* Kampagne von TOGO ACTION PLUS
*PM: Apartheid in Deutschland – das Gesetz der Residenzpflicht versagt Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit.
PRESSEMITTEILUNG:
Berlin, den 08.05.2009
Apartheid in Deutschland – das Gesetz der Residenzpflicht versagt Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit.
Zeit für solidarische Gegenwehr!
Demo in Halle/Saale am 26. Mai.
Was viele deutsche StaatsbürgerInnen, vor allem Weiße, nicht ahnen: Flüchtlinge in Deutschland werden mit dem rassistischen Gesetz der Residenzpflicht schikaniert. In der EU ist dieses Gesetz einmalig – das gibt`s nur in Deutschland. Es ist an der Zeit, die Apartheid in diesem Land beim Namen zu nennen.
Einzelne Landkreise, wie der Kreis Saalkreis, verlangen außerdem 10 Euro von Flüchtlingen – allein dafür, dass sie den Antrag stellen, ihren Landkreis zu verlassen. Dies ist noch eine zusätzliche Schikane und zeigt, dass diese Behörden nichts besseres zu tun haben, als die totale Lähmung und Reglementierung von MigrantInnen zu erwirken. Diese, die nur 40 Euro Bargeld im Monat zu Verfügung haben, können sich dann nicht einmal den entsprechenden Antrag leisten.
Der Aktivist Komi E. von der Togo Action Plus hat deshalb gegen diese Auflage Klage eingereicht. Es soll nicht bei dem juristischen Weg bleiben: Am 26. Mai wollen wir, Migrantinnen und Antirassistinnen, deshalb vor dem Amtsgericht in Halle/Saale, und anschließend vor der Ausländerbehörde demonstrieren. Wir fordern die Abschaffung der Auflage, 10 Euro zu zahlen, und die Abschaffung der Residenzpflicht. Wir wollen zeigen, dass sich Flüchtlinge die selbstbestimmte Bewegung in Deutschland nicht verbieten lassen – Bewegungsfreiheit ist Menschenrecht!
Flüchtlinge dürfen nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde den ihnen zugewiesenen Landkreis verlassen, sie müssen dafür einen Antrag bei der Behörde stellen – sie haben kein Recht auf Bewegungsfreiheit. Ob der Besuch bei Freunden, der Wunsch, einfach aus dem tristen Landkreis zu entkommen oder gar, an politischen Veranstaltungen teilzunehmen – jedes Mal muss ein Antrag bei der Behörde eingereicht werden, und die Entscheidung obliegt ganz dem/der jeweiligen SachbearbeiterIn, der/die oft aus eigenem Ermessen ablehnt. Der Verstoß gegen die Residenzpflicht ist strafbar, und Strafen bis zu 2500 Euro oder einem Jahr Gefängnis warten auf diejenigen, die sich selbstbestimmt auch ohne Erlaubnis der Behörde bewegen.
Nicht nur, dass die Betroffenen laut Gesetz einen mühseligen amtlichen Weg mehr zu gehen haben – ihr Leben wird der Totalkontrolle der deutschen BeamtInnen unterstellt, und das ist strategisches Machtkalkül des Staates, und hat seine Tradition – im deutschen Kolonialismus: In der deutschen Kolonialzeit in Kamerun und Togo hatten sich die BesatzerInnen dieses Gesetz ausgedacht, demzufolge die LandesbewohnerInnen ihren jeweiligen Ort oder Distrikt nicht ohne Antrag bei den übergeordneten Weißen Gouverneuren verlassen durften. Heute kritisieren auch Flüchtlingsorganisationen, dass
mit der Residenzpflicht in Deutschland ein Gesetz aus der Tradition des deutschen Kolonialismus wirksam ist.
