Zu den anstehenden Änderungen im Lager Zella-Mehlis
( http://www.insuedthueringen.de/lokal/suhl_zellamehlis/zella-mehlis/Land… )
hier eine Erklärung von Miloud L Cherif. Im Anhang nochmal als pdf in Deutsch und Englisch. Gerne weiterverbreiten!
Stellungnahme zu den jüngsten Entwicklungen im Flüchtlingslager Zella-Mehlis
Es zählt nicht, wer betreibt
In Bezug auf die jüngsten Entwicklungen im Flüchtlingslager Zella-Mehlis, die entweder eine neue Betreiberfirma oder die Übernahme der Verantwortung durch den Landkreis vorsehen, lässt sich folgendes konstatieren: Ein Lager ist ein Lager, ein von der Stadt isoliertes Gebäude, in dem Flüchtlinge zwangsweise leben. Wir haben keine Wahl, wo wir leben möchten und wir waren und sind gezwungen, in diesem Lager zu leben. Es ist ein Ort, der Flüchtlinge gesammelt unterbringt, um sie zu kontrollieren. Hier wird ihnen ihre Würde genommen, was sich auch durch eine andere Firma oder die Ausländerbehörde, die Urheberin der ganzen Situation, nicht ändert.
Es interessiert uns nicht, wieviel Geld die Ausländerbehörde für die Renovierung des Lagers ausgeben will. Das war von Beginn an unsere Position. Ich werde nicht bautechnisch argumentieren, da genau darüber alle am liebsten sprechen: Über neue Türen, neue Fenster, neue Farben an der Wand. Und danach sei alles bestens. Bisher hat niemand über Sicherheit in diesem Heim geredet, weder die Betreiberfirma, noch die Ausländerbehörde. Flüchtlinge, die seit zehn Jahren hier leben haben noch nie von einem Feuerschutzsystem gehört. All das kam erst seit unseren 2010 begonnenen Protesten auf und wir werden damit fortfahren, bis das Lager geschlossen wird.
Unbehandelte Tuberkulose; Tod nach dauerhaften Abschiebedrohungen
Dieses Lager war und ist die Anschrift vieler trauriger und schrecklicher Geschichten. So wie die vom Flüchtling Fadi, der trotz seiner Erkrankung an Tuberkulose vier Wochen keine Behandlung bekam. Natürlich musste er leidvoll auf einen Krankenschein warten. Für einen Flüchtling dauert es aber meist mehr als einen Monat, eine medizinische Behandlung zu bekommen. Viele andere Flüchtlinge haben aufgrund der mangelnden hygienischen Verhältnisse und Schimmelbildung chronische Hauterkrankungen, was ich selber mit angesehen habe. Das Landratsamt Meiningen sieht da keinen Handlungsbedarf.
Ruslan Yatskevichs Geschichte ist ein weiteres Grauen. Die Verbindung aus jahrelanger Isolation, gesundheitlichen Problemen und Abschiebeterror führte bei Ruslan in einer Winternacht 2008 dazu, aus dem Lager in den angrenzenden Wald zu laufen, wo er zwei Monate später erfroren gefunden wurde. Seine Angst resultierte aus regelmäßigenBriefen von der Ausländerbehörde, die ihm mit der Abschiebung drohte – obwohl bekannt war, dass er aus medizinischen Gründe nicht hätte abgeschoben werden können.
Ruslans Fall kam bis zu den letzten Protesten nie ans Licht.Das deutsche System brachte Ruslan auf seinem eigenen Weg um.
Einschüchterung und Fehlinformation
Das Meininger Landratsamt hat viel daran gesetzt, die Flüchtlinge weiter an diesem unmenschlichen Ort leben zu lassen. Dabei scheint zweitrangig wie das geschieht – die Hauptsache ist, dass die Flüchtlinge irgendwann entscheiden Deutschland zu verlassen, weil sie es nicht mehr aushalten.
Am 22.6.2011 legte die Sozialbetreuerin den Flüchtlingen im Lager Zella-Mehlis ein Schreiben vor, das sie unterschreiben sollten, falls sie nicht in ein anderes, noch schlechteres Gebäude umgesiedelt werden wollten. Einige Flüchtlinge unterschrieben, weil sie ohnehin unter großem Druck standen. Am nächsten Tag, nachdem die Lokalzeitung bereits von der Unterschriftenaktion
Leben in Wohnungen – Leben in Würde
Seit Sommer 2011 hat die Ausländerbehörde entschieden, monatlich 5000 € für die Renovierung des Lagers auzugeben. Das hat der Isolation der Flüchtlinge keinen Abbruch getan, die weiterhin das Leben von vor dem Sommer 2011 weiterleben. Auch Geld kann die Isolation nicht hübsch aussehen lassen.
Wir sagten es und wiederholen es immer wieder: Unsere Forderung ist die Schließung des verdammten Lagers. Bringt ALLE Flüchtlinge in Wohnungen unter, darunter gibt es keine Kompromisse.
Wir widersprechen der Ausländerbehörde nachdrücklich und warnen sie davor, einen neuen Vertrag mit einer anderen Firma abzuschließen. Genug ist genug, die nächste Entscheidung sollte unseren Forderungen entsprechen, denn unser Protest wird nicht aufhören, bis jeder Flüchtling seine Würde zurückbekommt.
Miloud L Cherif
Lager Zella-Mehlis,16.Juli 2012
The Voice Refugee Forum
Kontakt: 0176 99334119
Mehr Info:
https://thevoiceforum.org/search/node/Zella-Mehlis