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Flüchtlinge fühlen sich im Heim von Breitenworbis isoliert

By voice, 15 October, 2012

Sanam Najimi (24) steht mit ihrer Tochter Maria (3 Monate) in der Küche im Heim von Breitenworbis. Foto: Alexander Volkmann Sanam

Wenn Ali Najim aus seinem Zimmerfenster schaut, sieht er ein Feld mit Futterrüben, dahinter ein Maisfeld und am Horizont die Dächer des nächsten Dorfes. Hinter einem Zaun steht ein großer Kuhstall, dessen Gerüche an schlechten Tagen so stark sind, dass Ali Najim das Fenster nicht öffnen mag.
Breitenworbis. Er stammt aus Afghanistan. Seit zwei Jahren lebt er in diesem Flüchtlingsheim. Von dem er und viele seiner Mitbewohner sagen: Es macht krank.

Warum? Es ist eng geworden in Ali Najims Zimmer, die Nachbarn haben sich auf dem Boden niedergelassen und es ist nicht leicht, eine einfache Antwort auf diese Frage zu bekommen. Die Frage wühlt sie auf, sie erzählen atemlos, aber kaum jemand spricht mehr als ein paar Brocken Deutsch. "Viel schlimm", sagt eine.

Die zwölfjährige Arazu, die seit zwei Jahren in die Regelschule des Dorfes geht, muss für die afghanischen Nachbarn übersetzen.

Senam, Alis Frau, wiegt ihr Baby auf dem Arm. Um es zu baden, fährt sie zu einer Bekannten nach Leinefelde. In den Duschen, sagt sie, kann sie das Kind nicht waschen.

Die Duschen für Frauen befinden sich im Keller. Von den Steinfliesen steigt Kälte auf. Zwölf Duschen, zum Raum hin offen, und Vorhänge, die sich nicht schließen lassen weil die Ösen fehlen.

Privatheit muss man sich hier abtrotzen
Man wäscht sich, sagt eine Tschetschenin, vor aller Augen.

Die afghanischen Frauen führen mich in die Küche. Herde, von Rost überzogen - vielleicht ist es auch Dreck, oder beides -, von denen kein einziger vollständig funktioniert. Ein Backofen und acht Kochplatten für 20 Familien auf dem Gang.

Auf dem Fensterbrett schwimmt eine leere Mehltüte in brauner Brühe. Die Luft riecht nach ranzigem Öl, der Geruch zieht durch die Gänge, setzt sich in der Kleidung fest, kriecht durch die Türritzen in die Zimmer. Man kann ihm nicht entkommen.

96 Menschen leben im Heim. Jeden Hauch von Privatheit muss man sich abtrotzen.

Arazu, die junge Übersetzerin, ist mit zwei Mädchen aus ihrer Klasse befreundet. Sie wohnen im Dorf, zu Besuch war sie bei ihnen noch nicht. Dann müsste sie die Freundinnen auch hierher einladen. Das will sie nicht. Sie sollen nicht sehen, wie sie lebt.

Sie wendet sich ab. Eine Frau streicht ihr über die Schulter.

Aber es sind nicht nur die Duschen, die kaputten Herde, nicht der Geruch.

Es ist die Einsamkeit des Ortes hier.

Abulfaz (3) spielt im Sperrmüll auf dem Gelände. Foto: Alexander Volkmann Abulfaz (3) spielt im Sperrmüll auf dem Gelände. Foto: Alexander Volkmann

Im Zimmer von Ali Najim läuft ein arabischer Sender. Der Fernseher ist für ihn so ziemlich die einzige Verbindung zur Außenwelt. Zwei Jahre Breitenworbis und kaum ein flüssiger Satz in Deutsch. Wo soll er es auch lernen? Mit wem sprechen? Er zeigt nach draußen. Mit den Kühen? Er lacht, aber es klingt bitter, dieses Lachen.

Die Residenzpflicht erlaubt ihnen Fahrten höchstens bis Erfurt, aber selbst das wäre für ihn und seine Familie zu teuer.

Sie sind gebunden an diesen Ort, an dem es nichts gibt außer den Feldern und das Rauschen der nahen Autobahn.

