Statement of Refugee Bus Tour: 18.3. Polizeigewalt in Neumünster/Police Violence in Neumünster
https://thevoiceforum.org/node/3110
Polizeigewalt in Schleswig-Holstein
Faustschläge für Flüchtlinge
In Neumünster landeten protestierende Asylsuchende und ihre Unterstützer im Krankenhaus und in Gewahrsam. Sie demonstrierten für mehr Bewegungsfreiheit.von Kristiana Ludwig
Platzwunde: Angemessen, findet die Polizei. Bild: Refugees Revolution Oranienplatz
NEUMÜNSTER taz | Vor der schleswig-holsteinischen Landesunterkunft für Asylbewerber hat die Polizei am Montag eine Demonstration von Flüchtlingsaktivisten gewaltsam aufgelöst. Knapp 60 Menschen hatten vor dem Tor der ehemaligen Scholtz-Kaserne in Neumünster gegen die Unterbringung in den Gebäuden protestiert.
Die Unterkunft in Neumünster wollten die Flüchtlinge im Rahmen einer deutschlandweiten Bustour besuchen. Seit Februar setzen sich die Aktivisten in mehreren Städten für die Rechte von Asylsuchenden ein. Sie fordern freien Zutritt zu Flüchtlingsheimen. In Neumünster blieb das Kasernentor jedoch verschlossen. Die Polizei sperrte den Eingang ab.
Laut Polizei waren rund 100 Beamte im Einsatz. Die Flüchtlinge und ihre Unterstützer aus Kiel und Neumünster hatten die Demonstration nicht angemeldet. Zu Beginn hatte ein Polizist allerdings gesagt, man werde die Versammlung tolerieren, solange niemand versuche, über den Zaun auf das Kasernengelände zu klettern. Begleitet von Vertretern des Landesamts für Ausländerangelegenheiten durfte eine Gruppe von sechs Aktivisten das Gelände betreten, um dort Informationsmaterial an Pinnwände zu hängen. Die Flüchtlinge forderten aber Gespräche mit den Bewohnern ein.
Im Laufe der Protestaktion betraten Demonstranten die Straße und stoppten dort einen Linienbus. Ein Aktivist hatte sich auf die Straße gelegt. Die Polizisten drängten die Menschen zunächst zurück in die Kaserneneinfahrt. Dann versuchten die Beamten, einen der Flüchtlinge aus der Gruppe zu lösen. Sie sprühten Pfefferspray in die Augen der Aktivisten und schlugen einigen von ihnen mit der Faust ins Gesicht. Sechs Protestierende wurden schließlich vorübergehend in Gewahrsam genommen.
Gehirnerschütterung und Platzwunde
Ein Demonstrant erlitt in der Auseinandersetzung mit Polizisten eine Gehirnerschütterung, ein anderer musste mit einer Platzwunde am Auge ins Krankenhaus. Flüchtlinge und Unterstützer hatten sich zunächst miteinander verhakt, um die Verhaftung eines Mannes zu verhindern. Die Polizisten trennten die Gruppe. Einer jungen Frau versetzten Beamte dabei mehrere Fußtritte in den Rücken, während sie am Boden lag. Als ein Protestierender danach zu einem Mikrofon griff, stieß ihm ein Polizist mit der flachen Hand ins Gesicht, drückte ihn zu Boden und nahm ihn ebenfalls in Gewahrsam.
Laut Polizeisprecher Rainer Wetzel wird den Demonstranten Widerstand gegen Vollzugsbeamte und die Gefährdung des Straßenverkehrs vorgeworfen – nicht aber Körperverletzung. Trotz des friedlichen Protests sei der Umgang der Polizisten mit den Demonstranten, die im Krankenhaus behandelt wurden, aber „selbstverständlich angemessen“ gewesen.
