Dessau-Roßlau
Entscheidung über Jalloh-Prozess fällt am Dienstag
erstellt 05.03.12, 15:55h, aktualisiert 05.03.12, 18:03h
http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksA…
Oury Jalloh kam 2005 in einer Polizeizelle ums Leben.
MAGDEBURG/DPA. Am Landgericht Magdeburg entscheidet sich am Dienstag, ob der Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau eingestellt wird. Am Montag, dem 45. Verhandlungstag, hatte die Vorsitzende Richterin Claudia Methling überraschend angeregt, das Verfahren gegen den angeklagten Polizeibeamten gegen eine Geldauflage einzustellen. Stimmen Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht zu, wird aller Voraussicht nach plädiert.
Angeklagt ist ein ehemaliger Dienstgruppenleiter wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dem Asylbewerber aus Sierra Leone bei einem Feuer am 7. Januar 2005 nicht rechtzeitig geholfen zu haben. Im Polizeirevier in Dessau war Jalloh an Armen und Beinen gefesselt worden, er wehrte sich heftig. Er soll das Feuer mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben.
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Polizeiticker
Prozess um Tod von Oury Jalloh - Gericht will Verfahren gegen Geldauflage einstellen
Dörthe Hein, dpa
http://www.dnn-online.de/web/dnn/nachrichten/detail/-/specific/Prozess-…
Gerichtssaal am Landgericht Magdeburg während des 45. Verhandlungstages im Prozess um den Tod von Oury Jalloh.
Foto: dpa
Gerichtssaal am Landgericht Magdeburg während des 45. Verhandlungstages im Prozess um den Tod von Oury Jalloh.
Magdeburg. Der Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau könnte eingestellt werden. Die Vorsitzende Richterin Claudia Methling gab am Montag am Landgericht Magdeburg eine entsprechende Anregung der Kammer bekannt. Danach könnte das Verfahren gegen den angeklagten Polizeibeamten unter Berücksichtigung des Standes der Beweisaufnahme und der Verfahrensdauer gegen eine Geldauflage vorläufig eingestellt werden. Am Montag, dem 45. Verhandlungstag, wurde der letzte vom Gericht geladene Zeuge vernommen.
In dem Prozess in Magdeburg muss sich der ehemalige Dienstgruppenleiter seit dem 12. Januar 2011 wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dem Asylbewerber aus Sierra Leone bei einem Feuer am 7. Januar 2005 nicht rechtzeitig geholfen zu haben. Im Polizeirevier in Dessau war Jalloh an Armen und Beinen gefesselt worden, er wehrte sich heftig. Eine Blutuntersuchung ergab einen Alkoholwert von fast drei Promille. Trotz der Umstände soll der Asylbewerber das Feuer mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben. Es war in der Zelle, obwohl Jalloh durchsucht worden war.
Gedenken vor dem Dessauer Polizeirevier, in welchem Oury Jalloh in den Flammen umkam. (Archivbild)
Foto: dpa
Gedenken vor dem Dessauer Polizeirevier, in welchem Oury Jalloh in den Flammen umkam. (Archivbild)
Wie der Prozess nun weitergeht, entscheidet sich an diesem Dienstag. Es gibt die Möglichkeit, dass Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf die Anregung eingehen und das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt wird. Die Nebenklage, die die Mutter und einen Bruder Jallohs vertritt, muss angehört werden, muss aber nicht zustimmen. Sollte der Anregung des Gerichts hingegen nicht gefolgt werden, wird aller Voraussicht nach plädiert und anschließend ein Urteil gesprochen. Sollte das Verfahren eingestellt werden, gilt das weder als Schuldspruch noch als Schuldeingeständnis für den Angeklagten.
Der Prozess in Magdeburg wurde von Anfang an von Menschenrechtsaktivisten und anderen politisch Engagierten verfolgt. An vielen Verhandlungstagen wurde vor dem Gericht protestiert, immer wieder kam dabei der Spruch „Oury Jalloh - das war Mord" vor. Methling verfügte, dass im Verhandlungssaal keine T-Shirts mit dem Aufdruck getragen werden dürfen. Der Prozess ist von einem deutlichen Polizeiaufgebot und Kontrollen im Gericht begleitet. Für Dienstag sind erneute Proteste angekündigt. Die Polizei sperrt deshalb ab dem Morgen die Straße vor dem Landgericht ab.
Der angeklagte Polizeibeamte saß bereits zwischen März 2007 und Dezember 2008 wegen Körperverletzung mit Todesfolge an 60 Verhandlungstagen auf der Anklagebank am Landgericht Dessau. Er wurde freigesprochen, eine Mitschuld am Tod des Afrikaners wurde ihm nicht nachgewiesen. Menschenrechtsaktivisten hatten eine Mauer des Schweigens der als Zeugen gehörten Polizisten kritisiert. Der Prozess wurde in Magdeburg neu aufgerollt, weil die Urteilsbegründung aus Sicht des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe Lücken aufwies.
Jalloh-Prozess Gericht stellt Prozess möglicherweise gegen Geldstrafe ein
Der zweite Prozess um die ungeklärten Todesumstände des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle geht möglicherweise ohne Urteilsspruch zu Ende. Nach mehr als einjähriger Verhandlungsdauer hat die Vorsitzende Richterin am Landgericht Magdeburg am Montag überraschend angeregt, das Verfahren gegen den damals diensthabenden Polizeibeamten gegen eine Geldstrafe einzustellen. Zur Begründung führte sie den "Stand der Beweisaufnahme" und die lange Verfahrensdauer von rund 14 Monaten an.
