Strafanzeige der Inititative mit Dokumentation des Brandversuchs
Am Dienstag,12. November 2013 präsentierte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e. V. auf einer Pressekonferenz ein neues Brandgutachten. Der für das Gutachten nachgestellte Brand wurde durch die Initiative filmisch dokumentiert und in einem Video den Aufnahmen von der Tatortbegehung des LKA entgegengestellt. Laut den Unterstützer*innen zeigt das in Großbritannien erstellte Gutachten, dass die Behauptung nicht haltbar sei, Jalloh habe sich im Januar 2005 in seiner Zelle selbst angezündet.
Bereits am Montag hatte die Initiative beim Generalbundesanwalt gegen Unbekannt Anzeige wegen Mordes oder Totschlags erstattet.
Veröffentlicht am 12.11.2013
Hier auch der Link zu dem oben erwähnten Video der Initiative [absolute TRIGGER-Warnung!]:
http://vimeo.com/79113508
http://youtu.be/eK-DMe1pkrM (Mirror)
Links
http://initiativeouryjalloh.wordpress...
http://www.prozessouryjalloh.de/
Strafanzeige der Inititative mit Dokumentation des Brandversuchs
Freitag, 15. November 2013 von initiativeouryjalloh
UPDATE vom 15.11.: Die Anzeige wurde am 11. November parallel per Post und E-Mail verschickt. Bisher gab es nur auf die E-Mail eine automatisch generierte Antwort.
UPDATE on november 16th: find an english translation of our charges here.
Am 11. November 2013 hat die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. sowie mehrere Einzelpersonen Strafanzeige wegen Totschlag oder Mord gegen unbekannte Polizeibeamte im Todesfall Oury Jalloh bei Generalbundesanwalt Harald Range in Karlsruhe gestellt.
Strafanzeige wegen Totschlag oder Mord gegen unbekannte Polizeibeamte im Todesfall Oury Jalloh.
Oury Jalloh ist am 7.1.2005 in der Zelle 5 des Dessauer Polizeireviers in der Wolfgangstr. 25 auf einer schwer entflammbaren Matratze an Händen und Füßen gefesselt worden und verbrannte bis zur Unkenntlichkeit.
Trotz zahlreicher Indizien und beweiskräftiger Ermittlungsergebnisse, die dagegen sprechen, beharren sowohl die durchgängig zuständige Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau als auch die beiden Kammern der Landgerichte in Dessau und Magdeburg darauf, dass Oury Jalloh das Feuer selbst entzündet habe.
Die zuständige Staatsanwaltschaft hat weiterführende Ermittlungen im Sinne eines Tötungsdeliktes trotz neuer ausschließender Beweise stets mit der Begründung abgelehnt, es bestünden keine neuen Anknüpfungstatsachen dafür, dass Dritte sich Zugang zu der Zelle Nr. 5 verschafft haben könnten.
Im Rahmen der Auswertung eines durch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. in Auftrag gegebenen, unabhängigen Brandgutachtens haben sich neue schwerwiegende Hinweise ergeben, die der Möglichkeit einer ohnehin hypothetischen Selbstentzündung entgegenstehen.
Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit von neuen Ermittlungsansätzen zur Klärung von
Ausbruch und Verlauf des Feuers in Zelle Nr.5.
Wir wenden uns zum Einen an Sie, weil es sich im vorliegenden Fall um eine besonders schwere Straftat mit Bezug zur inneren Sicherheit und Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland handelt, da die zu ermittelnden Täter notwendigerweise exekutive Amtsträger des Bundeslandes Sachsen – Anhalts sein müssen.
Zum Zweiten wurde der Fall Oury Jalloh in insgesamt 4 Jahren an zwei verschiedenen Schwurgerichten des Landes Sachsen – Anhalt verhandelt, ohne dass hierbei eine adequate Rekonstruktion von Brandentstehung und -verlauf in Zelle Nr. 5 zugelassen worden wäre.
Polizei, staatsanwaltliche Ermittlungsorgane und die Justiz Sachsen-Anhalts haben in mittlerweile 9 Jahren eine rechtsstaatliche Aufklärung des Falles, trotz höchstrichterlichem Gebot, boykottiert. Der Anspruch einer rückhaltlosen Aufklärung der Todesumstände Oury Jallohs erscheint uns in weiterer Zuständigkeit der Landesbehörden Sachsen-Anhalts nicht
umsetzbar.
