Pressemeitteilung von Ak Asyl Göttingen 03.06.2013
Kundgebung und Spontandemonstration nach dem Suizid eines Geflüchteten im Lager in Eisenhüttenstadt
Am 28. Mai hat sich ein junger Mensch aus dem Tschad in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt das Leben genommen. Er sollte heute nach Italien abgeschoben werden.
Etwa 150 Menschen versammelten sich heute, am 29. Mai 2013, in Göttingen, um gegen die rassistischen Bedingungen und Sondergesetze, die den Mann in den Suizid getrieben haben, zu protestieren.
Auf der Kundgebung wurde in Redebeiträgen auf die unmenschlichen Lebensbedingungen der Menschen in dem Lager in Eisenhüttenstadt hingewiesen. Die Flüchtlinge sind im Lager isoliert, sie bekommen jeden Tag das gleiche, schlechte Essen in der Kantine, die Räumlichkeiten sind überfüllt, Toiletten- und Duschräume sind zu knapp und schmutzig und die medizinische Versorgung ist unzureichend. Die Tatsache, das die Menschen jederzeit abgeschoben werden können „erzeugt eine Atmosphäre der Angst im ganzen Lager“. Ähnliche Lebensbedingungen würden sich in allen Lagern finden.
Im Anschluss an die Kundgebung kam es zu einer spontanen Demonstration durch die Innenstadt. Etwa 150 Menschen zogen durch die Straßen und brachten ihre Wut auf rassistische Sondergesetze und den alltäglichen Rassismus, denen Geflüchtete ausgesetzt sind, lautstark zum Ausdruck.
Der AK Asyl ruft auf, sich an der Demonstration in Eisenhüttenstadt am Montag, dem 03. Juni 2013, um 16 Uhr an der Zentralen Ausländerbehörde, Poststraße 72, zu beteiligen (siehe auch http://thecaravan.org/node/3793).
Wir schließen uns der Forderung der Demonstrant_innen an:
Kein Mensch ist illegal !!!
Wandelt Wut in Widerstand !!!
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arbeitskreis asyl goettingen
geismar landstrasse 19
37083 goettingen
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fax: +49.551.288793359
akasylgoe@emdash.org
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05.06.2013
Selbstmord eines FlüchtlingsDjamaas Tod in Eisenhüttenstadt
Von Sabine Rennefanz
Foto:
Seit 1991 existiert das Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt.
Foto: PRIVAT Eisenhüttenstadt –
Das Erstaufnahmelager Eisenhüttenstadt ist überfüllt. Jetzt hat sich ein junger Mann dort umgebracht. Flüchtlingsorganisationen beklagen die mangelnde medizinische und psychologische Versorgung in Eisenhüttenstadt. Am Montag fand eine Kundgebung statt.
Seine Zimmergenossen saßen am Dienstag vergangener Woche wie jeden Tag gegen 17 Uhr beim Abendbrot in der Heimkantine zusammen, als Djamaa Isu sein junges Leben beendete. Er war erst Ende März in das Aufnahmelager an der polnischen Grenze gekommen. Er hatte einen weiten Weg hinter sich, von seinem Heimatland Tschad, einem der ärmsten Länder der Welt, über Libyen nach Italien, er schlug sich bis nach Deutschland, Karlsruhe, durch, von dort wurde er nach Eisenhüttenstadt geschickt.
Das Gelände des Asylbewerberheims liegt am Rande der Stadt, Djamaa Isu teilte sich mit drei anderen ein Zimmer im sogenannten Männerhaus, einem gelb getünchten, schmucklosen Mehrzweckbau.
Erster Flüchtlingssuizid im Lager Eisenhüttenstadt
Sie fanden ihn am Fenster, da war es schon zu spät. Als der Notarzt um 17:50 Uhr kam, konnte er nur noch den Tod feststellen. Djamaa Isu hatte sich mit seinem Gürtel erhängt. Er ging ohne Abschiedsbrief. Er wurde 20 Jahre alt. Die Polizei geht von einem Selbstmord aus.
