Düsseldorf Ort: Johannes-Rau-Platz am Landtag am Rhein: Täglich Plenum um 20:00Uhr
Da die Polizei Düsseldorf kein Zelt erlaubt, ist ein Pavillon aufgebaut worden. Um dieses Unrecht durchzusetzen, waren etwa 50 Polizisten und 6 Beamte des "Staatschutzes" vor Ort anwesend. Arash Dosthossein wiederholt die Worte, die die Flüchtlinge in Würzburg gesagt hatten: "Wenn Steine vom Himmel fallen sollten, wenn sie uns keinen Zelt erlauben sollten, wir werden nicht zurück ins Lager gehen."
Kommt vorbei und zeigt euch solidarisch.
Das Zelt der protestierenden Flüchtlinge in Düsseldorf wurde heute nach einer Pressekonferenz errichtet.
Gitta Düpertal führte das folgende Interview mit dem Rechtsanwalt des Versammlungsleiters für die Zeitung jungeWelt:
Auflagen. Ein Gespräch mit Marcel Keienborg
jungeWelt vom 11.07.2012
Interview: Gitta Düperthal
Marcel Keienborg ist Rechtsanwalt und vertritt den Versammlungsleiter des Protestcamps der Flüchtlinge in Düsseldorf Araz Barani
Nachdem iranische Flüchtlinge in Würzburg ihren Hungerstreik für ein Bleiberecht und gegen die schlechten Bedingungen in Sammellagern abgebrochen haben, rufen sie bundesweit zum Protest auf. In Düsseldorf gab es bei der polizeilichen Anmeldung eines Protestcamps Ärger. Was ist dort passiert?
Gute Frage! Erstaunlicherweise hatte die Polizei bei einem ersten Gespräch keinerlei Probleme gesehen und die Versammlung im wesentlichen, wie angemeldet, akzeptiert. Erst nachträglich verhängte sie Auflagen, gegen die wir nun beim Verwaltungsgericht Düsseldorf klagen: Das Zelt darf nur 2,5 mal 2,5 Meter groß sein und man darf es nicht betreten. Die Behörden wollen ein Camp verhindern und haben deshalb untersagt, daß im Zelt übernachtet wird. Es soll nur symbolischen Charakter haben. Dabei hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München für den Protest in Würzburg kürzlich anders entschieden: Es darf einige Feldbetten geben, Matratzen, Schlafsäcke und Klappstühle.
Die Düsseldorfer Polizei versucht außerdem, den Standort des Protestcamps vom Rheinufer an den Landtag zu verdrängen. Dort ist jetzt parlamentarische Sommerpause. Es gäbe also nicht die gewünschte Außenwirkung. Der Polizei argumentiert: Der Verkehr am Rheinufer dürfe nicht zu sehr beeinträchtigt werden. Woher der plötzlicher Sinneswandel kam, ist nicht zu erklären.
Was ist das Anliegen der Flüchtlinge?
Das Übernachten im Zelt steht im engen Zusammenhang mit dem Inhalt des Protests. Die Flüchtlinge wenden sich unter anderem gegen die Bedingungen in ihren Unterkünften. Die Bewohner haben aber auch keine finanziellen Mittel, um täglich zum Protestcamp an- und abzureisen. Mit großem Unverständnis haben deshalb die Unterstützer des Protestcamps auf die polizeilichen Auflagen reagiert.
Gibt es weitere Gründe für den Protest speziell in Düsseldorf?
Durch das Flughafenschnellverfahren am Airport Düsseldorf werden Asylsuchende direkt am Flughafen abgefangen. Man läßt sie erst gar nicht nach Deutschland einreisen, um sie möglicherweise innerhalb weniger Tage nach einer Anhörung unmittelbar wieder abschieben zu können. Vom juristischen Gesichtspunkt aus ist das hochproblematisch, ihr Rechtsschutz ist massiv eingeschränkt. Darüber hinaus schiebt die europäische Grenzschutzagentur Frontex von Düsseldorf aus regelmäßig Flüchtlinge ab. Im Monat findet mindestens eine Sammelabschiebung von Roma nach Ex-Jugoslawien statt, wo sie kaum ihre Existenz sichern können.
Einer der Würzburger Hungerstreikenden, Arash Dosthossein, aus dem Iran hat noch kein politisches Asyl in Deutschland erhalten. Wie ist seine Situation?
Mein Mandant Araz Barani, der gemeinsam mit ihm die Versammlung in Düsseldorf angemeldet hat, hat mir mitgeteilt, daß drei Flüchtlinge, die in Würzburg im Hungerstreik waren, noch kein politisches Asyl bekommen haben. Sie warten auf Entscheidungen von Verwaltungsgerichten. Arash Dosthossein kommt aus der Flüchtlingsunterkunft Gräfrath in NRW. Sein Fall liegt dem Düsseldorfer Gericht zur Entscheidung vor.
Insgesamt war der Protest in Würzburg aber erfolgreich. Mit Ausnahme dieser drei sind alle der acht hungerstreikenden Flüchtlinge als asylberechtigt anerkannt worden. Sie hatten aber zu drastischen Mitteln greifen müssen und sich die Münder zugenäht. Sympathien in der Bevölkerung blieben ihnen aber erhalten …
Da die Flüchtlingsunterkünfte in der Regel weit außerhalb liegen, werden sie kaum wahrgenommen. Deshalb wollen die Aktivisten in Düsseldorf ihren Protest öffentlich sichtbar machen. Dort kann sich jeder mit ihnen unterhalten, und die Menschen erfahren, wie es ihnen geht.
Weshalb geht die Polizei mit derart harten Auflagen gegen die geplante Versammlung vor?
Ich kann nur spekulieren: Möglicherweise will die Ordnungsbehörde ein zweites Camp in Düsseldorf neben dem von Occupy verhindern. Letzteres wollte sie beenden, aber das ist nicht gelungen.