Auf den folgenden Seiten finden Sie eine Materialsammlung mit Auflistung gewichtiger Indizien und Beweise, die weit über einen Anfangsverdacht der Tötung Oury Jalloh durch Dritte hinaus weist und umfassende Ermittlungen unumgänglich machen wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Oury Jalloh – Das war Mord!
3
Anhang:
Persönliche Angaben zur Anzeige
Indizien und Beweisliste
Bildmappe
Weiterführendes Präsentationsvideo:
(Dieser Link ist nach der Pressekonferenz am 12. November 2013 ab 14.00 Uhr freigeschaltet.)
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Colbestr.19, 10247 Berlin
http://initiativeouryjalloh.wordpress.com
email: initiative-ouryjalloh@so36.net
Tel.: +49-176-38113135
An den
Generalbundesanwalt Harald Range
Brauerstr.30
76135 Karlsruhe
Tel.: 0721 – 81910
FAX: 0721 - 8191590
Berlin, 11.November 2013
Sehr geehrter Herr Generalbundesanwalt Range,
hiermit erstatten wir,
die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
sowie folgende Einzelpersonen (persönlichen Daten im Anhang)
Mouctar Bah
Komi Edzro
Nadine Saeed
Thomas Ndindah
Michael Schuhmacher
Wolfram Andrè
Strafanzeige wegen Totschlag oder Mord gegen unbekannte Polizeibeamte im Todesfall Oury Jalloh.
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Oury Jalloh ist am 7.1.2005 in der Zelle 5 des Dessauer Polizeireviers in der Wolfgangstr. 25 auf einer schwer entflammbaren Matratze an Händen und Füßen gefesselt worden und verbrannte bis zur Unkenntlichkeit.
Trotz zahlreicher Indizien und beweiskräftiger Ermittlungsergebnisse, die dagegen sprechen, beharren sowohl die durchgängig zuständige Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau als auch die beiden Kammern der Landgerichte in Dessau und Magdeburg darauf, dass Oury Jalloh das
Feuer selbst entzündet habe.
Die zuständige Staatsanwaltschaft hat weiterführende Ermittlungen im Sinne eines Tötungsdeliktes trotz neuer ausschließender Beweise stets mit der Begründung abgelehnt, es bestünden keine neuen Anknüpfungstatsachen dafür, dass Dritte sich Zugang zu der Zelle
Nr. 5 verschafft haben könnten.
Im Rahmen der Auswertung eines durch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. in Auftrag gegebenen, unabhängigen Brandgutachtens haben sich neue schwerwiegende Hinweise ergeben, die der Möglichkeit einer ohnehin hypothetischen Selbstentzündung entgegenstehen.
Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit von neuen Ermittlungsansätzen zur Klärung von Ausbruch und Verlauf des Feuers in Zelle Nr.5.
Wir wenden uns zum Einen an Sie, weil es sich im vorliegenden Fall um eine besonders schwere Straftat mit Bezug zur inneren Sicherheit und Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland handelt, da die zu ermittelnden Täter notwendigerweise exekutive Amtsträger des Bundeslandes Sachsen – Anhalts sein müssen.
Zum Zweiten wurde der Fall Oury Jalloh in insgesamt 4 Jahren an zwei verschiedenen Schwurgerichten des Landes Sachsen – Anhalt verhandelt, ohne dass hierbei eine adequate Rekonstruktion von Brandentstehung und -verlauf in Zelle Nr. 5 zugelassen worden wäre.
Polizei, staatsanwaltliche Ermittlungsorgane und die Justiz Sachsen-Anhalts haben in mittlerweile 9 Jahren eine rechtsstaatliche Aufklärung des Falles, trotz höchstrichterlichem Gebot, boykottiert. Der Anspruch einer rückhaltlosen Aufklärung der Todesumstände Oury Jallohs erscheint uns in weiterer Zuständigkeit der Landesbehörden Sachsen-Anhalts nicht
umsetzbar.
Auf den folgenden Seiten finden Sie eine Materialsammlung mit Auflistung gewichtiger Indizien und Beweise, die weit über einen Anfangsverdacht der Tötung Oury Jalloh durch Dritte hinaus weist und umfassende Ermittlungen unumgänglich machen wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Oury Jalloh – Das war Mord!
