SOLIDARITÄT MIT DEN
HUNGERSTREIKENDEN FLÜCHTLINGEN IN WÜRZBURG
Solidaritätserklärung der Karawane // Solidaritätserklärung der Initiative Grenzenlos
Break Isolation Events: Jena, Würzburg and Fusion 2012 in OASE
Beteiligt euch an der Fax- und Emailkampagne! (download pdf hier)
Verbreitet diese, organisiert Informationsveranstaltungen und Aktionen in eurer Stadt!
- Versuche der Würzburger Stadtverwaltung den Protest zu beenden
- Residenzpflicht als Vorwand für die Zerschlagung des Protestes
- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss die Asylanträge bearbeiten
Wuppertal, 18. Juni 2012
Erneut versucht die Stadt Würzburg den Protest der streikenden Flüchtlinge gegen die menschenverachtenden Asylgesetze, gegen die miserablen Lebensbedingungen in Isolationslager und gegen die Residenzpflicht zu brechen. Der kollektive Streik und mittlerweile drei Monate andauernder Protest der Flüchtlinge für das Recht auf politisches Asyl ist berechtigt und ein Vorbild für die gesamte Flüchtlingsbewegung in Deutschland. Wir vergessen nicht den Anlass des Protestes. Der Tod Mohammd Rahsepars berührte seine Nachbarn und Freunde im Isolationslager in Würzburg.
Hoch lebe euer Protest und Widerstand!
Solidaritätserklärung der KARAWANE vom 14. Juni 2012
Der Wille und die Entschlossenheit der Flüchtlinge sind bisher einmalig. Die Stadt Würzburg sieht die einzige Chance auf die Beendigung des Protestes durch bürokratische Auflagen und Anwendung des kolonialen Apartheidgesetzes, nämlich die Residenzpflicht.
Mittlerweile distanzieren sich verschiedene Gruppen und Einzelpersonen von der gewählten Aktionsform der Flüchtlinge. Sie haben am 4. Juni 2012 einen dritten Hungerstreik begonnen. Sie haben sich die Lippen zugenäht. Sie können nicht Jahre warten, bis sich vielleicht die Asylgesetze ändern. Sie können nicht in Isolationslager verharren, bis das eingeschränkte Leben und die Erniedrigungen sie mental und physisch zerstören. Sie haben das Recht ihre Aktionen selbst zu bestimmen.
Wir rufen alle auf, den Protest der streikenden Flüchtlinge in Würzburg voll zu unterstützen. Kritisiert die Stadt Würzburg, die den Protest durch bürokratische Auflagen unterminiert und sich auf reaktionäre und obsolete koloniale Gesetze bezieht. Schreibt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und fordert diesen auf, das Recht auf politisches Asyl der protestierenden anzuerkennen.
Mit diesem Aufruf erhaltet ihr
- einen kurzen Überblick des bisherigen Protest in Würzburg,
- eine Solidaritätserklärung der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen,
- einen Musterbrief an die Stadtverwaltung Würzburg (pdf-download hier),
- einen Musterbrief an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (pdf-download hier).
Organisiert Informationsveranstaltungen und Solidaritätsaktionen in euren Städten vor Ort. Verbreitet diesen Aufruf und sendet Musterfaxe an die Stadtverwaltung Münster und an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Besucht die Freundinnen und Freunde in Würzburg und schreibt Berichte. Macht eure Delegationsbesuche öffentlich.
Macht eure Solidarität öffentlich und sichtbar.
Unterstützt den zivilen Ungehorsam der Flüchtlinge in Würzburg.
Solidarität verbindet uns im praktischen Kampf um unsere Rechte.
Kopien der Protestschreiben könnt ihr zwecks Dokumentation an uns schicken oder direkt an die Freundinnen und Freunde vor Ort in Würzburg per Email senden: GUStreik (ät) web.de
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Kontakt:
KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
c/o AZ Wuppertal, Markomannenstr. 3, 42105 Wuppertal
Telefon: 01578 65 46 336
E-Mail: wuppkarawane {ät] yahoo.de
Internet: http://thecaravan.org
Bankverbindung:
Förderverein Karawane e.V.
