GRÜNDER DER INITIATIVE IN GEDENKEN AN OURY JALLOH VOR GERICHT:
POLIZEIBEAMTE ANGEBLICH ALS „NEGERKILLERS“ BELEIDIGT
An die Öffentlichkeit mit der Bitte zu veröffentlichen bzw. zu verbreiten.
Am 28. März 2007, dem zweiten Tag der öffentlichen Verhandlungen gegen zwei Polizeibeamte im Fall Oury Jalloh, der an Händen und Füßen angekettet auf einer feuerfesten Matratze in einer Gefängniszelle gestorben ist, haben mehrere Polizeibeamte Anzeige gegen Mouctar Bah erstattet. Mouctar Bah ist der Vertreter der Familie Oury Jallohs und Gründungsmitglied der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh. Nach den Klägern hat Herr Bah, der sich vor Gericht wegen Beleidigungen verantworten muss, die angeklagten Polizisten angeblich als „Negerkillers“ angeschrien. Der öffentliche Prozess wird am Mittwoch, den 16. Juli 2008 am Amtsgericht Dessau abgehalten. Die mündliche Verhandlung beginnt um 10.30 Uhr.
Dies ist eine Erklärung der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh.
Über 43 Monate nach dem Tod von Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau ist noch nicht ein Polizist, der direkt an dem tragischen Tod beteiligt war, verurteilt worden. Stattdessen wurde die Öffentlichkeit Zeuge einer offenen Darstellung von Arroganz und Straflosigkeit seitens der Polizei. Das anti-demokratische und unrechtmäßige Verhalten von Lügen und Vertuschungen wurde vom Gericht nicht nur akzeptiert, sondern bis zu einem gewissen Grad sogar gefördert. Es ist so weit gekommen, dass sich die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh dazu
gezwungen gefühlt hat, den Prozess als eine Farce zu bewerten und als Konsequenz den Gerichtsaal zu verlassen.
Nichtsdestotrotz wurden einige Menschen für die Verbrechen gegen Oury Jalloh bestraft.
Z.B. Mouctar Bah. Der Freund Oury Jallohs und ehemalige Besitzer des Telecafés steht nun wegen angeblichen Beleidigungen vor Gericht. Nach seinen Anklägern, den Polizeioffizieren von Dessau, soll Bah am 28. März 2007 in der Anwesenheit von internationalen Beobachtern und Oury Jallohs Mutter während der Verhandlung im Fall Oury Jalloh mehrere Polizisten angeblich „Negerkillers“ genannt haben.
Das ist nicht die erste Erfahrung, die Bah mit solchen Angelegenheiten gemacht hat. Seit Oury Jallohs Tod im Jahr 2005 hat Mouctar Bah immer mehr Erfahrungen mit der Arbeit des deutschen Rechtssystems sammeln können. Wie kein anderer hat er mehr als dreieinhalb Jahre kontinuierlich dafür gearbeitet, dass sich Wahrheit und Gerechtigkeit in einem Fall durchsetzen, in dem die Amtsgewalten alles in ihrer Macht stehende zur Vertuschung getan haben.
In dieser Zeit hat er Aktivisten gesehen, die kriminalisiert und verfolgt wurden. Auch wurde ihm sein Telecafé weggenommen und er durfte nicht mehr als Geschäftsmann arbeiten, laut Dessauer Ordnungsamt: „aus öffentlichen Interessen“. Weiterhin hat Bah nicht nur die NPD für ihre grausamen Worte gegen Oury Jalloh und die Schwarzen vor Gericht gebracht, er wurde auch selbst bei verschiedenen Gelegenheiten durch einen bekannten Neonazi angegriffen (der eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung der Stadt Dessau, Bahs Telecafé zu schließen, spielte ) – und vor Gericht gebracht.
Anstatt dass er für seinen Mut und seine Opfer, die er für sich, seine Familie und die Familie von Oury Jalloh gebracht hat, geehrt wird, ist Mouctar Opfer staatlicher Verfolgung geworden. Die Entscheidung, Bah seinen Gewerbeschein nicht wiederzugeben und ihm damit die Möglichkeit einer Wiedereröffnung seines Cafés zu versagen, wurde von der Stadt Dessau damit begründet, dass Bah eine „große charakterliche Mängel“ zeige.
Die Grundlage für solch scharfe Worte lieferten verschiedene Beschwerden einiger Nachbarn (wie von dem oben erwähnten), einer Schule in der Nähe des Shops und von einigen Geschäften. Die Anschuldigungen gehen nicht nur so weit, rassistische Stereotype, die gegen Schwarze in dieser Gesellschaft vorherrschen (schmutzig, laut, gewalttätig, Drogendealer) zu erfüllen, sondern sie gehen sehr weit darüber hinaus: es wurde ein Brief aufgesetzt und an die Stadt Dessau geschickt, in dem die Unterzeichner von einer „Zusammenrottung der Schwarzafrikaner“ sprechen und dass Drogendealerei aufgrund der Tatsache, dass Schwarzen die Erlaubnis zur Eröffnung eines solchen Ladens gegeben werde, vorprogrammiert sei.
Ein weiteres Argument der Vertreter der Stadt stützt sich auf die vier Beschwerden gegen Mouctar: zwei kamen von den bereits erwähnten Rechtsextremist, ein weiteres wurde fallengelassen und ein viertes ist nun der Grund für Mouctars anstehende Verhandlung. Bezogen auf diese sogenannten Probleme mit dem Gesetz schreiben die Behörden in ihrer Ablehnung von Bahs Bewerbung um eine Erneuerung seines Gewerbescheins:
„Ein Verhalten, das wiederholt polizeiliche Ermittlungsverfahren notwendig macht, lässt unabhängig vom Ergebnis der Ermittlungen auf große charakterliche Mängel Ihrer Person und auf das Vorhandensein einer doch fehlenden Akzeptanz der Normen gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Gesetze der Bundesrepublik Deutschland schließen.“
In dem preisgekrönten Dokumentationsfilm über Oury Jallohs Tod „Tod in der Zelle“, wird ein Freund von Oury angeführt, der sagt, dass Oury drei Tode gestorben sei: Für Mouctars Part kann gesagt werden, dass er drei Verfolgungen erleiden muss: weil er Schwarz ist, weil er für Wahrheit und Gerechtigkeit kämpft und weil er seinen Kampf nicht aufgibt, damit solche Gräueltaten, wie die Morde an Oury Jalloh und Dominique Koumadiou, niemals wieder vorkommen.
Wir rufen die Öffentlichkeit und die Presse auf, eine weitere rassistische Attacke gegen Mouctar Bah und gegen die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh kritisch zu betrachten.
Ferner rufen wir zu einer bundesweiten Demonstration am Samstag, den 2. August in Dessau auf. Treffpunkt ist am Hauptbahnhof um 13 Uhr.
Break the Silence!
Wahrheit! Gerechtigkeit! Entschädigung!
Für mehr Information stehen wir selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh: +49-(0)170-8788124