Pressemitteilung der Karawane bzgl. den Nigerianischen Familie Omoroghomwan - Kindeswohl wird weiter verletzt
Familie Claudia. O // Zwischen Kinder - und Flüchtlingsheim
Keine Chance auf ein normales Leben, weder in Nigeria noch in Deutschland: Claudia O. (re) und ihre drei Adoptivtöchter Sophia, Sandra,Sonja. Mit Foto: Anke Engelmann Zwischen Kinder- und Flüchtlingsheim PressArtikel mit Foto
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Bundesweites Netzwerk der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen.
E n g l i s h: Germany - Brutal police intervention against refugee children from Nigeria in Treuen
https://thevoiceforum.org/node/822
PRESSEMITTEILUNG
18.05.2008
Brutaler Polizeieinsatz gegen nigerianische Flüchtlingskinder in Treuen (Sachsen)
Polizei schiebt Kinder in Handschellen aus dem Kinderheim ins Flüchtlingslager ab
Unter Einsatz von physischer Gewalt wurden die drei Mädchen Sophia (14), Sandra (13) und Sonja (8) Omoroghomwan am Freitag, 16. Mai 2008 von der Polizei aus dem AWO Kinder- und Jugendwohnhaus in Treuen (Vogtlandkreis/Sachsen) in das abgeschiedene Flüchtlingslager im Wald bei Posseck (ebenfalls Vogtlandkreis) zurückgeschoben.
Die drei Mädchen aus Nigeria hatten letztes Wochenende aus eigenem Entschluss das Kinderheim in Treuen in der Nähe von Plauen aufgesucht, weil sie das Leben in der Isolation nicht mehr ertragen konnten. Sie waren in dem Heim freundlich aufgenommen worden und fühlten sich dort wohl. Obwohl sie dort getrennt von ihrer Mutter Claudia leben mussten, wollten sie bleiben, weil sie die Lebensbedingungen in Posseck nicht mehr ertragen konnten.
Am vergangenen Freitag wurden sie im Beisein einer Vertreterin des Jugendamtes mit Hilfe der Polizei gezwungen, in das Lager in Posseck zurückzukehren. Die Mädchen wurden vom Heimpersonal am Morgen darüber informiert, dass sie zurück nach Posseck sollen. Als die Mädchen sich weigerten, verständigte die Vertreterin des Jugendamts die Polizei. Insgesamt wurden für den Einsatz vier Polizeiwagen angefordert. Erschreckt und verängstigt versuchten die Kinder davon zu laufen. Dabei wurden sie von einem Polizeiwagen verfolgt. Als die jüngste, Sonja, gefasst wurde, entschloss sich die älteste Schwester, Sophia, mit ihr zusammen zurückzubleiben. Beide wurden in ein Zimmer gesperrt. Während Sandra weiter zu fliehen versuchte, verlangte die Frau vom Jugendamt den Einsatz von mehr Polizei. Als Sandra schließlich gefasst wurde, legte man sie in Handschellen und schleifte sie über den Boden. Auch an den Beinen wurde sie gefesselt. Nach Aussage ihrer Schwestern war Sandra völlig außer sich und schrie.
Die Kinder sahen sich Beschimpfungen durch die Anwesenden ausgesetzt. Sie vernahmen die Worte „blöde Kuh“, „Schwarze“, „verrückt“. Die Vertreterin des Jugendamtes hörten sie sagen, sie hätten keine Chance.
Die beiden jüngeren Mädchen Sandra (13) und Sonja (8) wurden in Handschellen aneinander gekettet, Sophia wurden die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Kinder gaben an, von der Polizei gezerrt und gezogen worden zu sein, wobei keine Rücksicht darauf genommen wurde, dass sie gefesselt waren und dass sie über Schmerzen klagten. Sophia sagte aus, dass man ihnen einfach nicht zugehört hätte. Die Handschellen hinterließen sichtbare und schmerzhafte Spuren an den Handgelenken. Gefesselt wurden sie ins Auto geschubst und in das Flüchtlingslager verfrachtet, immer noch gefesselt wurden sie dort wieder aus dem Auto gezerrt und in ihr Zimmer im Heim gebracht.
