16.11.2009
Wohnungen statt Lagerdasein
Kreis Wittenberg erwägt, Asylheim aufzulösen
Von Birgit von Criegern
Nach Protesten gegen die isolierte Unterbringung von Flüchtlingen erwägt der Kreis Wittenberg nun eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen – eine Forderung, die Flüchtlingsgruppen bundesweit schon lange erheben. Auch das Gutschein-System soll im Landkreis überprüft werden.
»Flüchtlingslager Möhlau schließen, Flüchtlinge integrieren!« riefen hundert Demonstranten, darunter viele Flüchtlinge, am Samstag in Wittenberg. Organisationen wie die Internationale Liga für Menschenrechte unterstützen die Veranstaltung der Flüchtlingsinitiative Möhlau. Bundesweit solle die Heimunterbringung von Asylbewerbern beendet werden, forderten die Demonstranten.
Möglich, dass nun immerhin für die Sammelunterkunft in Möhlau eine Wende kommt. Eine Arbeitsgruppe solle in den nächsten Monaten die Möglichkeit dezentraler Unterkünfte erkunden, erläutert Ronald Gauert, Sprecher des Landrats Wittenberg: »Wir sind noch bis Mitte 2010 im Vertrag mit dem Heimbetreiber. Nun werden Alternativen mit dezentralen Wohnungsunterkünften für alle Heimbewohner gesucht.« Dazu würde Kontakt mit Vermietern aufgenommen. Ebenso wie die Wohnsituation sei jetzt auch die Gutschein-Verwaltung »auf dem Prüfstand«.
Im Juli hatten die Flüchtlinge schon einmal in der Lutherstadt für Wohnungen demonstriert. Damals war das Heim ins Licht der Medien gerückt, nachdem ein Bewohner an Brandverletzungen gestorben war. 180 Menschen leben im Flüchtlingsheim Möhlau, einer früheren Kaserne im Wald, darunter viele Kinder.
Heimbewohner Salomon Wantchoucou hat die Initiative gegründet. »Auf die Flüchtlinge hier«, sagt er, »trifft das oft benutzte Wort von der Integration nicht zu. Sie müssen weite Wege zu den Behörden und zu ärztlicher Versorgung zurücklegen. Meistens zu Fuß.« Busfahrten könnten nicht bezahlt werden. Das Heim liegt sieben Kilometer entfernt vom Ort Gräfenhainichen, 30 Kilometer von Wittenberg.
Der Protest vom Sommer habe Wirkung gezeigt, glaubt Frauke Sonnenburg vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt. Am 3. November gab es einen runden Tisch Verwaltung, Kreistag und Flüchtlingsunterstützern auf Initiative von Anwohnern und der Evangelischen Akademie in Wittenberg.
Auch der Flüchtlingsrat sei für eine Schließung, so Sonnenburg: »Diese Art von Unterkunft macht psychisch und körperlich krank.« Der isolierte Standort erschwere soziale Betreuung. Die Flüchtlinge bräuchten einfache Wege zu den Beratungsstellen. »Einzig sinnvoll wären darum Wohnungen in der Stadt Wittenberg.«
Auch Horst Dübner von der Linkspartei im Kreistag will eine »gründliche Überprüfung« sowohl der Unterbringung als auch des Gutschein-Systems. »Wir sind im Austausch mit der Stadt Sangerhausen, wo ein Übergang zu dezentralen Unterbringungen erfolgreich war.« Zudem sei eine Besprechung mit Parteikollegen der Bundesebene angesetzt. Aus Berlin werde berichtet, dass eine Bargeld-Auszahlung sich als kostengünstiger gezeigt habe als die Gutschein-Verwaltung. Auch diese steht in der Kritik der Flüchtlinge: Gutscheine seien diskriminierend und erschwerten den Alltag unnötig, sagt Wantchoucou.
Es scheint ein Stein ins Rollen zu kommen. Ein Sprecher der Organisation »Karawane Halle« sagt aber, die »Prüfung« der Heime und Gutscheine reiche noch nicht. Deshalb würden jetzt Unterschriften gesammelt. Im Dezember sollen sie dem Landrat übergeben werden.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/159233.wohnungen-statt-lagerdas…
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16.11.2009
Christian Ditsch/Version
Protest. Schließung von Isolationslager gefordert
Wittenberg. Flüchtlinge und ihre Unterstützer haben am Samstag auf einer Kundgebung in der Lutherstadt Wittenberg die sofortige Schließung des Flüchtlingsheims im sachsen-anhaltinischen Möhlau gefordert. Außerdem verlangten sie ein Ende der sogenannten Residenzpflicht. Sie verbietet Flüchtlingen und Asylbewerbern, ohne ausdrückliche Genehmigung durch die Ausländerbehörde den ihnen zugewiesenen Landkreis zu verlassen.
