Aufruf zum 22. Antirassistischen und antifaschistischen Ratschlag in Gotha
"Die Bundesrepublik ist durch die Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet" - mehr als die Hälfte der Menschen in Thüringen denkt laut Umfrage des Thüringen-Monitors 2011 genau das. Dabei hat sich die Zahl der Menschen mit extrem rechten Einstellungen von 13 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent erhöht, der harte Kern hat sich gar von 3% auf 9% verdreifacht. Umso wichtiger ist es, sich aktiv für eine solidarische Gesellschaft jenseits von Faschismus, Rassismus und Ausgrenzung stark zu machen.
Gotha - Royal in Thüringens Mitte?
Ebenso wie in anderen Städten und Dörfern in Thüringen existiert auch im Raum Gotha eine aktive rechte Szene: Angefangen bei rechtsorientierten Jugendlichen über lose Neonazi-Grüppchen bis hin zu gefestigten Kameradschaftsstrukturen und NPD-Kreistagsabgeordneten.
Wie andernorts sind auch hier militante Kameradschafts-Nazis und die vermeintlich biederen, Anzug tragenden aus der Parteipolitik eng miteinander verbunden. So war beispielsweise der NPD Kreistagsabgeordnete Sebastian Reiche vor seiner parlamentarischen Karriere bei der Anti-Antifa aktiv. Dabei steht die hiesige Kameradschaft nicht nur in Kontakt zur rechten Partei, sondern auch zu umliegenden Neonazi- Strukturen in Thüringen. Die lokale Szene organisiert nicht nur den jährlichen neonazistischen Aufmarsch zum Volkstrauertag in Friedrichroda, sondern nimmt deutschlandweit an rechten Aktivitäten teil. Auch die rechte Infrastruktur ist in der Region Gotha ausgebaut: Für die Versorgung der Szene mit Modeartikeln, Pfefferspray oder Baseball-Schlägern sorgt der in der Querstraße ansässige Army-Shop. Darüber hinaus konnten Gothaer Neonazis im nahe gelegenen Crawinkel eine eigene Immobilie erwerben. Damit existiert in Thüringen ein weiterer Veranstaltungsort für Nazi-Konzerte.
Unser Widerstand
Vor 20 Jahren haben sich tausende, teils applaudierende Schaulustige mit den menschenfeindlichen und gewalttätigen Brandstifter_innen in Rostock Lichtenhagen solidarisiert, gleichzeitig wurde in Bonn das Grundrecht auf Asyl de facto abgeschafft. Heute reagiert der Volksmob in Insel und der alltägliche und institutionelle Rassismus bleibt viel zu oft unwidersprochen.
Aber im Kampf gegen diese Zustände regt sich mittlerweile ein breiterer gesellschaftlicher Widerstand. Aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen organisieren sich Menschen gegen diese Zustände - leider oft ohne größeren Bezug aufeinander. Wir wollen das ändern. Wir wollen die verschiedenen Diskussionen zusammenführen, um den Weg des Widerstandes gegen Rechts mit der entschiedenen Entschlossenheit weiter zu gehen.
Wir sind noch lange nicht am Ziel
solange die menschenverachtende Ideologie von alten und neuen Nazis in Gotha, Thüringen und anderswo einen breiten gesellschaftlichen Resonanzboden findet,
solange Thilo Sarrazin seine chauvinistischen Thesen vor einem ausverkauften Saal darbietet und die Gegner_innen als eigentliches Problem betrachtet werden,
solange Menschen mit Migrationshintergrund ausgegrenzt und kriminalisiert werden,
solange Menschen ohne deutschen Pass in Lagern untergebracht, in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt und letztlich abgeschoben werden,
solange Menschen auf Grund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert oder ausgegrenzt werden,
solange antisemitische und das NS-Regime verherrlichende Parolen gebrüllt werden und sich niemand dagegen auflehnt,
solange Grenzen zwischen Verfassungsschutz, NPD und rechter Szene fließend sind,
solange werden wir nicht aufhören, aufzuklären, gemeinsam neue Ideen, Strategien und Aktionen zu entwickeln. Wir rufen deshalb Alle auf, die unser Anliegen teilen:
Aktiv werden, Alltagsrassismus bekämpfen, Neonazis entgegentreten!
Kommt am 2. und 3. November zum antirassistischen und antifaschistischen Ratschlag nach Gotha!