Die Aktivisten der „Refugees’ Revolution Bus Tour“ kritisieren dagegen das Vorgehen der Polizei als „extrem eskalativ“. Die politische Arbeit der Flüchtlinge sei „sabotiert, kriminalisiert und gewaltvoll verhindert“ worden.
http://www.taz.de/Polizeigewalt-in-Schleswig-Holstein/!113135/
[NMS] Polizei eskaliert Refugees-Bustour
... 19.03.2013 01:20 Themen: Antirassismus Repression Soziale Kämpfe
Während ihrer heutigen Station in Neumünster wurden die Aktivist_innen der bundesweiten Refugees' Revolution-Bustour für die Abschaffung der Abschiebegesetze, die Schließung aller Flüchtlingslager und die Abschaffung der Residenzpflicht, die dieser Tage in zahlreichen deutschen Städten das Gespräch mit anderen Geflüchteten suchen und für die Großdemo am kommenden Samstag in Berlin mobilisieren, und ihre Unterstützer_innen wiederholt Ziel brutaler Polizeiübergriffe.
Bereits vor dem angekündigten nachmittäglichen Besuch des Aufnahmelagers für Geflüchtete am Haart wurden sowohl die zwei Tourbusse des Berliner Protestcamps, als auch Unterstützer_innen, die sich vom Neumünsteraner Bahnhof auf den Weg gemacht hatten, bei ihrer Anreise von vollbesetzten Polizeifahrzeugen verfolgt. Gegen 15 Uhr am Lager angekommen, hielt die Polizei bereits den Innen-, wie auch den Außenbereich mit einem massiven Aufgebot an Beamt_innen in Kampfausrüstung besetzt, darunter BFE-Einheiten. Entgegen des Rechts der Insass_innen des Lagers, Besuch empfangen zu dürfen, wurden, angeblich auf Weisung der Lagerleitung, nur einer Delegation von drei Aktivist_innen der Weg nach drinnen gewährt, um hier in Kontakt mit den dort lebenden Geflüchteten treten zu können. Als weitere Teilnehmer_innen versuchten, das Lager zu betreten, wurden sie von der Polizei gewaltsam daran gehindert und das Tor geschlossen.
Anschließend entspannte sich die Situation zunächst und vor dem Lager konnten die etwa 50 Demonstrant_innen mit Parolen, Transparenten, Sambarhythmen und Durchsagen die Aufmerksamkeit der Bewohner_innen erregen, während die Delegation drinnen den direkten Kontakt mit ihnen herstellte. Einige der Lagerinsass_innen schlossen sich dem Protest an, die Stimmung war trotz niedriger Temperaturen und der Polizeischikanen ausgelassen.
Nach knapp einer Stunde jedoch, kurz nachdem die Delegation das Lager wieder verlassen hatte, begann ein minutenlanger Gewaltexzess durch die Polizei: Nachdem einige Aktivist_innen es gewagt hatten, den Bürgersteig zu verlassen und den Protest auf die Fahrbahn auszuweiten, griffen BFE-Schläger_innen diese umgehend mit Faustschlägen an und prügelten sie von der Straße. Als die Uniformierten anschließend versuchten, einen Refugee aus der Menge heraus zu zerren und festzunehmen, eskalierte die Situation völlig. Die Polizei traktierte die Aktivist_innen mit Schlägen, Tritten und Pfefferspray und schubste an allen Ecken Demonstrant_innen durch die Gegend. Insgesamt wurden während der Übergriffe mindestens vier Menschen verletzt, von denen einer ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und sechs Menschen unter dem Vorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen, unter ihnen sowohl Refugees, als auch Supporter. Alle anderen Aktivist_innen wurden zunächst des Platzes verwiesen, etwa ein Dutzend von ihnen, das sich nicht in der von der polizeilich erwünschten Eile vom Ort des Geschehens entfernte, dann allerdings eingekesselt. Weil sie die Ordnungswidrigkeit begangen hätten, an einer "nicht genehmigten" Veranstaltung teilgenommen zu haben, wurden ihre Personalien festgestellt.