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Anhang:
Persönliche Angaben zur Anzeige
Indizien und Beweisliste
Bildmappe
Weiterführendes Präsentationsvideo:
https://vimeo.com/79113508
.....
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Colbestr.19, 10247 Berlin
http://initiativeouryjalloh.wordpress.com
email: initiative-ouryjalloh@so36.net
Tel.: +49-176-38113135
An den
Generalbundesanwalt Harald Range
Brauerstr.30
76135 Karlsruhe
Indizien und Beweise
im Todesfall Oury Jalloh, die eine Ermittlung in Richtung Mord zwingend
notwendig machen
1. Bezug nehmend auf die Brandversuche von Maksim Smirnou,
Brandsachverständiger aus Waterford/Irland
Da die Durchführung von Brandversuchen zu Brandentstehung und -verlauf von den jeweiligen Gerichten in Dessau und Magdeburg wiederholt verweigert wurden, konnten die genauen Umstände des Feuertodes Oury Jallohs bisher noch nicht rekonstruiert werden.
Deshalb hat die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh einen internationalen Brandgutachter beauftragt, Brandversuche durchzuführen.
Hierzu wurden Abbrandversuche unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt:
Es fanden Abbrandversuche mit weitgehend intakten, sowie mit Matratzen statt, deren feuerfeste PVC-Hülle auf der Oberseite entfernt wurden. Zusätzliche Variablen waren die Verwendung unterschiedlicher Brandbeschleuniger sowie die Auflage eines Schweinekadavers.
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Brandverhalten ohne Brandbeschleuniger mit Auflage eines Schweinekadavers aus 2 Schweinehälften und Kopf bei intaktem feuerfestem Überzug:
Das Brandverhalten einer PU-Schaummatratze in Einhüllung mit feuerfester PVC-Hülle entspricht einem Schwelbrand mit langsamer radialer Ausbreitung (s. Abbildung 1).
Zur sicheren Entzündung des PU-Schaumes ist eine größere Eröffnung der PVC-Hülle erforderlich.
Bewegungen eines Menschen auf der Matratze führen im Anfangsstadium des Feuers durch die hierdurch induzierte Luftbewegung leicht zur Beendigung des Feuers durch Ausblasen.
Aufliegendes Gewicht auf der Matratze (Rumpf und Extremitäten) beenden den Schwelbrand durch den bestehenden Auflagedruck mit Komprimierung des Matratzenschaumstoffes.
Verbrennung von Kleidungsstücken entsteht nur an Kontaktstellen derselben mit dem Schwelbrand an der Auflagefläche (s. Abbildung 2).
Der Schwelbrand ist durch eine weißliche Rauchbildung und farblose bzw. matte Rußablagerungen gekennzeichnet (s. Abbildung 3 und 4).
Die Verbrennungsrückstände der Matratze bestanden in flächigen Sinterungsschollen (s. Abbildung 5)
durch das Aufschmelzen des langsamer brennenden PVC-Bezuges auf den schwelenden Matratzenschaumstoff – eine nahezu vollständige Verbrennung wie in Zelle Nr. 5 konnte nicht beobachtet werden.
Hautverkohlungen an der Oberseite des verwendeten Schweinekadavers traten nicht auf.
Materialdopplungen an Nähten und Ecken der PVC-Hülle besitzen eine entsprechend erhöhte Feuerfestigkeit und bleiben beim Schwelbrand strukturell größtenteils erhalten (s. Abbildung 6).
Nach einer Brenndauer von 1 h 10 min war weniger als die Hälfte der Matratze verbrannt, wobei der Auflagedruck des Schweinekadavers das Feuer zwischen der rechten oberen und der linken unteren
Extremität (anatomisch bedingtes Hochstehen der rechten unteren Extremität) eingrenzte.
Ein unter den Schweinekadaver gelegtes Feuerzeug blieb strukturell unversehrt (s. Abbildung 7).
Brandverhalten ohne Brandbeschleuniger mit Auflage eines Schweinekadavers aus 2 Schweinehälften und Kopf bei entfernter Oberseite des Matratzenbezugs:
Da bei intakter feuerfester Matratzenhülle kein adäquates Brandverhalten hergestellt werden konnte, wurde in 2 weiteren Versuchsaufbauten die obere Hüllenseite entfernt.
