*Unterstützt Aboubacar Wan gegen die drohende Abschiebung
*Stellungnahme des KARAWANE-Netzwerks an das Verwaltungsgericht Gera
*Eisenach: Diabeteskranker Flüchtling soll abgeschoben werden; Pressemitteilung des Flüchtlingsrat Thüringen e.V.
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Richter unterstützt zwanghaften Abschiebewillen gegen Aboubakar Wan
Wir kämpfen weiter gegen die Abschiebung von Aboubakar Wan!
Woher kommt diese Unmenschlichkeit, woher kommt dieser Hass?
Am 05. März wurde vor dem Verwaltungsgericht Gera in Thüringen über die Klage des Kriegsflüchtlings, Aboubakar Wan, aus Sierra Leone entschieden. Herr Wan leidet an Diabetes und muss viermal am Tag Insulin spritzen.
Der Vertreter der Ausländerbehörde Eisenach, Herr Reinhold, selbst Diabetiker hatte bereits im Vorfeld versucht, die Krankheit Herrn Wans in Frage zu stellen. Diese Anmaßung wurde von Herrn Wans behandelnden Arzt in schriftlicher Form entschieden zurückgewiesen.
Dennoch forderte der Richter in der Verhandlung Herr Wan auf, sein Spritzbesteck zeigen und ließ ihn die Benutzung erklären.
Um die Abschiebung des kranken und mittellosen Flüchtlings gegen sein Recht auf Schutz aus humanitären Gründen durchzusetzen, hatte die Ausländerbehörde Eisenach eine Versorgung Herrn Wans mit Insulin in Sierra Leone für zwei Jahre in Aussicht gestellt. Dagegen klagte Herr Wan und wurde durch Proteste von Menschenrechtsgruppen unterstützt. Es kann vermutet werden, dass der Ausländerbehörde möglicherweise nach Rücksprache mit dem Gericht klar wurde, dass die zeitliche Begrenzung der Insulinversorgung dem Richter keine andere Wahl lassen würde als für Herrn Wan zu entscheiden. Eine Entscheidung in diese Richtung hatte der Richter vor der Verhandlung gegenüber einem Journalisten und einigen ProzessbeobachterInnen in Richtung angedeutet. Eine zentrale Information, die ihm bereits vorlag, aber nicht Herr Wan oder seinem Rechtsanwalt bekannt war, verschwieg er. Obwohl es genau diese Information war, mit der die Klage als unbegründet abwies.
Der Vertreter der Ausländerbehörde Eisenach, Herr Reinhold, präsentierte zur Überraschung aller mit Ausnahme des Richters, ein Schreiben des Landesverwaltungsamts Thüringen. In einem knappen Dreizeiler heißt es, dass die medizinische Versorgung Herr Wans zu Lasten des Landes Thüringen länger als zwei Jahre erweitert werden kann, gegebenenfalls ohne zeitliche Begrenzung, sofern der Antragsteller nachweist, dass er im Bereich eines Normalgewichts ist. Das Normalgewicht beträgt Körpergröße minus 100 erhöht um maximal 100%.
Diese Schreiben kommentierte der Richter mit den Worten, dass er dann keine Hindernisse für eine Abschiebung mehr sehen würde. Konkrete Nachfragen des Rechtsanwalts wie sich die Behörde die medizinische Betreuung in Sierra Leone vorstellen würde, konnten nicht klar beantwortet werden. Der Ausländerbehördenvertreter sprach von einer größeren Menge Insulin, die man ihm in Deutschland schon mitgeben würde. Ärztliche Betreuung könnte evt. mittels Überweisungen von der deutschen Botschaft garantiert werden. Der Richter vertrat die Auffassung, dass dies ja später im Detail noch geklärt werden könne.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sollte dann noch über den Eilantrag der Ausländerbehörde auf sofortige Abschiebung verhandelt werden. Während eine StudentInnengruppe zusammen mit dem Ausländerbehördenvertreter den Sitzungssaal betrat, sollten die FreundInnen und UnterstützerInnen von Herrn Wan draußen bleiben. Diese Unverschämtheit wurde nicht akzeptiert und die Öffentlichkeit wurde wieder hergestellt.
Die Ausländerbehörde wollte den sofortigen Vollzug der Abschiebung, der Rechtsanwalt forderte die Aussetzung der Abschiebung für sechs Monate. Eine Entscheidung des Richters gab es dazu nicht.
Nach diesem traurigen und skandalösen Tag im Verwaltungsgericht bleibt Herr Wan auf dem Rechtsweg nur noch eine Klage vor dem Oberlandesgericht. Dazu muss auch ein Eilantrag auf Abschiebeschutz gestellt und positiv entschieden werden.
Die Behörden zwingen uns in Deutschland in Lagern zu leben, was dazu führt, dass wir krank werden oder dass sich Krankheiten verstärken. Sie reduzieren die medizinische Versorgung auf akute Schmerzbehandlung, manchmal wird uns eine Behandlung ganz verweigert. Wenn es dann darum geht uns abzuschieben, aber unsere Erkrankung gibt uns das Recht auf einen Aufenthalt aus humanitären Gründen, dann wird uns plötzlich eine medizinische Betreuung in unserem Herkunftsland versprochen. Dies hat zwar kaum etwas mit den Realitäten in unserem Herkunftsland zu tun, aber damit läßt sich unser Recht aufheben. Und der Öffentlichkeit wird die angebliche Humanität des Staates vorgegaukelt.
Woher kommt diese Unmenschlichkeit, woher kommt dieser Hass?