Fotos Album
"Es ist kalt, sehr kalt hier", beschreibt ein Bewohner des Lagers in Zella-Mehlis die aktuellen Zustände. Während nachts die Temperaturen auf -12 Grad sinken und es tagsüber durchgehend unter Null bleibt, haben die BewohnerInnen seit Tagen kein warmes Wasser und Heizungen, die bloß auf Minimaltemperatur laufen - wenn überhaupt.
Schon die letzten Jahre wären die Heizungen nie mehr als auf halber Stärke gelaufen, dieses Jahr sei es aber maximal Stufe '1', der die Wärme entspräche.
Die Heimleitung weiß bestens Bescheid, bleibt dennoch untätig. Diskussionen seien "nutzlos", wissen die BewohnerInnen. Auf Nachfrage bei den Behörden erklärte Manuela Kühhirt, Fachdienstleiterin des Ausländer- und Personalstandswesen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen, von Problemen mit dem warmen Wasser hätte sie "mal was gehört". Von ausfallenden Heizungen wüsste sie nichts,w erde aber mal nachfragen.
Die Situation in Zella-Mehlis ist absolut prekär. Nicht nur, dass die Verantwortlichen jegliche Missstände am Gebäude verleugnen. Sie setzen auch einzlene Flüchtlinge unter Druck, die sich an Medien oder Menschenrechtsorganisationen wenden. Als vorgestern die Mutter eines drei Wochen alten Kindes immer schwächer wurde und sich Sorgen um die Gesundheit des Neugeborenen machte, hatten die Flüchtlinge Angst, einen Arzt zu rufen. Als dieser dann von externen UnterstützerInnen gerufen wurde, fürchteten die Flüchtlinge sich davor, diesen am Wächterposten abzuholen und zu begleiten. "Wir haben Angst vor Abschiebung", so ihre Erklärung.
Die Behörden spielen somit ganz bewusst mit der Gesundheit der Flüchtlinge, mit dem Leben des Neugeborenen. Die Situation in Zella-Mehlis ist lange schon so desolat. Die Einschüchterung der Flüchtlinge hat System und bedeuett dadurch die unmittelbare Verantwortung der Behörden für Erkrankungen und körperliche Schäden, die die Flüchtlinge von schimmligen Wänden und unterkühlten Zimmern davontragen. Auf die Tatsache angesprochen, dass die junge Mutter mittlerweile ihr Zimmer mit einer Elektro-Herdplatte erhitzen würde, drohte die Heimleitung gar mit Konsequenzen, weil dies gegen die Hausordnung verstöße.
Im Coburger Flüchtlingslager machen derzeit Kakerlaken Schlagzeilen. Das selbe Problem hatten bereits Aktivisten von TheVOICE in Möhlau, Sachsen-Anhalt öffentlich gemacht und die Schließung des Lager serkämpft. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen herrscht derweil noch Ruhe. Jedoch wird die wachsende Öffentlichkeit um die dortigen Zustände indes nur noch sichtbarer machen: Das gesamte Lagersystem ist marode und tödlich. Deshalb darf weder über kurzfristige Renovierungen noch über Umverlegungen einzelner Familien diskutiert werden, wie es Praxis der in die Defensive geratenden Ausländerbehörden und Lokalregierungen ist. Das Lagersystem an sich gehört alsbald abgeschafft
Im Lager Zella-Mehlis wohnen derzeit rund 170 Flüchtlinge
Denen dürfen Sie nicht glauben, denen und diesen ganzen Organisationen!“ - So lautete die erste Reaktion eines Verantwortlichen des Lagers in Zella-Mehlis, als er auf die dort herrschenden Missstände angesprochen wurde. Darauf hingewiesen, dass dies keine Glaubensfrage, sondern eine auf bloßer Sehkraft beruhende Feststellung sei, wusste er nur zu argwöhnen: „Das haben die doch selber alles kaputt gemacht! Die sabotieren das Entlüftungssystem, damit es schimmelt. Und wenn ich es dann reparieren will, lassen sie mich nicht in die Zimmer rein. Da kann ich auch nichts machen.“
Im Lager Zella-Mehlis wohnen derzeit rund 170 Flüchtlinge. Darunter viele Familien mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter. Der graue, mehrstöckige Bau liegt am Stadtrand im Gewerbegebiet. Nachbarn sucht mensch vergebens. Wer die BewohnerInnen besuchen will, muss beim Wächter im Eingang einen Personalausweis hinterlassen. Über Nacht bleiben ist generell verboten. Wer die Flüchtlinge besucht, wird stets notiert. „Falls am jeweiligen Besuchstag irgendetwas passiert sein sollte, kann geprüft werden, wer da war.“, so die Rechtfertigung des Wächters.
