzepte und Projekte in Deutschland ansehen und die für uns beste Lösung suchen.
Haben Sie das Thema Asylbewerberheim in den vergangenen Jahren zu oberflächlich betrachtet?
Es sind in den vergangenen Jahren weder Probleme noch kritische Hinweise zum Asylbewerberheim Zella-Mehlis an mich herangetragen worden. Das passierte erst jetzt. Die Sache nehme ich ernst und suche nach Lösungen. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Das muss ordentlich vorbereitet werden, damit es nicht zu neuen Problemen kommt. Sonst ist niemandem geholfen.
Bisher hat sich der Landkreis einer Privatfirma bedient, um das Heim in Zella-Mehlis zu betreiben. Wird der Kreis künftig die Sache selbst in die Hand nehmen?
Nach all meinen Erkenntnissen aus den letzten Wochen ist es das Beste, wenn der Kreis die Trägerschaft selbst übernimmt. Es sei denn, in den nächsten Monaten kommt es zu deutlich spürbaren baulichen Veränderungen durch die Betreiberfirma am jetzigen Zella-Mehliser Heim. Dort ist in letzter Zeit eine Menge passiert, etliche Räume sind bereits renoviert worden. Ein großes Problem bleibt das undichte Dach, das repariert werden muss. Falls alle Mängel in Kürze abgestellt werden und sich die Zustände deutlich verbessern, könnte ich mir vorstellen, den jetzigen Standort beizubehalten - mit einer Betreibung des Heimes durch die Firma wie bisher. Dann - aber nur dann - würde ich die Suche nach Alternativstandorten stoppen lassen.
Interview: M. Hildebrand-Schönherr
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