Press TA Eisenach:
Ungeplante Unterbrechung
Asylbewerber nutzten Festveranstaltung als Plattform und teilten dem Innenminister ihre Probleme mit
Die interkulturelle Woche des Wartburgkreises begann im Bad Salzunger Kurhaus mit einem Eklat in der Auftaktveranstaltung. Eine Gruppe von Asylbewerbern aus Gerstungen unterbrach die Rede von Innenminister Peter Michael Huber (CDU), um auf ihre Probleme aufmerksam zu machen.
Von Monika Gebhardt
BAD SALZUNGEN
Sie platzten mitten in die Rede des Thüringer Innenministers: 20 bis 30 Asylbewerber verteilten Handzettel, auf denen sie ihre Situation darstellten. Die brachten sie vor den Gästen der Festveranstaltung auch in wortmeldungen zu Gehör: Sie sprachen über das Leben in der isolierten und abgelegenen ehemaligen Kaserne, „die seit dem Abzug der DDR-Grenztruppen kaum renoviert wurde.“ Sie kritisierten, die Eröffnungsveranstaltung behandle in zynischer Weise „Überlegungen zur Rolle von Migrantenorganisationen“. Im Einladungstext werde die Rolle der Veranstalter bei der Integration gelobt, während man penibel darauf achte, wer die Flüchtlinge im Lager besuche, um deren Organisation zu unterbinden, wurde in den Raum gestellt. In seiner Begrüßungsrede hatte Thüringens Ausländerbeauftragter Eckehard Peters zuvor angemerkt: Der Mensch brauche einen Ort, an dem sein Dasein unangefochten ist. Migrantenvereine seien in Thüringen noch wenig entwickelt, aber es gebe sie.
Die vorstelligen Asylbewerber jedoch lehnten ab, sich von einem sogenannten Migrantenvertreter aus Gerstungen vertreten zu lassen. Dieser lebe nicht im Lager und sei den Flüchtlingen dort nicht bekannt. Deshalb wollten sie sich selbst vertreten und auf die Missstände in der Unterkunft aufmerksam machen. Ihr Leben sei von Perspektivlosigkeit geprägt, beklagten die Asylbewerber. Die Botschaft sei angekommen, erwiderte der Innenminister. Er sagte zu, demnächst das Asylbewerberheim zu besuchen. Der Freistaat sei an der Integration interessiert, erwarte aber auch einen aktiven Beitrag der Migranten zum Gelingen des Integrationsprozesses, fügte Huber hinzu. Migration bezeichnete er auch als eine Herausforderung für die Betroffenen. Sie seien gewzungen, sich in einer anderen Umgebung zuerechtzufinden und eine andere Sprache zu lernen. Mit 2,1 Prozent sei der Ausländeranteil in Thüringen verhältnismäßig gering.
Ein neuer Beirat soll die Landesregierung künftig bei Integrationsfragen beraten. Neben vier Migranten würden Abgesandte aus Politik, Wirtschaft, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen dabei sein. Noch in diesem Monat beginne die Besetzung, kündigte Huber an.
Unterdessen gingen die Asylbewerber wieder, ohne dass jemand auf die Idee kam, sie zu Häppchen und sekt einzuladen, denen sich die Festgesellschaft hernach widmete.
Thüringer Allgemeine, 27.9.2010
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