Kosmetik in Katzhütte
Im thüringischen Flüchtlingsheim werden ein paar Baracken renoviert. Die Bewohner fordern weiterhin die Schließung des Lagers. Demonstration in Saalfeld angekündigt
Von Mirko Knoche
jungewelt, 31.05.2008
Nachmittags wird das warme Wasser einfach abgedreht. Die Baracken haben dünne, zum Teil stark verschimmelte Wände und sind nicht isoliert. Duschen und Toiletten sind nur über das Freie zu erreichen. Das ist die Realität für Flüchtlinge im thüringischen Katzhütte. Teilweise leben sie seit neun Jahren in dem ehemaligen Ferienlager. Einige von ihnen sind nun vorübergehend in anderen Lagern untergebracht, weil einige der Katzhütter Baracken renoviert werden. Für die Flüchtlinge ist das keine Lösung. Sie fordern die sofortige Schließung des Lagers.
Am Donnerstag abend informierten Bewohner und Anwälte im linken Hamburger Kulturzentrum B5 über den Alltag der Flüchtlinge in Katzhütte und ihren Widerstand. Für den kommenden Donnerstag rufen Flüchtlingsinitiativen zu einer Demonstration im thüringischen Saalfeld auf, um den Forderungen der Betroffenen Nachdruck zu verleihen.
Anfang des Jahres hatten die Bewohner beschlossen, diese Zustände nicht länger hinzunehmen und sich zu wehren. Sie kontaktierten Anwälte und wandten sich an die Presse. Die Flüchtlingsorganisationen »The Voice« und die »Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen« führen seitdem gemeinsam mit den Heimbewohnern eine Kampagne zur Schließung des Lagers. Dabei kam es mehrfach zu Kundgebungen, auch auf dem Lagergelände.
Der private Heimbetreiber K&S und die zuständige Ausländerbehörde reagierten mit drastischen Mitteln. Polizei und Sicherheitskräfte versuchten mehrfach, Aktionen in Katzhütte zu unterbinden. Journalisten wurden am Zutritt zum Gelände gehindert. Zwei vermeintliche Wortführer der Proteste wurden unter Gewaltandrohung in entfernte Lager verbracht. Den aus dem Westjordanland stammenden Sprecher der Flüchtlinge aus Katzhütte, Mohammed Sbaih, wollte die Ausländerbehörde sogar abschieben.
Sbaihs Hamburger Anwalt Mark Nerlinger konnte die Abschiebung Anfang vergangener Woche mit einem Eilantrag. Die Behörden haben aber bereits Einspruch gegen das Urteil eingelegt. Das Gericht hatte die Abschiebung in erster Linie wegen formaler Mängel zurückgewiesen. Im Gespräch mit junge Welt wies Nerlinger darauf hin, daß bisher keine Abschiebungen nach Palästina möglich seien. Die Flüchtlinge könnten wegen der israelischen Besatzung nicht direkt in ihr Heimatland verbracht werden.
Sbaih selbst hält telefonischen Kontakt zu den Lagerbewohnern. Gegenüber jW wies er darauf hin, daß die verbliebenen Einwohner weiter eingeschüchtert würden. Einer Aktivistin werde zum Beispiel unterstellt, sie schlage ihr Kind. Nach Sbaihs Meinung ist dies ein vorgeschobener Grund, um die Bewohnerin zu diskreditieren und unter Druck zu setzen.
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