Die Karawane Delegationsbesuch der Isolationsheime in Thüringen:
Der folgende Bericht zusammen mit dem Bericht einer Delegation aus Hamburg "Delegationsreise nach Thüringen..." wurden auf der Konferenz "Vereinigt gegen koloniales Unrecht" in Jena vorgestellt.
-Dt,En,Türkce) Thüringen Lager: Delegationsbesuch der Isolationsheime in Gerstungen und Gangloffsömmern von Wuppertal Karawane
-Dt) Delegationsreise nach Isolationsheime in Greiz - Thüringen am 11./12. Juli 2009 Bericht der KARAWANE Delegation aus Hamburg
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Jungewelt Press:
Freitag, 25. September 2009, Nr. 22
Intrigen von Amts wegen
Maqsud Agaev setzt sich in der Organisation »The Voice« für die Rechte von Flüchtlingen ein und ist ständig behördlichen Schikanen ausgesetzt
Von Gitta Düperthal
Während der vier Jahre, die er in Deutschland lebt, hat Maqsud Agaev viele Einschüchterungsversuche erlebt. Als einer der politischen Aktivisten der Flüchtlingsorganisation »The Voice Refugee Forum« ist er besonders im Visier der Behörden. Der 45jährige aserbaidschanische Doktor der Rechtsmedizin, der hier Asyl sucht, hat sich bereits in zwei Flüchtlingswohnheimen gemeinsam mit anderen gegen die dort herrschenden unhaltbaren Zustände eingesetzt: Zunächst im thüringischen Katzhütte, später in Apolda. Gemeinsam mit Menschenrechtsaktivisten der »Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten« engagiert er sich gegen rassistische Sondergesetze. Jetzt muß er sich seiner eigenen Haut erwehren. Beispielsweise ist man eifrig bemüht, ihm einen Verstoß gegen die Residenzpflicht nachzuweisen – nach der ist Flüchtlingen in Deutschland untersagt, den Landkreis, in dem sie untergebracht sind, ohne Sondergenehmigung zu verlassen. Ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landratsamts Weimarer Land namens Klos schnüffelte gar im Internet, um zynischerweise anhand eines Eintrags auf der Homepage von »The Voice« zu belegen: Agaev soll sich als Versammlungsleiter einer Demo im nur zehn Kilometer entfernten Jena aufgehalten haben – außerhalb des ihm zugewiesenen Landkreises. Auf jW-Nachfrage, ob derlei Überwachungsmaßnahmen sich vor allem gegen politisch aktive Flüchtlinge richteten, ist es Jens Wünscher, Sachgebietsleiter des Ordnungsamtes Weimar, merklich peinlich: »Agaev hat nicht gegen uns gehetzt und keiner terroristischen Vereinigung angehört.«
Sammelvorurteile
Flüchtlingen sei nach Paragraph 47 Aufenthaltsgesetz politische Betätigung erlaubt. Sein Amt stelle im Jahr rund 1000 Sondergenehmigungen aus. Davon, daß Agaevs Ersuchen bereits 2008 abgelehnt wurde, als ihn der Bayerische Flüchtlingsrat eingeladen hatte, wisse er nichts. Selbst wenn die Residenzpflicht politisch umstritten sei: Das Amt müsse Gesetze vollziehen, solange sie existieren. Daß Agaev von rund 40 Euro Taschengeld, die ein Asylbewerber monatlich erhält, 53 Euro Strafe zahlen soll, läßt ihn kalt: Er könne Widerspruch einlegen.
Wünscher ist einer der liberaleren Behördenmitarbeiter, vorgeschickt, um durch derlei Skandale aufgescheuchte Pressevertreter zu beruhigen. Es gibt andere – zum Beispiel Michael Rauch, Sachgebietsleiter des Sozialamts Apolda. Beim Kongreß der »Karawane« in Jena Mitte September berichteten Aktivisten: Statt der üblichen Wertgutscheine habe Rauch in Billigdiscountern erworbene Kleider zu überhöhten Preisen an Agaev und andere Flüchtlinge verscherbelt. Die hätten unterschreiben müssen, Hemden im Wert von 30 Euro erhalten zu haben, die tatsächlich nur 1,99 Euro gekostet hätten. Als jW Rauch mit dem Vorwurf konfrontiert, unterbreitet dieser gesammelte Vorurteile: Flüchtlinge würden »permanent lügen und sich verstellen, um Vorteile zu ergattern«. In Geschäften sei man der Ansicht, »die klauen mehr, als sie kaufen« – deshalb habe er keine Gutscheine verteilt. Agaev diskreditiert er als »größten Märchenerzähler«, der mit Demonstrationen von Aktivisten drohe, »wenn er seinen Willen nicht bekommt«. Die Richtigkeit einer Liste mit rund 30 Unterschriften von Flüchtlingen, die forderten, sich ihre Kleidung selber zu kaufen, zweifelt Rauch an: »Da waren etwa 15 Krakel drauf, die hätte Agaev selber machen können«.
Festnahmen
Der Sachgebietsleiter des Sozialamts sieht sich selber als Opfer und hat nach diesem Vorfall Klage gegen den Flüchtling erhoben: Agaev soll angeblich in seiner Gegenwart den Hitlergruß gezeigt, sowie einen Arzt als »Nazi« und »Dr. Goebbels« bezeichnet haben. Maqsud Agaev bestreitet das. Er sieht sich einer umfassenden Intrige von Amts wegen ausgesetzt –ihm droht nun eine Geldstrafe von 400 Euro in auf zehn Euro festgesetzten Tagessätzen, an deren Stelle auch eine Gefängnisstrafe treten könnte.
Ein Affront jagt den nächsten. Vergangenes Wochenende wurde Agaev gemeinsam mit Freunden der Flüchtlingsorganisation »Karawane« aus dem Zug geholt und kurzfristig festgenommen – ausgerechnet auf der Rückfahrt vom antirassistischen Fußballturnier in Frankfurt am Main nach Apolda. Mit Rassismus habe das nichts zu tun, behauptete Hauptkommissar Deppisch von der Bundespolizeiinspektion Würzburg gegenüber junge Welt. Auf die Frage, nach welchen Kriterien man die Gruppe herausgesucht habe – wenn nicht aufgrund von Hautfarbe, Sprache und der Vermutung ausländischer Herkunft –, sagte er: »Man geht nach einem gewissen Schema vor, das ich nicht erläutern will.«
Freitag, 25. September 2009,
Intrigen von Amts wegen
Selektive Kontrollen: Residenzpflicht abschaffen. Ausweispflicht für die Polizei. Thueringen\Bayern, 20. Sept. 2009
Die Presse zu Karawane Konference in Jena - »Vereinigt gegen koloniales Unrecht in Deutschland«
ARCHIVES:
Deutsch) The VOICE Online: Never give up the fight - "Gegen Polizeigewalt " (Artikel vom 28.04.2003 in junge welt)
Input Text in English:
Opposition to police racism and abuse of power