Die Folge der Residenzpflicht ist eine Apartheid in Deutschland. Die Folge ist, dass migrantisch Aussehende und besonders Schwarze Mitmenschen auf Straßen und Bahnhöfen willkürlich von PolizeibeamtInnen angequatscht und nach ihren Papieren gefragt werden – rassistische Kontrollen aufgrund der Hautfarbe. Die Folge ist, dass selbst Autos für Papierkontrollen angehalten werden, in denen Schwarze sitzen.
Die Folge ist, dass MigrantInnen dauerhaft eingeschüchtert werden sollen, und dass Ausländerbehörden und Polizei ein Netz der Zusammenarbeit und der Kontrolle über denen ausbreiten, die nichts als ein selbstbestimmtes Leben und ein Asyl in Deutschland wünschen. Die Folge ist außerdem, dass MigrantInnen in ihren Landkreisen festgehalten werden, in denen es sich schlecht leben lässt, zumal wenn es dort Nazis gibt. Immer wieder werden Flüchtlinge wegen Verstoß gegen die Residenzpflicht zu hohen Geldstrafen und sogar zu Gefängnisstrafen verurteilt. Ein aktuelles Beispiel ist der Fall von Nico P. Nico hatte sich mit einer in Berlin lebenden Partnerin verheiratet - doch seine Eheschließung wurde von der Behörde nicht anerkannt, und als er beantragte, den Kreis Magdeburg zu verlassen, um seine Lebensgefährtin zu besuchen, wurde ihm das verweigert. So besuchte er seine Lebensgefährtin ohne Erlaubnis der Behörde. Nun droht ihm dieselbe Behörde die Abschiebung an mit der Begründung, Nico hätte sich strafbar gemacht. Dabei wurde längst vom Landgericht Magdeburg und vom Lesben und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) moniert, dass Nicos Ehe von der Ausländerbehörde anerkannt werden muss.
Die Residenzpflicht dient den deutschen Behörden zur Inkriminierung und Kontrolle von Schwarzen und MigrantInnen. Seit langer Zeit lebt der bekannte Menschenrechtsaktivist Nelson Mandela wieder in Freiheit – und die Weißen SprecherInnen europäischer Länder waren voll Zuspruch für seinen Mut, und voller Tadel an der Apartheid in Südafrika. Aber wie sieht es mit den Menschenrechten in Deutschland in der Gegenwart aus? Apartheid gibt es auch heute hierzulande, selbst wenn sie von vielen Weißen oder von deutschen StaatsbürgerInnen gar nicht bemerkt wird. Sie wird aber dann mitgetragen, wenn Deutsche an "Recht und Ordnung" glauben und das Walten der BeamtInnen grundsätzlich gutheißen. Wo das Interesse der Nicht-Betroffenen an den Lebensbedingungen der Betroffenen erlahmt, und keine Fragen gestellt werden, dort wo sich Sorglose ihren eigenen Gesichtskreis schaffen und von den NachbarInnen, den MigrantInnen nichts wissen wollen. Das heißt: dort, wo Polizeikontrollen stillschweigend geduldet werden, oder wo politische Phrasen in das Weltbild übernommen werden anstelle eigener Erfahrungen. Von Gerechtigkeit können die Stärkeren erst dann sprechen, wenn sie die Schwächeren gefragt haben. Darum brauchen wir Solidarität, um dieses rassistische Gesetz in Deutschland abzuschaffen.
Für Rückfragen:
Komi E. 0174-7477656
26. Mai 2009 in Halle/Saale um 11 Uhr 30 vor dem Amtsgericht und anschließend zur Ausländerbehörde (Landkreis Saalkreis).
Es wird ein Bus aus Berlin hinfahren. Treffpunkt ist um 9 Uhr bei dem Reisezentrum am Alexanderplatz. Bitte merkt Plätze vor bei der Antirassistischen Initiative Berlin,
Tel. + 49 (0)30 785 72 81.
KOMI E. Vice Präsident der INITIATIVE TOGO ACTION PLUS
C/O ANTIRASSISTISCHE INITIATIVE
COLBESTRASSE 19, 10247 BERLIN
PRIVAT KONTAKT: 0174-7477656