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Hierbei entstand ohne Zugabe von Brandbeschleuniger nach zunächst radialer und später zirkulärer Flammausbreitung nach über 5 min. ein annähernder Vollbrand der Matratze.
Nach insgesamt 10 min. war das brandfähige Schaumstoffmaterial im Wesentlichen ausgebrannt.
Durch die ungehemmte Ausbreitung des Feuers auf den gesamten Matratzenschaumstoff kam es zum fast vollständigen Verbrennen der Bekleidung, ohne dass hierdurch Hautverkohlungen in einem
Ausmaß, wie bei Oury Jalloh entstanden wären.
Auch wurde die erhöhte Feuerresistenz von Materialdopplungen an Nähten und Ecken der Hülle bestätigt.
Das untergelegte Feuerzeug blieb strukturell und funktionell intakt.
Brandverhalten unter Verwendung von 2 l Benzin als Brandbeschleuniger:
Versuchsaufbau:
Großflächige Eröffnung der Matratzenoberseite und Einfüllung einer Teilmenge (ca. 1 l) Benzin (s. Abbildung 8).
Rückschlagen der eröffneten Matratzenhülle und Auflage eines bekleideten Schweinekadavers mit Unterlegen eines Feuerzeuges
Befeuchten des Schweinekadavers und der Matratzenoberfläche mit Restbenzin (ca. 1 l) (s. Abbildung 9).
Türöffnung nach einer Brenndauer von 3 min..
Ergebnis:
Sofortiger Vollbrand nach Entzündung.
Entstehung dichten, schwarzen Rauches (s. Abbildung 10).
Reichlich schwarze Rußablagerungen auf den Fliesen sowie hitzebedingte Fliesenbrüche, wie sie auch in Zelle Nr. 5 vorgefunden wurden (s. Abbildung 11).
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Durch den Auflagedruck des Schweinekadavers fand unterhalb des Rumpfes trotz eingebrachten Benzins keine Durchbrennung der Matratze statt (s. Abbildung 12).
Der Matratzenteil links des Rumpfes (intakte Seite der Matratzenhülle) blieb unverbrannt (s. Abbildung 13).
Nähte und Ecken der feuerfesten Matratzenhülle blieben größtenteils strukturell nachvollziehbar (s. Abbildung 14 / 15).
Teilweise vollständige Verbrennung der Matratze mit teilweise klein- und kleinstteiligen Brandrückständen, wobei noch immer eine Tendenz zur Entstehung von bereits oben beschriebenen Sinterungsschollen bestand – nur mit kleinerer Ausdehnung der Bruchstücke (s. Abbildung 16).
Teilweise Hautverkohlungen mit Rißbildungen. Ein Ausmaß der Hautverkohlung wie im Falle Oury Jallohs konnte insgesamt nicht reproduziert werden – insbesondere nach oben gerichtete Hautareale
des Rumpfes und die Auflagefläche des Rumpfes auf der Matratze blieben weitestgehend intakt (s. Abbildung 17).
Einschmelzen des metallenen Hosenknopfes in die Haut des Schweinekadavers (s. Abbildung 18).
Das untergelegte Feuerzeug blieb strukturell vollständig intakt (s. Abbildung 19).
Das Brandbild aus Zelle 5 wurde nicht erreicht. (s. Abbildung 20)
Brandverhalten unter Verwendung von 5 l Benzin als Brandbeschleuniger und enfernter oberer Matratzenhülle:
Im letzten Abbrandversuch wurde zusätzlich zur Entfernung der Hüllenoberseite eine Menge von 5l Benzin zur Brandbeschleunigung verwendet.
Nach entsprechend explosiver Feuerentwicklung mit unmittelbarem Durchzünden des gesamten brennbaren Materials („flashover“) musste der Vollbrand bereits nach ca. 1 min zum Schutze des Versuchsaufbaues und der technischen Gerätschaft durch 2 Eimer Wasser eingedämmt werden.
Trotzdem konnten in diesem Versuch vollständige Hautdurchkohlungen und sogar eine Entflammung des subkutanen Fettgewebes erreicht werden.