In Möhlau müssen 200 Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Kosovo, aus Syrien, Palästina und Zentralafrika in einer ehemaligen Kaserne mitten im Wald unter unwürdigen Bedingungen leben (siehe jW vom 12.11.) – 30 Kilometer von der Kreisstadt Wittenberg entfernt. Die Demonstranten forderten ihre dezentrale Unterbringung in Wohnungen in Städten, in denen Behörden, Ärzte und sonstige Infrastruktur für sie erreichbar sind. Die Kundgebung wurde von der Flüchtlingsinitiative Möhlau organisiert. (jW)
http://www.jungewelt.de/2009/11-16/051.php
Eine erneute Demonstration gegen Möhlau
Auswärtige Gruppen und Flüchtlinge wollen Lager geschlossen sehen.
erstellt 15.11.09, 19:07h
WITTENBERG/MZ/WAM. Die Initiative "No Lager" aus Halle und zahlreiche Unterstützer haben am Sonnabend für die Schließung der Gemeinschaftsunterkunft in Möhlau demonstriert. Drei Stunden lang sind sie vom Wittenberger Hauptbahnhof zur Schlosskirche und durch die Innenstadt gelaufen. Rund 120 Teilnehmer hat die Polizei gezählt, sie selbst war mit Bereitschaftspolizei vor Ort.
"Wir werden weiter in Wittenberg demonstrieren", kündigte "Freddy" Friedrich von "No Lager" an. Man müsse die Behörden zur Einsicht nötigen, dass "Lager" wie in Möhlau geschlossen werden müssten. Probleme mit Sammelunterkünften für Asylberwerber, Flüchtlinge und Geduldete gebe es in ganz Deutschland, "hier vor Ort könnte es aber der erste Bruch in der Mauer sein", erklärte Friedrich bei der Schlusskundgebung. Zu der zählen die Gegner der Sammelunterkunft auch die Verteilung von Lebensmittelgutscheinen statt Bargeld und die Residenzpflicht genannte Vorschrift, eine bestimmte Region nicht zu verlassen.
"In Wittenberg demonstrieren wir, weil es eine aktive Flüchtlingsinitiative gibt", erklärt Friedrich. Inzwischen hat sich die Politik des Heims im Möhlau wieder angenommen; "dass Verantwortliche überhaupt am Runden Tisch teilnehmen, ist schon ein kleiner Erfolg", so Friedrich. Allerdings habe man bis jetzt nur eine Überprüfung zugesagt, die schon vor zehn Jahren durchgeführt werden sollte. Damals hatte der Kreistag zwar die zentrale Unterbringung beschlossen, aber auch die Evaluation der Umstände (die MZ berichtete). "Den Traum vom Aussitzen", den Friedrich in Teilen der Verwaltung befürchtet, "werden wir nicht zulassen."
So soll Anfang Dezember ein offener Brief samt dazugehöriger Unterschriftenliste öffentlich ans Ordnungsamt der Kreisverwaltung übergeben werden. In dem werden unter anderem "ein menschenwürdiges Leben", die dezentrale Unterbringung und ein Abschiebestopp gefordert. Das wäre dann die dritte Aktion mit Unterstützung auswärtiger Gruppen wie "No Lager" oder der Berliner "Togo action plus". Bei der Demonstration am Wochenende bildeten dann auch Bewohner des Heims in Möhlau und angereiste Teilnehmer aus Berlin das Gros. Sie reisten nach Ende der Demonstration, die um 13 Uhr begonnen hatte und kurz nach 16 wieder am Wittenberger Hauptbahnhof beendet war, wieder ab. Besondere Vorkommnisse hat es laut Polizei nicht gegeben.
http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksA…
Regionalstudio Dessau - Nachrichten
14.11.2009 | 19:00 Uhr
Demonstration gegen die Zustände in Möhlau
In Wittenberg wird heute erneut gegen die Zustände im Asylbewerberheim in Möhlau demonstriert. Zum Protestmarsch hat eine Berliner Flüchtlingsinitiative aufgerufen. Die Polizei rechnet mit 150 Teilnehmern. Das Heim soll geschlossen werden, die Asylbewerber müssen dezentral untergebracht werden sowie Bargeld statt Lebensmittelgutscheine erhalten - das sind einige Forderungen der Demonstranten, die vor allem aus Afrika, Asien und dem Balkan kommen. In alten DDR-Plattenbauten in Möhlau leben derzeit etwa 200 Zuwanderer mit ihren Familien, manche von Ihnen seit mehr als 10 Jahren, weil ihr Asylantrag in der Schwebe hängt.
http://www2.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/nf-13-37.html#2885566
System der Isolation! - Presse zur Möhlau Isolationslager in Sachsen-Anhalt: Podiumsdiskussion und Demonstration in Wittenberg
Das Isolationslager Möhlau schließen! - Aufruf der Flüchtlingsinitiative Möhlau