Es ist der erste Suizid, der sich im Lager Eisenhüttenstadt ereignet hat. Er hat die Flüchtlinge aufgebracht und macht ihnen Angst. Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert eine unabhängige Untersuchung und will wissen, wie es sein kann, dass dem medizinischen Personal die Verfassung des Mannes nicht aufgefallen war.
Schlimmer werdende Zustände
Am Montag fand sogar eine Kundgebung auf dem Gelände statt. Über 130 Menschen, darunter viele Aktivsten, die extra aus Berlin angereist waren, trauerten um Djamaa Isu. Die Kundgebung war vom Flüchtlingsrat und anderen linken Gruppen seit längerem geplant, doch nun bekam sie ein Gesicht, eine neue Dringlichkeit. Der Tod von Djamaa Isu ist für sie ein Beleg für die schlimmer werdenden Zustände im Lager. Wegen der steigenden Asylbewerberzahlen wird der Platz knapp. Bis auf ein Internetcafé gibt es keine Beschäftigungsmöglichkeiten. Ursprünglich für maximal 500 Menschen ausgelegt, müssen inzwischen bis zu 700 Flüchtlinge untergebracht werden. Kürzlich wurden sogar Container aufgestellt, um die Menschen unterzubringen. Jeder, der in Brandenburg einen Asylantrag stellt, muss zuerst nach Eisenhüttenstadt, bevor er in andere Heime verteilt oder abgeschoben wird. Die meisten kommen aus der Russischen Föderation, vor allem aus Tschetschenien.
Kurz nach seiner Ankunft: Djamaa Isu
Foto: PRIVAT
Einige Flüchtlinge haben selbstgemalte Plakate mitgebracht: „Keine Deportation nach Italien“, „Stop Dublin II“ steht darauf. „Wir sind hier aus Wut über das rassistische Camp“, schallt es. Wie Djamaa Isu landen viele Afrikaner auf ihrer Flucht zuerst in Italien. Laut EU-Recht müssen sie in dem Land, das sie zuerst betreten, sich auch um Asyl bewerben. Dublin II heißt das Abkommen. Im Lager hatten nur wenige mit Isu direkten Kontakt. Ein Freund hat ein Handy-Foto gemacht, es zeigt einen jungen Mann mit einem schüchternen Blick.
"Er wirkte abwesend"
Schnell nach dem Suizid kam das Gerücht auf, dass Djamaa Isu sich aus Angst vor einer drohenden Überführung nach Italien umgebracht haben soll. Diese Version verbreitete der Flüchtlingsrat. Er habe einen Brief bekommen, dass er Deutschland wieder verlassen soll. Das Innenministerium widerspricht, einen Abschiebetermin habe es nicht gegeben. „Er hat ja noch nicht mal eine Anhörung beim Bundesamt für Flüchtlinge gehabt“, sagt ein Sprecher.
Eine andere Version erzählt Rabah Berkouk am Rande der Kundgebung. Er stammt aus Algerien, seit zehn Jahren berät er arabischsprachige Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt. Fünf Tage, bevor Isu sich erhängte, war er zu Berkouk in die Diakonie-Beratungsstelle gekommen. Er hatte Verletzungen an Kopf und Knie, woher sie stammten, war nicht ganz eindeutig. Er sei wegen einer Strafzahlung verzweifelt gewesen, erinnert sich Berkouk. Djamaa Isu war in der Bahn beim Schwarzfahren erwischt worden, daraufhin sei ihm das Taschengeld für zwei Wochen gestrichen worden. „Er wirkte abwesend, hat auf die Wand gestarrt“, sagt der Sozialarbeiter. Isu sei psychisch krank gewesen, davon ist der Sozialarbeiter im Nachhinein überzeugt. Er macht sich Vorwürfe, den Jungen nicht zum Arzt geschickt zu haben. Hätte es ihn gerettet?
Suche nach Angehörigen
Flüchtlingsorganisationen haben mehrfach auf die mangelnde medizinische und psychologische Versorgung in Eisenhüttenstadt aufmerksam gemacht. Um Hunderte Menschen, die oft traumatische Erlebnisse hinter sich haben, kümmern sich zwei Krankenschwestern und ein Arzt, der wöchentlich vorbei kommt. Regelmäßig landen Flüchtlinge in der Notaufnahme des Krankenhauses. Am Wochenende habe ein Somalier versucht, sich zu erhängen, erzählt eine junge Frau. Die Leitung des Lagers weist jede Schuld von sich. Man erkenne in der schieren Masse der Menschen nicht sofort Schutzbedürftige, heißt es.