Unterschiede zur vorgefundenen Situation in Zelle Nr. 5 bestehen in einer breiten zusammenhängenden, unverbrannten Schaumstoffbrücke unter dem Schweinekadaver und die trotz der großen Hitzeentwicklung immer noch bestehende Widerstandsfähigkeit der Matratzennähte und –
ecken.
Das unter dem Körper positionierte Feuerzeug war nach diesem Brandversuch äußerlich vollständig intakt.
Fazit aus allen durchgeführten Brandversuchen:
In keinem der durchgeführten Brandversuche konnte ein Abbrandbild
der Matratze - so wie in der Zelle 5 vorgegeben - erreicht werden.
Aufgrund der beschriebenen schwarzen Rauchbildung und der schwarzen Rußablagerungen erscheint die Verwendung eines Brandbeschleunigers (wie Benzin) unabdingbar gewesen zu sein, da ohne einen solchen Brandbeschleuniger weder vergleichbare Rauchintensität, noch
eine solche der Rußablagerungen nachweisbar waren.
Hitzebedingte Fliesenbrüche traten nur unter Verwendung von Benzin als Brandbeschleuniger auf.
Die Abbrandbilder bei Vorhandensein einer oberen und unteren PVC-Hülllage sind durch hitzeabhängige Sinterungsschollen und weitgehende Erhaltung von Nähten und Ecken der feuerfesten Umhüllung geprägt.
Da in Zelle 5 eine größtenteils rückstandsfreie Verbrennung vorgefunden wurde, könnte eine Vermutung lauten, dass die obere Hüllenseite der Matratze ganz entfernt wurde bzw. auch
mehr als 2 l Benzin zur Brandbeschleunigung verwendet worden sind.
Nur bei Verwendung einer Menge von 5 l Benzin wurde eine umfängliche Hautdurchkohlung - wie bei Oury Jalloh - sowie eine Entflammung des Unterhautfettgewebes - wie vom Feuerwehrmann in Zelle 5 beschrieben - erreicht.
Von allen Versuchen, in denen ein Feuerzeug unter dem Schweinekadaver positioniert wurde, wurde lediglich in einem Versuch der PVC Bezug durch den unterliegenden Schwelbrand auf die Seite des Feuerzeuges aufgeschmolzen, die dem Brandherd zugewandt war. Die dem
Körper zugewandte Seite des Feuerzeuges, blieb in ihrer grundlegenden Form und Farbe erhalten. In allen anderen Versuchen blieb das jeweilige Feuerzeug zumindest strukturell unversehrt und war oft auch funktionell gebrauchsfähig.
2. Medizinische Ungereimtheiten
Die Obduktion des Leichnams in der Rechtsmedizin Halle ist nur unzureichend erfolgt. In einer zweiten Obduktion, welche von der Nebenklage in Auftrag gegeben worden war, wurde ein
Nasenbeinbruch festgestellt.
Bei der offiziellen Autopsie von Oury Jalloh am 7.1.2005 in der Rechtsmedizin Halle wurden - trotz anwaltlicher Anforderung - keine Röntgenbilder angefertigt, um den Leichnam auf knöcherne Verletzungen zu untersuchen.
Der Brandsachverständige Dr. Portz hat im Rahmen des Revisionsverfahrens vor dem Magdeburger Landgericht erklärt, dass der Brandausbruchsort im Bereich der geplatzten Fliese an der Wand hinter der Matratze angenommen wird.
Wenn der Brandausbruchsort tatsächlich dort gewesen wäre, hätte sich Oury Jalloh nach vorne bzw. rechts hinüber lehnen müssen.
Wenn er bei dem Versuch, die Flammen auszupusten die heiße Flamme eingeatmet hätte – was nach Erläuterungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. Bohnert hoch unwahrscheinlich ist – und dadurch den tödlichen inhalativen Hitzeschock erlitten hätte, wäre er (so der Sachverständige Dr. Bohnert) genau dort liegen geblieben.
Eine Bewegung des Körpers nach einem inhalativen Hitzeschock mit sofortiger tödlicher Wirkung findet nicht mehr statt. Durch einen Streckkrampf kann der Körper nicht von der Wand in die Auffindeposition auf der gegenüberliegenden Seite der Matratze gelangt sein!
