Misshandlung und Gewalt durch Polizisten kommen zu häufig vor, um ignoriert zu werden. Die Hilfsorganisation Amnesty dokumentiert, wie leicht prügelnde Beamte sich der Strafverfolgung entziehen.
Von Jörg Schindler
Demo-Einsatz (Bild: Axel Schmidt/ddp)
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2829324_Die-Poli…
Die Fälle, so scheint es, häufen sich. Am 7. Januar 2005 stirbt der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle unter bis heute ungeklärten Umständen. Im Prozess lügen Polizisten oder schweigen, bis das Gericht kapituliert - zwei angeklagte Beamte werden in erster Instanz freigesprochen.
Am 30. April 2009 wird der Berufsfachschüler Tennessee Eisenberg in Regensburg von acht Polizisten gestellt und mit zwölf Schüssen getötet. Das Ermittlungsverfahren wird eingestellt, die Polizisten, so heißt es, schossen aus "Notwehr". Eisenberg war mit einem Messer bewaffnet.
An Silvester 2008 erschießt ein Polizist im brandenburgischen Schönfließ einen unbewaffneten Kleinkriminellen, der in einem geparkten Auto sitzt. Letzten Samstag erfolgte das Urteil: zwei Jahre auf Bewährung wegen Totschlags in einem "minderschweren Fall".
Polizeigewalt
Amnesty International (AI) führt in dem aktuellen Bericht Fälle von "mutmaßlicher Misshandlung und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung" durch Polizeibeamte auf. Drei davon werden hier kurz beschrieben.
Auf dem Bahnhof: Beim "Fall TC" geht es um eine 28-jährige türkischstämmige Jurastudentin, die im Februar 2007 zusammen mit einem Freund auf dem Lübecker Bahnhof war, um nach Hamburg zurückzufahren. Weil sie drei Zivilbeamten angeblich nicht ihren Ausweis zeigte, wurde sie auf die Wache der Bundespolizei mitgenommen. TC und ihr Freund gaben an, dass sie durchaus ihren Ausweis zeigte. Auf der Wache wurde TC von einem männlichen Beamten durchsucht (angeblich, weil sie wie ein Mann gekleidet und aufgetreten war). Als sie dagegen protestierte und auch auf ihren kürzlich operierten Arm hinwies, erhielt sie Faustschläge auf die Brust und wurde mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen. Außerdem bekam sie einen weiteren Schlag an den Kopf. 2007 wurden die Ermittlungen gegen die Beamten eingestellt, 2008 wieder aufgenommen. Der Ausgang des Verfahrens ist AI nicht bekannt.
In der Diskothek: Beim "Fall MM und andere" geht es um die Durchsuchung der Berliner Diskothek Jeton im August 2005. Die Polizei wollte ein angebliches Treffen von Fußball-Hooligans auflösen. Der brutale Einsatz mit 300 Beamten machte bundesweit Schlagzeilen. Neben dem 33-jährigen Kommunikationsingenieur MM, der in der Disko seinen Junggesellenabschied feierte, wurden 21 Personen verletzt. MM wurde mit einem Schlagstock und mit Fäusten geschlagen sowie getreten. Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und Platzwunden. Keiner der beteiligten Polizisten wurde angeklagt, die Ermittlungen im November 2006 eingestellt. Das Land Berlin zahlte jedoch in mindestens sechs Fällen - auch bei MM - Schadensersatz.
Bei der Demonstration: Beim "Fall KI" geht es um eine 27-jährige Fotojournalistin, die während des G8-Gipfels im Juni 2007 in Rostock Demonstranten fotografierte. KI wurde, obwohl als Journalistin erkennbar, von Polizisten umgerannt und mit Schlagstöcken traktiert. Das Ermittlungsverfahren wurde 2007 erstmals eingestellt. Zahlreiche Beschwerden KIs führten nicht weiter, im März 2010 gab sie auf. (hahe)
Das sind die spektakulären Fälle. Diejenigen, die tödlich endeten und deshalb an die Öffentlichkeit gelangten. Daneben gibt es Hunderte, in denen Menschen von Polizisten schikaniert, verprügelt und gedemütigt wurden. 869-mal wurde allein Amnesty International (AI) in den vergangenen sechs Jahren von mutmaßlichen Opfern kontaktiert. Etlichen Vorwürfen ist die Menschenrechtsorganisation nachgegangen. Am Donnerstag nun präsentierte Amnesty einen für die Strafverfolgungsbehörden wenig schmeichelhaften Bericht. Sein Titel: "Täter unbekannt - Mangelnde Aufklärung von mutmaßlichen Misshandlungen durch die Polizei in Deutschland".