Die Frage ist nun, was aus dem Leichnam des jungen sunnitischen Muslim wird. Die Behörden suchen über die Botschaft Tschad nach Angehörigen. Wenn sich niemand meldet, wird er anonym eingeäschert. Eine Beerdigung nach islamischen Ritus ist zu teuer.
http://www.berliner-zeitung.de/berlin/selbstmord-eines-fluechtlings-dja…
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Flüchtlinge demonstrieren nach Suizid in Aufnahmestelle
Eisenhüttenstadt. Nach dem Suizid eines Flüchtlings haben in Eisenhüttenstadt rund 130 Asylbewerber gegen die Lebensbedingungen in der Erstaufnahmestelle der Stadt demonstriert. Der Trauerzug - zugleich ein Protest - verlief am Montagnachmittag nach Polizeiangaben friedlich. Die Demonstration richte sich gegen die Residenzpflicht sowie unmittelbar drohenden Abschiebungen, sagte ein Sprecher der Demonstranten. Zugleich forderten die Flüchtlinge eine bessere Gesundheitsversorgung, saubere Sanitäranlagen und gesünderes Essen.
Am Dienstag vergangener Woche war ein 20 Jahre alter Asylbewerber aus dem Tschad erhängt in der Erstaufnahmestelle gefunden worden. Nach Informationen des Flüchtlingsrats sollte der Mann, der Ende März über Karlsruhe nach Eisenhüttenstadt gekommen war, nach Italien abgeschoben werden.
Das Innenministerium konnte zum Hintergrund der Tat keine Angaben machen. Der Flüchtlingsrat forderte eine unabhängige Untersuchung der Todesumstände. In der Aufnahmestelle sei die medizinische Versorgung «traumatisierter Asylsuchender» unzureichend. (dpa/bb)
http://www.berliner-zeitung.de/berlin/fluechtlinge-demonstrieren-nach-s…
Proteste nach Suizid eines Flüchtlings
Proteste nach Suizid eines FlüchtlingsFlüchtlingsinitiativen haben am Montag gegen die Bedingungen im zentralen Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt protestiert. Dort hatte sich am vergangenen Dienstag ein Flüchtling das Leben genommen. Der 20-Jährige aus dem Tschad war zwei Monate lang in dem Lager untergebracht worden.Er soll befürchtet haben, nach Italien abgeschoben zu werden. Die Flüchtlingsinitiativen beklagen unter anderem überfüllte Räume, zu wenige und schmutzige Toiletten und Duschen sowie die mangelnde medizinische Versorgung. Die Aktivisten fordern darüber hinaus, Abschiebungen zu stoppen und die Residenzpflicht abzuschaffen.Beitrag von Michel Nowak
http://rbb-online.de/brandenburgaktuell/archiv/index.media.!etc!mediali…
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Nach dem Freitod eines AfrikanersFlüchtlingsinitiativen demonstrieren in Eisenhüttenstadt
In Eisenhüttenstadt haben nach der Selbsttötung eines Flüchtlings am Montag rund 130 Asylbewerber gegen die Lebensbedingungen in der Erstaufnahmestelle der Stadt protestiert.Die Demonstration richte sich gegen die Residenzpflicht sowie unmittelbar drohende Abschiebungen, sagte ein Sprecher. Zugleich forderten die Flüchtlinge eine bessere Gesundheitsversorgung, saubere Sanitäranlagen und gesünderes Essen.Am Dienstag vergangener Woche war ein 20-jähriger Asylbewerber aus dem Tschad erhängt in der Erstaufnahmestelle gefunden worden. Nach Informationen des Flüchtlingsrats sollte der Mann, der Ende März über Karlsruhe nach Eisenhüttenstadt gekommen war, nach Italien abgeschoben werden.Die Flüchtlingsinitiativen beklagen unter anderem überfüllte Räume, zu wenige und schmutzige Toiletten und Duschen sowie die mangelnde medizinische Versorgung in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber. Die Aktivisten fordern darüber hinaus, Abschiebungen zu stoppen und die Residenzpflicht abzuschaffen.