20 marode Quadratmeter für Familien
Während jedoch in Zella-Mehlis der Besuch von Menschen im Lager eingeschränkt möglich ist, musste ein Familienvater aus Serbien mit der Wache in Eisenberg eine ganz andere Erfahrung machen: Nachdem er von der dortigen Erstaufnahmestelle nach Zella-Mehlis geschickt worden war, waren seine Frau und Kinder noch in Eisenberg. Weder ein Urlaubsschein noch eine Familienzusammenführung wurde zu dem Zeitpunkt ermöglicht. Als der Vater auf eigene Faust nach Eisenberg fuhr, um seine Familie zu sehen, wurde ihm dort vehement der Eintritt verwehrt. Als er darauf bestand, seine Frau und Kinder sehen zu wollen, wurde er unter Androhung von Polizei fortgeschickt. Mittlerweile lebt die junge Familie zusammen auf etwa 20qm in Zella-Mehlis. Die Scheibe ihres Zimmerfensters im 5.Stockwerk ist notdürftig mit Klebeband zusammengeflickt. Die Heizung bringt es bloß auf eine lauwarme Temperatur.
Ausbeutung und Verweigerung medizinischer Versorgung
Dass die 40 € Taschengeld, die alle Geduldeten in bar bekommen sollten, willkürlich ausgezahlt oder einbehalten werden, berichten mehrere Flüchtlinge unabhängig voneinander. Ebenso wenig Verlass ist auf die Vergabe von Krankenscheinen bei akuter Erkrankung. 1-2 Monate sei die durchschnittliche Wartezeit – falls das Gesuch um medizinische Versorgung überhaupt respektiert wird. Eine Flüchtling aus dem arabischen Raum, der bereits ein knappes Jahrzehnt mit seiner Familie auf ein Bleiberecht in Deutschland wartet, bekam zuletzt „Kauf selber“ zu hören, als er dringende Medikamente brauchte.
Die Arbeitserlaubnis wurde ihm entzogen. Das hindert die Lagerleitung jedoch nicht daran, ihn für weniger als 1€ die Stunde Holz hacken zu lassen – um 3 Uhr morgens. „Warmes Wasser haben wir trotzdem nicht“ lautet sein resigniertes Fazit. Der breitschultrige Mann, der auch innerhalb seiner Wohnräume einen docken Pullover und Wollmütze trägt, zeigt den Besuchern kurz das Badezimmer seiner Familie. Die Lüftung des 1x2m großen Raums ist defekt, weshalb die Wand komplett von Schimmel überzogen ist. Der Abfluss der Dusche ist außerdem undicht und die Kloschüssel hat keine Verankerung im Boden. Die Dusche hat keine Griffe, sodass der Hahn nur mithilfe eines Schraubenschlüssels zu bedienen ist.
Der Familienvater wird wütend, wenn er die Umstände dieses Lebens schildert. Viele der Kinder auf seiner Etage husten unentwegt. Er selber hat schon häufiger morgens Blut gebrochen. Trotzdem ist er gezwungen, unter diesen Umständen dort wohnen zu bleiben, hat als einzige Zuverdienstmöglichkeit das Holzhacken und bekommt bei alledem keine ärztliche Behandlung ermöglicht.
Bei der Fülle an eklatanten Missständen kommt der Heimleiter kurz in Erklärungsnot. Um eine Antwort verlegen flüchtet er sich zunächst in Gegenfragen. „Wer sind Sie? Wen besuchen Sie? In welchem Zimmer waren Sie? Zimmernummer? Wer hat Sie hier empfangen?“ Als diese Taktik keine Verunsicherung zu stiften vermag, gibt er doch noch eine etwas kryptische Antwort auf die vorangegangene Frage
. „Also, es gibt Leute hier im Heim, bei denen ist es nicht gewollt, dass wir etwas tun.“
мVon wem nicht gewollt?“
мDas kann ich Ihnen nicht sagen.“
мIch bin acht Jahre hier, was soll ich noch warten?!“
So redet sich ein Iraker in Rage. Viele der im Lager Wohnenden sind äußerst aufgebracht über die Kontinuität von Schikanen, Erniedrigung und gesundheitlicher Gefährdung. Eine aus Vietnam geflohene Familie empört sich über ganztägig ausbleibendes warmes Wasser und Kakerlaken in den undichten Ritzen rund um Dusche und Toilette. Angst vor Repressialien durch die Behörden haben viele nicht mehr. Nach jahrelanger Erfahrung mit Einschüchterung und Rechtsbeugung durch Ausländer- und Sozialbehörde, von der wiederholt der Name „Keil“ genannt wird, fürchten sie die Drohungen nicht mehr.
