Wir dokumentieren den Aufruf von Lampedusa in Hamburg:
Wir sind hier um zu bleiben – und unser Protestzelt muss auch bleiben!
Kommt zum Zelt-Aktions-Tag am 10. Sept. 2016 von 14 bis 17 Uhr! (am Lampedusa-Zelt zwischen Hauptbahnhof und ZOB)
Das Lampedusa-Zelt am Hauptbahnhof – warum ist es wichtig?
Im Mai 2013 gingen wir an die Öffentlichkeit und gründeten die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Ein Zelt wurde am 22. Mai 2013 in der Nähe des Hauptbahnhofs (gegenüber dem ZOB) errichtet. Vor einigen Wochen kündigten die Hamburger Behörden zum wiederholten Mal an, dass Mitte Oktober dies Zelt wegen Bauarbeiten von diesem Ort weg und woanders hin verlegt werden muss. Aber unser Zelt war und ist immer noch aus verschiedenen Gründen wichtig:
Es ist ein Treffpunkt für die Mitglieder der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ und andere Geflüchtete und MigrantInnen Es ist ein Infopunkt, um die Öffentlichkeit über die Situation, die Forderungen und Aktionen von „Lampedusa in Hamburg“ zu informieren. Und nicht zuletzt: Es ist ein Symbol für den Kampf von „Lampedusa in Hamburg“ zusammen mit anderen Geflüchteten, antirassistischen Gruppen und Einzelpersonen, die immer noch für eine Lösung für alle kämpfen!
Deshalb fordern wir, dass das Zelt in der Nähe des Hauptbahnhofs bleiben muss – wenn nötig, während der Bauarbeiten an einem nahegelegenen Ort, aber hinterher wieder am alten Platz! Anfang des Jahres 2013 mussten wir, ungefähr 350 afrikanischeKriegsflüchtlinge aus Libyen, die Lager in Italien verlassen, nach-dem wir Papiere bekommen hatten und sind nach Hamburg gekommen, wo wir uns auf der Straße wiederfanden – ohne Recht auf Arbeitserlaubnis, Sozialleistungen und Unterkunft. Unser Kampf ist nicht zu Ende, weil die Hamburger Regierung unsere Forderungen immer noch ignoriert. Vor einigen Wochen erhielten zwei (!) Mitglieder unserer Gruppe eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, nachdem sie Ende 2013 eine Duldung beantragt und ihre italienischen Papiere zurück gegeben hatten. Das ist keine Lösung! Die Mehrheit von „Lampedusa in Hamburg“ kann nur überleben dank der Solidarität von vielen Gruppen und Einzelpersonen, die uns Unterkunft gewähren, Geld spenden und unseren Kampf unterstützen. Wir fordern immer noch eine Lösung für die gesamte Gruppe nach § 23 oder eine Anerkennung unserer italienischen Papiere und eine Arbeitserlaubnis!