http://rbb-online.de/nachrichten/politik/2013_06/Fluechtlinge_demonstri…
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Flüchtlingsrat fordert Untersuchung der Umstände, die zum Suizid von Djamaa Isu führten
31. Mai 2013 | Eisenhüttenstadt, Eisenhüttenstadt-Erstaufnahme, Pressemitteilungen
Flüchtlingsrat fordert Untersuchung der Umstände, die zum Suizid von Djamaa Isu führten
Am Dienstag, den 28. Mai 2013, nahm sich Djamaa Isu in der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt das Leben.
Wir wissen wenig über ihn und sein Leben: Er kam aus dem Tschad, war über Italien eingereist und seit dem 22. März 2013 in der Erstaufnahmeeinrichtung Brandenburgs. Von Karlsruhe war er nach Eisenhüttenstadt geschickt worden und auf seinem Weg dorthin in Dresden Opfer eines Überfalls, vermutlich von Rechtsradikalen, geworden. So hatte er berichtet.
Von der unabhängigen Beratungsstelle vor Ort und von seinen Freunden haben wir erfahren, dass er offensichtlich große psychische Probleme hatte. Seine Freunde berichten, er sei kaum noch aus seinem Zimmer gekommen. Sie machen eine drohende Überführung nach Italien für seinen Tod verantwortlich. Er habe einen Brief bekommen, dass er Deutschland wieder verlassen soll und habe angekündigt, sich selbst zu töten, als die Abschiebung fest stand.
Djamaa Isus Tod bestürzt uns und wirft viele Fragen auf:
Wie konnte es geschehen, dass weder dem Betreuungs- noch dem medizinischen Personal auffiel, in welcher Verfassung er ist?
Wie konnte es geschehen, dass ihm keine entsprechende therapeutische Unterstützung angeboten wurde?
Wenn er tatsächlich seine Selbsttötung angekündigt hatte, warum konnten seine Freunde dies niemandem in der Erstaufnahmeeinrichtung anvertrauen und sie so möglicherweise verhindern?
Wir fordern deshalb eine Untersuchung der Umstände, die zum Suizid von Djamaa Isu führten. Eine Untersuchung, unter Beteiligung einer unabhängigen und fachkundigen Organisation, die diesen Fragen nachgeht und mögliche Konsequenzen einleitet.
Wir sorgen uns auch um Djamaa Isus Familie, um seine Freunde und sein Umfeld in der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt:
Ist es gewährleistet, dass die Angehörigen im Heimatland in würdiger Form informiert werden?
Gewährleisten die Verantwortlichen die psychologische und/oder seelsorgerische Begleitung der anderen Asylsuchenden in der Erstaufnahme, insbesondere der Zimmernachbarn und Freunde von Diamaa Isu?
Werden sie angemessen dabei unterstützt, eine Trauerfeier zu gestalten?
Wir fordern die Verantwortlichen deshalb auf, transparent zu machen, welche Schritte sie unternehmen, um alle Asylsuchenden in der Erstaufnahme zu informieren und in ihrer Trauer zu begleiten.
Djamaas Isus Tod macht uns betroffen und zornig:
Gemeinsam mit dem Brandenburger Netzwerk KFB (Netzwerk für die Erfassung und Versorgung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge) haben wir das Innenministerium mehrfach auf die mangelhafte medizinische und psychologische Versorgung in Eisenhüttenstadt aufmerksam gemacht – ohne dass sich Wesentliches verändert hätte.
Seit langem fordern wir eine unabhängige Stelle, die bei allen Asylsuchenden zu Beginn ihres Aufenthalts feststellt, welcher individuelle Bedarf an psychotherapeutischer und psychosozialer Versorgung besteht.