Wenn also der Brandausbruchsort im Bereich der geplatzten Fliese gewesen sein sollte, Oury Jalloh den inhalativen Hitzeschock aber in der Position erlitten haben soll, in der er
aufgefunden worden ist, müsste sich das Feuer bereits von der Wand bis zu seiner Liegeposition ausgebreitet haben.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem von den Brandsachverständigen angenommenen Brandausbruchsort im Bereich der geplatzten Fliese und dem Körper Oury Jallohs noch sein rechter Arm an der Wand angekettet war.
Die Brandsimulation hat die Anwesenheit des Armes und die Auswirkungen dieser Barriere auf die Flammenentwicklung nie berücksichtigt. Hätte es diese Brandentwicklung gegeben, wäre also der rechte Arm „durchgebrannt“, hätte Oury Jalloh schwerste Schmerzen gehabt und – so
Dr. Bohnert – mit Sicherheit heftig geschrien (es sei denn, er wäre zu diesem Zeitpunkt aus anderen Gründen bereits bewußtlos gewesen) .
Aus medizinischer Sicht ist es nicht nachvollziehbar, dass Oury Jalloh an einem inhalativen Hitzeschock gestorben sein soll, wenn das Feuer an der rechten Wandseite entzündet worden
wäre.
Im Urin des Leichnams von Oury Jalloh wurde kein Noradrenalin gefunden. Noradrenalin ist ein Stresshormon, das bei Stress ausgeschüttet und innerhalb weniger Sekunden im Urin nachgewiesen werden kann.
Aufgrund der notwendigen Stress‐Situation bei Ausbruch eines Feuers hätte Oury Jalloh Katecholamine bilden müssen, die als Noradrenalin im Urin hätten nachgewiesen werden können.
Die genaue Todesursache ist bislang unklar und muss erst noch ermittelt werden.
Zwei neue Arbeitshypothesen:
(1)
Der Brandausbruchsort und -verlauf war anders, als bisher
angenommen.
(2)
Oury Jalloh war zum Zeitpunkt des Brandgeschehens schon
nicht mehr bei Bewusstsein.
3. Fragwürdige Asservatenliste
Am 10.01.2005 wird in einer der 4 Brandschutt-Tüten ein verschmortes Feuerzeug entdeckt. Die Ermittler behaupten, es hätte unter dem Leichnam des schwer verbrannten Oury Jalloh gelegen.
Dieses Beweismittel ist unglaubwürdig und wurde offensichtlich manipuliert:
Nach einer Analyse des Feuerzeugrestes, die im Rahmen des Revisionsverfahrens in Auftrag gegeben worden war, sind weder DNA, noch Faserspuren von Oury Jallohs Kleidung oder der Matratze, auf der er fixiert war, zu finden gewesen.
Stattdessen hafteten diesem stark angeschmorten Feuerzeug eine große Menge von Faserresten an, deren Herkunft noch nicht geklärt wurde. Die Magdeburger Kammer weigerte sich, die entsprechenden Analysen in Auftrag zu geben. Begründung: Für dieses Verfahren,
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welches sich allein auf die Vorwürfe gegen Andreas Schubert beschränkt, sei eine weiterführende Analyse nicht relevant.
Da es wissenschaftlich ausgeschlossen ist, dass dieser Feuerzeugrest jemals in Kontakt mit Oury Jalloh oder der Matratze war, stellt sich die Frage, wie es dorthin gekommen ist?
Auf wessen Anweisung geschah dies?
Da der hier fragliche Feuerzeugrest keinerlei Bezug zum Tatort aufweist, kann auch die Hypothese der Feuerlegung durch Oury Jalloh selbst nicht aufrecht erhalten werden, da hierfür ein nachvollziehbares Tatwerkzeug fehlen würde.
4. Verschwundene Beweismittel
Das vollständige Videoband der Tatortgruppe des LKA LSA ist verschwunden/gelöscht. Die Aufnahmen brechen nach ca. 4 Minuten aus widersprüchlichen Gründen einfach ab. Das Video hätte zeigen können, was sich genau unter dem Körper des Leichnams von Oury Jalloh befand.
Das Fahrtenbuch der Beamten Hans-Ulrich März und Udo Scheibe ist verschwunden.