Das war und ist unser Kampf seit Mai 2013: Beginnend mit einer Protestaktion auf dem Evangelischen Kirchentag Anfang Mai 2013, wurden die Situation und die Forderungen von „Lampedusa in Hamburg“ öffentlich in Hamburg, Deutschland und sogar Europa. Viele Leute aus antirassistischen Gruppen, Kirchengemeinden, Gewerkschaften, Fußballvereinen, Schulen, Nachbarschaften und andere Einzelpersonen begannen die Lampedusa-Gruppe zu unterstützen – praktisch und mit öffentlichen Erklärungen. Fast jede Woche fanden Demonstrationen und andere Aktionen statt, die größte im November 2013 mit mehr als 15.000 Teilnehmer*innen. Zusammen mit Rechtsanwält*innen forderte „Lampedusa in Hamburg“ Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 23 Aufenthaltsgesetz für uns als Gruppe, weil wir alle Kriegsflüchtlinge aus Libyen sind, aber die Hamburger Regierung lehnte diese Forderung ab. Stattdessen fanden Verhandlungen mit der Evangelischen Kirche statt und eine „Duldung“, ein befristetes Bleiberecht in Hamburg bis zu einer Gerichtsentscheidung in jedem Einzelfall, wurde angeboten. Nach langen Diskussionen akzeptierten einige Mitglieder der Lampedusa-Gruppe dieses Angebot, aber die Mehrheit von uns kritisierte es und kämpft weiter für eine Gruppenlösung. Viele bekannte Künstler*innen und Intellektuelle unterstützten uns in einem „Manifest“ im Juni 2014 mit einer Pressekonferenz am Zelt, mehr Demonstrationen und andere Aktionen fanden statt, 2015 auch zusammen mit anderen Geflüchteten, die ihre Rechte fordern. Im Februar 2016 initiierte „Lampedusa in Hamburg“ eine internationale Konferenz von Flüchtlingen und Migrant*innen im „Kampnagel“-Theater und war einer der Hauptorganisatoren dieser vielfach beachteten dreitägigen Veranstaltung mit über 1.500 Teilnehmer*innen. Die „Grünen“ hatten in ihrem Wahlkampf 2015 eine „politische Lösung“ für Lampedusa in Hamburg gefordert. Aber Olaf Scholz und der Hamburger Senat verweigern sogar jedes Gespräch mit Mitgliedern der Gruppe, um über unsere Forderungen zu reden.
Noch schlimmer: Pläne für striktere europäische Gesetze gegen „Sekundärbewegungen“. Bis jetzt ist es so, dass Geflüchtete, die Papiere (Asyl oder humanitären Aufenthaltsstatus) in einem EU-Mitgliedsstaat bekommen haben, das Recht haben, sich frei für 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen in verschiedenen EU-Ländern zu bewegen (und ob sie länger bleiben, ist schwer zu kontrollieren). Das bedeutet: Menschen wie die Mitglieder von „Lampedusa in Hamburg“ halten sich nicht „illegal“ hier auf, sie haben „nur“ kein Recht zu arbeiten und Sozialleistungen zu beziehen. Aber die EU plant, solche „Sekundärbewegungen“ von Asylsuchenden und sogar von anerkannten Flüchtlingen zu verhindern. Fingerabdrücke ankommender Flüchtlinge werden von Frontex und Polizei schon in sogenannten „Hot-spots“ an den EU-Außengrenzen genommen, und Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums finden statt, so dass Menschen zurückgeschoben werden können in das Ersteinreiseland gemäß Dublin III. Mit Dublin IV sind verschiedenste Sanktionen geplant gegen Geflüchtete, die in andere Länder weiterwandern. Diese Politik gegen Bewegungsfreiheit wird zu einer höheren Zahl von Menschen ohne gültige Papiere und Rechte in vielen EU-Ländern führen. Die Situation und der Kampf von „Lampedusa in Ham-burg“ ist ein Beispiel für diese Politik und wie wir dage-gen kämpfen müssen zusammen mit vielen Geflüchteten und Migrant*innen. Unsere Forderungen für die Lampedusa-Gruppeund alle anderen in ähnlicher Situation sind:
• Bewegungsfreiheit und Bleiberecht im Land der eigenen Wahl!
• Arbeitserlaubnis und Recht auf (Aus-) Bildung!
• Recht auf Sozialleistungen und Unterbringung!
Das Lampedusa-Zelt als Symbol für unseren gemeinsamen Kampf muss bleiben! Weitere Aktionen werden folgen!
Lampedusa in Hamburg – Aktivist*innen und Mitglieder
https://www.facebook.com/lampedusainhamburg
Konto-Nr.: KIEZ Wohnen e.V.IBAN. DE91251205100008457200BIC: BFSWDE33HAN Stichwort:. LAMPEDUSA
The VOICE Refugee Forum – A Network of Refugee Community Initiatives in Germany
https://thevoiceforum.org/node/4201