Wir fordern die Landesregierung deshalb erneut auf, unter Einbeziehung von psychiatrischem und psychologischem Fachpersonal eine geeignete Stelle zur Erstdiagnostik einzurichten.
http://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/pressemitteilungen/fluchtling…
Einen Tag vor der Abschiebung: Junger Flüchtling erhängt sich im Lager in Eisenhüttenstadt
29.05.2013
Thema:
Migration & Rassismus
Presseerklärung
AutorIn:
FelS
Arbeitsschwerpunkt:
LagerinvenTour
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Pressemitteilung der Gruppe FelS - Für eine linke Strömung vom 29.05.2013
Gestern, am 28. Mai, erhängte sich im Brandenburger Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt ein junger Flüchtling aus dem Tschad. Für den nächsten Tag, den 29. Mai, war seine Abschiebung nach Italien im Rahmen der sogenannten Dublin II-Verordnung geplant. Diese sieht vor, dass Deutschland Flüchtlinge ohne Prüfung ihres Asylantrages in den ersten EU-Mitgliedsstaat abschieben kann, den sie betreten haben. Von dort aus drohen weitere Abschiebungen. Durch die Dublin II-Verordnung wurde die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl durch den deutschen Bundestag vor fast genau 20 Jahren auf EU-Ebene institutionalisiert.
Bereits vor einigen Wochen haben sich Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt zusammen geschlossen, um gemeinsam gegen die anhaltend schlechten Lebensbedingungen im Lager sowie gegen die Abschiebungen zu protestieren, die eine Atmosphäre der Angst unter den Flüchtlingen verbreiten. Für kommenden Montag, 3. Juni, 16 Uhr, planen die Flüchtlinge und ihre Unterstützer_innen eine Protestdemonstration in Eisenhüttenstadt, die vom Lager ins Stadtzentrum führen soll. Der Aufruf ist auf unserer Homepage www.fels-berlin.de einzusehen.
FelS-Sprecherin Hannah Schuster zu den Ereignissen: "Am Samstag hatte der betroffene Flüchtling noch mit uns gemeinsam in Berlin für das Grundrecht auf Asyl demonstriert. Wenige Tage später sollte er abgeschoben werden. Offenbar hat er keinen anderen Ausweg mehr gesehen als den Suizid. Im Rahmen der Flüchtlingsproteste, die 2012 nach dem Suizid eines Flüchtlings in Würzburg begonnen hatten, wurde immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass Abschiebungen, die Unterbringung in Lagern, die Residenzpflicht und andere diskriminierende und entwürdigende Sondergesetze die Betroffenen krank machen und mitunter in den Tod drängen. Wir sind entsetzt und traurig über einen weiteren Todesfall, den das restriktive deutsche Asylsystem zu verantworten hat. Wir rufen zur Solidarität mit den Geflüchteten und zur Teilnahme an der Demonstration in Eisenhüttenstadt am Montag auf."
Über das Lager in Eisenhüttenstadt:
In Eisenhüttenstadt befindet sich die 'Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber' für Brandenburg. Fernab von der öffentlichen Wahrnehmung herrschen hier zum Teil katastrophale Lebensbedingungen, Fremdbestimmung und Isolation. Bis zu 500 Geflüchtete, die einen Asylantrag gestellt haben und Brandenburg zugeordnet wurden, werden hier kaserniert. Außerdem befindet sich auf dem Gelände des Lagers in Eisenhüttenstadt das Abschiebegefängnis für das Land Brandenburg.
Über FelS – Für eine linke Strömung:
Für eine linke Strömung (FelS) ist eine Berliner Gruppe, die sich seit 1991 um die Weiterentwicklung linksradikaler Politik bemüht. Wir sind Teil der Interventionistischen Linken und geben die Zeitschrift arranca! heraus. Wir arbeiten in themenbezogenen Arbeitsgruppen wie Antifaschismus, Internationale Solidarität, Queerfeminismus, Soziale Kämpfe sowie Energiekämpfe. Die AG Internationale Solidarität arbeitet schwerpunktmäßig zu den Themen Migration und Rassismus. Sie tritt ein gegen alle Formen (institutioneller) rassistischer Sonderbehandlung, wie etwa das System der Lagerunterbringung, der Residenzpflicht und der Gutscheinvergabe für Asylbewerber_innen und Menschen mit Duldungsstatus sowie gegen Abschiebungen und die Dublin-II-Verordnung.