Kontonummer: 4030780800
Bankleitzahl: 43060967
GLS Gemeinschaftsbank eG
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Here you can download the flyer of the demonstartion
+ + + + + Kurzer Überblick über den bisherigen Protest in Würzburg + + + + +
Am 29. Januar 2012 erhängte sich Mohammad Rahsepar, ein iranischer Flüchtling, im Isolationslager für Flüchtlinge in der ehemaligen Emery-Kaserne in Würzburg.
Menschenunwürdig - wie Flüchtlinge in Deutschland kaserniert werden
Monitorbeitrag vom 15.09.2011 über die Emry-Kaserne
Am 18. März beschließen sein Zimmernachbar und sieben weitere iranische Flüchtlinge aus dem oben genannten Lager für ihr Recht auf Asyl und für die Verbesserung der Lebensbedingungen in den deutschen Isolationslagern in den Streik zu treten. Am 19. März treten sie geschlossen in den Hungerstreik: „Der Selbstmord Mohammad Rashepars, welcher sich am 29.01.12 in Würzburg ereignete, ist nur ein Beispiel dafür, wozu einen solche Umstände treiben. Wenn ein deutscher Staat derlei menschenverachtende Lebenssituationen billigend in Kauf nimmt, werden wir es fortan bevorzugen, unseren Weg in den Tod in aller Öffentlichkeit zu gehen.“
1. Pressemitteilung der streikenden Flüchtlinge in Würzburgvom 19.03.2012
Am 17. Tag des Hungerstreiks fand im Würzburger Rathaus ein Gespräch zwischen den mittlerweile zehn protestierenden Flüchtlingen und Vertretern des bayrischen Sozialministeriums, der Regierung Unterfranken, und dem Vizepräsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Herrn Dr. Griesbeck statt. 17 Tage mussten die Flüchtlinge hungern, damit man sie hörte. Der Vertreter des BAMF versprach die Asylanträge der Flüchtlinge zu überprüfen. Das bayrische Sozialministerium versprach die Lebensbedingungen der Flüchtlinge in Bayern zu verbessern. Konkrete und feste Zusagen wurden nicht gemacht.
7. Pressemitteilung der streikenden Flüchtlinge in Würzburgvom 4.04.2012
Die Stadt Würzburg verbietet den streikenden Flüchtlingen einen Zelt zum Übernachten aufzustellen. Sie ziehen vor das Gericht. Am 19. April 2012 weist das Verwaltungsgericht Würzburg die Beschwerde der Iraner ab. Am 20. April schließt sich der Bayrische Verwaltungsgerichtshof dem an. Der Protest muss gebrochen werden. Doch die streikenden iranischen Flüchtlinge in Würzburg starten eine Unterschriftenaktion und treten am 30. April in den zweiten Hungerstreik: „Da die Verantwortlichen des BAMF ihr Versprechen nicht eingehalten haben und entsprechende Politiker die Thematik weiterhin ignorierten, kämpfen wir weiter für unsere Ziele – die Anerkennung als politische Flüchtlinge und die Änderung bestehender Asylgesetze und menschenverachtender Bedingungen für Asylsuchende in Bayern und in Deutschland.“
14. Pressemitteilung der streikenden Flüchtlinge in Würzburgvom 30.04.2012
Das Bundesamt erkennt Anfang Mai vier der Flüchtlinge als politische Flüchtlinge an. Ein fünfter darf nicht abgeschoben werden. Die Iraner setzen ihren Hungerstreik aus, protestieren aber weiter.
17. Pressemitteilung der streikenden Flüchtlinge in Würzburgvom 9.05.2012
Mitte Mai legt die Stadt Würzburg neue Auflagen fest. Ziel ist die Schwächung des Protests. Der Protest wird auf die Zeit zwischen 6 und 22 Uhr begrenzt. Die Flüchtlinge sollen maximal drei Stühle, ein Bett und ein Tisch benutzen. Die Flüchtlinge ziehen wieder vor Gericht. Am 15. Mai hebt das Verwaltungsgericht die zeitliche Beschränkung auf. Alle anderen Auflagen der Stadt bestätigt es aber. Am 17. Mai wird in einer stundenlangen mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Kompromiss geschlossen. Die Flüchtlinge dürfen fortan nur drei Feldbetten, sechs Stühle und zwei Tische benutzen.
