Pressemitteilung, 10.10.2014 von Kulturverein Mesopotamien Erfurt
Heute findet ab 17 Uhr der Abschluss der Hungerstreikaktion, wozu wir alle einladen.
Hungerstreik für Kobanê im 2. Tag – Unverhältnismäßiges Verhalten der Polizei
Gestern (9.10.2014) früh hat auf dem Bahnhofsvorplatz in Erfurt der zweitägige Hungerstreik des Kulturvereins Mesopotamien begonnen. Sechs Menschen befinden sich zwei Tage im Hungerstreik, um auf den drohenden Massenmord in der kurdischen Stadt Kobanê in Nordsyrien/Rojava hinzuweisen und die thüringische und bundesdeutsche Politik zum Handeln aufzufordern. Das Dringendste ist das Öffnen eines Korridors von der Türkei nach Kobanê, um jedwede Unterstützung von KurdInnen aus Syrien, der Türkei und dem Irak und anderen zuzulassen. Das verweigert die türkische Regierung rigoros, stattdessen gibt es de facto ein Embargo.
Der Pavillon der Hungerstreikenden wurde den ganzen ersten Tag über gut besucht, wir gehen insgesamt von 200 Menschen aus. Viele Menschen informierten und solidarisierten sich mit den Forderungen. Es gab rege Diskussionen über die Hintergründe und Handlungsoptionen. Die Hungerstreikenden und Besucher sangen sogar gemeinsam abends in Begleitung von Musikinstrumenten.
Heute findet ab 17 Uhr der Abschluss der Hungerstreikaktion, wozu wir alle einladen.
Nur ein Vorfall überschattete den ersten Tag:
Die Thüringer Kriminalpolizei forderte spätnachmittags, dass eine kleine Fahne und ein Transparent entfernt werden, weil sie angeblich gegen das Vereinsgesetz verstoßen würden. Die Kriminalpolizei teilte mit, dass das Amtsgericht Erfurt einen diesbezüglichen Beschluss gestern gefasst hätte (dieser sei mündlich gefasst worden). Auf der Fahne war das Bild des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan und die Forderung „Freedom for Ocalan“. Auf dem Transparent gab es einen kleinen Teilbereich, der angeblich einer verbotenen früheren PKK-Fahne „sehr ähneln“ würde. Sie konnten nicht sagen, dass es die gleiche Fahne sei.
Obwohl wir gegen diese „Auflage“ Widerspruch einlegten und ausführlich erklärten, dass es unverhältnismäßig sei, ging die Polizei auf uns überhaupt nicht ein und verhielt sich sturr - wir werfen ihr menschliche und interkulturelle Inkompetenz vor. Diese Fahne haben wir nach Absprache mit der Erfurter Versammlungsbehörde und Vertretern der Polizei vor knapp zwei Jahren bei einigen Demonstrationen getragen und es gab bisher nie ein Problem. Erst an diesem Dienstag war dies bei einer Kundgebung auch der Fall, als Landtagsabgeordnete der LINKEN (Bodo Ramelow, Katharina König) und GRÜNEN (Madeleine Henflig) auch sprachen; da sagte niemand was.
Die Forderung nach der Freiheit des Gefangenen Öcalan ist eine legitime politische Forderung. Dies zu unterbinden ist eine anhaltende Kriminalisierung von KurdInnen in der BRD und Thüringen. Denn mehr als die Hälfte der KurdInnen betrachten ihn als Repräsentanten. Nicht umsonst sah sich sogar ein Erdogan gezwungen, mit ihm Verhandlungen über einen Friedensprozess aufzunehmen.
Das unsensible Einschreiten der Kriminalpolizei von gestern ist angesichts des drohenden Massenmords in Kobanê, worauf wir hinweisen wollen, sehr bedenklich. Sie behindern das Schaffen von Öffentlichkeit für etwas, was gerade viele Menschen in Thüringen und Deutschland bewegt.
Wir fordern die Stadt Erfurt und die Polizei zum sofortigen Umdenken auf. Sonst werden wir juristisch dagegen vorgehen.
Ercan Ayboga für den
Kulturverein Mesopotamien e.V.
Liebknechtstr. 8, 99089 Erfurt