otz/tlz press Thueringen:
Theaterprojekt in Jena: Flüchtlingsproblematik als groteske Show
Ein Blick in die Gemeinschaftsküche im Asylbewerberheim Gerstungen. Unter solchen Bedingungen müssen Flüchtlinge über Jahre hinweg leben, als seien sie Gefängnisinsassen. Foto: Peter Rossbach Ein Blick in die Gemeinschaftsküche im Asylbewerberheim Gerstungen. Unter solchen Bedingungen müssen Flüchtlinge über Jahre hinweg leben, als seien sie Gefängnisinsassen. Foto: Peter Rossbach
Video und Bericht über die Isolation im Flüchtlingslager in Gerstungen - http://www.youtube.com/watch?v=wy1wiomq9PY&feature=player_embedded
"Außer auf das Warten habe ich kein Recht", sagt Hamza Barakat. Er lebt seit neun Jahren als Asylbewerber in entsprechenden Heimen. In seinem Status könne er weder einer Arbeit nachgehen, noch eine Ausbildung machen oder Deutschkurse besuchen. "Ich bin eine Nummer in der Statistik, aber kein Mensch", sagt er.
Jena. Mit den Zuständen von Flüchtlingen in Deutschland setzt sich das neue Projekt des Jenaer Theaterhauses auseinander. Der Arbeitstitel lautet "My heart will go on" (Mein Herz wird weiterschlagen). Hamza Barakat ist einer der Flüchtlinge, die am Stück mitwirken. Der Text entsteht dabei direkt im Probenprozess gemeinsam mit sieben Flüchtlingen, zwei Laien und Schauspielern des Jenaer Ensembles. Gefördert wird das Projekt von der Kulturstiftung des Bundes, Fonds "Heimspiel".
"Wir wollen den Teil unserer Gesellschaft, der im Dunkeln liegt, ans Licht bringen", beschreibt Regisseur Moritz Schönecker seine Motivation. Gemeinsam mit der Berliner Autorin Claudia Grehn und der Thüringer Flüchtlingsorganisation "The Voice Refugee Forum" entsteht das Stück. Verschiedene Flüchtlingsheime haben die Jenaer schon besucht. "Zum Teil müssen die Flüchtlinge dort über Jahre hinweg in menschenunwürdigen Zuständen leben", beschreibt Schönecker seine Impressionen. 15 Asylbewerber müssen sich eine Toilette teilen, an den Wänden blüht teilweise Schimmel. "Oft sind auch Zäune um die Heime gezogen, obwohl die Asylbewerber ja keine Häftlinge sind." Mittels solcher visueller Tricks werde vom Staat ein Kriminalisierungseffekt provoziert. Dies sei unpassend für eine Gesellschaft, in der freiheitliche und demokratische Werte so hoch geschrieben werden.
Wichtig ist Moritz Schönecker, im neuen Stück "nicht nur unsere Perspektive" auf die Problematik darzustellen. Deshalb werde das Stück ein großes Ganzes, bestehend aus vielen Einzelteilen. Biographische Erzählstränge, Interviews und Berichte werden miteinander verflochten. Dabei setzt Schönecker auf das Element der zermürbenden Wiederholung: Immer und immer wieder jener Antrag, diese Behörde, dann wieder ein anderes Amt. "Ich weiß, was ich erzählen will vom Gefühl her", sagt Schönecker. Das Stück werde kein Doku-Theater, sondern ein "wirkliches" Spiel in Form einer grotesken Hollywood-Show. Die Form des Stückes solle nicht so bedrückend sein wie der Inhalt. Sonst drohe der Zeitungseffekt. "Es muss unterhaltsam sein." Schönecker setzt auf "grausamen Humor", auf einen Albtraum in kafkaesker Form - nur dass der Albtraum Realität ist.
Begleitet wird das Projekt von den Jenaer Professoren Stephan Lessenich (Soziologie) und Nina Birkner (Germanistische Literaturwissenschaft), die gemeinsam mit Studenten eine Publikation über den Arbeitsprozess am Theater veröffentlichen werden.
Stefanie Bühlchen / 23.02.12 / TLZ
http://erfurt.otz.de/web/erfurt/startseite/detail/-/specific/Theaterpro…
Stückentwicklung am Theaterhaus Jena: “My heart will go on”
Jena. Haben Sie schon mal eine achtzig-stündige Reise in einem Autoreifen verbracht? Und das nur, um in einem gelobten Land zu landen, das sich als kafkaeskes Absurdistan entpuppt! Menschenrechte als Make-Up: Einsamkeit, Isolation und Aufbegehren – die Situation von “illegalen” Flüchtlingen in Deutschland, über Jahre hinweg. Das Theaterhaus Jena setzt da an, wo Welten aufeinander prallen: Gemeinsam mit “The Voice Refugee Forum” und Soziologen der Friedrich-Schiller-Universität begeben wir uns auf eine Reise ins Ungewisse…
Veranstaltungshinweis:
My heart will go on
Stückentwicklung von Claudia Grehn und The Voice
Mit Ella Gaiser, Tina Keserovic, Sebastian Thiers und Yves Wüthrich + Aktivisten der Flüchtlingsselbstorganisationsorganisation “The Voice Refugee Forum Jena”
Recherche/ Text: Claudia Grehn
Regie: Moritz Schönecker
Musik: Filig Hiemann
Dramaturgie: Jonas Zipf
Bühne/Kostüme: Veronika Bleffert und Benjamin Schönecker
Eine Produktion des Theaterhauses Jena in Zusammenarbeit mit “The Voice Refugee Forum Jena” und dem Institut für Soziologie an der Friedrich Schiller Universität Jena, gefördert im Fonds Heimspiel der Kulturstiftung des Bundes.
Uraufführung: Donnerstag, 29. März, 20.00 Uhr
Die nächste Vorstellung: 30. März, 20.00 Uhr
Aufführungen
13 Euro/erm. 8 Euro
Achtung! Mittwoch ist Theatertag!
Karten kosten lediglich 10 Euro/erm. 6 Euro. Ausgenommen sind Premieren und Sonderveranstaltungen.
Achtung: Da das Stück “My heart will go on” eine Entwicklung ist, hat sich der Titel mehrmals geändert: Auch wenn es früher “The Voice” und zwischendrin “Babylon Crisis” hieß – es war immer dasselbe.
http://www.jenapolis.de/2012/02/stuckentwicklung-am-theaterhaus-jena-my…