Die einzige gute Nachricht: "Es gibt keine systematischen Menschenrechtsverletzungen durch Polizisten", so Monika Lüke, die hiesige AI-Generalsekretärin. Und doch kommen sie vielfach vor, und sie laufen nach AI-Erkenntnissen oft nach demselben Muster ab. Demnach werden auffällig häufig Angehörige von Minderheiten Opfer von Polizeigewalt. Ermittlungen, so sie überhaupt beginnen, werden zu spät, schlampig und parteiisch geführt. Da können schon mal Beweismittel verschwinden oder Polizeizeugen sich an nichts mehr erinnern. Den Opfern ist eine Identifizierung der Täter häufig unmöglich gemacht, weil diese weder durch Nummern noch durch Namen gekennzeichnet sind.
"Kultur der Straflosigkeit"
Und wenn es dann doch mal zu einer Anklage kommt, dann meistens ohne Folgen. 2008 wurden etwa in Berlin 638 Polizisten wegen Körperverletzung angezeigt; 615-mal wurden die Ermittlungen eingestellt - Verurteilungen gab es keine. Man könne meinen, bei der Polizei herrsche eine "Kultur der Straflosigkeit", rügte der AI-Europaexperte David Díaz-Jogeix. Dass es in anderen EU-Ländern - etwa Spanien, Frankreich oder Österreich - nicht anders aussehe, mache die Sache nicht besser.
Um die Missstände zu beheben, sei vor allem eines nötig, so Lüke: dass die Polizei sich an Recht und Gesetz halte. Das nämlich verpflichte die Polizei zu umfassenden und unverzüglichen Ermittlungen. Zudem fordert Amnesty International eine Kennzeichnungspflicht von Beamten. Gegen diese Kennzeichnung wenden sich die Polizeigewerkschaften jedoch seit langem vehement. AI fordert auch die Schulung der Beamten in Menschenrechtsfragen, eine unabhängige Kommission, die Polizeigewalt untersucht, und schließlich Kameras in Polizeizellen und Verhörräumen.
Letzteres empört Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD): "Welches Bild von der Polizei in einem Rechtsstaat hat Amnesty eigentlich?", fragt er im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. "Es gibt zwar auch bei der Polizei, wie überall sonst, rechtswidrige Vorgänge, aber man kann daraus keinen Generalverdacht ableiten." In Berlin, so Körting, werde von der Polizei "ohne Ansehen der Person ermittelt". Für eine Kennzeichnungspflicht sei er allein aus "Gründen der Bürgerfreundlichkeit und nicht, weil wir Polizisten als potenzielle Straftäter betrachten".
Lesen Sie auch Kommentar: Namenspflicht für Polizisten
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* 08.07.2010
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Beispiele von Polizeigewalt
Brüche, Hiebe, Hämatome
Dessau, Hagen, Berlin - drei Bespiele aus dem Amnesty-Bericht zur Polizeigewalt. Für die Polizeibeamten bleiben die brutalen Übergriffe zumeist folgenlos.
Tod im Polizeigewahrsam: Demonstration zum dritten Todestag von Oury Jalloh im Januar 2008. Foto: dpa
BERLIN taz | Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International listet in ihrem Polizeibericht zahlreiche Fälle von Gewalt auf. Hier drei Beispiele:
Der Fall Oury Jalloh: Am 7. Januar 2005 verbrannte der Asylbewerber aus Sierra Leone in der Polizeiwache Dessau. Polizisten hatten den 23-Jährigen in einer Ausnüchterungszelle ans Bett fixiert. Trotzdem soll er mit einem Feuerzeug die Schaumstoffmatte angezündet haben. Alarmsignale wurden vom Dienstgruppenleiter ignoriert, als die Beamten reagierten, war es zu spät.