Leider passend zum Tag der politischen Gefangenen versammelten sich anschließend ab etwa 18 Uhr ein Großteil der Demonstrant_innen erneut, diesmal vorm 1. Neumünsteraner Polizeirevier, wohin die Gefangenen zwecks Verhör und erkennungsdienstlicher Behandlung gebracht worden waren. Eine spontan angemeldete Kundgebung wurde zunächst geduldet. Wiederum wurde lautstark globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen, wie auch die Freilassung der inhaftierten Genoss_innen gefordert. Gegen 19 Uhr, als bereits drei der Festgenommenen wieder entlassen waren, setzte die Polizei ein drittes Mal an diesem Tage auf Eskalation. Unter der Begründung, die Kundgebung sei nur für eine Stunde genehmigt worden, versuchte der Einsatzleiter eine Auflösung zu erzwingen und hielt seine Truppe nach ausbleibendem Erfolg an, zwei Transparente zu entwenden. Nur wenige Minuten später jedoch waren ohnehin alle Gefangenen wieder draußen und die Kundgebung löste sich selbst auf. Ihre Teilnehmer_innen begaben sich mehrheitlich in die AJZ in der Neumünsteraner Innenstadt, wo Abends ein gemeinsames Essen sowie eine Infoveranstaltung der Refugees' Revolution stattfand. Auch diese wurde von Polizist_innen überwacht.
Insgesamt war der Verlauf des heutigen Tages ein trauriges Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn Unterdrückte und Ausgegrenzte beginnen, ihre Situation nicht widerspruchslos zu erdulden oder um ihre Rechte nur zu betteln, sondern anfangen, selbstbewusst um diese zu kämpfen, sich organisieren und dabei nicht bei den Hüter_innen von Gesetz und Ordnung um Erlaubnis fragen: Auch entgegen jeglicher realistischer Bedrohungslagen wird ihnen mit brutalsten Mitteln immer wieder demonstriert, bei wem das Gewaltmonopol liegt und nach wessen Pfeife zu tanzen ist. Dass die Repression ihre Zielsetzung im Falle der Refugee-Bustour erfreulicherweise zu verfehlen scheint, zeigt, dass auch vorherige Angriffe auf die Aktivist_innen wie in Köln oder Karlsruhe sie nicht an einer Fortsetzung hindern konnten und auch die heutigen Ereignisse ihre kämpferische Haltung nicht zu brechen wusste.
Für morgen ist um 10 Uhr eine öffentliche Pressekonferenz in der Hansa48 in Kiel geplant, am Samstag startet um 14 Uhr die große Refugees' Revolution-Demonstration auf dem Oranienplatz in Berlin.
http://de.indymedia.org/2013/03/342599.shtml
http://refugeesrevolution.blogsport.de
HOLSTEINISCHER COURIER
Flüchtlingsheim
Polizei löst Demo auf
19. März 2013 | 06:50 Uhr | Von Jens Bluhm
Etwa 50 Menschen protestierten gegen "Lagerunterbringung" von Asylbewerbern. Als sie den Verkehr stoppten, griff die Polizei ein. Fünf Festnahmen.
Neumünster. Rund 100 Polizeibeamte und 50 Demonstranten haben sich gestern Nachmittag vor dem Landesamt für Ausländerangelegenheiten in der ehemaligen Scholtz-Kaserne eine wüste Rangelei geliefert. Mehrere Demonstranten wurden in dem Handgemenge leicht verletzt. Die Polizei nahm fünf Personen vorübergehend fest. Der Haart zwischen Ring und Noldestraße war wegen des Polizeieinsatzes für rund zweieinhalb Stunden bis kurz vor 18 Uhr gesperrt.
