Foto: Power to people's protest!
Während AktivistInnen von The VOICE im Rahmen der Break Isolation! - Kampagne bereits erste Aktionen mit Bezug auf das Lager Gangloffsömmern diskutierten, erreichte sie vor kurzem die Nachricht, dass die Behörden die Schließung des Lagers beschlossen hätten. Wie schon an dieser Stelle veröffentlicht, läuft der Betreibervertrag mit der Projektentwicklungs- und Betreuungs GmbH zum 31.8.2011 aus.
Nachdem die Kampagne gegen die rassistische Isolation in Zella-Mehlis eine breite Resonanz erzielt hatte, kam an verschiedenen Stellen in Gesellschaft und im Verwaltungsapparat Thüringens die Diskussion um die Unterbringungsformen von Flüchtlingen in Gang. Im Protest gegen das Lager Zella-Mehlis wurde mehrfach das strukturelle Problem der Lagerunterbringung und die Solidarität mit allen anderen zum Lagerleben Gezwungenen betont. Dabei wurden in Thüringen neben Zella-Mehlis immer Gangloffsömmern, Gerstungen und Breitenworbis herausgehoben.
Gangloffsömmern ist ein knapp 1000 EinwohnerInnen zählendes Dorf, in dem es neben einer Kneipe, einer Kirche und einem Fußballverein so ziemlich nichts gibt. Zum Einkaufen müssen die BewohnerInnen nach Straußfurt fahren, Menschen ohne Auto sind dabei auf die äußerst seltenen Busse angewiesen. Im Lager leben offiziell rund 40 alleinstehende Männer. De facto halten sich dort jedoch bloß 10-20 regelmäßig auf. Alle anderen machen Deals mit der Heimleitung (wahlweise 10 Euro in Gutscheinen oder „Geschenke“, wie Flüchtlinge berichteten) und haben somit die „Freiheit“ bloß zur Gutschein- und Taschengeldvergabe im Lager zu erscheinen und die restliche Zeit unbehelligt an anderen Orten zu verbringen. Doch gibt es einige unter den Männern, die entweder keine Mittel für solche Geschäfte haben, oder die keinerlei Kontakte oder Bekannte außerhalb des Lagers haben, weswegen ein beträchtlicher Teil von ihnen zwangsweise seit Jahren auf „Schlafen, Essen, Fernsehen, Schlafen“ (O-Ton Bewohner) reduziert lebt.
Das Gebäude ist sehr marode, drinnen hält sich beharrlich ein modriger Geruch und in beiden Stockwerken finden sich feuchte und schimmlige Wände. Ein Teil des Lagergebäudes ist eine Turnhalle, in der DorfbewohnerInnen Sport treiben – die Flüchtlinge dürfen diese jedoch nicht mitnutzen.
In Vorbereitung auf öffentliche Aktionen mit Bezug auf das völlig isolierte und verwahrloste Lager in Gangloffsömmern besuchten kürzlich AktivistInnen von The VOICE das Lager. Dabei wurde ihnen unter anderem die Nachricht der geplanten Schließung von den Freunden im Lager bestätigt. Allerdings berichteten sie auch von Einschüchterungsversuchen durch MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde: Nachdem sich ein Flüchtling in Junge Welt kritisch über die Zustände im Lager geäußert hatte, wurde ihm auf der Behörde die Reportage vorgehalten und ihm mit einer Anzeige gedroht. Von Seiten der Flüchtlingsgemeinschaft in Gangloffsömmern gab es allerdings breite Unterstützung.
Nun gilt es allerdings, den Behörden auf die Finger zu schauen und die Flüchtlinge in der kompromisslosen Forderung nach dezentraler Unterbringung zu unterstützen. Vor allem jene, die sich bereits mit repressiven Drohungen konfrontiert sehen. Eine bloße Umverteilung auf die isolierten Lager anderer Landkreise ist ebenso inakzeptabel wie die Eröffnung eines neuen Lagers im LK Sömmerda, das genauso die Isolation und das kontrollierte Leben der Flüchtlinge zum Zweck hätte.
Durchbrecht die Isolation! Dezentrale Unterbringung für alle!
Archives:
Gangloffsömmern
https://thevoiceforum.org/node/1621/
"Die Leute hier sind fix und fertig" Karawane Festival - Delegation in Thüringer Flüchtlingslagern
https://thevoiceforum.org/node/1616
Delegationsbesuch der Isolationsheime in Gerstungen und Gangloffsömmern,Thüringen
http://thecaravan.org/node/2135