Am 4. Juni 2012 nähen sich zwei der Flüchtlinge die Lippen und treten in den Hungerstreik. Weitere folgen später. Aktuell, am 18. Juni 2012 befinden sich 9 Flüchtlinge im Hungerstreik, sieben haben ihre Lippen zugenäht. Die Namen der hungerstreikenden Flüchtlinge sind:
- Herr Ajin Assadi, Flüchtling aus Würzburg
- Herr Arash Dosthossein, Flüchtling aus Grafrath
- Herr Reza Feizee, Flüchtling aus Aub
- Herr Mohammad Hassanzade Kalali, Flüchtling aus Cham
- Herr Soheil Hatamikia, Flüchtling aus Würzburg
- Frau Mandana Hemmat Esfeh, Flüchtling aus Bayreuth
- Herr Armin Jahanizadeh, Flüchtling aus Würzburg
- Herr Mohsen Mashhadi, Flüchtling aus Aschaffenburg
- Herr Mehdi Sajadi, Flüchtling aus Augsburg
Die Flüchtlinge haben sich die Lippen zugenäht, weil nichts passierte. Drei Monate des Protests haben keine Veränderung der bayrischen Flüchtlingspolitik bewirkt. Drei Monate des Protests und immer noch sind einige der Flüchtlinge nicht anerkannt.
Nun übt die Stadt Würzburg wieder Druck aus. Alle Flüchtlinge aus anderen Landkreisen sollen wieder zurück in ihre zugewiesenen Landkreise. Den Flüchtlingen soll mit der Residenzpflicht, ein koloniales Gesetz, die freie Meinungsäußerung und das Recht auf Demonstration entzogen werden. Die Zahl der Betten und Stühle soll weiterhin begrenzt werden. Die ermüdeten Körper der streikenden Flüchtlinge sollen keine Gelegenheit finden, sich zu erholen. Die Flüchtlinge, die sich die Lippen zugenäht haben, sollen nicht mehr an dem Protest beteiligen. Die deutsche Verwaltung will durch den Druck die Flüchtlinge dort haben, wo sie sie am besten isolieren und zerstören kann: in den Isolationslager weit ab von der Öffentlichkeit.
+ + + + + Musterprotestschreiben an den Oberbürgermeister von Würzburg + + + + +
Absender
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An den Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, Herrn Georg Rosenthal
Direktorium, Rückermainstr. 2, 97070 Würzburg
Telefon: 0931 - 37 22 18
Fax: 0931 - 37 33 73
E-mail: ob@stadt.wuerzburg.de
Sehr geehrter Herr Rosenthal,
wir verfolgen seit dem Tod von Herrn Mohammad Rahsepar die Entwicklungen der Asylpolitik in der Stadt Würzburg. Wir waren nach seinem Tod verwundert, warum er trotz seiner bekannten Krankheit in der miserablen Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge, in der ehemaligen Emery-Kaserne leben musste.
Seit März sind nun seine Freunde und andere iranischen Flüchtlinge aus Bayern in einen öffentlichen Streik getreten. Sie setzen sich für das Recht auf politisches Asyl ein. Sie nutzen ihr Recht auf Meinungsäußerung und protestieren seit dem 18. März ebenfalls für die Verbesserung der Lebensbedingungen für Flüchtlinge und für das Ende der Residenzpflicht ein. Wie Sie vielleicht wissen, geht die Residenzpflicht zurück auf eine nationalsozialistische Polizeiverordnung von 1938 (gültig bis 1965!) und wurde 1982 im Asylverfahrensgesetz erneut festgeschrieben. Dabei wurde gleich das Höchststrafmaß aus der Nazi-Zeit mit übernommen: ein Jahr Gefängnis.