Die bisherige Beweislage im Fall
Ein Foto und Blumen liegen zum Gedenken an Oury Jalloh am Donnerstag (07.01.2010) vor einer Polizeistation in Dessau-Roßlau.
Der Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh im Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle bleibt wohl für immer ungeklärt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Polizisten Körperverletzung mit Todesfolge vor. Er soll dem Asylbewerber aus Sierra Leone bei einem Brand am 7. Januar 2005 in der Arrestzelle des Dessauer Polizeireviers nicht rechtzeitig geholfen haben. Jalloh war an Armen und Beinen gefesselt worden, er wehrte sich heftig. Eine Blutuntersuchung ergab einen Alkoholwert von fast drei Promille.
Jalloh soll den Brand nach bisherigen Erkenntnissen mit einem Feuerzeug selbst ausgelöst haben. Warum der Verhaftete ein Feuerzeug bei sich hatte, obwohl er von den Polizisten durchsucht worden war, ist bis heute ungeklärt.
Entscheidung fällt am Dienstag
Wie der Prozess nun weitergeht, entscheidet sich am Dienstag. Gehen Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf die Anregung des Gerichts ein, wird das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt. Der Meinung der Nebenklage, die die Mutter und einen Bruder Jallohs vertritt, muss dabei nicht gefolgt werden. Lehnen Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Einstellung ab, muss ein Urteil gesprochen werden.
Polizist saß schon einmal auf der Anklagebank
Der angeklagte Polizeibeamte saß bereits zwischen März 2007 und Dezember 2008 wegen Körperverletzung mit Todesfolge an 60 Verhandlungstagen auf der Anklagebank am Landgericht Dessau. Er wurde freigesprochen, eine Mitschuld am Tod des Afrikaners konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch auf, der Prozess musste deshalb in Magdeburg neu aufgerollt werden. Menschenrechtsaktivisten hatten kritisiert, dass die als Zeugen gehörten Polizisten eine Mauer des Schweigens errichtet hätten.
Aufgeheizte Stimmung seit Januar
Bei einer Gedenkdemonstration zum siebten Todestag von Jalloh war es im Januar in Dessau zu Rangeleien mit Polizeibeamten gekommen. Grund war ein Plakat mit dem Schriftzug "Oury Jalloh, das war Mord", das von den Beamten beschlagnahmt wurde. Später wurden Vorwürfe laut, dass die Polizisten überhart gegen die Demonstranten vorgegangen sein sollen. Augenzeugen zufolge gab es zwei Verletzte. Die Stimmung in der Stadt ist seither aufgeladen. Es gab einen Brandanschlag auf das Polizeirevier, in dem Jalloh starb, und Anfang Februar besetzten 30 Demonstranten vorübergehend das Dessauer Rathaus.
Zuletzt aktualisiert: 05. März 2012, 19:16 Uhr
http://www.mdr.de/nachrichten/Jalloh-Prozess100.html
Oury Jalloh
Richter glauben nicht an Tötungsdelikt
erstellt 16.02.12, 17:15h, aktualisiert 17.02.12, 07:25h
Oury Jalloh
Oury Jalloh kam 2005 in einer Polizeizelle ums Leben. (FOTO: ARCHIV)
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MAGDEBURG/DPA. Im Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle gehen die Richter davon aus, dass der Mann den Brand selbst verursacht hat. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass das Feuer von jemand anderem ausgelöst wurde, sagte ein Gerichtssprecher am Donnerstag in Magdeburg. Die zuständige Kammer des Landgerichts habe einen Antrag der Nebenklage abgelehnt, noch einen weiteren Brandsachverständigen hinzuzuziehen. Es seien keine weiteren Ergebnisse zu erwarten, die für dieses Verfahren gegen den angeklagten Polizisten bedeutsam sein könnten. Der an Händen und Füßen gefesselte Jalloh war bei dem Brand im Januar 2005 ums Leben gekommen.
In dem Prozess muss sich seit dem 12. Januar 2011 ein Polizist wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Ihm wird vorgeworfen, dem Asylbewerber aus Sierra Leone bei dem Feuer nicht rechtzeitig geholfen zu haben. In einem ersten Verfahren vor dem Landgericht Dessau war der Angeklagte im Dezember 2008 freigesprochen worden. Der Bundesgerichtshof entschied aber, dass der Prozess neu aufgerollt werden muss.
Für den Prozess sind derzeit noch vier Verhandlungstage im März eingeplant: am 6., 7., 13. und 16. März. Wann der Prozess tatsächlich zu Ende geht, steht noch nicht fest, weil ein Zeuge krank ist. Am Donnerstag war der 44. Verhandlungstag in dem Verfahren in Magdeburg.
Bei der Verhandlung am Donnerstag wurden mögliche ausländerfeindliche Tendenzen bei der Polizei in Dessau thematisiert. Auf Antrag der Nebenklage, die die Familie Jallohs vertritt, wurde im Landgericht Magdeburg ein ehemaliger Mitarbeiter des Innenministeriums befragt. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass die Beamten in Dessau damals bekannt gewesen seien für ausländerfeindliches Auftreten. Das Geschehen um den Brand im Polizeigewahrsam, bei dem Jalloh starb, hätten ohnehin nicht dortige Beamte aufklären sollen. Die Umstände reichten auch so aus, eine andere Polizeidirektion mit den Ermittlungen zu beauftragen.
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© DNN-Online, 05.03.2012, 16:38 Uhr