Pressekontakt: fels@nadir.org
Nachsatz zur Pressemitteilung (02.06.2013): Einige Tage nach dem Suizid und unserer zu diesem Anlass veröffentlichten Pressemitteilung haben sich manche Dinge als anders heraus gestellt, als sie nach unseren ersten Informationen in diesen hektischen Tagen schienen. Offenbar war die Abschiebung von Djamaa Isu nicht für den 29. Mai geplant, also nicht für den Tag nach seinem Suizid. Es gilt jedoch nach unseren Informationen als gesichert, dass er schriftlich aufgefordert wurde, Deutschland wieder zu verlassen, dass er psychisch sehr unter dem Abschiebedruck litt und dass seine Freunde berichten, dass er seinen Suizid angekündigt hat, als feststand, dass er nach Italien abgeschoben werden soll. Wir unterstützen die Forderung des Flüchtlingsrates Brandenburg, die Umstände zu untersuchen, die zum Tod von Djamaa Isu führten. Und natürlich rufen wir weiterhin zur Demonstration am 3. Juni auf, um gemeinsam mit den Geflüchteten aus Eisenhüttenstadt und ihren Unterstützer_innen gegen Abschiebedruck und rassistische Sondergesetze gegen Flüchtlinge zu demonstrieren.
http://fels.nadir.org/de/957/einen-tag-vor-der-abschiebung
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Von Jörg Meyer
29.05.2013
Inland
Vor drohender Abschiebung
Flüchtling aus Tschad erhängt sich in Eisenhüttenstadt
Nach dem Suizid im Flüchtlingslager rufen Flüchtlinge, Unterstützergruppen und Menschenrechtsorganisationen zur antirassistischen Demonstration nach Eisenhüttenstadt am 3. Juni. Sie wollen gegen die Situation in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber demonstrieren.
Ein 20-jähriger Mann aus dem Tschad hat sich am frühen Dienstagabend in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylsuchende in Eisenhüttenstadt das Leben genommen. »Der junge Mann war etwas über zwei Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung. Das ist noch im Rahmen«, sagt Ingo Decker, Sprecher des Innenministeriums gegenüber »nd«. Das Problem sei, dass die Zahl der Asylsuchenden stark gestiegen sei und die Bearbeitung der Asylanträge nicht hinterherkäme. »Es ist der erste tragische Vorfall dieser Art in Eisenhüttenstadt«, sagt Decker. Man sei sich bewusst, dass die Situation in der Einrichtung, die sich an der Grenze ihrer Aufnahmekapazität befindet, schon seit längerem schwierig sei. Aber er werde sich nicht an Spekulationen über den Grund des Suizids beteiligen. »Wir kennen die Hintergründe nicht.«
Freunde und Berater von außen hätten berichtet, Juma A. sei kaum noch aus seinem Zimmer gekommen und habe psychische Probleme gehabt, schreibt der Flüchtlingsrat Brandenburg. Das werfe die Frage auf „warum weder das Betreungs- noch das Medizinische Personal davon Kenntnis hatten und eine entsprechende psychologische Versorgung eingeleitet haben“, heißt es in der Mitteilung weiter. »Wir fordern seit Jahren ein Verfahren, in dem psychologische Bedarfe von traumatisierten Flüchtlingen ermittelt wird«, sagt Dorothea Lindenberg vom Flüchtlingsrat dieser Zeitung – bisher ohne Ergebnis.
Nach nd-Informationen war Juma A. aus dem diktatorisch geführten Tschad geflüchtet, weil er dort Angst um sein Leben hatte. Über Italien war er nach Deutschland eingereist und sollte am Mittwoch nach Italien abgeschoben werden.
»Juma war nicht traumatisiert«, sagt Muhammed Asif Syed, der ihn aus Eisenhüttenstadt kannte. Er habe seinen Suizid angekündigt, als die Abschiebung fest stand. Seine Freunde im Lager wollten ihn davon abbringen. »Der Druck vor der Abschiebung war zu hoch. Man wird nach Italien abgeschoben, von dort nach Ungarn, und wohin dann?«, sagt Syed.
