Aus: Weserkurier 20.05.2008
-Platzt nun der Brechmittelprozess?
*Anwalt stellt Befangenheitsantrag / Richter hat sich vor Jahren in einem Fachaufsatz zu dem Fall geäußert* Von unserem Redakteur Bernd Schneider
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Befangenheitsantrag gegen Richter im "Brechmittel"- Prozess
Montag, 19. Mai 2008, 15.31 Uhr
http://www.radiobremen.de/nachrichten/meldung.php3?id=50397
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Der sogenannte "Brechmittelprozess" am Bremer Landgericht muss möglicherweise abgebrochen und neu aufgerollt werden. Grund ist ein Befangenheitsantrag gegen den vorsitzenden Richter. Er hatte 2005 in einer Fachzeitschrift einen Artikel über den Fall veröffentlicht. Nach Ansicht des Verteidigers des angeklagten Polizeiarztes ist Richter Bernd Asbrock nicht mehr für den Brechmittelprozess tragbar.
Der Grund: Er habe sich bereits vor Prozessbeginn festgelegt. Asbrock hatte 2005 einen Artikel in der Verdi-Verbandszeitschrift für Richter und Staatsanwälte verfasst. Darin fielen die Worte, dem mutmaßlichen Drogendealer sei gewaltsam ein Brechmittel eingeflösst worden. Das ist laut Verteidiger für den Befangenheitsantrag maßgeblich.
Richter Asbrock zeigte sich überrascht. Er habe geglaubt, der Verteidiger kenne die Veröffentlichung. Am Nachmittag brach er die Zeugenvernehmung ab, die heute mit einem medizinischen Gutachter eigentlich enden sollte. Über die Befangenheit entscheidet jetzt bis Ende Mai eine Kammer des Bremer Landgerichts. Sollte der Prozess fortgesetzt werden, kündigte der Verteidiger schon heute einen Antrag auf Revision beim Bundesgerichtshof an.
Der angeklagte 44 Jahre alte Arzt soll Ende Dezember 2004 einem gefesselten Verdächtigen im Polizeigewahrsam das Brechmittel eingeflößt haben. Der Mann aus Sierra Leone erlitt einen Kollaps, fiel ins Koma und starb einige Tage später im Krankenhaus. Nach Aussage eines anderen Gutachters erlitt der Mann einen Hirntod. Zur genauen Ursache machte er aber keine endgültige Aussage. Die Plädoyers werden für den 28. Mai 2008 erwartet.
Brechmittel-Einsatz: Tod durch Ertrinken
© Radio Bremen
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Aus: Weserkurier 20.052008
Platzt nun der Brechmittelprozess?
*Anwalt stellt Befangenheitsantrag / Richter hat sich vor Jahren in einem Fachaufsatz zu dem Fall geäußert* Von unserem Redakteur Bernd Schneider
*BREMEN. *Unmittelbar in der Zielgeraden muss der Brechmittelprozess unter Umständen abgebrochen und neu aufgerollt werden. Grund ist ein Befangenheitsantrag gegen die beiden Berufsrichter. Unter dem Titel "Hauptstadt des organisierten Erbrechens?" hatte der Vorsitzende Richter Bernd Asbrock sich bereits im Jahr 2005 zu dem Fall geäußert - in einem Artikel für die juristische Fachzeitschrift "Verdikt".
Dem Verdächtigen, so schrieb er damals, sei "gewaltsam ein Brechmittel eingeflößt worden". Den Einsatz von Brechmitteln nannte Asbrock eine "fragwürdige Form der Beweissicherung" und zitierte "Vertreter der Ärzteschaft", die sie "als medizinisch nicht indiziert und unverantwortbar" verurteilten.
Diese Haltung warf ihm nun Verteidiger Erich Joester vor. Asbrock habe "das Vertrauen meines Mandanten in die Unvoreingenommenheit des Richters zerstört". Der Richter habe sich "in der Öffentlichkeit festgelegt, dass
die Brechmittel gewaltsam eingeflößt" wurden. Als Richter im Prozess müsse er genau darüber nun unbefangen entscheiden. Dabei habe er sich "zum Sachverhalt und zur rechtlichen Würdigung" längst ein Urteil gebildet.
Den Anlass für den zweiten Befangenheitsantrag - gegen die Beisitzende Richterin Erika Segond sowie eine Laienrichterin - lieferte Richter Asbrock unmittelbar im Anschluss: Er führte aus, dass er das Problem
einer möglichen Befangenheit mit seinen Kollegen in der Strafkammer beraten habe. Die Berufsrichterin Segond sowie eine Schöffin hätten das aber nicht als Belastung für das Verfahren angesehen. Der Verteidiger wirft ihnen nun genau das vor: Sie hätten bei einem "offensichtlichen Befangenheitsgrund" nicht reagiert und den Fall nicht abgegeben.
"Das überrascht jetzt sicherlich etwas", sagte Asbrock und wandte sich an Joester: "Ich bin davon ausgegangen, dass Sie das wissen." Schließlich erhalte auch seine Kanzlei die Fachzeitschrift "Verdikt", herausgegeben von der Gewerkschaft ver.di. Im Übrigen habe er lediglich allgemeine "rechtspolitische Erklärungen" zum Einsatz von Brechmitteln mit der Magensonde ("unter Zwang") abgegeben. Asbrock: "Ich habe mich zu der Maßnahme an sich geäußert. Das hatte hat mit dem Angeklagten überhaupt nichts zu tun."
Besonders überrascht zeigte sich der Richter über den Zeitpunkt des Befangenheitsantrags. "Seit April 2006 liegt die Anklage bei unserer Kammer", sagte er. Und gestern, dem letzten Tag der Beweisaufnahme, stelle Joester seinen Antrag. Befangenheitsgründe sind aber "unverzüglich geltend" zu machen, also unmittelbar nachdem sie bekannt werden.
Joester versicherte indes, von dem über drei Jahre alten
Zeitschriften-Artikel erst gestern erfahren zu haben.
Bis zur Entscheidung über den Befangenheitsantrag durch eine andere Kammer ist die Beweisaufnahme ausgesetzt. Das Ergebnis wird am 28. Mai um 9 Uhr verkündet.
Laye Conde: Prozess wegen Tod durch Brechmitteleinsatz in Bremen
https://thevoiceforum.org/node/785