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Gut zwei Jahre nach dem Tod Jallohs begann vor dem Landgericht Dessau-Roßlau der Prozess gegen zwei Polizisten. Einer der beiden, der bei der Durchsuchung Jallohs laut Anklage das Feuerzeug übersehen hatte, musste sich wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung verantworten. Dieser Vorwurf erwies sich als unhaltbar. Auch der Dienstgruppenleiter, der sich wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge verantworten musste, wurde freigesprochen. Zahlreiche Polizisten mauerten im Zeugenstand oder widerriefen ihre bereits gemachten Aussagen. Der Vorsitzende Richter sagte in der Urteilsbegründung, was die Polizei bei ihren schlampigen Ermittlungen und vor Gericht bot, habe mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun.
Im Januar 2010 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf. Die Richter hatten erhebliche Zweifel an den Zeugenaussagen der Polizisten. Der Prozess gegen einen Beamten wird vor dem Landgericht Magdeburg neu aufgerollt.
Fall "Jeton": Ein damals 33-jähriger Berliner, der als Kommunikationsingenieur im Bundestag arbeitet, feierte am 20. August 2005 in der Berliner Diskothek "Jeton" seinen Junggesellenabschied. Um 1.30 Uhr stürmten etwa 300 Polizeibeamte, davon circa 100 SEK-Kräfte, das Lokal, weil sie dort 150 bis 250 Hooligans vermuteten. Der Ingenieur wurde von Polizisten mit Fußtritten und Schlägen traktiert und beschimpft. Ärzte diagnostizierten später ein Schädel-Hirn-Trauma und Platzwunden. Insgesamt wurden 21 Personen bei der Durchsuchung verletzt. Nach der Razzia gingen bei der Staatsanwaltschaft mehr als 100 Anzeigen ein. Eine Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus beschäftigte sich am 29. August 2005 mit dem Vorfall. Im November 2006 wurden die Verfahren gegen zwei Polizisten eingestellt.
Der Fall Adem Özdamar: In der Nacht zum 17. Februar 2008 hatte der 26-jährige Adem Özdamar, der unter einem akuten, durch Kokainmissbrauch hervorgerufenen schizophrenen Schub litt, bei der Polizei in Hagen angerufen, weil er sich verfolgt fühlte. Zwei Polizisten und eine Praktikantin suchten Özdamar auf und schlugen vor, ihn mitzunehmen. Im Polizeiauto geriet Özdamar in Panik und schrie. Um bei der Ankunft in der Wache Widerstand zu verhindern, verwendete ein Polizist Pfefferspray. Da dieses Spray keine Wirkung zeigte, fixierten ihn sieben Beamten auf dem Bauch liegend auf eine Pritsche. 15 Minuten dauerte die Prozedur, bei der zum Schluss insgesamt 13 Polizisten beteiligt gewesen sein sollen. Als Özdamar nicht mehr atmete, wurde eine Notärztin gerufen. Ihr gelang es, Özdamar wiederzubeleben, später fiel er wieder ins Koma. Adem Özdamar starb am 5. März 2008.
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Kommentar Polizeigewalt
Die Unberührbaren
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Amnesty-Studie zu Polizeigewalt
Schläger in Uniform
Ein Gerichtsmediziner gab an, dass die Hämatome, die festgestellt wurden, "auf eine stumpfe Gewaltanwendung" schließen lassen. Özdamars Familie ließ die Röntgenaufnahmen von einem Radiologen untersuchen. Dieser diagnostizierte eine Nasenbeinfraktur.
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/brueche-hiebe-haemato…
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inland
Bewährung trotz Totschlags
Im Prozess gegen drei Berliner Polizisten, die einen flüchtigen Einbrecher aus Neukölln erschossen haben, wurde am Wochenende das Urteil gesprochen. Angehörige und Freunde sind mit dem Strafmaß unzufrieden und protestieren gegen Polizeigewalt.
von Katja Herzberg
Am Silvesterabend 2008 wollte Dennis J. seine Freundin aus Schönfließ nahe Berlin mit einem gestohlenen Jaguar abholen. Doch dazu kam es nicht. Nach einem Hinweis aus der Familie des Mädchens fand ein dreiköpfiges Polizeiteam aus Berlin den 26jährigen im Auto wartend vor. Als der Polizeikommissar Reinhard R. versuchte, Dennis J. festzunehmen, wollte dieser mit dem Wagen fliehen. Daraufhin erschoss ihn der Polizist aus nächster Nähe. Diese Tat wurde in den vergangenen zwei Monaten vor dem Landgericht Neuruppin erörtert. Nach nur zehn Verhandlungstagen innerhalb von zwei Monaten sprach der Vorsitzende Richter Gert Wegner am Samstag das Urteil gegen die drei Berliner Beamten. Der Todesschütze wurde des »minder schweren Totschlags« für schuldig befunden und zu zwei Jahren Haft verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die wegen »versuchter Strafvereitelung im Amt« angeklagten Beamten Heinz S. und Olaf B. gelten ebenfalls als schuldig und müssen jeweils Geldstrafen in Höhe von 10 800, beziehungsweise 8 400 Euro zahlen.