Wir erfuhren durch die Pressemitteilungen der streikenden Flüchtlinge in Würzburg, mit welchen bürokratischen Hürden der Protest belegt wird. Um den Protest zu unterminieren, werden seitens der organisatorisch Ihnen unterstehenden Stadtverwaltung Auflagen festgelegt, um die Flüchtlinge physisch zu schwächen und ihren legitimen Protest für bessere Lebensbedingung zu brechen.
Das Ausländergesetz entrechtet die Flüchtlinge, in dem ihnen Grundrechte abgesprochen werden. Die Aktion der streikenden Flüchtlinge in Würzburg ist ein Akt des demokratischen Engagements, die die iranischen Flüchtlinge im Iran nicht hatten. Was wäre passiert, wenn die selben Menschen im Iran sich für Demokratie eingesetzt hätten? Welchen propagandistischen Mittel wären genutzt worden, um die iranische Regierung zu kritisieren? Hier in Würzburg nutzen sie die noch hier geltenden Gesetze und protestieren. Dabei verstoßen sie aber auch gegen Gesetze wie die Residenzpflicht, das aus einer dunklen Zeit der deutschen Geschichte stammt und auch in den ehemaligen Kolonien zur Anwendung kam. Ist der Protest gegen solche Gesetze nicht die Pflicht jedes aufrechten Menschen? Oder dürfen die entrechteten Flüchtlinge hier nicht protestieren? Warum setzt man sich in der fernen Ukraine für die medizinische Versorgung von Frau Timoshenko ein und hier versucht man die hungerstreikenden Flüchtlinge physisch zu schwächen, in dem man ihnen verweigert, in ihrem Protestzelt Stühle und Betten zu benutzen? Warum berufen Sie sich auf die Residenzpflicht, das gegen die universelle Erklärung der Menschenrechte ist?
Wir fordern Sie auf, nehmen Sie Abstand von den Auflagen und verlängern Sie die Genehmigung für den Streik der Flüchtlinge. Schließen Sie die Gemeinschaftsunterkunft in der Emery-Kaserne und nutzen Ihren Spielraum für die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge.
Mit freundlichen Grüßen
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Vorname, Name und Unterschrift
+ + + + + Musterprotestschreiben an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge + + + + +
Absender
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An das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Herrn Joachim Köhn
Telefon: 0911 - 9433001
Fax: 0911 - 9433003
E-mail: joachim.koehn@bamf.bund.de
Sehr geehrter Herr Köhn,
im Januar haben wir mit Bestürzung vom Tod von Herrn Mohammad Rahsepar gehört. Seit März sind nun seine Freunde und andere iranischen Flüchtlinge aus Bayern in einen öffentlichen Streik getreten. Sie setzen sich für das Recht auf politisches Asyl ein. Sie nutzen ihr Recht auf Meinungsäußerung und protestieren seit dem 18. März ebenfalls für die Verbesserung der Lebensbedingungen für Flüchtlinge und für das Ende der Residenzpflicht ein.
Wir fordern Sie auf, die Asylanträge der streikenden und im Folgenden genannten Personen kritisch zu überprüfen und ihnen das Recht auf politisches Asyl zu gewähren. Die streikenden Personen sind:
- Herr Ajin Assadi, Flüchtling aus Würzburg
- Herr Arash Dosthossein, Flüchtling aus Grafrath
- Herr Reza Feizee, Flüchtling aus Aub
- Herr Mohammad Hassanzade Kalali, Flüchtling aus Cham
- Herr Soheil Hatamikia, Flüchtling aus Würzburg
- Frau Mandana Hemmat Esfeh, Flüchtling aus Bayreuth
- Herr Armin Jahanizadeh, Flüchtling aus Würzburg
- Herr Mohsen Mashhadi, Flüchtling aus Aschaffenburg
- Herr Mehdi Sajadi, Flüchtling aus Augsburg
Wir werden die Entwicklungen genau verfolgen und mit den streikenden Flüchtlingen in Würzburg engen Kontakt halten. Die Entscheidungen des BAMFs werden wir kritisch überprüfen und analysieren und jede Verletzung der Grundrechte und des Asylrechts in die Öffentlichkeit tragen.
Mit freundlichen Grüßen
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Vorname, Name und Unterschrift