мWas habe ich hier noch zu verlieren? Mein Bruder lebt jetzt zwischen Krieg und Autobomben! Ich hab keine Angst!“ fasst der Iraker Salah seine Wut in Worte. Sein Bruder wurde kürzlich unvermittelt in den Irak abgeschoben. Die Polizei kam um 3 Uhr nachts und ließ ihm keine Möglichkeit, seinen Anwalt zu kontaktieren.
Salah selber hatte bis vor kurzem auch einen Anwalt. Als er mit diesem jedoch beim Sozialamt vorstellig wurde, baten dortige MitarbeiterInnen diesen zu einem Gespräch hinter verschlossenen Türen. Danach erklärte der Jurist seinem Mandanten Salah, dass er diesen nicht mehr verteten werde.
"Viele Leute sind schon krank!" - Kein warmes Wasser und defektes Heizsystem in Zella-Mehlis Asylbewerberheim
"Es ist kalt, sehr kalt hier", beschreibt ein Bewohner des Lagers in Zella-Mehlis die aktuellen Zustände. Während nachts die Temperaturen auf -12 Grad sinken und es tagsüber durchgehend unter Null bleibt, haben die BewohnerInnen seit Tagen kein warmes Wasser und Heizungen, die bloß auf Minimaltemperatur laufen - wenn überhaupt.
Schon die letzten Jahre wären die Heizungen nie mehr als auf halber Stärke gelaufen, dieses Jahr sei es aber maximal Stufe '1', der die Wärme entspräche.
Die Heimleitung weiß bestens Bescheid, bleibt dennoch untätig. Diskussionen seien "nutzlos", wissen die BewohnerInnen. Auf Nachfrage bei den Behörden erklärte Manuela Kühhirt, Fachdienstleiterin des Ausländer- und Personalstandswesen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen, von Problemen mit dem warmen Wasser hätte sie "mal was gehört". Von ausfallenden Heizungen wüsste sie nichts,w erde aber mal nachfragen.
Die Situation in Zella-Mehlis ist absolut prekär. Nicht nur, dass die Verantwortlichen jegliche Missstände am Gebäude verleugnen. Sie setzen auch einzlene Flüchtlinge unter Druck, die sich an Medien oder Menschenrechtsorganisationen wenden. Als vorgestern die Mutter eines drei Wochen alten Kindes immer schwächer wurde und sich Sorgen um die Gesundheit des Neugeborenen machte, hatten die Flüchtlinge Angst, einen Arzt zu rufen. Als dieser dann von externen UnterstützerInnen gerufen wurde, fürchteten die Flüchtlinge sich davor, diesen am Wächterposten abzuholen und zu begleiten. "Wir haben Angst vor Abschiebung", so ihre Erklärung.
Die Behörden spielen somit ganz bewusst mit der Gesundheit der Flüchtlinge, mit dem Leben des Neugeborenen. Die Situation in Zella-Mehlis ist lange schon so desolat. Die Einschüchterung der Flüchtlinge hat System und bedeuett dadurch die unmittelbare Verantwortung der Behörden für Erkrankungen und körperliche Schäden, die die Flüchtlinge von schimmligen Wänden und unterkühlten Zimmern davontragen. Auf die Tatsache angesprochen, dass die junge Mutter mittlerweile ihr Zimmer mit einer Elektro-Herdplatte erhitzen würde, drohte die Heimleitung gar mit Konsequenzen, weil dies gegen die Hausordnung verstöße.
Im Coburger Flüchtlingslager machen derzeit Kakerlaken Schlagzeilen. Das selbe Problem hatten bereits Aktivisten von TheVOICE in Möhlau, Sachsen-Anhalt öffentlich gemacht und die Schließung des Lager serkämpft. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen herrscht derweil noch Ruhe. Jedoch wird die wachsende Öffentlichkeit um die dortigen Zustände indes nur noch sichtbarer machen: Das gesamte Lagersystem ist marode und tödlich. Deshalb darf weder über kurzfristige Renovierungen noch über Umverlegungen einzelner Familien diskutiert werden, wie es Praxis der in die Defensive geratenden Ausländerbehörden und Lokalregierungen ist. Das Lagersystem an sich gehört alsbald abgeschafft
Langeweile und Angst: Delegations-Report der Tour von The VOICE durch Flüchtlingsheime in Thüringen
https://thevoiceforum.org/node/1861
DEUTSCH: *Die Graswurzel-Rolle der selbst organisierten Flüchtlinge*
DEUTSCH: Aufruf zur Spende für die Flüchtlingscommunitys in den Lagern: Brecht die Isolation! Alle Lager schließen!
ENGLISH: Make Donation for the Refugee Community in the lagers! - Break the Isolation! Close all lagers!
The VOICE Netwerk Jena