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11.08.2010 Stephan Schulz
11. August 2010. Der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh, der 2005 in einer Polizeizelle in Dessau ums Leben kam, wird vor dem Landgericht neu aufgerollt.
Der grausame Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh, der am 07. Januar 2005 in einer Ausnüchterungszelle im Dessauer Polizeipräsidium ums Leben kam, erschütterte damals ganz Deutschland. Der Asylbewerber soll, nach dem damaligen Urteil des Landgerichts Magdeburg mit einem Feuerzeug den Bezug der Zellenpritsche aufgeschmort und dann die innere Füllung aus Schaumstoff entzündet haben. Dies obwohl Jalloh auf dieser Pritsche festgeschnallt war.
Polizeibeamte sollen Warnsignal des Rauchmelders zunächst mehrfach abgestellt haben
Der in diesem Zusammenhang angeklagte Polizeibeamte soll das Warnsignal, das durch das Feuer und den installierten Rauchmelder ausgelöst worden ist, zunächst mehrfach abgestellt haben. Er soll sich dann erst später zur Ausnüchterungszelle, in der Oury Jalloh in diesem Moment um sein Leben kämpfte, begeben haben.
Das Landgericht Dessau-Roßlau hatte mit Urteil vom 08. Dezember 2008 die beiden Angeklagten vom Schuldvorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen und damit in Teilen der Bevölkerung, vor allem in Dessau für Unmut gesorgt.
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe kippte das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau im Fall Oury Jalloh
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) hatte im Januar 2010 in einem Revisionsverfahren entschieden, dass der Prozess gegen einen der beiden angeklagten Polizisten neu aufgerollt werden müsse. Die Staatsanwaltschaft hatte dem angeklagten Polizeibeamten im Mai 2005 eine Mitschuld am Tod des damals 23-jährigen Oury Jalloh gegeben.
Die Eltern des toten Asylbewerbers und dessen Halbbruder als Nebenkläger, sowie die Staatsanwaltschaft hatten dieses Revisionsverfahren angestrebt. Sie hatten nur den Freispruch eines der beiden angeklagten Polizeibeamten akzeptiert.
Vollständigen Artikel auf Suite101.de lesen: Verfahren um Tod von Oury Jalloh in Dessau wird neu aufgerollt http://news.suite101.de/article.cfm/verfahren-um-tod-von-oury-jalloh-in…
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Tod in Polizeizelle
Neuer Jalloh-Prozess erst am Jahresende
Der neue Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau beginnt voraussichtlich im November. Wegen der aufwendigen Besetzung der Nebenklage sei ein früherer Prozessbeginn kaum machbar, teilte das Landgericht Magdeburg am Dienstag mit.
Beiordnung von Anwälten für die Nebenklage
Das Magdeburger Gericht beschäftigt sich derzeit mit der Frage, ob die Vertreter der Nebenklage beigeordnet werden. Das ist deshalb wichtig, weil die Kosten für beigeordnete Anwälte vom Staat übernommen werden. Der Anwalt von Jallohs Vater wurde schon beigeordnet, in den anderen beiden Fällen gibt es noch keine Entscheidung. Über die Frage muss deshalb neu entschieden werden, weil die Nebenklagevertreter aus dem ersten Prozess ihr Mandat niedergelegt haben.
Außerdem muss die zuständige Gerichtskammer das umfangreiche Aktenmaterial aus dem ersten Verfahren begutachten. "Die Kammer muss sich in diese Akten einarbeiten", sagte Gerichtssprecher Christian Löffler. Im Mai seien die Unterlagen vom BGH eingetroffen.
Demonstration und einem Marsch erinnern an Oury Jalloh
Im Januar gab es zum Todestag von Oury Jalloh einen Gedenkmarsch in Dessau-Roßlau.
Neuauflage am Magdeburger Landgericht
Im Januar hatte der Bundesgerichtshof (BGH)entschieden, dass der Prozess gegen einen Polizisten neu aufgerollt werden muss. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Beamten eine Mitschuld am Tod des 23-Jährigen Anfang 2005 gegeben. Der Freispruch vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge des Landgerichts Dessau-Roßlau habe Lücken aufgewiesen, stellte der BGH fest und betraute das Magdeburger Landgericht mit der Neuauflage. Gekippt wurde das Urteil im Revisionsverfahren auf Initiative der Staatsanwaltschaft sowie der Eltern und des Halbbruders Jallohs als Nebenkläger. Sie hatten nur den Freispruch eines zweiten Beamten akzeptiert, nicht aber den seines Kollegen.
Gedenken an Oury Jalloh vor dem Polizeirevier in Dessau
2005 war Oury Jalloh in einer Polizeizelle ums Leben gekommen.
Was geschah im Jahr 2005?
Jalloh war am 7. Januar 2005 qualvoll in einer Ausnüchterungszelle gestorben. Nach dem Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau soll er - obwohl auf einer Liege festgebunden - mit einem Feuerzeug den Bezug der Pritsche aufgeschmort und den Schaumstoff im Inneren angezündet haben. Das dadurch ausgelöste Alarmsignal des Rauchmelders hatte der angeklagte Beamte zunächst mehrfach abgestellt. Er war erst mit Verzögerung zur Zelle gegangen. Die Abläufe können aus Sicht der BGH-Richter aber nicht so gewesen sein, wie im Urteil geschildert.
Zuletzt aktualisiert: 10. August 2010, 17:05 Uhr
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/7561384.html
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Frankfurter Rundschau › Politik
Jalloh-Prozess
Amnesty fordert Kontroll-Kommission für Polizei
Nach den Freisprüchen im Prozess um den Brandtod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine strengere Kontrolle der Polizei gefordert.
Dessau/Berlin. Nach den Freisprüchen im Prozess um den Brandtod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine strengere Kontrolle der Polizei gefordert. Die Generalsekretärin der deutschen AI-Sektion, Barbara Lochbihler, schlug am Dienstag die Einrichtung unabhängiger Kommissionen auf Länderebene vor.
Die Gremien sollten eingesetzt werden, wenn es Vorwürfe gegen Polizisten gibt, bei Einsätzen übertrieben Gewalt angewendet zu haben. Die Amnesty-Chefin kritisierte den "falschen Korpsgeist" bei der Polizei. "Es hat sich gezeigt, dass es in Deutschland ausgesprochen schwer ist, Polizeigewalt aufzuklären."
Die beiden angeklagten Beamten waren am Montag, knapp vier Jahre nach dem Brandtod des Mannes aus Sierra Leone, freigesprochen worden. Schon die Ermittlungen seien geprägt gewesen von Pleiten, Pannen, Versäumnissen und Unvermögen, hatte der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff festgestellt. Die Verkündung des Urteils löste im Verhandlungssaal tumultartige Reaktionen von Zuschauern aus.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann kündigte unterdessen Disziplinarverfahren gegen die beiden angeklagten Beamten an. Unabhängig von strafrechtlicher Schuld sei die Frage von disziplinarrechtlicher Verantwortung zu klären, sagte der SPD-Politiker. epd/dpa
http://www.fr-online.de/politik/amnesty-fordert-kontroll-kommission-fue…