Damit fällt das Urteil vor allem für den Hauptangeklagten milde aus. Das Strafgesetzbuch sieht für Totschlag eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren vor. Dennoch kündigten die Verteidiger der Beamten an, Revision zu beantragen, um einen Freispruch zu erwirken.
Dass der Schütze zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, löste Bestürzung und Empörung bei den Angehörigen und Freunden des Opfers aus. Sie fühlen sich »verarscht«. Noch im Gerichtssaal wurden zwei Männer festgenommen, weil sie sich ausfällig über den Richter äußerten. Draussen riefen Menschen, die Mangels Plätzen vor dem Gerichtssaal warten mussten »Mörder«, »Mörder«. Es kam zu Rangeleien mit den Bereitschaftspolizisten. Ein weiterer Mann wurde verhaftet und wie die anderen beiden in das nahegelegene Revier gebracht. Erst Stunden später wurden die Angehörigen von Dennis J. nach Bemühungen einer Anwältin freigelassen. Sie sollen nun wegen Widerstandshandlungen und Beleidigung angezeigt werden.
In den Augen der Unterstützer und der Familie des Opfers straft der Rechtsstaat mit zweierlei Maß. Ein paar von ihnen mussten selbst bereits, wie der damals mit drei Haftbefehlen gesuchte Dennis J., wegen diverser kleinerer Delikte Haftstrafen verbüßen. Dass Reinhard R. auf freiem Fuß bleiben darf, obwohl er einen Menschen erschossen hat, können die Hinterbliebenen nicht fassen. Ein junger Mann deutet das Urteil so, dass Polizisten einen »Freifahrtschein« hätten, ihre Waffe einzusetzen.
Die Anwälte der Angehörigen zeigen sich hingegen mit der Verurteilung relativ zufrieden. Beate Böhler ist »froh«, dass die Straftaten als solche anerkannt wurden. Immerhin sei Reinhard R. der erste Berliner Polizist, der als Totschläger verurteilt wurde. Die Höhe der Strafe von zwei Jahren führe, wie Wegner bereits in seiner Urteilsbegründung erklärte, zur Entlassung des Schützen aus dem Polizeidienst. Auch Jan Stübing, der ebenfalls die Familie von Dennis J. vertrat, versuchte die Angehörigen nach dem Urteil zu beruhigen. Bereits in seinem Schlussplädoyer gegenüber dem Hauptangeklagten erklärte er: »Das Leben wird sie richten«.
Die Verurteilung der drei Berliner Beamten kann als Teilerfolg gelten. Die unter ihnen abgesprochene Aussage, sie hätten in Notwehr gehandelt, wurde vom Gericht nicht anerkannt. Die Polizisten haben sich, so Wegner, in keiner »lebensbedrohlichen Situation« befunden. Ebenso stellte der Richter fest, dass Reinhard R. den ersten tödlichen Schuss auf Dennis J. aus etwa eineinhalb Metern Entfernung »zumindest mit bedingtem Tötungswillen« abgefeuert habe. Das Gericht sah es weiterhin als erwiesen an, dass Olaf B. und Heinz S. ihren Kollegen zu decken versucht haben. Obwohl sich die beiden Beamten in unmittelbarer Nähe des Schützen befanden, sagten sie im Prozess aus, sie hätten die insgesamt acht Schüsse, die abgefeuert wurden, wegen der Sylvesterknaller nicht hören können. Der Richter deutete dieses Aussageverhalten als »Korpsgeist«, der aber »kein Spezifikum der Berliner Polizei« darstelle, wie der Brandenburger Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer beschrieb.