Die Mutter war über die Maßnahme nicht in Kenntnis gesetzt worden. Als die Kinder im Heim ankamen, war sie außer sich darüber, was man ihren Kindern angetan hat. Die Kinder selbst stehen unter Schock und klagen über Schmerzen.
Die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen und The VOICE Refugee Forum protestieren scharf gegen diesen Akt behördlicher und polizeilicher Gewalt. Mit dem Polizeieinsatz als Reaktion auf den Hilfeschrei der drei Mädchen nach einem Leben außerhalb des Lagers und mit sozialen Kontakten hat das Jugendamt sich in jeglicher Hinsicht diskreditiert und seinen Auftrag, das Wohl der Kinder zu schützen ins Gegenteil verkehrt. Unser Protest richtet sich deshalb auch insbesondere gegen die Haltung des Jugendamts. Laut Beschluss des Familiengerichts Plauen hat das Jugendamt eine Ergänzungspflegschaft für die drei älteren Mädchen inne, für die Claudia Omoroghomwan nach dem Verkehrstod ihres Bruders und ihrer Schwägerin, der leiblichen Eltern, gemeinsam mit der vor zwei Jahren ebenfalls verstorbenen Großmutter die Sorge übernommen hat.
Seit dem Beschluss wird Frau Omoroghomwan das Recht abgesprochen, über die Kinder zu entscheiden. Dass das Jugendamt als „Ergänzungspfleger“ nur zum Besten der Kinder da ist, wurde durch diese Vorgehensweise eindeutig widerlegt. Die Suche nach Schutz vor den menschenunwürdigen Lebensbedingungen im Wald bei Posseck wurde vom Jugendamt nicht ernst genommen, stattdessen wurde physische Gewalt als Mittel gutgeheißen, um die Kinder dorthin zurück zu zwingen, wo ihnen der psychische Druck und die Isolation den Lebensmut nimmt.
Frau Omoroghomwan und ihre Kinder sind verzweifelt angesichts dieser Art von Verfolgung durch die deutschen Behörden. Frau Omoroghomwan hatte bereits wiederholte Male ohne Erfolg versucht, einen Umzug in eine normale Wohnung in eine Stadt genehmigt zu bekommen. Nach dem jüngsten Vorfall ist ein Weiterleben in Posseck und im Vogtlandkreis nicht mehr möglich.
Das Karawanenetzwerk und The VOICE Refugee Forum unterstützen die Forderung Frau Omoroghomwans nach einer sofortigen Umverteilung nach Halle, wo die Familie durch den Anschluss an religiöse Gemeinschaften und die afrikanische Kultur ihre soziale Isolation überwinden kann.
Wir rufen alle Kinderschutz- und Menschenrechtsorganisationen auf, sich in Absprache mit uns für den Schutz, die Gesundheit und eine menschenwürdige Lebenssituation der Familie einzusetzen.
Wir appellieren an das Bundesamt für Migration, unverzüglich eine Entscheidung über das Asylgesuch der jüngsten Tochter Dammiana zu treffen, die ihr den nötigen Schutz vor der drohenden Beschneidung gewährt, den ihr Heimatland Nigeria nicht bietet.
Bitte schließt euch unserem Protest gegen diese behördliche Gewalt in Sachsen an und helft uns, diesen Aufruf zu verbreiten!
Kontakt Personen:
Mai zeidani, Tel.: 0172 393 1225 und
Mbolo Yufanyi, Tel.: 0170 8788124
Für mehr Information:
weitere Informationen unter:
http://www.thevoiceforum.org/node/796
Bundesweites Netzwerk der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, c/o Internationales Zentrum B5, Brigittenstraße 5, 20359 Hamburg,
Tel.: 040 43189037, E-Mail: free2move@nadir.org