Damit ist es nicht mehr nachzuvollziehen, was die beiden in der Zeit zwischen Ingewahrsamnahme bis zum Brandausbruch tatsächlich gemacht haben.
Der elektronische Journaleintrag zu Oury Jalloh wurde gelöscht. Im Rahmen des Revisonsverfahrens konnte nicht glaubwürdig geklärt werden, wie diese Löschung im Oktober 2010 zustande kam. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Löschung maschinell erfolgt war.
Der Löschvorgang ist umso merkwürdiger, da zu diesem Zeitpunkt die Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe, die Revision zuzulassen, bereits feststand.
Die rechte Handfessel wurde nach ca. 2 Wochen vom Hausmeister des Polizeireviers Dessau im Auftrag des zuständigen Verwaltungsleiters Michlick einfach im Müll entsorgt.
Ein am Hinterkopf des Oury Jalloh gesichertes 8 cm langes Stoffstück wurde nach Aktenlage von der Tatortgruppe der Gerichtsmedizin übergeben, taucht aber nicht in der Asservatenliste auf.
Der Gesprächsvermerk des Hanno Schulz, Kriminalbeamter des Dessauer Reviers, über ein erstes Gespräch mit dem Kollegen aus Stendal am 7.1.2005 ist verschwunden.
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In diesem Gespräch ging es laut Hanno Schulz darum, dass das Innenministerium darüber informiert war – und es auch öffentlich bekannt war – dass die Polizeibeamten aus dem Dessauer Revier „mit Ausländern hart umgehen”.
Hanno Schulz war nach eigener Aussage so erschrocken darüber, dass er einen Gesprächsvermerk anfertigte und diesen an seinen Vorgesetzten weitergab.
Eine Liste aller Beamter, die sich nach dem Brand am Tatort aufgehalten haben, ist nicht mehr auffindbar.
Fotos, die durch Beamte des Reviers am 7.1.2005 aufgenommen wurden, sind verschwunden.
5. Widersprüchliche Zeugenaussagen
Die Polizeibeamten Hans – Ulrich März und Udo Scheibe haben Oury Jalloh am frühen Morgen des 7.1.2005 gewaltsam in Gewahrsam verbracht. Die Festnahme und das Einsperren waren erwiesener Maßen rechtswidrig.
Im Einvernehmen mit Dr.Blodau, der die Gewahrsamstauglichkeit überprüfen sollte, wurde Oury Jalloh
- wiederum gewaltsam - durch die Beamten in die Zelle 5 gebracht. Dort wurde er auf eine Matratze mit einer schwer entflammbaren PVC-Hülle an Händen und Füßen fixiert.
Die Beamten Ulrich März und Udo Scheibe behaupten, sie wären danach nicht noch einmal bei Oury Jalloh gewesen. Ihr Kollege Torsten Bock hatte im Revisionsverfahren vor dem Magdeburger Landgericht allerdings ausgesagt, er hätte die beiden noch einmal in der Zelle - direkt am Körper von Oury Jalloh - gesehen, als er seinen befreundeten Kollegen März zum Mittagessen abholen wollte.
Die Kantine öffnet um 11:30 Uhr.
März verneinte die Frage von Bock, ob er mit zum Essen kommen wolle und erwiderte, dass er
noch beschäftigt sei.
Die Polizeibeamtin Beate Höpfner, hatte gegen 11:30 Uhr vom Zimmer des Dienstgruppenleiters durch die eingeschaltete Gegensprechanlage Zellenschlüssel klappern hören. Sie ging von einer entsprechenden Zellenkontrolle aus, aber niemand hat diese im Gewahrsamsbuch dokumentiert.
Die Zeugen März und Scheibe wurden bezüglich dieser Frage ein zweites Mal vor das Magdeburger Landgericht geladen. Beide tätigten extrem widersprüchliche Aussagen über diesen Zeitraum:
So behauptet März, er wäre mit Scheibe zusammen in der Kantine gewesen. Scheibe hingegen ist sich sicher, er habe allein gegessen und wäre genau dann aus der Kantine getreten, als es aus dem Gewahrsamstrakt qualmte.
Beide streiten ab, nach der Verbringung des Oury Jalloh in die Zelle ein zweites Mal bei Oury Jalloh gewesen zu sein.