Noch am Abend nach der Urteilsverkündung mobilisierte die Antifaschistische Linke Berlin mit den Hinterbliebenen zu einer Kundgebung auf dem Berliner Hermannplatz. Nach Redebeiträgen, die auf die ebenfalls von Polizisten getöteten Halim Dener und Tennesse Eisenberg hinwiesen, formierte sich spontan ein Demonstrationszug von etwa 200 Menschen. Sie wurden jedoch nach wenigen hundert Metern von einem Großaufgebot der Bereitschaftspolizei gestoppt. Dabei wurden Pfefferspray sowie Schlagstöcke eingesetzt und mindestens sieben Personen vorläufig festgenommen, darunter Angehörige von Dennis J. und Journalisten.
Auch diese Demonstration wurde nur von wenigen linken Gruppierungen unterstützt. In Teilen der Medien wird der von Unterstützern als »Hinrichtung« bezeichnete Totschlag noch immer mit der kriminellen Laufbahn des Opfers relativiert. Aber gerade die Tatsache, dass mit Dennis J. ein »ganz normaler« junger Mann aus Neukölln durch Polizeigewalt starb, hätte vermuten lassen, dass die öffentliche Bestürzung über dessen Tötung größer ausfallen würde. Dennoch setzen die Unterstützer und Angehörigen des Opfers ihre Arbeit fort. So fand zu Wochenbeginn erneut eine Informationsveranstaltung zum Prozess mit der »Initiative Oury Jalloh« statt. Auf diese Weise entwickelt sich vielleicht zum Revisionsverfahren eine Vernetzung im linken Spektrum.
http://jungle-world.com/artikel/2010/27/41271.html
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«Täter unbekannt»
08.07.2010 - 13:46 Uhr
Amnesty fordert umfassende Aufklärung bei Fällen von Polizeigewalt
Originalbild
Berlin (ddp). Mutmaßliche Fälle von Polizeigewalt werden Menschenrechtsexperten zufolge in Deutschland nicht umfassend aufgeklärt. Zu diesem Fazit kommt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in ihrem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Polizeiberichts 2010 «Täter unbekannt». Amnesty untersuchte dafür 15 Fälle, darunter den Tod des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh. Zwei Polizisten waren 2008 vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge beziehungsweise der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil aber aufgehoben und angeordnet, dass das Verfahren neu aufgerollt wird.
Verantwortliche würden oftmals nicht für ihr Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen, bemängelt Amnesty. Vorwürfe gegen Polizisten würden oftmals weder umfassend noch unparteiisch untersucht. Grund für dieses strukturelle Problem sei ein Korpsgeist unter den Beamten, der dazu führe, dass Polizisten nicht gründlich gegen ihre Kollegen vorgehen. «Keine Institution ermittelt gerne gegen sich selbst,» sagte die Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation, Monika Lüke. Ähnliche Probleme gebe es in Spanien, Österreich oder Frankreich. »In Deutschland gibt es keine systematischen Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei,» betonte Lüke.
Um Fälle von mutmaßlicher Polizeigewalt besser aufzuklären, fordert Amnesty International die Einführung einer Kennzeichnungspflicht. So könnten mutmaßliche Täter leichter identifiziert werden. Gleichzeitig schützten Namensschilder oder Nummern Polizeibeamte vor unberechtigten Vorwürfen.
Darüber hinaus würde eine unabhängige Untersuchungskommission, zum Beispiel nach dem Vorbild der englischen Unabhängigen Polizei-Untersuchungskommission (IPCC), unmittelbare, umfassende und unabhängige Ermittlungen ermöglichen. Auch bei der Polizeiausbildung sieht Amnesty Handlungsbedarf.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt eine Kennzeichnungspflicht für Beamte bisher ab. Bevor darüber ernsthaft diskutiert werde, müsste geklärt werden, inwieweit die informationelle Selbstbestimmung von Beamten durch eine eindeutige Identifizierung beschnitten würde, mahnte GdP-Chef Konrad Freiberg.
Auch der Einführung unabhängiger Kontrollgremien steht die Gewerkschaft ablehnend gegenüber. Es spreche nicht gerade für ein «fundamentales Vertrauen in unseren Rechtsstaat», wenn neben den bereits bestehenden Institutionen «noch eine weitere Instanz über die Polizei urteilen soll,» sagte Freiberg.
ddp
http://www.open-report.de/artikel/%ABT%E4ter+unbekannt%BB/66929.html
Misshandlungen-durch-die-Polizei-in-Deutschland-Amnesty-International-2010
http://www.scribd.com/doc/34000479/Tater-unbekannt-Mangelnde-Aufklarung…