Mit der Dublin-II-Verordnung soll in der EU verhindert werden, dass ein Asylbewerber mehrere Anträge stellt. Danach war Italien für A. »zuständig«. Doch »Dublin II« steht in der Kritik, weil es häufig zu Kettenabschiebungen führt, die im Verfolgerstaat enden, kritisiert Pro Asyl und fordert seit Jahren eine Abkehr vom Dublin-II-Verfahren.
Zu seinem Zimmernachbarn habe Juma A. am Dienstagnachmittag gesagt, er komme gleich nach zum Essen, erzählt Syed. Eine Stunde später fand ihn der Zimmernachbar leblos vor. "Am Samstag hatte er noch mit uns gemeinsam in Berlin für das Grundrecht auf Asyl demonstriert“, sagt Hannah Schuster, Sprecherin der Berliner Gruppe „Füe eine linke Strömung“ (FelS), die sich seit Jahren gegen die Residenzpflicht, gegen Abschiebungen und für das Grundrecht auf Asyl einsetzt.
Im Rahmen der Flüchtlingsproteste, die 2012 nach dem Suizid eines Flüchtlings in Würzburg begonnen hatten, sei immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, dass Abschiebungen, die Unterbringung in Lagern, die Residenzpflicht und andere diskriminierende und entwürdigende Sondergesetze die Betroffenen krank machen und mitunter in den Tod drängen, so Schuster.
Flüchtlinge, Menschenrechtsorganisationen und Unterstützergruppen rufen für den 3. Juni zu einer Demonstration nach Eisenhüttenstadt auf. Die Forderungen lauten einmal mehr: Abschaffung der Residenzpflicht sowie Stopp der oft tödlichen Abschiebepraxis.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/822864.vor-drohender-abschiebun…
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Nach dem Selbstmord eines Asylsuchenden
Flüchtlingsrat bemängelt Traumaversorgung in Asylunterkunft
Ein 20-jähriger Flüchtling hat in einer Asylbewerberunterkunft in Eisenhüttenstad (Oder-Spree) Selbstmord begangen. Der brandenburgische Flüchtlingsrat fordert nun eine unabhängige Untersuchung der Todesumstände.
"In der Aufnahmestelle gibt es eine unzureichende medizinische Versorgung für traumatisierte Asylsuchende", kritisierte Flüchtlingsrats-Mitglied Simone Tetzlaff am Mittwoch in Potsdam.
Niemand überprüfe, welche traumatischen Erfahrungen die Asylsuchenden in der Vergangenheit machen mussten. Sie nannte Kriegs-, Folter- oder Gefängniserlebnisse. Dabei verlange die EU-Aufnahme-Richtlinie, besonders Schutzbedürftige Flüchtlinge zu erkennen und sie angemessen zu behandeln.
Der Asylsuchende aus dem Tschad war nach Angaben des Potsdamer Innenministeriums am Dienstagabend erhängt in der Erstaufnahmestelle für Asylbewerber gefunden worden. Maßnahmen zur Wiederbelebung seien erfolglos geblieben, so dass der Notarzt nur noch den Tod habe feststellen können.
Abschiedsbrief wurde nicht gefunden
Die Polizei hat den Todesfall untersucht und geht demnach von einem Selbstmord aus. Der Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums, Ingo Decker, sprach von einem "tragischen Vorfall". Nach seinen Angaben ist es der erste Suizid-Fall seit Bestehen der Einrichtung in Eisenhüttenstadt.
Zu den Hintergründen könne er keine näheren Angaben machen, da seines Wissens nach kein Abschiedsbrief vorliege.
Der junge Mann habe seit dem 22. März dieses Jahres in der Einrichtung gelebt, teilte das Ministerium mit. Er sei dem Land Brandenburg im Rahmen der bundesweiten Verteilung der Asylsuchenden von der Aufnahmeeinrichtung in Karlsruhe zugewiesen worden.
Stand vom 29.05.2013
http://www.rbb-online.de/nachrichten/vermischtes/2013_05/Asylsuchender_…