6. Indizien und Hinweise darauf, dass die bisherigen Ermittlungen im Todesfall Oury Jalloh einseitig geführt und manipuliert wurden
Am 7.01.2005 um 13.45 Uhr wurden die KriPo Stendal und das LKA Sachsen - Anhalt vom Lageinformationszentrum im Auftrag des Innenministeriums mit dem Einsatz im Polizeirevier Dessau beauftragt.
Dabei wird dem 2. FK der PD Stendal die Rolle der ermittelnden Behörde zugesprochen.
Laut Zeugenaussage des Beamten Heickroth (LKA) hat es kurz danach ein Telefonat mit Stendal darüber gegeben, wie der gemeinsame Einsatz aussehen soll. Es wurde sich darauf geeinigt, dass Stendal die Befragungen der Zeugen und das LKA die Tatort- und Spurensicherung übernehmen wird.
Das LKA versäumte es im Zuge der Tatort- und Spurensicherung einen Brandsachverständigen hinzuzuziehen.
Das LKA versäumte es, den Tatort selbst nach Brandbeschleunigern zu untersuchen.
Am Tatort wurden offensichtlich manipulative Veränderungen vorgenommen. Ein und dieselbe Decke taucht auf zwei Bildern an anderer Stelle auf.
Das LKA versäumte es, den gesamten Brandschutt aus der Zelle in entsprechenden Tüten zu sichern, um sie im Labor untersuchen zu lassen – Rußablagerungen vom Tatort wurden nicht asserviert.
Es wurden lediglich 4 Tüten mit Brandschutt asserviert:
1. Asservat 1.1 – Reste von Bekleidung und Matratze, gesichert unterhalb der Leiche 2. Asservat 1.2 – Brandschutt gesichert vom Fußboden oberhalb Kopfes der Leiche 3. Asservat 1.3 – Reste von Bekleidung (augenscheinlich T-Shirt), gesichert linke Schulter
4. Asservat 1.6 – Brandschutt, gesichert beim Zusammenfegen in der Gewahrsamszelle
In dem entsprechenden Bericht vom 10.01.2005 heißt es allerdings, dass der gesamte Brandschutt gesichert worden wäre.
Warum wurden zur Begutachtung durch das Labor nur die Asservate 1.1 und 1.2 mit der Frage übersandt, ob brandbeschleunigende Substanzen oder deren Reaktionsprodukte festgestellt werden können?
Die LKA – Beamten Grubert und Heickroth waren auch bei der Obduktion in Halle anwesend.
Warum haben sie nicht entsprechende Röntgenbilder angewiesen?
Es gibt weiterhin eine Reihe von Indizien, die dafür sprechen, dass bereits in der ersten Phase der Ermittlungen - trotz der unzureichenden Erkenntnislage - ein möglicher Ablauf des Geschehens durch die Polizei und das LKA bereits festgeschrieben wurde:
Beim Hinuntergehen in den Keller des Reviers, wiederholt der Videograph des LKA gleich zweimal, dass er sich jetzt in den Gewahrsamsbereich begebe, „in dem sich der schwarzafrikanische Bürger selbst angezündet hat“
Ebenfalls am 7.1.2005 bringt die Polizeidirektion Dessau eine „Wichtige Eilmeldung“ heraus, in der steht, dass alle Beamten unverzüglich reagiert hätten.
Alle Beamten des Reviers wurden „kollegial“ als Zeugen und zu keinem Zeitpunkt als mögliche Tatverdächtige befragt.
Die Zeitleiste für den Ablauf des 7.1.2005 wurde durch den zuständigen Dienstgruppenleiter und späteren Angeklagten Andreas Schubert vorgegeben. Diese bildete die Grundlage für alle Ermittlungen.
Alle Ermittlungsrichtungen beschränkten sich ausschließlich auf die Annahme, dass Oury Jalloh sich selbst angezündet hat:
Die Selbstentzündungsthese wurde bereits vom Videographen des LKA am Tattag bei den Videoaufzeichnungen am Tatort am 07.01.2005 erwähnt und am 10.01.2005 durch das Protokoll „Maßnahmen zur Brandursachenforschung“ des Kriminalbeamten Fabisch sowie in dem zwei Tage später – am 12.01.2005 – vorgelegten „Untersuchungsauftrag“ zementiert.