Wir kämpfen für die vollständige Abschaffung der Residenzpflicht - The VOICE Refugee Forum (Freitag Press)
>> https://thevoiceforum.org/node/1734
Osaren Igbinoba ist Mitglied des Koordinationsbüros der Flüchtlingsorganisation The Voice Refugee Forum in Jena. The Voice wurde 1994 gegründet und kämpft seitdem u. a. für die Abschaffung der Residenzpflicht.
Einige Bundesländer wie Brandenburg und Berlin haben kürzlich Lockerungen der Residenzpflicht beschlossen. Begrüßen Sie das?
Es ist schön, dass nach 16 Jahren Kampf von Flüchtlingsorganisationen wie The Voice gegen die Residenzpflicht eine Generation von jungen Politikern herangewachsen ist, die eine schüchterne parlamentarische Initiative angestoßen und diesem Thema endlich im Landtag Platz geschaffen hat.
Es bleiben die Fragen, wieso gerade jetzt, wieso nicht schon früher, und warum geht man den Weg nicht zu Ende und schafft die Residenzpflicht völlig ab?
Warum kritisieren Sie in einer Presseerklärung einige linke Aktivisten wegen deren positiver Stellungnahme zur Lockerung der Residenzpflicht?
Dieses Gesetz ist kein Grund zum Feiern, weil es die Residenzpflicht nicht generell aufhebt. Es dient auch dazu, den Flüchtlingen zu bestätigen, dass sie nach wie vor unterdrückt werden. Mit einer Hand wird etwas gegeben und mit der anderen Hand wird zugeschlagen. Das ist der Gegenstand unserer Kritik an der Politik.
Wie wollen Sie in Zukunft gegen die Residenzpflicht kämpfen?
Im Juni haben wir in Jena ein internationales Festival organisiert, das auf das Thema der Isolation von Flüchtlingen in den Heimen fokussiert war. Wir bereiten jetzt mit der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrantinnen ein internationales Tribunal vor, das die Residenzpflicht untersuchen wird. Und wir werden unseren täglichen Kampf gegen die Unterdrückung der Flüchtlinge dokumentieren, wollen künstlerisch stärker präsent sein und das Problem weiter in das Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen. Denn die prekäre rechtliche Lage der Flüchtlinge kann nur deswegen aufrechterhalten werden, weil von Seiten der Politik der Mantel des Schweigens darüber ausgebreitet wird und das Problem vor der eigenen Bevölkerung versteckt wird.
Werden Sie weiterhin mit den von Ihnen kritisierten deutschen Linken zusammenarbeiten?
Wir sind weiterhin offen für Zusammenarbeit und Austausch mit denjenigen, die sich vorgenommen haben, die Stellen auszubessern, wo unser System immer noch versagt. Wir erwarten von unseren Mitstreitern, dass sie eine klarere Position einnehmen bezüglich der Unterdrückung der Flüchtlinge in dem Land, das diese eigentlich von Unterdrückung befreien sollte.
Halten Sie in dieser Frage eine Politik der kleinen Schritte auch in Zukunft nicht für denkbar?
Menschenrechte sind nicht nur nicht verhandelbar, sie können auch nicht verkauft werden. Aber heute erleben wir, wie sie auf zynische und menschenverachtende Weise zum Kauf angeboten werden, wenn Menschen ohne finanzielles Einkommen von den Verwaltungen mit Gebühren belegt werden, um sie ausüben zu können. Es geht um Gebühren für Anträge auf Verlassen des Landkreises. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie das Geld, das von staatlicher Seite für die Betreuung der Flüchtlinge bereitgestellt wird, am Ende dafür benutzt wird, um eine Kollektivbestrafung an ihnen vorzunehmen. Und zur Änderung dieses Missstandes wird eine Politik der kleinen Schritte vorgeschlagen. Sie fragen mich ernsthaft, ob ich das für den richtigen Weg halte?
Fragen: Peter Nowak
neues-deutschland press: 19.08.2010 seite 8