Womit sie die Zeit füllen? Kochen, essen, schlafen. Und warten. Auf einen Brief von den Behörden. Auf den nächsten Gang zum Ausländeramt. Auf irgendein Zeichen, das die Hoffnungen einlöst, die sie an diesen Ort gespült hat: leben wie andere Menschen auch.

Ali Najim und seine Frau sind aus Angst vor den Islamisten in ihrem Dorf geflüchtet. Seine Frau hat Mädchen Lesen und Schreiben beigebracht.

Eine Tschetschenin ist mit ihrem Sohn vor den Polizeipatrouillen in Grosny geflohen, die immer wieder kamen, folterten und drohten.

Der Mann einer der afghanischen Frauen wurde vor ihren Augen von den Taliban erschossen.

Das Haus ist voll solcher Geschichten. Dazu kommt das Warten und die Isolation, die sich aufladen mit dem Gefühl von Hilflosigkeit. Sie fühlen sich abgeschoben, gezwungen zu einem Leben in der Warteschleife. So sagen sie es.

Die Tschetschenin zeigt einen Brief vom Sozialamt. Es ist die Ablehnung einer Facharzt-Überweisung für ihren Sohn. Warum, fragt sie?

Ein älterer Kaukasier mit eingefallenen Wangen unter dunklen Bartstoppeln streckt uns einen Brief entgegen. Er kommt von der Rentenversicherung. "Ist das gut oder schlecht für mich?" Er lebt seit sechs Jahren in Breitenworbis, Deutsch kann er nicht. Das Schreiben macht ihm Angst. Und niemand, sagt er, erklärt es ihm.

Im Kinderspielraum basteln Frauen aus dem Dorf mit den Kindern. Sie geben sich Mühe, aber gegen das Gefühl der Isolation können diese Gesten nur wenig ausrichten.

Seit Anfang September marschieren Flüchtlinge aus ganz Deutschland durch das Land. Heute soll vor dem Bundestag eine Kundgebung stattfinden. Ein Protest gegen die Lebensbedingungen in vielen Flüchlingsheimen.

Als sie Station in Erfurt machten, war auch das Heim von Breitenworbis Thema. Die Jenaer Flüchtlingsorganisation "The Voice" (Die Stimme) fordert die Schließung und eine Unterbringung der Bewohner in Wohnungen.

Darauf hoffen sie im Heim von Breitenworbis alle.

Das zuständige Sozialamt in Heiligenstadt lässt dazu mitteilen, dass in den vergangenen anderthalb Jahren 56 Flüchtlinge in Wohnungen gezogen sind. Darüber hinaus handele der Landkreis "entsprechend der Gesetzeslage".

Formal ist das wohl auch so. Es gibt aber immer einen Ermessungsspielraum.

Der Kaukasier begleitet uns bis nach draußen. Der Wind zerrt am Brief von der Rentenversicherung. "Bitte", sagt er noch - "gut oder schlecht?"

Asylbewerber in Thüringen

Derzeit leben 3300 Asylbewerber in Thüringen
Im Vergleich zu den Vorjahren war diese Zahl annährend konstant, wird sich aber gemessen an den monatlichen Neuzugängen bis zum September (200 Flüchtlinge) erhöhen
Für Unterbringung und Versorgung zahlt das Land Thüringen zurzeit eine monatliche Pauschale von 473 Euro pro Asylsuchenden an die Landkreise und Städte
Gegenüber den Vorjahren ist das nur eine leichte Steigerung, die Summe wird sich aber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Leistungen für Asylbewerber vom Juli 2012 erhöhen.
Die meisten Neuzugänge kommen aus Afghanistan, gefolgt von Syrien, Serbien und Irak
Im Land gibt es 23 Asylbewerberheime, 40 Prozent der Flüchtlinge leben in Wohnungen

Elena Rauch / 12.10.12 / TA
Z81CABL590202
http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Flu…

Deut/Eng] Flüchtlingsdemonstration in Heiligenstadt - Das Isolationslager in Breitenworbis muss Weg!!
https://thevoiceforum.org/node/2717

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