Die überwiegend jungen Leute waren gegen 15 Uhr vor dem Hauptportal der Scholtz-Kaserne aufgezogen, um gegen die "Lagerunterbringung" von Flüchtlingen zu demonstrieren. Sie wollten auf das Gelände der Flüchtlingsunterkunft, um dort unter den Bewohnern mit Flugblättern für eine Protestkundgebung am kommenden Sonntag in Berlin zu werben. Um die nicht angemeldeten Demonstranten daran zu hindern, das Gelände gewaltsam zu betreten, war auf dem Kasernengelände vor dem Tor Polizei aufgezogen. Hausherr Ulf Döhring, Leiter des Landesamtes, gestattete schließlich einer kleinen Gruppe den Zutritt.
Die Situation eskalierte, als einige Demonstranten mit Transparenten auf die Straße stürmten und den Verkehr blockierten. Ein Mann legte sich demonstrativ vor einen Linienbus. Als heraneilende Polizisten ihn wegtragen wollten, kam es zu ersten Rangeleien. Die Polizei sperrte den Haart. Zusätzliche Einsatzkräfte aus Eutin zogen auf und versuchten, die Demonstranten zurückzudrängen. Als die Polizisten einen Wortführer gezielt festnehmen wollten, verhakten sich mehrere Sympathisanten mit ihm. Mehrere Demonstranten und einige Polizisten gingen in dem Gedränge zu Boden. Wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nahm die Polizei fünf Personen vorübergehend fest. Weil sich die Demonstranten zunächst weigerten, den Platz vor dem Kasernentor zu räumen, führten die Polizisten sie zur zur Überprüfung der Personalien ab.
Dr. Heinrich Wadle von der Linkspartei verfolgte das Geschehen mit Entsetzen. Die Linkspartei hatte die Demonstranten bis zum Kippen der Stimmung vor dem Kasernentor mit heißen Kaffee aus einem Kleinbus heraus versorgt, weil sie sich, so Wadle, "für eine gute Sache einsetzen. Wir unterstützen ihr Ziel, Flüchtlinge menschlicher zu behandeln", sagte Wadle . Allerdings sei er geschockt von der Eskalation der friedlich begonnenen Demo. Die Demonstranten seien offensichtlich "etwas unorganisiert".
http://www.shz.de/nachrichten/lokales/holsteinischer-courier/artikeldet…
Gewalt gegen Flüchtlingsaktion
Polizei gegen Refugees-Bus-Tour
Unter dem Namen Refugees-Bus-Tour sind Flüchtlinge zurzeit auf einer Protestfahrt durch Deutschland. Ihr Ziel sei es, das "unmenschliche" deutsche Asylrecht "mit massivem Protest zu durchbrechen", sagen sie.
In Köln sei die Polizei am 10. März 2013 gewaltsam gegen die Refugees-Bus-Tour vorgegangen und habe 19 Aktivisten verletzt, so die Veranstalter auf ihrer Internetseite, drei davon schwer, eine Aktivistin sei bewusstlos geschlagen worden. Als Grund für die Verhaftungen und Misshandlungen mit Schlagstöcken und Pfefferspray sei angegeben worden, dass auf dem Gelände des Flüchtlingslagers Geißelstraße in Köln-Ehrenfeld Flyer verteilt wurden, um die Flüchtlinge, die dort leben, zu einer angemeldeten Kundgebung am Kölner Bahnhof einzuladen. Die Aktivisten der Refugees-Bus-Tour hätten mit den Flüchtlingen im Lager Geißelstraße für ihre Grundrechte einstehen wollen.
Zuvor waren Aktivisten der Refugees-Bus-Tour in Karlsruhe ebenfalls gewaltsam von der Polizei angegangen worden. "Wir haben in Leipzig, Augsburg und Reutlingen demonstriert, nie kam es zu derartigen gewalttätigen Übergriffen wie heute in Karlsruhe. In Reutlingen konnten wir durch Blockaden sogar Gespräche mit dem Bürgermeister erreichen", so einer der Flüchtlinge der Refugees-Bus-Tour auf der Internetseite der Veranstalter. Für den 23. März 2013 ist eine "Refugee Revolution Demonstration" in Berlin angekündigt.
http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/168415/index.html